Doctor Who – 7.09 – „Cold War“ Review
Der Weltraum… Unendliche Abenteuer auf der Erde zwischen den Jahren 1200 und 4200. Dies sind die (in Ermangelung eines schöneren Wortes für „Klischee“) Abenteuer des Traumteams „Who-Surprise“, das mit seinen 4,01 Ideen unterwegs ist, um alte Einfälle auszuwärmen, allzu bekannte Lebensformen im Blecheimer und für den Einmalgebrauch erfundene Zivilisationen. – Oder, ganz anders ausgedrückt: „Schon wieder ein Einleitungstext für eine Who-Folge schreiben…? Böh, dann wandele ich halt irgendwas von Star Trek ab, kommt immer gut!“
Inhalt: Der Doc landet in einem U-Boot, wo gerade ein Alien aus einem Eisblock gefallen ist. Natürlich führt dieses Böses, jedoch vom Doctor wieder Ausredbares im Schilde.
Bewertung:
Applaus! Applaus! Der künstliche Mittelfinger des Doctors (für den Zuschauer), der Sonic Screwdriver, wurde schon in den ersten Minuten im Wasser entsorgt! Somit musste er seine Hose in dieser Episode wieder gänzlich per Hand öffnen. Und die TARDIS wurde ebenfalls mal gerade in der Warteschlange des Gadget-Supermarktes abgestellt. Wobei diese ja meist eher zu selten benutzt wurde, um ein Problem auch mal aus einem anderen Blickwinkel (oder 30 Minuten später) zu betrachten.
Trotzdem darf der Beginn als Who-typisch betrachtet werden: der Doctor landet auf einem Atom-U-Boot in den 80ern, um dort glücklicherweise nicht – wie einst Chekov in Star Trek 4 – gleich kalt(erkriegs)blütig erschossen zu werden. Nach der üblichen Vorstellungsrunde („Wie kommen sie hier her?! Oh, Sekunde, da steht ein Monster“) darf der Doctor dann wieder mit seinem intergalaktischen Drehbuchwissen from Outer Smart prahlen und allen erklären, dass Metallgesicht Nummero 826 ein Eiskrieger vom Mars ist. Der sich von den Daleks und Cybermen immerhin durch die Staubfarbe unter seinen Fußsohlen unterscheiden dürfte (= rot?). Durch sorgsames Zureden („Nicht schießen, ich bin Hobbyphilosoph und besitze friedlich erhobene Handflächen!“) kocht er den Aufbrausenden erst herunter, bevor die dummen Menschlein ihn wieder wütend machen.
„Okay, Leute, ist es dieses ‚Hinter Dir’, bei dem ich mich umdrehe und ihr mir dann meine Dinoleder-Brieftasche klaut oder dieses spezielle ‚Es waren noch Alureste für den Kostümbauer übrig’-‚Hinter Dir’?“ – Aus den Augen, aus dem Sinn/Logikloch: Wo auch immer der Doc materialisiert, schält sich auch schon ein Alien aus dem Eiswürfelspender. Da stellt sich die tiefgründige Frage: Wenn ein Außerirdischer die Welt sprengt und der Doctor NICHT dabei ist, macht es dann überhaupt ein Geräusch?
Doch lasst uns lieber mal wieder das „Gut, aber schlecht“-Spielchen spielen. Das geht so, indem ich zum Beispiel sage: „Nett, dass das hier Russen sind, keine Amis“, dann aber anfüge: „Es ist nur eine SF-ige Political Correctness, weil es für die Story egal ist“. Versteht Ihr? Und jetzt seid Ihr dran. – Wie bitte? Es ist schön, dass Oswin wegen ihrer Kalter-Kriegs-auftauender Niedlichkeit mit dem Alien verhandelt und somit auf sich gestellt ist? Okay, nettes Positiv-Argument. Was sagt der dicke Nerd vom Doctor-Who-Podcast dazu? Richtig: „Aaaber es ist schade, dass der Doctor ihr über den Kopfhörer nur die Worte in den Mund legt.“ – Na also, es gähn… geht doch!
Und weiter geht es: Schön, dass die Stimmung recht sch(l)iffig wirkt, es permanent von der Decke tropft und man fast schon Angst hat, dass dem Doctor kleine Guppys durch seine Gelfrisur schwimmen. Aaanderseits hat man die Location eines U-Bootes jetzt auch nicht über (die verbratene GEZ-)Gebühr ausgenutzt. Es gab recht ähnliche Marsstations- (sogar mit WASSERzombies für die Feuchtigkeit), Shuttle- und Raumstationsfolgen alleine in den letzten 7 Jahren. Hauptsache, keiner kommt vom Ort des Geschehens weg, der Doctor ruft abwechselnd zur Besonnenheit und dann gleich wieder zum Tatendrang auf (was bisher JEDEN Crew-Vorgesetzten in die Unterwürfigkeit gezwungen hat) UND es droht die Vernichtung von irgendwas (Leben, Raumstation, Erde, geordnete Tagesstruktur)… Okay, wenn ICH eine Who-Folge schreiben müsste, würde ich auch leicht in diese Fallen tappen, aber alleine schon für’s Selbstwert-Protokoll könnte man ja mal wieder einen MENSCHEN/den Master die Bedrohung sein lassen, KEIN(EN) Alien/-Roboter.
„Sagen sie, würde ihr Doctor auch einen alten Mann wie mich als Begleiter in Betracht ziehen?“ – „Genderpolitik ist nicht seine Stärke, aber wenn sie ihn anschmachten, in die Luft springen und dabei immer die höchste Tonart treffen, sehe ich für sie einen Silberzeitschleif am Horizont!“ – Charakterszenen wie diese durften schon im Film „Alien“ nicht fehlen. Nur, dass man dort die Dialogzeilen schlechter verstand, weil der Sprechende bereits mit dem Oberkörper im Lüftungsschacht steckte.
Am Ende redet der Doctor wieder auf den Bösen ein, wenn auch diesmal mit etwas mehr Nachdruck („Ich jage alles in die Luft!!“), zumindest für einen Pazifisten („Natürlich nur, wenn die Luftianer nichts dagegen haben!“). Das ist… „nett“. Wie meine Oma, mit der ich jedoch auch nie kuscheln wollte. – Gibt es nicht eine etwas elegantere Variante, dem Fiesbold zu erklären, dass er als Massenmörder auch Babys und Computerspielnerds umbringen würde, die immerhin einige Egoshooter-Szenen zum Ende der Folge geliebt haben dürften? Muss es denn tatsächlich die „Sollen sich die Leute an dich mit einem kurzen Schnauzer und einem komischen Scheitel erinnern?“-Masche sein, die den Wahl-Hitler wieder zum „Ach-nö-doch-nicht“-Linken machen?
Überhaupt kam die ganze Folge sehr ziellos daher, irgendwo zwischen Splattertrash und „Freie Christengemeinde Detmold“. Der Oppa an Bord wird erst so ausführlich gezeigt, als wenn der noch mal wichtig werden würde, ist am Ende aber nur dazu da, um sich von zwei Pranken aus dem Off die Haare richten zu lassen. Und was war an der Marsianer-Kultur noch mal so spannend, die unterm Strich auch nur aus klingonischer Volkswirtschaft bestand (=Aufgebot und Schlachtfrage regeln den Markt)? Und war das jetzt besonders überraschend, dass der grüne Detonations-Fanboy am Ende kurz vorm Belabert-Werden von seinen Kumpels rausgebeamt wurde? Oder aber war das wieder nur perfektes Timing, das jedem Serienfan irgendwann die Existenz eines vorausschauenden Gottes nahebringe soll (wieder „Freie Christengemeinde Detmold?)…?
„Ja, etwas weiter links… Oooh, ja, guuut! Wunderbar, wie du mit deinem zuckenden Augapfel meine Finger massierst, Mensch!“ – Arme(e) der Finsternis: Wenn man vor seinem geistigen Auge den Regieassistenten zum 4. Mal mit einem „verkleideten“ Besenstiel auf den Darstellern rumtapsen sieht, wäre es vielleicht doch noch einen Tick spannender gegangen.
Wie auch immer: Diese Episode war bodenständiger als der wirre Käse von letzter Woche, hatte 3 bis 392 nette Momente (je nachdem, wo die persönliche „Inszenierung ist wichtiger als Logik“-Messlatte hängt) und eine solide Kameraarbeit samt hochwertiger Beleuchtung. Aber WENN man in einem Zukunftia-Review sogar schon beginnt, das Funzeltechnische zu erwähnen, so ist es wirklich an der Zeit für ein Fazit:
Fazit: Trotz unter 40 Minuten Erzählzeit – was nicht so viel ist – ist diese Folge immer noch gefühlte 5-10 Minuten zu lang. Die Menschheit durch Abschießen eines einzelnen Atomsprengkopfes zum Megakrieg zu zwingen, das ist eine so alte Idee (Meine Sekretärin, Miss Moneypenny, wird Euch gerne die entsprechenden Unterlagen raussuchen), dass auch ein grüner Brutalo nicht mehr viel dran drehen kann. Und ich schwöre es: Sollte der Doc demnächst WIEDER einen Unhold mit Klischeesätzen zum Aufgeben überreden, so töte ich alle von mir inhaftierten Who-Fanboys! Wie? Das wäre BÖSE? – Okay, Jungs, dann lasse ich Euch laufen… – Hoppi-Hoppi!
Und mit „total cool“ meine ich eigentlich „total Kohl“, weil diese Idee bei mir nur noch einen leisen Darmwind erzeugen kann. Im Ernst, warum beschränkt man sich beim Rumkramen im proppevollen BBC-Folgenarchiv immer nur auf die Bösewichter? Warum nicht mal einen alten Companion im Altenheim besuchen, das TARDIS-Innere aus der allerersten Folge nachbauen oder halt irgendeinen anderen Ort aus mittlerweile 50 Jahren Doctor Who besuchen? Komisch daher eigentlich, daß man nur mittels Retro-Fieslingen den G-Punkt der Alt-Fans betatschen möchte.
Zumal Kollege Echsenkopp in seiner Sardinenbüchse jetzt auch nicht gerade der spannendste Geselle ist, was aber immerhin zur Handlung passt. Denn nur weil die Besatzung eines erschreckend unrussischen („Oy, Mate! Fish and Chips?“) Russen-Uboots diesem Marsmensch für S/M-Freunde nicht gleich den roten Teppich ausgerollt hat, will dieser gleich die ganze Erde in die Luft sprengen. Was passiert dann erst, wenn man bei den Eiskriegern zu Hause aus Versehen nicht den Finger beim Teetrinken abspreizt? Drei Tage Streckbank?!
Der Rest vom Plot war so einfallslos, daß dieser mir kaum noch einfallen will. Echse will Bumm machen, Doc findet sowas doof und verhindert dies mittels Ansprache. Was ja immer ein gutes Mittel ist (siehe vorherige Folge), wenn man gerade keinen Bock auf den Wunderschrauenzieher hat.
Fazit: Auch „Cold War“ (zu dt. „Kalt, wa?“) reiht sich bei den eher recht gurkigen Vorgängerfolgen ein. Probleme werden durch Ansprachen gelöst, während die Gegenspieler mittlerweile an die nervigen alten Geschichten vom Oppa erinnern („Hach, die Eiskrieger. 1967 war das… blablabla…“) und einem selber das Lächeln im Gesicht einfriert. Dabei ist es ja gar nicht mehr so kalt, wa?
Wertung: 4 von 10 Punkten
Als oller Zonen-Seppl muss ich noch hinterherwerfen, dass mich genervt hat, dass der Sowjet-Wissenschaftler problemlosen Zugang zu kapitalistischen Musikstücken wie Ultravox und Duran Duran hatte – auch noch in einem Walkman!
War der eiserne Vorhang nur eine imaginäre Grenze? Gab es Walkmen auch aus volksgenossenschaftlicher Produktion? Hat er den Mitschnitt bei Radio Jerevan selbst illegal raubkopiert? Oder war der Führungsstil auf sowjetischen Atom-U-Booten so lax, dass ein Captain offen ausgelebten westlichen Lebensstil ignorieren durfte?
Ja ja, wenn der Klassenfeind sowjetische Lebensart darzustellen versucht! Das war fast so peinlich wie McGyver-Episoden in der DDR.
Dann doch lieber „Jagd auf roter Oktober“. Wenn schon was britisches, was gruselig aussieht, dann definitiv Tim Curry…
hmm .. vielleicht hat der Tardis-Babelfisch russische Lieder eingeenglischt ..? .. Passiert bei amerikanischen Fernsehserien ja auch – da wird der in Amerika sehr bekannte Football-Spieler in der deutschen Synchro kurzerhand zu Boris Becker.
Ansonsten .. ich fand die Folge so lala. Ich mag keine U-Boote.
Also immerhin scheint das Intro tatsächlich momentan klassischer als alle, die man seit 2005 gesehen hat! Außerdem gibts nächste Woche ’ne Taris-Episode, und diese Woche wurde der Hutständer erwähnt! Das ist doch schon mal mehr Tradition, als ich dem nächsten Star Trek Film zutraue!
tach auch !
Als ehenmaliger Seemann und U-Boot Fan bekommt die Folge von mir ein 7 v 10.
Es war halt Das Ding aus einer Crimson Tide auf Doctor Who.
Hide ist jetzt auch nicht wirklich besser.
GHruss BergH