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„The Cloverfield Paradox“ – Kritik zum Etikettenschwindel

„The Cloverfield Paradox“ – Kritik zum Etikettenschwindel

Die „Cloverfield“-Reihe ist eine sehr interessante. Nach drei Filmen kann man feststellen, dass das Franchise eine Art Sammelbecken für C-Movie-Ideen geworden ist. Denn solange irgendwelche Monster, Aliens oder ein Fakir vom Jahrmarkt mitspielen, sind alle Voraussetzungen gegeben, um in diese Reihe aufgenommen zu werden. Dann fügt J.J.Abrams (bzw. sein Schwager) noch seinen üblichen Hütchenspiel-Zauber aus lahm aufgelösten Retro-Ideen hinzu, schon ist er fertig, der neue Halb-Hit.

Inhalt: Auf einer Raumstation soll ein Quantenexperiment genug Energie erzeugen, um die Staaten der Welt vor dem Untergang zu retten (Näheres dazu entnehmen Sie bitte ihrer eigenen Phantasie). Doch als das Gerät aktiviert wird, verschwindet erst die Erde, dann die professionelle Zurückhaltung und dann der Zuschauer kopfschüttelnd im Nebenzimmer…

Für’s normale Kino zu genial: Auch hier hat Netflix sich wieder mal eine Multi-Millionen-Dollar-Perle gesichert, die viel zu klasse zum Geldverdienen ist. (#Anspruchsvoll)

Besprechung:

Wichtig war bei allen drei Cloverfield-Filmteilen nur, dass nach einer mehr oder weniger interessanten Handlung (= Junge Menschen filmen mit Schüttellähmung; John Goodman sitzt munter im Bunker; das Raumstations-Theater spielt Szenen aus „Event Horizon“ nach) ein fremdes Wesen auftaucht. Möglichst mit wenig Bezug zum Restfilm. Und auch hier gelingt das wunderbar. Ach ja, der Film heißt diesmal übrigens „Cloverfield“, weil das hier stattfindende Quanten-Experiment diesen Namen trägt. Ich nehme an, dass der Physiker immer liebevoll seine Mutter so nannte?

„Guten Tag, lieber Zuschauer. Wir wurden ihnen per Zufallsprinzip zugewiesen, um Sie die nächsten 90 Minuten mit amtlicher Standard-Horror-SF nach DIN-Norm 666/0815 zu beglücken. Bitte schnallen Sie sich ab, denn sonst stranguliert Sie beim Einschlafen der Gurt.“ – Standard-Stand-Art: Hier sehen wir schön die klassische Figurenaufstellung, bevor das entsprechende Leichenbestatter-Team zum Gruppenfoto antritt.

Leider zerfällt der Film nach und nach in sehr unterschiedliche Teile, die in etwa so gut zusammenpassen wie ein Korken in einen USB-Anschluss. Und das liegt daran:

Guten Tag, mein Name ist Russe. – Okay, dass die Charaktere vor allem durch ihre Nationalität definiert werden, das ist okay. Ein wenig seltsam ist es allerdings, dass sich die Herren und Damen Forscher wie die letzten Lackaffen („Du bist ein Spion für den deutschen Kanzler!“ – „Selber Kanzler, du Opfer!“) aufführen, die Chinesin ausschließlich chinesisch spricht (sie aber jeder versteht) und die Chemie generell unterirdisch ist. Hier schießt allen Figuren die Oberflächlichkeit nur so aus den Knopf- und (SPOILER!) Einschusslöchern.
„Event Horizon“ ohne geistigen Ereignishorizont – Nur an zwei Stellen schafft es der Film, mysteriös und gruselig zu sein. Ich sage nur: Frau in der Wand und abgetrennter Arm. In diesen Momenten wird aus der üblichen „Huuui, zwei bis zwanzig Dimensionen sind in den Mixer gefallen!“-Soße ein äußerst feines Süppchen. Nur dann ist der Horror greifbar und die Klinke zur Höllenpforte ordentlich poliert. Danach gibt es leider wieder crazy Saftsäcke, die sich mit der Brechstange auf den Kopf klopfen, um komplexe Sachverhalte zu lösen…
Ey, mach Dimensionswechsel, kriegst du neues Handy! – Wenn sich die Idee um die vielen Parallelwelten so anfühlt, als würden die Figuren über einen Wechsel ihrer Mobilfunkanbieter reden, ist irgendwas falsch gelaufen. Selbst wenn Personen aufeinandertreffen, deren Verhältnis in der Parallelwelt völlig anders war, wirkt es wie ein normales Klassentreffen nach 20 Jahren: Man ist etwas peinlich berührt, redet aneinander vorbei und schaut dann betreten aus dem Fenster. Schade, dass die hier viel zu selten aufgemacht werden…?
Figurenzeichnung? Macht immer Günther. Der ist krank. – Im Ernst, wie krampfig noch schnell ein grausames Schicksal in den Lebenslauf der Hauptfigur gequetscht wurde, das sucht schon keinesgleichen („Buhuu! Feuer im Haus! Alle Kinder tot! Ende der Durchsage!“). Und die nachträglich aufgetauchte Dame hat ihre Stärken auch eher im kühlen Dauerglotzen. Erwähnte ich schon, dass ich es nicht schätze, wenn bei ungewöhnlichen Ereignissen die bescheidwissenden Figuren nix sagen, nix spekulieren? Und dann erst mal für 40 Minuten ein kleines Mittags- und Erinnerungsschläfchen halten?
It’s my Optik-Tick – Dass die Trümmer im Weltraum recht lange um die Raumstation herum sausten, war natürlich Quatsch. Die Dinger sind ja keine Monde in einer stabilen Umlaufbahn. Dafür sahen die Effekte gaaanz passabel aus, wenngleich dramaturgisch stets komisch aufgelöst. So gibt es z.B. eine coole Szene, in der magnetisierte Metall-Tentakeln auf einen Charakter zuwabern. Doch statt durch ihn hindurch zu wollen, ziehen sie ihn plötzlich in die Gegenrichtung zurück. Ist man hier plötzlich vor einem „bohrenden“ Spezialeffekt zurückgeschreckt, oder wie? Und wie die letzte Szene mit dem abgetrennten Unterarm ausging, habe ich schon wieder vergessen. Schade, war das doch der glaubwürdigste Charakter!

Festzuhalten bleibt auf jeden Fall, dass das Etikett „Cloverfield“ inzwischen schon fast an einen Witz erinnert. Die Filme haben nicht das Geringste miteinander zu tun. Das wird natürlich mancher Zuschauer nicht glauben können („Aber, aber…! Dimensionsverschiebung! Und im ersten Teil sieht man kurz die Raumstation als verwackelten Pixel am Himmel!“), aber am Ende des Tages ist das alles eine Resterampe für solide („Cloverfield Lane“), bauchschmerzenerregende (erster Teil) oder einfach nur dümmliche Plots, in denen irgendwas Außerirdisches irgendwo irgendwas macht. Mit irgendeiner Absicht. Mit irgendwelchen, meist unsympathischen Leuten. Und genau DAS macht „Star Trek – Discovery“ deutlich „besser“.

Okay, aaangeblich kann man das alles erklären, aber wer J.J.Abrams-Produktionen kennt („LOST“, „Alias“, …), der weiß, dass der Regisseur schon immer gerne Fässer aufmachte, ohne diese weiter zu verfolgen. Jene Fässer rumpelten später stets unbeachtet die Straße runter – und verursachten multiple Verkehrsunfälle. Abrams gab auch schon mehrmals zu, dass ihn das Rätsel immer mehr interessierte als die Auflösung. Und auch, wenn dieses Werk nicht seine eigene Regiearbeit ist, so merkt man ihm das doch an.

„Ich habe es doch immer gesagt! Lasst diese Schweinerei bleiben! Denn als nächstes Symptom folgt Rückenmarksschwund!“ – Hier geht’s ab: Hier darf jede Nationalität ihren Senf dazutun. Hier hören wir gerade den Sprecher von Vatikan-Staat, der als wissenschaftlicher Berater die nötige Unwissenschaftlichkeit in den Film bringt.


Fazit: Schade, trotz toller Stimmung zu Beginn wird’s immer mehr zur Budget-Banane im B-Segment, deren einzelne Teile lose am Reißbrett zusammengeprügelt wirken. Vor allem die Figuren nerven am Ende durch mittelgute Entscheidungen und krude Logik („Wenn ich alle totmache, wird alles gut.“)… Das muss beim nächsten „Cloverfield“ (= Ein Trabbi namens Cloverfield ruft multidimensionale Wesen herbei?) besser miteinander verbunden werden. Vielleicht brauchen Abrams und sein Team auch einfach mal neue gezinkte Würfel?

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Artikel

von Klapowski am 28.04.18 in Filmkritik

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Kommentare (1)

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  1. G.G.Hoffmann sagt:

    Ich habe gestern „Picknick mit Bären“ mit Robert Redford und Nick Nolte geschaut. Der war lustig.

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