Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

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„Alien – Romulus“ – Ein schlecht geschnittenes Review

„Alien – Romulus“ – Ein schlecht geschnittenes Review

„Alien“ ist so ein Franchise, das ich noch nicht aufgegeben habe. Denn Teil 1 bis 4 waren mindestens(!) leicht überdurchschnittlich, was im Vergleich zu den beiden Ridley-Scott-Filmen „Covenant“ und „Prometheus“ noch eine prozentual brauchbare Erfolgsquote bedeutet. Umso gespannter war ich, da „Romulus“ nun von Regisseur Fede Álvarez gedreht wurde, der mit frischem Blick an das Beißfranchise heranzugehen plante. Doch erreichte er sein Ziel, die altgärwürdige Horrorhoffnung für die Generation „Jey“ (= Jumpscare) neu zu erfinden?


Inhalt:

Auf einem entfernten Außenposten müssen Arbeiter in Minen schuften – und sind dabei dem Wohlwollen der dortigen (Aktien-)Gesellschaft ausgeliefert. Stichwörter „Schlanker Staat“, „Leistungsbereitschaft“ oder „Verändertes Anforderungsprofil“. Zusammengefasst: „Erpressung“

Doch eine Gruppe jugendlicher Arbeitnehmer hat die Nase voll davon. Als sie erfahren, dass eine kaputte Raumstation im Orbit schwebt, fliegen sie kurzerhand hoch, um die Kryostase-Kapsel zu bergen. Zwecks Verdünnisierung vom Steinekloppen.

Doch an Bord haben zwischen dem Film „Alien“ und „Aliens“ diverse Experimente mit einem außerirdische Wesen stattgefunden. Somit beginnt unter Zeitdruck die Flucht vor Facehuggern, Spacegefahren und den üblichen schwarzgesichtigen Fressmaschinen.


Besprechung:

Ich habe ja nie in einer großen WG gewohnt. Aber ein bisschen wie in diesem Film könnte es dort durchaus laufen?

Irgendeiner rüttelt an der – wieder mal – kaputten Wohnungstür, während der Hitzkopf sich mit dem Underdog anlegt. („Du warst immer schon ein blöder Androi… äh… Andi! Jetzt schubs ich dich, bis du`s einsiehst!“)

Derweil hängen zwei Personen panisch vor einem Laptop (Abschlussarbeit und/oder Versagen der Lebenserhaltungssysteme?) und irgendwer liegt mit Sabberfaden in der Ecke, wo man aber nicht weiß, was dem zugestoßen ist… – Zu viele Drogen, gerade vor dem Vermieter die Treppe rauf geflüchtet oder Lebertransplantat bereits überfällig?

So ein bisschen fühlt sich auch dieser Alien-Film an.
Irgendwo diskutieren immer zwei halbseidene Halbstarke über die Geheimnisse des Türaufmachens, wichtige Storyschnipsel werden im Turbotempo wegerzählt die Nebenkriegsschauplätze häufen sich an wie bei einer Jahrestagung afrikanischer Warlords. (= Station stützt ab, Fahrstuhl geht nicht, Gruppe trennt sich auf)

Alles fühlt sich an, als hätte man 15 gute Ideen gehabt, davon 10 irgendwie mit alten Alien-Filmen verwoben, 5 zusammengeschnitten und 3 noch fix nachgedreht.

„Ich bin ein Android der ANDROID-Klasse. Ich wurde erbaut, um Androiden-Sachen zu machen.“ – I’ll be back … again: So nett der Gedanke auch war, dass dieser Roboter (anfangs) quasi „behindert“ ist, so albern wirkt es nach 6(!) Alien-Filmen langsam, dass ein Crewmitglied stets ein angegrabbeltes Foto von Commander Data in der Brieftasche tragen muss.

Dabei hatte dieser Film das Zeug, zu einem der besten des Franchises zu werden! Ja, auf dem Papier könnte ich dieses Werk loben, bis mir der Speichel durchs ganze Loben zur Säure wird:

– Der Look der Kulissen trifft extrem gut den Stil des 1979er-Originals. Die Technik, Triebwerke und Bildschirme sind wuchtig, schmutzig und kraftvoll. Auch das Licht wirkt in seiner sparsamen Funzeligkeit sehr durchdacht und angemessen undurchsichtig.

– Die Grundgeschichte besaß einen Schuss Genialität. Die Themen „Große Konzerne“ und „Sind wir für die überhaupt noch Menschen?“ zogen sich ja stets durch das Franchise wie ein heißes Messer durch die Buttersäure der Arbeiterfüße.

Dazu passt sogar total, dass man diesmal die Punkte Zeit/Geld/Entfernungen miteinander verquickt. Durch eine Cryostase-Station spart (oder entschärft) man nämlich jeden dieser Faktoren – wenn man denn genug Mut hat, einen dieser gesellschaftlichen „Cheat-Codes“ zu bergen.

Ernsthaft: Der ganze Beginn auf der tödlichen Minenstation, von der man nicht mehr wegkommt – streng nach Formular- und Stempelpech -, das war an Dystopie kaum zu überbieten.

Es sei denn, ihr müsst demnächst selber auf’s Amt?

„Alles klar, Junge. Die klassische Ellen-Ripley-Pose. Äh… Soll ich mir noch fix die Haare abrasieren?“ – Ein echter Schnapper im Franchise-Supermarkt: Natürlich kann man derlei Szenen nicht ständig neu erfinden. Trotzdem hätte ein fesches Kopftuch, eine Frühlingswiese oder eine Scherzbrille vielleicht etwas hinzugefügt?

– Auch die Musik war stets recht passend, auch wenn ich nichts davon nachsummen könnte. Was zugegebermaßen auch beim Jerry-Goldsmith-Original schwer fiel. („Quietsch-Quaatsch-Quoootsch?“ – „Falsch, lieber Chor. Noch mal von vorn!“) Aber auch früher machte es wohl die Wiederholung über die Jahrzehnte, dass die dissonanten Töne derartig einprägsam wurden.

– Auch das Weiterdenken verschiedener visueller und inhaltlicher Elemente brachte erst mal Freude auf des Boomers Fernsehtisch! Sei es die herumschwebende Säure in Schwerelosigkeit, des „Wegraspeln“ einer Raumstation an einem saturnähnlichen Ringsystem, ein komplett von Alienstrukturen eingesponnener Gang oooder die Nahaufnahme eines Facehuggers, der die Speiseröhre von Innen abtastet. Mitsamt schwedischen Geräuschen wie „Blörk“ und „Glörks“.

DAS alles waren tolle Ideen für „kleine Menschen“ (= Neukunden um die 20-30 Lebensjahre?), auch wenn die epische Kultigkeit früherer Teile fehlte.

Besonders das Wesen am Ende hatte visuell etwas SEHR Eindrückliches. Irgendwo zwischen den „Erschaffern“ aus „Alien – Prometheus“, einem Basketballspieler, einer klassischen Satan-Darstellung und einer Tube Nivea auf Beinen.

Doch wie bereits angedeutet, verliert der Streifen viel seiner Wirkung durch Ungenauigkeiten und „Wir wollen es allen recht machen“-Zwangsgedanken. So werden z.B. Szenen, in denen man leise schleichen muss, nach 5 Sekunden unterbrochen, um den Wankelmut-Wütigen am anderen Ende der Station zu zeigen, der mit einem Elektroschocker in einem Alien-Schwabbel rumstochert. – Antiklimaktischer ginge es echt nur mit unpassender Popmusik.

Und ja, man sollte die Logik nicht überbewerten, aber ein Gefühl für Raum und Zeit mochte bei mir nie aufkommen. So konnte es durchaus sein, dass man im Finale in einem laaangen Fahrstuhlschacht herumhampelt, aber zufällig direkt an seinem Ziel aussteigt. Am besten noch mit einem großen Filmschnitt, bei dem der abnehmende Sekundencountdown gefühlt nur von „Sechzig“ auf „Sechsundfünfzig“ runtertickt.

Eigentlich wurde zwischen diesen beiden Personen eine „Bruder/Schwester“-Beziehung angedeutet – die sich ändert, als der Androide eine neue Persönlichkeit erhält. Ab jetzt wird nämlich fast GAR nicht mehr über derlei Themen gesprochen! – Nicht, dass ich hier Sigmund Freuds Psycho-Chouch in einer futuristischen Variante erwartet hätte, aber eine richtige „Chemie“ kann man ausschließlich in den Körperausscheidungen aller Teilnehmer finden.

Noch schlimmer ist es timingtechnisch, wenn ein Alien bereits nach 2 Minuten(!) nach dem Facehugger-Kuss aus der Bauchdicke bricht. Und weitere 5 Minuten später das komplette Schiff von Viechern überlaufen ist. Hier hatte vermutlich der Stoppuhr-Freak von „Star Trek – Discovery“ die wundgedrückten Daumen im Spiel?

Wobei die schwerelosen Säurefluten am Ende des Films eigentlich dafür hätten sorgen müssen, dass die ganze Handlung innerhalb von Sekunden im Vakuum verpufft – mangels Seitenwänden, Böden und Decken.

Die Psychologie und Dynamik der jugendlichen Trampel lasse ich außen vor. Nicht, weil es da nix zu kritisieren gäbe, sondern weil ihr die Art der Kritik eh kennt: Es sind halt Laber-Dullis mit grundlegenden Persönlichkeiten (= jung, gesunde Kniescheiben, rennen gern), die nach und nach in den Dramaturgie-Mixer fallen. Mehr als deren Eigenschaftslosigkeit störte mich aber, dass sie keine Funktion hatte – zumindest konnte ich sie mir nicht merken.

Wer war z.B. doch gleich der Computerexperte oder der Pilot? Früher wurde hier mehr geboten, und sei es nur die optisch fast lächerlich einprägsame Truppe bei „Alien 4“. („Meinst du den Kleinwüchsigen im Rollstuhl oooder Ron Perlman nach der Muckibude, Klapo?“)

Egal, beim Sterben haben alle die Haare – in etwa – gleich schön.

Eigentlich hätte man alle(!) Kritikpunkte mit einem anderen Einsatzes des Faktors Zeit reparieren können:

Man weiß nicht, wie weit das Alien weg ist oder von wo die nächste Gefahr droht? – Dann zeigt den Tisch, über den das Vieh krabbelt, doch eeetwas länger, zoomt (= Zeit!) mal über die Szene hinweg. Denn wenn die Hauptfigur nicht ungeduldig auf die innere Uhr schauen muss, kann das Versteckspiel sooo quälend nicht sein.

„H.R. Giger? Haben Sie etwa wieder das Pentagram zu ihrem Zweitwohnsitz offen gelassen?“ – Halber Kult mit Knochen-Knut: Die typischen Alien-Designs werden hier noch ein paar Zentimeter weiter gedacht. H.R. Giger wäre bestimmt stolz darauf – wenn er nicht zu 92% noch viel BESSERE Designs entwickelt hätte.

Der rettende Android muss beim ersten Mal ewig lange wieder hochgefahren werden, während rundherum die Facehugger schlüpfen? – Dann lasst uns gemeinsam am Fingernagel kauen! Stellt den „Mann“ in die Mitte, während sekundenweise das Chaos am Bildrand größer wird. Dass gleichzeitig an der Tür gekurbelt wird, kann man sich ja ausnahmsweise denken? Denn jeder Schnitt reißt einen hier heraus!

Countdowns von wenigen Stunden sind gut und schön, aber was wäre gegen eine gute alte „5-Tage-Woche“ einzuwenden? Von mir aus können die Figuren sich – wie in Alien 1-3 – zwischendurch gerne mal hinlegen, in den Besprechungsraum gehen, sich ihre Briefmarkensammlung zeigen oder mit dem Computer so lange vollquatschen, das man ihn für die eigene „Mutter“ hält.
Denn Langsamkeit ist nicht immer langweilig!

Und ja, man könnte ein eigenes Segment über die Effekte runterschreiben. Die sind nämlich meist gut, aber manchmal verblüffend… faul? So sah das rumschwebende Säureblut aus, als hätte man eine Pfützentextur unmotiviert in die Länge und Breite gezogen. Keine kleine Kügelchen, keine Physikspielereien, keine unterschiedlichen Richtungen und Geschwindigkeiten. Und dabei hatten wir nach „Half Life 2“ diesbezüglich solche Hoffnung in die Zukunft gesetzt…

Der planetarische Ring wirkte dann auch nur so mittelprächtig, was bei den größeren Eis-Asteroiden besonders auffiel. Das sah aus wie ein gezeichneter Eisberg einer 80er-Jahre-Langnese-Werbung?

Und war es wirklich clever, uns einen neuen Ash-Androiden zu zeigen (erneut total kaputt: der längst verstorbene Ian Holm), obwohl das Gesicht des Deep-Fake einfach grausig aussah? Weshalb sehen Hobby-KI-Projekte mit künstlichen Gesichtern so oft viel besser aus als millionenschwere Hollywood-Produktionen? Ist etwa selbst das Studio vom Underdog-Bonus anderer Leute eingeschüchtert?

(„Hey, KI klaut unsere Jobs?! Schnell, werft ihr 15 Animatoren als Opfergabe hin, um sie gnädig zu stimmen!“)

Wer findet, dass dieses Gesicht total echt ausschaut, grüßt vermutlich auch die Gartenzwerge des Nachbarn mit „Guten Morgen, Herr Wachtmeister.“

Die ganzen metaphysischen Themen konnten daher auch kaum atmen und einwirken… Was bedeutet es zum Beispiel, wenn nur wenige Kryokapseln Dutzende Jahre an Zeit überlisten könnten?

Gäbe es da neidisches Gekloppe im Cheater-Paradies (weil Energie und Liegeplätze begrenzt sind) oder reuefreies Durchpennen, bis endlich die TNG-Utopie lacht?

Was ist denn der Kern einer künstlichen Persönlichkeit, wenn die Hauptdirektive so leicht ersetzt werden kann? Immerhin wird hier ein Halbbruder zum Konzernsklaven innerhalb eines SIM-Karten-Tausches… Nimmt man das einfach so hin oder weint sich die Augen wund?

Und was heißt es, von einem Parasiten namens Marktwirtschaft und/oder von augenlosen Beißwesen besetzt zu werden?

Hier gibt es beim 2., 3. und 4. Ansehen vermutlich nicht viel Subtext zu entdecken. Es sei denn, man hat seinen persönlichen Deutschlehrer am Start…


Fazit:

Klar, die Endnote sieht etwas trostlos aus in ihrer unausgefüllten Halbheit.
Dabei habe ich eher ein Okaaay-Gefühl nach Durchsicht dieses Neustarts:

Die Machart und die einzelnen Elemente sind viel ausgereifter als beim unsäglichen „Covenant“-Ableger – nichts hieran ist grundlegend falsch oder daneben.

Und so komme ich zu der Überzeugung, dass wir hier einen guten Film haben, der vollkommen beschissen geschnitten wurde. Denn alles, was wir gezeigt bekamen, könnte durch liebevolles Szenen-Sekunden-Geziehe (= kürzer, länger oder ganz weg) VIEL besser wirken.

Den ganzen Fanservice würde ich da sogar in Kauf nehmen. Inzwischen bin ich diesbezüglich illusionslos geworden & „sehe ein“, dass man neue Fans nur dann gewinnt, wenn man alte Filmausschnitte noch mal nacherzählt.

(Okay, nicht wirklich, aber nach über 10 Jahren Star Trek/Star Wars-„Neuerfindung“ muss man auch mal drei Gehirnwäschen gerade sein lassen.)

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BS

Artikel

von Klapowski am 08.03.25 in Filmkritik

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Kommentare (2)

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  1. Ulle sagt:

    Der Film war wie Star Wars 7 ein Reboot von ersten Teil, wohl für die nächste Generation

  2. Halbnerd sagt:

    Ja, wobei mich der Look abgeholt hat. Leider hat man den Schwarzschleim-Ursprung der Prometheus-Reihe wieder aufgegriffen. Das war ein Fehler! Ansonsten ist das sogar recht solider Alien-Horror, aber halt ohne die alles überragenden Ripley.

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