The Orville – Das Pilot-Review für Familientypen
Kurz vor der Premiere von „Star Trek Discovery“ (eine Serie, welche Kollege Klapowski vielleicht schon ein- oder zweimal erwähnt hat) geht „The Orville“ an den Start. Dabei handelt es sich um ein Projekt von und mit Seth „Family Guy“ MacFarlane, womit eigentlich auch schon alles Wichtige gesagt wurde. Oder vielleicht auch nicht. Denn die große Frage ist tatsächlich, was diese neue SciFi-Show nun eigentlich darstellen soll.
Doch hier erstmal die Zusammenfassung:
Captain Ed Mercer wird nach einer längeren Depri-Phase dank Scheidung das Kommando über die „Orville“ übertragen. Nach dem Bekanntmachen mit dem üblichen Crew-Mix (Worf-Ersatz, Irgendwie-Androide, Simon Pegg Lite, Quoten-Schwarzer, etc.) stellt sich zudem heraus, dass seine Ex-Frau den Posten des ersten Offziers übernommen hat. Dies ist natürlich ein astreines Rezept für Konflike (Gähn), welche durch eine Mission bestehend aus einer gefährlichen Erfindung und noch gefährlicheren Weltraum-Bösen(tm) nochmal intensiviert werden.
Dieser Story-Muff klingt schon einmal sehr nach „Star Trek – The Next Generation“, was man in Interviews dann aber nicht geklaut, sondern eine Hommage nennt. Und dort hört es auch nicht auf. Denn vom Shuttle, über den Uniformen bis zum gekrümmten Bananen-Handphaser erinnert so einiges an den liebgewonnenen Klassiker. Was an sich noch nichts Schlimmes ist, denn lieber gut nachgemacht, als schlecht neu ausgedacht. Nur leider ist auch dies nicht der Fall. Die kantigen Kulissen sehen erschreckend unecht aus und erinnern an gerenderte Hintergründe der 90er-Jahre. Und dabei bin ich mir nicht einmal wirklich sicher, ob diese überhaupt CGI sind. Hey, DAS muss man erstmal schaffen! Dabei dachte ich eigentlich mittlerweile, dass man selbst auf einem TV-Budget schon ordentliche Effekte auf den Bildschirm zaubern kann. Mein aktueller SciFi-Liebling „The Expanse“ schafft es schließlich auch. Aber leider gibt es bei Orville nur selten einen schönen Hingucker. Die Panoramen wirken manchmal schon recht trekkig, aber gleichzeitig irgendwie auch cartoonartig simpel.
„Aaaaah! Ich bin um 100 Jahre gealtert! Und dabei habe ich mir doch nicht einmal den GANZEN Trailer von ‚The Orville‘ angesehen!“ – „Hey, das ist gemein! Die Serie ist doch total witzig! Da, der Ferengi dort benutzt Tampons als Ohrringe! Har-har, schmeiss mich weg!“ – „Äh, könnte ich jetzt bitte doch den Rest gucken?“ – Im Weltraum hört dich niemand lachen. Und bei dieser Serie auch woanders nicht.
Wobei comichaftge Effekte sogar passen könnten, wenn sich Orville denn eindeutig als Star Trek Parodie zu erkennen geben würde. Womit wir wieder bei der Anfangsfrage wären: Was soll das hier alles überhaupt sein? Manchmal fühlt man sich an einen „Galaxy Quest“-Versuch erinnert, welcher aber aus derart MacFarlane-typischen Grunzgags besteht („Hast duuuu auch den Hund im Hintergrund der Übertragung gesehen? Der hat sich voll den Schritt geleckt!“), dass einem aus lauter Unglauben sogar ein leiser Lacher entfährt, nach welchem man sich direkt sehr schmutzig fühlt. Vergleichbar wäre es wohl damit, wenn Captain Picard unerwartet auf die Brücke der Enterprise kackt. Doof und die Stimmung zerstörend, aber laut unserer primitivsten Hirnzellen trotzdem witzig. Ugga-Ugga. Keule auf Kopf viel Ha-ha! Grunz.
Und hier ereignen sich solche Stilbrüche über einen Zeitraum von 45 Minuten. Stimmungsvolle Szenen mit einer wirklich TNG-tauglichen Dudelmusik wechseln sich ab mit einer unpassenden Beziehungskomödie („DU hast doch mit dem Dingsbummsianer geschlafen! Das Blau von seinem Tintenorgasmus habe ich nie mehr aus dem Lampenschirm bekommen!“) und brachial die vierte Wand durchbrechende Schnarchwitze („Hey, stell dich mal mehr in die Mitte der Videoübertragung! Lenkt mich voll ab, wenn du so komisch im Bild stehst…“). Ganz selten gibt mal ein paar kleine Lichtblicke, aber leider bei weitem nicht genug. Dafür wirkt alles zu blutarm, zu einfallslos und teilweise schon wie ein schlechter Fanfilm. Und davon gibt es bereits genug, wenn ich mich frage.
Zu den Darstellern kann man übrigens nicht viel sagen. MacFarlane spielt irgendwie immer sich selbst, nur halt in anderen Klamotten. Die anderen Figuren sind als Stichwortgeber für die Schenkelklopfer… äh… Schenkelstreichler… öh… Schenkelberührer zuständig und bestehen aus den typischen Schablonen. Wie z.B. den grimmigen Worf-Ersatz, deren Rasse nur ein Geschlecht hat. Oder einen Roboter (?), welcher keine menschlichen Emotionen versteht. SOWAS hatten wir schließlich schon lange nicht mehr… *hust* Und besonders interessant wirkt keiner davon, was man aber ausnahmsweise (noch) nicht bemängeln kann. Von wegen Serie mit weiteren Folgen und so.
Fazit: Ein bizarrer Mix aus TNG, MacFarlane-Humor (Anführungszeichen dabei bitte selber vorstellen) und dösiger RomCom, für welchen ich mir beim besten Willen keine passende Zielgruppe vorstellen kann. SciFi-Fans sind enttäuscht wegen des unpassenden Humors, Freunde der Komödie aufgrund des recht hohen Anteils an ernsthafter und dazu noch langweiliger Science-Fiction. Gefallen könnte dieses fokusfreie Geschwurbel vielleicht noch Seth selbst, welcher durch seine Beziehungen (und einen nicht von der Hand zu weisenden Charme) offensichtlich auch die beklopptesten Projekte realisiert bekommt. Seine Absichten mögen ja gut sein, die Grundideen vielleicht auch, aber spätestens nach der Western-Gurke „A Million Ways to Die in the West“ ist mein Vorrat an gutem Willen erschöpft. Also ähnlich wie die Ideen der Drehbuchautoren. Beim Schreiben der ersten Folge. Seufz.
Tja, Humor ist sauschwer, vor allem für den, der ihn schreiben „darf“. Denn die Geschichte muss eigentlich ohne ihn funktionieren und nur gelegentlich „aufgebrochen“ werden. Oder das Scherzige sollte so genial geschrieben sein, dass schon ein einziger Gag die Grundregeln aufstellt und quasi selbst die Story wird (= „Rick & Morty“). Auch darf man nie zuuu weit gehen, denn allzu schnell etabliert man für einen schnellen Witz („HAHA! Unsere Schokoladensoßen-Kanonen vertreiben jedes Alien sofort!“) eine Spielregel, an die man sich schon zwei Minuten später nicht mehr halten kann. Und schon muss man als Zuschauer nach jeder Szene geistig den Reset-Knopf drücken, wozu man aus alzheimerpräventiven Gründen auch nicht immer Bock hat…
Um die grundsätzliche Analyse kurz zu halten: Der „Orville“-Humorstil imitiert vor allem die gemütliche, langsame Erzählweise alter TNG-Episoden, um diese ab und zu mit gemütlichen, langsamen Pillermann-Gags zu bereichern. Und ja, ich habe lange überlegt, dicke Anführungszeichen bei bereichern zu setzen! – Zwar wirken die Späße um Stripclubs, Bier und nächtliches Pipimachen schon erfrischend deplatziert („Hihihi, das hätte Picard niiie gesagt, hihihiii!“), aber sind dann doch so bieder lanciert, dass man sich fast ärgert, weil dafür wieder mal die ERNSTHAFTE Stimmung flöten gegangen ist, die durchaus mal aufkommt.
Denn die Charaktere sind im Groben und Ganzen so klischeehaft und trekkig, dass man sie sich (um ein paar Charakterschwächen bereinigt) auch gut in einer echte 90er-Jahre-Serie vorstellen kann. Man möchte z.B. lieber bierernst das Gesellschaftssystem vom Klingonen-ähnlichen Alien erkunden, als von ihm zu hören, dass er keine Bar auf dem angesteuerten Planeten gefunden hat. Denn eins dieser beiden Szenarien enthält Potenzial, uns noch zu überraschen. Könnt ihr erraten, welches?
Klar, das hier ist erst mal eine Vorstellungsrunde und die echten Storys kommen erst noch… Dennoch erscheint mir dieser Mix aus 50% Spaaaaß und 50% Ernsthaftigkeit etwas zu fahrlässig abgemixt. Was David E. Kelley (z.B. „Boston Legal“) mit seinen Serien meist gut hinbekam, muss eben zwangsläufig scheitern, wenn ein Autor nicht die „balls“ am richtigen Fleck hat – um hier mal auf die verbale Vorstellung der Schiffsärztin zurückzugreifen.
Orville müsste kürzer sein, knackiger, mutiger. Ruhig mehr auf die Kacke hauen und die Föderation mal als verkommenen Haufen darstellen, bei dem höchstens die Wände blütenweiß leuchten! „Lexx“ lässt grüßen! – Oder aber man lässt die Albernheiten gleich, stellt eine bräsigere Konkurrenz zu „Discovery“ dar und guckt mal, ob DAS vielleicht heute noch ankommt.
Diese seltsame Mischung aus Kaka-Humor und respektvoller Hommage an das Original (teilweise waren mir die Musik, die Szenen und Kulissen schon ZU nah am Original!) wirkt weder kreativ noch beömmelnswert. Im besten Falle einfach durchschnittlich. Und wenn der Captain den besuchten Wissenschaftler ohne Grund beleidigt, nur um einen weiteren Gag zu rechtfertigen (die sogenannte „Deadpool-Krankheit“), wünscht man sich, der epische Laborrundgang mit klassischer Musik hätte schon zu Beginn zu Dick&Doof-Mucke stattgefunden.
Fazit: Kann was werden, muss aber nicht. Mein Tipp: Kürzer schnippeln, Hommage-Gedöns zurückfahren, mehr wagen und zusätzlich mehr Nerd- als Proll-Humor. „Galaxy Quest“ lässt schön grüßen. Wertung: 5 von 10
https://www.youtube.com/watch?v=EmdShv8mc0w
Das scheint ernsthaft eine Serie für mich zu sein. Sobald die erste und letzte Staffel in der zu erwartenden Kultsynchro im ZDF läuft, bin ich dabei.
Nein, ich mag den Fanboy MacFarlane wirklich und verzeihe ihm jeden Mist. Die Serie wird ab Staffel 3 großartig. Toi, toi, toi.
tach auch !
All sa(i)d.
*Gähn*
Gruß BergH
Nicht perfekt, aber ich liebe es. Ist die beste Pilotfolge seit Jahren.
Na ja, geht so. Vielleicht wird es ja noch besser.
Ein schön leichtfüßiger Pilotfilm, der die Ernsthaftigkeit der Vorlage an den richtigen Stellen aufbricht und die Charaktere lebensnahe wirken lässt. Dabei geht es eben nicht in Sitcom-Klamauk über. Ich freue mich auf viele Folgen seichter Unterhaltung.
Den hier, unter dem Deckmantel der Satire, zur Schau getragenen Kulturpessimismus kann ich kaum aushalten. Da macht ein Trek Fan, der obendrein auch noch Humor versteht nun endlich einen würdigen Nachfolger zu TNG, und die Leute hier die sich sonst immer an Enterprise und Voyager gerieben haben, denen DS9 zu kriegstreiberisch war, schenken der neuen Serie nicht mehr als Verachtung und Hohn. MacFarlane schafft es hier eine SciFi Serie mit sehr guten Dialogen, gespickt mit Kulturreferenzen und einem tollen Cast zu machen, TOS ein Denkmal zu setzen, und damit einen Quotenerfolg einzufahren. Und dann kommt ihr selbstgerechte Miesmacher daher, schreibt einen Veriss der an Rufmord grenzt und haltet euch überhaupt noch für etwas wie Trekker. Eure Seite sollte man aus dem Internet löschen.
Naja, ganz soweit würde ich nicht gehen. Ich mag die Seite, und auch wenn sie durchaus oft etwas überkritisch reagieren lese ich sie trotzdem gern! Geschmäcker sind halt verschieden, und damit kann ich leben.
Aber deine Meinung zur Serie teile ich. Ich mag den Humor, er kommt zum Glück nicht nonstop mit der Brechstange daher, sondern ist zuweilen auch netter Dialogwitz. Das Geplänkel zwischen dem Captain und seiner ersten Offizierin ist ebenfalls nett, kann gerne so weiter gehen. Schon die Idee ist absurd, passt also ganz gut.
Und die Serie hat in mir endlich nach so langer Zeit wieder ein Gefühl erweckt, welches bisher nur Classic Trek erwecken konnte und seitdem brach gelegen hat. Eine schöne Zukunft, eine friedliche Föderation, futuristische Technik, gelegentliche Reibereien mit nicht ganz so freundlichen Völkern, mysteriöse Stories wie die Entführung in der zweiten Folge (mit anschließender absurder aber passender Auflösung), das ist für mich endlich wieder Star Trek-Felling!
Die Darsteller sind toll, die Aliens sind toll, das Schiff versprüht Charme, die beiden Stories sind bis jetzt nicht pulitzerpreisverdächtig, aber erinnern ebenfalls an die guten alten TNG-Zeiten. Und da einige Macher von früher mit an Bord sind bin ich zuversichtlich das es so bleibt.
MacFarlane ist ein Trekkie, und das merkt man in jeder Sekunde! Er hatte Spaß an der Erschaffung der Serienwelt und hat sich damit einen Traum erfüllt, und das merkt man ebenso.
Wäre ich jetzt kein alter Trekkie weiß ich nicht wie ich die Serie finden würde, aber als eben solcher ziehe ich meinen Hut und sage DANKE SETH! GUT GEMACHT!
Ich freue mich auf die nächsten Folgen!
Da hast du natürlich Recht! Denn „Rufmord“ ist per Definition (Wikipedia) tatsächlich:
– Das Aufstellen ehrverletzender Behauptungen über eine Person, obwohl bekannt ist, dass sie unwahr sind, siehe Verleumdung
– eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung, im Strafgesetzbuch aufgeführt, siehe Üble Nachrede
– das gezielte Untergraben des in eine Person oder Sache gesetzten Vertrauens, siehe Diskreditierung
– eine Spielart beim Grasobern, siehe Grasobern#Mord (Ein bayrisches Kartenspiel)
Somit ist jede negative Kritik einer Sache, welche einer anderen Person gefällt, dem „Rufmord“, und somit dem bayrischen Kartenspiel zuzuschreiben. Laut Stuss-Gesetzbuch ist selbiges übrigens mit 80 Dezibeln Oktoberfest (nicht unter 14 Maß Bier) zu bestrafen.
„MacFarlane schafft es hier eine SciFi Serie mit sehr guten Dialogen, gespickt mit Kulturreferenzen und einem tollen Cast zu machen“
Die Güte der Dialoge dürfte angesichts der oben genannten Beispiele (Wer muss nachts Pipi, wer mag Bars? Wer nimmt Drogen? Wer fliegt und trinkt dabei Bier?) gerne noch mal erörtert werden, wobei ich hierbei kulturpositiv eingestimmte Querverweise auf „Ey Mann, wo ist mein Auto?“ und „Erkan und Stefan“ durchaus zulassen würde.
Was mich ja vor allem gestört hat, waren nicht so sehr die Gags, sondern das lange Draufhalten nach deren Aussprechen. MacFarlane zehn Mal mit identischem Gesichtsausdruck an der Kamera vorbeischauen zu sehen, obwohl der Schenkelklopfer schon vor 2 Sekunden gelaufen ist, dürfte auf Dauer etwas anstrengend sein?
Aber im Zweifel kann man ja auch unsere Webseite aus dem Internet löschen – das sollte den Kritikpunkt an der Dramaturgie der Serie schnell beheben.