Star Trek Enterprise – 1.20 – „Schiff der Geister“ („Oasis“) Review
Die „Enterprise“-Autoren müssen eine unheimlich schwere Zeit hinter sich gehabt haben: Wie bei einem unglücklich Verliebten schien alles an das verloren gegangene Objekt der Begierde zu erinnern: Der Bauer von schräg gegenüber düngt seine Kraftfelder… Der Tintenfleck auf dem halb fertigen Drehbuch sieht irgendwie programmiert aus… Und um 3 Uhr nachts steht eine unglückliche Ehefrau an der Tür zum Arbeitszimmer: „Bitte nennen sie die Art des sexuellen Notstands!“
In diesem Moment muss es aus den ehemaligen Voyagerautoren herausgebrochen sein: „Oh Gott! Ich bin so ein schwaches Menschenkind! Wieso kann ich nur ohne Holodecks nicht arbeiten, Meg??“
„Weil du ein umgeschulter Schuhverkäufer bist, Aaal… – bert!“
Und so kam es zum photonischen Auffahrunfall namens „Oasis“, sprich: „Oooh… Aaah… This?“, was in etwa dem bewundernden (und leicht neidischen) Lauten Rick Bermans entsprechen dürfte, als Albert ihm am nächsten Tag dieses Drehbuch voller frischer Ideen auf den Schreibtisch legte… – Fast wäre die randvoll beschriebene Busfahrkarte in einem Astloch verloren gegangen…
Lassen wir aber nun die hochkomplexe Handlung Revue passieren:
Die Enterprise-Crew besichtigt mit umgebauten Laserpointern ein stimmungsvoll abgedunkeltes Absturzschiff. – Noch vor dem Vorspann hat ein gesprächiges Alien mit dramaturgischer Erfahrung dafür gesorgt, dass wir alle felsenfest an ein „verfluchtes“ Geisterschiff glauben und die typische ST-Wissenschaftlichkeit nach über 600 Folgen mal eben gerade vergessen hatten…
So weit, so gähn… Natürlich dauert es nicht lange, bis mysteriöse Geräusche und aufmüpfige Spiegelungen die Crew heimsuchen. – Denn merke: Bei keinem Geisterfilm für Hirnies darf die berühmte Stelle niemals fehlen, an der ein Protagonist im Badezimmerspiegel/ im Badewasser/ im Kloabfluss die Spiegelung einer unheimlichen Gestalt erspäht… Welche sich natürlich – im Filmbusiness gelten eisenharte Regeln – beim Umdrehen spurlos verdünnisiert hat…
So geht es dann also weiter, bis plötzlich eine blonde Kurzhaarfrisur aus dem schiffsinternen Rosinenbaum springt. Direkt vor Tucker. In den nun folgenden Schweigesekunden läuft telepathisch das folgende Gespräch, das ich als Zuschauer ebenfalls glasklar empfangen durfte:
„Tagchen. Ich bin blond und gucke wie Wesley, wenn’s donnert!“
„Ah. Ja. Hmm. Dann müssen sie die mir zugeteilte Nebendarstellerin der heutigen Folge sein? (*Im Geiste einen Zettel entfalt*) Müssen wir uns verlieben?“
„Mal sehen. Auf jeden Fall sollten wir uns total sympathisch sein. Möglicherweise wird unsere gegenseitige Sympathie dann ja gleich auf eine harte Probe gestellt?“
„Das wäre wunderbar! – Und? Bei dir oder bei mir? Das Happy End mein‘ ich!“
Wie schön ist es doch, wenn Serien nach so komplexen Regeln mit den Erwartungen des Zuschauers spielen, wie 4 Rentner beim Mensch-ärgere-dich-nicht…
Nachdem Blondi als Kes-look-alike den Themenabend der ST-internen Imitationen eingeläutet hat, gelingt es Rene Auberjones wenige Augenblicke später, doch glatt wie Odo auszusehen. – Nur halt nicht so glatt. Wangentechnisch…
Und spätestens als die in Bonbonfarben gekleideten Statisten aus dem Farn nachhoppsen, fragt man sich, was eigentlich das „Prä“ in dem Begriff „Prä-Kirk-Serie“ zu suchen hat…
Was dann kommt, haben wir bei altbackenen ST-Billigkulturen schon häufiger gesehen, als ein Faustkeil Splitter produziert: Hübsches Mädchen will die Fremden kennenlernen, die Doo(r)fältesten sind hingegen lieber dagegen… Aus Angst davor, Klein-Kes würde erfahren, dass ein schrottiges Raumschiff, auf dem die Berufsgruppenauswahl auf „Botaniker“ begrenzt ist, nicht wirklich interessant ist. – Ein Gedanke, der dem (ab)geneigten Zuschauer schon nach wenigen Sekunden untergekommen ist…
Es(/r) kommt, wie es(/r) kommen muss: Tucker! Zeigt das Schiff! Dem süßes Mädchen! Rasend spannend! Boah!
Bis dahin ist die Folge so spannend und überraschungsprall wie Mayweathers nunmehr 15. Dialogzeile der neuen(?) Serie…
Überspringen wir die restliche Handlung von „Sandmann-TV“ bis zur letzten Viertelstunde… Nun erfahren wir: Die kunterbunte Gärtnergang besteht nur aus Hologrammen! Tjahaaa! Dies kommt jedoch nur so überraschend, da man den Autoren selbst nach Voyager nicht einen derartig planlosen Holoplot zugetraut hätte… Jedenfalls nicht in einer Prä-Kirk-Serie!
Lasset uns nach ca. 10 ähnlichen Storyideen mal wieder das schöne Lied singen: „Tausend Mal berührt… Doch du warst fragmentiert!“ Um uns dann zum spannenden Finale hochzusummen: „Tausend und eine Nacht… – Und es hat „ROM“ gemacht!“
Mal ehrlich: Die Idee, permanent in einer Holowelt zu leben, ist mindestens so ausgereizt wie das Exorzieren von feindlichen Energiewesen aus Crewmitgliedern oder beliebige Borg-Doppelfolgen…
Keine Sau will doch wissen, welche widerlichen Dinge Odo in seiner sexuellen Einsamkeit erschaffen hat! Niemand von uns hat geweint, als Hologramme unseren Archer ganz fies beschossen! Aller Welt war es Wurscht, ob „Kes“ sich am Ende für das schrottige Schiffswrack entscheiden würde. – Oder ob sie doch lieber auf dem planetarischen Aboretum Baumwolle zupfen möchte…
Keine Sekunde haben wir an Geister geglaubt! Vielmehr war das Ende von allen Guten verlassen… Und wenn wir bis zur letzten Viertelstunde noch eine gewisse Spannung ob der aufkeimenden Auflösung verspürten, so fühlten wir uns von der doofen Holo-Enthüllung doch so sehr verarscht, dass die Bewertung nachträglich auch für den Beginn derbe abfallen musste…
Sogar die 3 konsumierten Spielfilme vom letzten Wochenende konnten sich der wortwörtlichen „Entgeisterung“ von Folge 20 nicht entziehen und landeten prompt in meiner persönlichen Hassliste für medialen Unfug…
Note: 4-
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