Star Trek DS9 – 1.11 – „Der Steinwandler“ Review
Konfrontiert mit einem Mörder in der Gefängniszelle darf Odo neue Hoffnung (und sich selbst aus dem Eimer des Phlegmatismus) schöpfen. Denn laut des Spießgesellen soll es Formwandler im Gammaquadranten geben! Durch allerlei seltsame Winke des Schicksals („Liefern Sie den Gefangen aus – ooooder werden Sie beschossen und damit zum Plotpunkt der Geschichte gejagt!“) gelangt der Formwandler tatsächlich an den genannten Ort. Doch – oh Schreck: Es gilt nur ein Mädchen in einer Höhle zu retten. Gegen meine Langeweile tut hingegen keiner was…
Wie immer mangelt es ein wenig an den Schurken der Geschichte: Wie so oft in Quarks Bar sind die Schmuggler und Prothesen-Schmuckschaben lediglich grimmig dreinschauende Plot-Sklaven, die jedem „Artefakt“ und „Kunstobjekt“ aus dem Kaugummiautomaten bis zum Tode nachlaufen. Dass Überfälle, Absprachen und Verhandlungen stets in zwei Quadratmeter großen Räumen stattfinden (2,001 Quadratmeter, nachdem der Phaser reingefeuert hat), macht es nicht besser, ist aber ein bekanntes Problem des 90er-Jahre-Treks. Vielleicht erwähne ich es nur, weil ich mich DARAUF auf jeden Fall bei der neuen Serie freue: Auf Kamerafahrten, die den Mikrometerbereich deutlich übersteigen. Auf Bars und Gefängniszellen im Hintergrund, die neben den Ohren der Hauptfiguren noch etwas „atmen“ können. In futuristischem 16 zu 9, man stelle sich das vor!
Eigentlich geht es aber um die angeblichen Formwandler, die einer der Schurken im Gammaquadranten gesehen haben will. Natürlich imitiert Odo bei diesem Thema nacheinander Feuer und Flamme und will unbedingt wissen, ob es noch mehr Knorpellippen-Träger außer ihm gibt. Doch bedauerlicherweise geht es gar nicht wirklich um Odos Suche nach seinen Ursprüngen, sondern – wieder mal – um die mögliche Auslieferung des vertrauensunwürdigen Plot-Postboten. Außer einem glibberigen Stein, der dem Sicherheitschef als Beweis von anderen Formwandlern dienen soll, gibt es hier nicht viel zu sehen. – Geschätzte Kosten für Requisiten in dieser Episode: Zwei Minuten (bezahlter?) Fußweg des Praktikanten in den Steingarten der Paramount-Studios.
Die mittelgroße Überraschung der Story erwartet uns in der zweiten Hälfte. Der Versprecher-Verbrecher fliegt mit Odo zu einem Planeten, auf dem seine Tochter in einer verschütteten Stasiskammer auf ihre Rettung wartet. – AHA, verstehe! Nur deswegen wurde der Sicherheitschef 30 Minuten lang bequakt und mit der Aussicht auf zukünftige Verwandtschaftsfeiern mit Oma Erna beglückt.
Also keine Formwandler, nur drehbuchtechnischer Formalismus. Eine Geschichte, die so lahm und überflüssig ist, dass dagegen sogar die „Wir kommen beinahe nach Hause“-Episoden der Voyager hiergegen wie großes „Wenn/Dann“-Kino wirken. Wann wurde eigentlich der Zwang in Star Trek eingeführt, die Träume der Hauptfiguren zehn Mal scheitern zu lassen, bevor sich eine potentielle Lösung nicht als Holodeck-Spinnerei, leeres Versprechen von Q oder ein reines Täuschungsmanöver eines gelangweilten Standardaliens auf dem Planeten M’Ünch’ausen herausstellt? 1987 eventuell?
„Dieser Stein beweist alles, was ich Ihnen eben erzählt habe!“ – „Das mag sein, aber ich hab gar nicht zugehört. Hinter uns kam nämlich der Gastdarsteller von der Episode übermorgen rein. Ein bajoranischer Fanatiker mit Fanatikerproblemen.“ – „Genau darüber wollte ich auch sprechen. Den spiele ich nämlich ebenfalls!“ – Back to the 90’s: Liebevollen Umgang mit Nebendarstellern gab es eigentlich nach den Edo in TNG nicht mehr (Bild unten)…
Ansonsten gab es noch das hier:
„Oh, sehen Sie mal hier!“ – „Ich sehe gar nichts. Kümmern Sie sich jetzt um die verdammte HD-Abtastung von DS9 oder nicht?!“ – Und für dieses Bild habe ich sogar schon Kontrast, Schärfe, Helligkeit UND die eigene Pupille hochgekurbelt! Ja, heutzutage sehen die dunkleren Sequenzen einfach nur noch grausam aus… Für eine Serie mit weniger Licht als TNG ist das ungefähr so zielführend wie ein Giftmischer beim Brunnendienst.
Fazit: Eine dieser Folgen, die weder von bemerkenswerten Dialogen, noch durch humorvolle Einsprengsel aufgewertet werden. Wer sich als Zuschauer inzwischen modernere Figurenzeichnung auf die Fahnen geschrieben hat, dürfte angesichts so mancher Gespräche („Ich bin ein Mörder, aber manchmal lüge ich nicht, Odo.“) glatt ein bisschen „Hodor“ im Kopf werden.
Ich liebe zur Zeit alle Folgen der ersten DS9-Staffel, da ich mich an keine erinnere. Lieber neuer Murks als gar kein Star Trek.
Guter Punkt die Sache mit dem ohnmächtigen Odo. Ist mir gar nicht aufgefallen. Mit Rücksicht auf die Entstehungszeit der Folge kann man sie aber gnädiger betrachten. Die Staffel lief ja zeitgleich mit der sechsten TNG-Staffel und damals waren wir noch nicht durch 20 gleichartige VOY- und ENT-Episoden abgestumpft.