Star Trek – The Next Generation – 7.25/26: „Gestern, Heute, Morgen“
Gestern, Heute, Morgen… Was wie der Wochenplan für die Ausführung meines enormen Intellekts klingt, ist in Wirklichkeit der Titel einer der rundesten Folgen des fliegenden Kammerspieltheaters namens „Derer zu Next Generation“. Und weil wir wissen, was sich gehört, tun wir exakt das Gegenteil und putzen diese Perle erst mal mächtig in Grund und Bolerianer… äh… Boden.
Denn für heutige Sehgewohnheiten ist das x-te Zeitsprungabenteuer auf dem Trampolin der Raumkrümmungszirkusse doch ein paar Minuten zu (hin)länglich.
Denn schnell begreift der vom Intellekt beleckte Zuschauer, dass Picard in 3 Zeitebenen zu einer bestimmten Raumkrümmung fliegen muss, die irgendwas (*pseudowissenschaftliches Drehbuch-Babble hier einfügen*) mit der DNA anstellt. Dieser Plan wird an mindestens zwei der vergfügbaren Zeit-Haltestellen dadurch behindert, dass die Besatzung den haarlosen Schiffsmanager für völlig durchgeknallt hält. – Wer auf dem Weinberg ein paar fluchende und zwergenhafte Asoziale aus dem Pilotfilm sieht, kann sich (und andere) eben nicht immer damit beruhigen, dass er gerade auf ein paar Baden-Württemberger getroffen ist.
Natürlich steckt hinter diesen Ideen, die toll zu beschreiben, aber schwer logisch zu erklären sind, wieder einmal der allmächtige „Ironiehaltige Zone“-Platzwart namens Q. Was clever ist, denn der ist bekanntlich ebenso alttestamentarisch grausam wie kindisch wie unlogisch. Und so wundert es nur noch Puristen des Ursache/Wirkung-Prinzips, dass Q (auch Harry „Plot“ter genannt) unseren Picard einen Rüchwärtszeitnebel dadurch erschaffen lässt, indem er einen bereits vorhandenen(?!) scannt.
Ein Prinzip, dass ich dadurch zu nutzen gedenke, indem ich mein zukünftiges Ich an dieser Stelle bitte, mir die Zeitmaschine zu übergeben, die ich ihm dann zur selbigen Übergabe zukommen lassen kann. Aber eigentlich geht es hier nicht um… „Aber“, ja, nicht mal um Qs halbgare Anklage der Menschheit („Ihr seid weniger allmächtig als omni, daher beschränkt. Wie? Nein, die Bajoraner habe ich heute noch nicht verarscht, warum?“). Es geht hier vielmehr um einen Abschied, der nur deshalb einer ist, weil der Zuschauer um das Ende der Serie weiß. Und es geht um das vielleicht letzte Geschenk an die Fans, das dem Autor Rick Berman zu Lebzeiten noch gelungen sein wird.
„Seitdem es im Replikator auch diesen Aldi-Tetrapack-Rotwein gibt, habe ich irgendwie gar keine Lust mehr, meine Girlanden an die Reben zu binden…“ – Stroh(hut)mann: Der Picard von „Morgen“ war sogar im „Heute“ schon immer irgendwie ewig gestrig. Den alten Warpkernreiter beim Grünzeug-Schnippeln zu sehen, das ist zwar romantisch, macht einem aber bewusst, wie schnell JEDER Held vom altertümlichen Kämpfer zum ältlichen Kotwerfer werden kann.
Dass Q die Handlung nicht zu ernst nimmt, tut ihr gut; denn nur so ist die gefühlte 293. Weltraum-Waberanimation mit Puttmach- und Zeit-Verknot-Ambitionen überhaupt noch interessant. Nicht ganz ohne Zuschauer-Verbrüderungs-Grund sagt Q z.B. so selbstironische Dinge wie: „Sie haben das Universum gerettet. Mal wieder.“ oder „War es das schon für sie? Nur ein weiterer langweiliger Tag im Büro?“ – Ein Gedanke, der berechtigt ist, denkt man doch schon vor dem Vorspann, wenn Picard im Jesus-Bademantel aus dem Schlafzimmer tritt und von Zeitsprüngen schwafelt: „Na und? Zeitsprünge in Vergangenheit und Zukunft haben bei ST doch schon längst das Notizbuch ersetzt?!“
Schön auch das Zusammrühr… -führen von alten und zukünftigen Entwicklungen, auch im Kleinen: Data scheint sich zukünftig auf das messiehafte Sammeln von Miezekatzen verlegt zu haben, das Earl-Grey-Rezept ist bei Picards Antrittsbesuch auf der Enterprise noch nicht einprogrammiert (Nach meinen Tee-Erfahrungen hätte “Heißes Wasser mit Lebensmittelfarbe” dem Computer genügen können) und Chief O‘ Brian hat echt einen schlechten Tag erwischt, als er noch vor Geordie an Bord den Chefingenieur mimen muss und vom Captain Aufträge erhält, bei denen selbst langjährige Mitarbeiter von Thomas G. Hornauer verwirrt gewesen wären. Der dösbattelige Gesichtsausdruck und die deutsche Nichtsraffer-Stimme passen perfekt auf den Chief… (“Öh, jetzt plötzlich doch nicht mehr scannen?”)
Erschreckend hingegen, dass die über 25 Jahre älter geschminkten Schauspieler erstaunlich frisch und dynamisch wirken, wenn man sie mit ihrem realen Ich vergleicht, das aktuell die Convention-Hallen mit ihren Kilos und/oder Gehstöcken traktiert. So kann man es ihnen in diesem Zweiteiler denn auch NICHT als Senilität auslegen, wenn sie den alten und stammelnden Picard quer(!) durch den Quadranten fliegen, um den gebrechlichen Mann noch einen allerletzten Krieg auslösen(!) zu lassen, der alten Zeiten Willen. Analog dazu hätte ich meinem Opa in seiner Endphase nach Nigeria begleiten müssen, als er auf der Suche nach der nackten Negerin war, die sich – in Bielefeld – nachts angeblich immer auf sein Bett setzte.
„Ich weiß, dass Herr Kachelmann das Wetter eigentlich nicht machen KANN, aber seit seinem Prozess haben sich die Sommertage iiirgendwie verändert.“ – Völlig losgelöst von der Erde: Picard bestaunt die Ur-Erde und glaubt dank Q, dass aus seinem dicken A-A-Haufen gleich die Dinosaurier entstehen werden. In Wirklichkeit hat ihn Q jedoch nur nach Sachsen-Anhalt versetzt, um die dortigen Teeläden zu subventionieren.
Der Gipfel des unverantwortlichen Logik-Bashings erreicht die Handlung, als Worf als hochrangiger Chefknurrer der Klingonen mal eben nach Jahrzehnten wieder seine Putzfrauennische auf Rikers Enterprise einnimmt. Die trotz dritter Warpgondel weiterhin nur die inneren Werte einer Sparkassenfiliale mit Wandfarbenanomalie besitzt und das übliche Enterprise-D-Set ist. Aber vielleicht vermuteten die Leute bereits, dass ihr Universum und ihr Zeitstrahl nur in dem Zeitraum existiert, den Qs Radiergummi benötigt, um erneut auf die Realität niederzufahren. Warum sich also Mühe geben und den eigenen Überlebenstrieb auch nur auf Warp 1 bringen?
Kurz: Für heutige Verhältnisse ist das Finale so actionlos, budgetbeschnitten und understatementig, dass man sich kritisch hinstellen möchte und wütend rufen: “Genau, besser DAS als das Ende von Voyager.” – Die Serie TNG beginnt, wo sie endet und endet, wo sie beginnt. Und paradoxioniert, wie man es schon in Staffel 1 gesehen hat. All diese Guck-Gefühle lassen einen – zusätzlich zu John de Lancies großartiger Darbietung – wirklich glauben, dass die letzten 7 Staffeln wirklich ein Test für die Menschheit gewesen sein könnten.
Und George Lucas(?) diese Handlung von Anfang an so geplant hat.
Klar, dass die Anomalie Narben und Föten zurückbildet, ist großer Space-Käse (Abtreibungsstrahlung? Zurückentwicklung von Hirnmasse und Erinnerungen zu schwerwiegend für die Handlung?), aber ich mag das Bild, als Q mit der Hand durch YPS-Heft-Glibber fährt und behauptet, die irdische Entstehung von Leben hätte sich unplanmäßig verzögert. Da gewinnen meine einstigen Spiele im Matsch doch gleich einen ganz anderen narzistischen Stellenwert.
„Hausordnungsregel Nummer 293: Wer unterwegs auf’s Klo muss, der muss eine Sternbasis oder 2 Monate vorher bescheid geben…“ – Geregelte Bahnen & andere Orbits: Picards Antrittsrede vor der damals noch minirockbewehrten Mannschaft brilliert mit technischen Anweisungen (Earl-Grey-Pakete im Luftfiltersystem) und dem Einschwören auf den gemeinsamen Feind (lange Hosen bei Frauen).
Und – wie angedeutet – es ist die Menschlichkeit, die hier oben steht, was in Zeiten von „Stargate Universe“ und „Wie hießen die anderen drei abgesetzten Serien?“ selten geworden ist. Riker und Worf entscheiden sich beispielsweise, zukünftig nicht über das Kriegsbeil namens Troi zu stolpern, welches Rick Berman hier mal eben eingebudddelt hat (bitte bildlich vorstellen, danke), Picards pathetische “Vertrauen!”-Rede zeigt bei der uneingeweihten Crew mehr Wirkung als ein Versicherungsvertreter mit Pumpgun und ganz am Schluss sitzt Jean-Luc zum ersten Mal am Pokertisch. Vielleicht, weil er durch diese Geschichte verstanden hat… äh… dass er… – Ach, was weiß denn ich, was für Picard hieran anders war, als an den anderen irren Storys zuvor.
Trotz den üblichen Logikfehlern (eine Anomalie, die in der Vergangenheit größer wird, ist zu einem Zeitpunkt X nicht schon längst als seltsam schrumpfendes Gebilde bekannt?!) ist diese Doppelfolge schamlos unterhaltsam. Und das nicht nur deshalb, weil Deannas Lippen fast die von Worf berühren, was selbstverständlich nie wieder aufgeritten… äh… aufgegriffen wird. Der schnelle Wechsel zwischen den Zeitebenen, die von Q freundlicherweise perfekt „geschnitten“ sind (Tür auf, Picard durch, Tasha Yar da.), machen haufenweise schlanke Füße. Und trösten darüber hinweg, dass wir eigentlich nur 85 Minuten Picard dabei zusehen, wie er drei Mal von A nach B kommt, ohne über Irrenanstalt C gehen zu müssen.
Da vergibt man auch, dass Qs finale Forderung, nicht nur Sterne zu kartographieren, sondern neue Möglichkeiten zu erforschen, ebenso wolkig (dafür aber heiter) wie falsch ist. WENN schon immer neue Möglichkeiten gesucht und gefunden wurden, dann ja wohl bei Star-„Technobabble-Unmöglichkeit der Woche“-Trek.
“Da, Captain! Schiffe aus der Vergangenheit und der Zukunft!” – “Explodieren lassen. Nicht-gegenwärtiges Leben ist minderwertig und darf ausgelöscht werden.” – Die Ex von Herrn Plodieren: Wie immer bei Star Trek wird kein Paralleluniversum oder reparierbarer Zeitstrahl ungenutzt gelassen, um gefahrlos die (bzw. irgendeine) Enterprise zum “Funkemariechen” herzurichten. Aber warum auch nicht, schließlich zahlen wir ja auch alle ab 2013 unsere GEZ-Gebühren!
Aber die besten Geschichten bei Star Trek glänzten noch nie mit Logik (ha, da habe ich Euch jahrelang mit meinen diesbezüglichen Forderungen verarscht, gelle?), sondern mit technobabblegestützten Charakterszenen, die Ringelreihe um eine Subraumanomalie tanzen. Und intimer als die Enthüllung, dass z.B. Picard und Crusher (die alte, nicht der kleine Schwule) mal verheiratet waren, geht es ja kaum. Und für ECHTE Nerd-Kerle gibt es dann ja noch Rikers Warp 13-Enterprise, Beverlys Kamikaze-Apothekerschiff und die Vernichtung von gleich 3 Schiffen, die sich zu lange an der Anomalie gebräunt haben. Immerhin, das dortige Generieren einer eindämmenden „Warpschale“ klingt für ST-Verhältnisse sogar noch relativ normal. – Oder wie ein dekorativer Einrichtungsgegenstand in Trois Quartier.
Fazit: Nicht so kultig, wie die Fans glauben machen wollen, aber dennoch solide und kostengünstige Unterhaltung, die sich sich zu dem Ende von Voyager verhält wie ein guter alter Bleistift zu einem ausgefransten Malerpinsel. Dass es nicht die einfallsreichste Geschichte ist, geschweige denn die mit dem besten Zeitsprunggedöns, ist da geschenkt. Und wird auch nach Weihnachten NICHT umgetauscht, bitte sehr!
Endlich mal wieder eine Trek-Review.
Gestern heute morgen ist die zweitbeste Abschlussepisode nach „What you leave behind“.
Turnabout-Intruder von TOS zählt nicht, da es eigentlich keine richtige Abschlussepisode ist.
Den letzten Platz teilen sich beide „Endgame“ von Voyager sowie „These are the voyages“ von ENT. Ist beides gleich schlecht. Sogar noch schlechter als Nemesis, was ja als TNG ENde der Filme gilt.
Naja, TNG hat genauso wenig ein richtiges Ende. Die Folge hätte auch am Ende der 6. Staffel oder so spielen können.
Ich fand/finde die Folge sexy.
Allzu großes Krachbums muss nicht immer sein und Q als perfekte Abrundung (neben Trois Hüftumfang) der Serie war gut gewählt. Imo besser als alle anderen Star Trek-Final-Folgen.
„Nur der Himmel ist das Limit.“
Ich hatte damals Tränen in den Augen, wie die Kamera langsam von der Enterprise wegfährt und ich wusste, daß dies das Ende einer Ära war.
Keine Trek-Serie, kein Trek-Film konnte mich je wieder so beeindrucken wie die Next Generation.
Und es wird wohl auch nie wieder passieren.
Amen Brother !
Das war schon einen ziemlich coole/gute Doppelfolge.
Als Serienabschluß gut zu gebrauchen.
Ich kann mich den 7 von 10 anschließen.
Inkl. Bonuspunkt für Ent Frauen in Miniröcken.
Gruss BergH
Das war schon eine gute Folge aber sie ist nichts desto trotz ueberbewertet.
Eine wirklich gelungene Abschlussfolge, wie sie der Serie gebührt.
Aber gleichzeitig so unfassbar unlogisch. Ich finde es immer noch unglaublich, wie es derartiger Blödsinn ins Script geschafft hat wie eine Anomalie, die rückwärts immer größer wird, aber in der Zukunfts-Zeitebene erst noch entstehen muss (und das wird einem dann auch noch als große Erkenntnis verkauft).
@AlphaOrange: Du hast recht, eigentlich war die Anomalie wie eine Eieruhr, die sich von der Gegenwartszeitlinie sowohl in die Vergangenheit als auch die Zukunft vergrößert.
Deshalb war sie am Anfang der Erde riesig, beim ersten Besuch der Jetzt-Enterprise nicht da, später dann auch und in der Zukunft erst recht.
Aua..genug geputzt! Die Stelle nässt bereits. Ich stimme ja auch schon zu. Es stimmt alles. Wenn Herr Hoffmann sogar der Meinung ist, man würde im Weltall neue Elemente finden, mit denen trotz radioaktivem Zerfall tatsächlich was anzufangen ist, dann kann eine Anomalie auch nicht rückwärts in der Zeit größer werden. Und jetzt weg mit dem Lappen!
Ich erinnere mich überhaupt nicht an diese Folge.