Star Trek Enterprise – 1.14 – „Schlafende Hunde“ („Sleeping Dogs“) Review
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von Gert Günter Hoffmann
Die Erfahrung aus 36 Jahren Star Trek veranlassen mich zu der Feststellung: Klingonen neigen dazu, bewußtlos in schlecht beleuchteten und nicht minder schlecht belüfteten Mülltonnen führungslos durch das All zu treiben, um stets im falschen Augenblick wieder zu erwachen.
Wie Mutti, die einem immer wieder das gleiche Essen kocht, weil man die Pampe fahrlässigerweise im Alter von 4 Jahren einmal zu seinem Lieblingsessen gekührt hat, setzt Star Trek uns immer wieder den abgestandenen Klingonenbrei vor, der uns schon seit Jahren zu den Ohren herauskommt.
Nur unnötig überkritische und böswillige Gemüter könnten mit der Zeit auf den Gedanken kommen, daß Klingonen langweilig, ausgelutscht, öde, dröge, doof, naiv und völlig uninteressant sind und sich eine verstaubte Schublade mit den Borg teilen können.
Aber zu diesen Frevlern gehört unsere klingophile Redaktion selbstverständlich nicht. Wann immer ein wandelnder Tanzlehrer-Albtraum in Star Trek auftaucht – also durchschnittlich in jeder 2. Episode – kuscheln wir uns gemeinsam in unser Plüsch-Batleth und zuzeln genüßlich an frisch gepulten Regenwürmern, während wir uns gegenseitig mit einem fröhlichen QAP`LA! den Scheitel mit dem Bierkrug nachziehen.
Trotz des alten Miefs, den diese Folge im Quadranten verströmt, lassen sich noch einige positive Aspekte hervorheben: schon seit dem Pilotfilm fällt an Enterprise erfreulich auf, daß uns die Menschen des 22. Jahrhunderts noch wesentlich näher sind, als die pickelfreien Übermenschen der TNG-Ära. Verstopfung, Vorhautverengung, Blähungen, lästige Erkältungen und abgeroste Auspufftöpfe gehören zum Alltag auf der USS Opel. Frisches Denken für bessere Raumschiffe sozusagen.
Und mit einem grippegebeutelten Engländer kann sich der Durchschnittszuschauer auch weit besser identifizieren als mit einem schwulen Franzosen mit eingebautem Ehrendoktortitel (gültig in allen teilnehmenden Sonnensystemen). Aus aktuellem Anlaß würde ich gern auch einmal Tucker`s Bettdecke nach übermäßigen Genuß von Alkohol und Produkten aus dem Hause Chio sehen (winkt Klapowski mit dem Putzeimer herbei). Hier ruht noch ein Menge Potential für aktive Zuschauerbindung kraft Wiedererkennungseffekt:
„Mit der Enterprise-Crew kann ich mich identifizieren! Der Mayweather ist so wie ich! Naiv, unbeholfen, arbeitslos – und sein Vater war auch kein Norweger! Genau wie unserer, Üzgül!“
Die eigentliche Story der Episode ist ebenso belanglos wie nebensächlich und schnell erzählt. Klingonenschiff treibt führungslos im Orbit eines Gasriesen, ENT-Crew macht `rüber, wird von der Schiffsputze überrumpelt und schafft es letztlich, den klingonischen Kreuzer samt Mannschaft vor dem Absturz zu retten. Die Klingonen sind dankbar und wollen die Enterprise zestören. So weit, so doof. Eine Geschichte, wie sie in jeder Star-Trek-Serie hätte spielen können. Dennoch vermag sie sich in einzelnen Punkten positiv vom üblichen Einheitsbrei aus dem Hause Braga/Berman abzuheben:
Nicht so trashig wie TOS, nicht so dick aufgetragen wie TNG, nicht so unnötig gewalttätig und hohlbirnig wie DS9, nicht so inhaltsfrei und billigkulissig wie VOY.
Noch immer geben sich die Autoren Mühe, jede Begegnung und Außenmission zu etwas Außergewöhnlichem zu machen. Von der grundsätzlichen Möglichkeit des Beamens wird erfreulich sparsam, will heißen: überhaupt nicht, Gebrauch gemacht. Ein schonender Umgang mit Shuttles und Ressourcen zwingt zu logischeren Drehbüchern. Statt eines Traktorstrahls schwingt die Enterprise die Angelrute und der Universalübersetzer ist so zuverlässig wie Altavista`s Babelfish.
Auch wenn man bei der Beurteilung von Star Trek Episoden inzwischen zum Gegenteil neigt: die Abwesenheit von groben Logikfehlern ist noch kein Pluspunkt für das Drehbuch. Schließlich bekommt man in der Schule auch keine „1“ für den inhaltsarmen Dünnsinn, den man zu Papier gebracht hat, nur weil man ausnahmsweise einmal die üblichen 240 Orthografie-Fehler vergessen hat.
Denn inhaltlich hatte die Episode absolut nichts zu bieten, was den roten Handlungsfaden oder die Charaktere auch nur einen Meter weitergebracht hat. Die Chance, nicht nur der Menschheit, sondern auch den Klingonen des 22. Jahrhunderts etwas Neues abzugewinnen, haben die Autoren bislang gründlich verschlafen. Schon 200 Jahre vor TNG waren die Klingonen die gleichen langweiligen Miesepeter, wie sie uns seit Jahrzehnten anöden:
Bird of Prey, Photonentorpedos, Gagh, Ehre, Fresse dick, Qa`pla, schlechte Laune, tschüss.
Ist das neu? Haben wir dafür Voyager und SAT1 jahrelang in die Quoten-Hölle gestürzt? Wird DS9 deswegen so oft wiederholt und schimmelt nicht etwa in Leo-Kirchs-Klamottenkiste vor sich hin – kurz vor der Zwangsverschenkung an 9-Live?
„Klingonen! Aber das hast Du doch immer so gern geguckt, Junge!“
„Ja, Mama. Aber das war vor 20 Jahren und damals war ich Vier…“
„Immer willst Du `was anderes. Heute Hüh, morgen Hott! Und dafür stand ich zwanzig Minuten in der Küche und habe an dem Drehbuch geschuftet. Geh` doch zu Stargate wenn`s Dir bei mir nicht mehr schmeckt!“
„Ja, Mama…“
Note: 4+
(ggh)
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