Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

  Film-Reviews     Serien-Reviews     Star Trek     Doctor Who     Star Wars     DC     Marvel

„Midnight Mass“ – Das Serienreview

„Midnight Mass“ – Das Serienreview

Ab und zu wird hier einfach mal was empfohlen, was unserer Redaktionsschildkröte namens Schildhilde zufällig in den Futternapf gefallen ist. Diesmal geht’s um eine Horrorserie, die eventuell VIEL mehr als billigen Grusel in Graustichoptik bietet…? Zumindest wandert Schildhilde seit dem Gucken in der Redaktion umher, blickt in ungenutzte Nischen („Wenn ich hier sterben würde, hätte meine DVD-Sammlung dann noch einen Sinn?“) und sortiert Grabsteine nach dem Grad ihrer Trostwirkung.


Bildunterschriften von Klapo, Text von Schildhilde


Juchu: Mike Flanagan hat eine neue Serie rausgebracht! Und das ist sie…

„Midnight Mass“ (Netflix) erinnert dabei an Flanagans bessere Werke wie „Spuk in Hill House“ (2018-2020) und „Das Spiel“ (2017). Wer die bereits mochte, sollte auch dieser Serie eine Chance geben.

„Wie schlecht kann es schon werden?“, fragte ich mich, nachdem ich vom selben Regisseur „Dr. Sleeps Erwachen“ anzuschauen versuchte – was eine mäßige „The Shining“-Fortsetzung war. Von all dem oben Genannten beeindruckte mich „Midnight Mass“ am meisten. Ja, ich würde behaupten, dass dies Flanagans bestes Werk ist!

Zur Vorbereitung

– Die Serie umfasst nur 7 Episoden, die allerdings je fast eine Stunde Laufzeit haben.
– Es gibt kaum Cliffhanger (eigentlich nur eine Episode)
– Die Geschichte ist abgeschlossen (auch toll, oder?)

Man sollte diese Serie ohne Ablenkung schauen, vor allem in DER Stimmung sein. Also weder in frohlockender Party-Laune noch in depressiver Verstimmung. Am besten guckt man allein, noch besser nachts. Zum Bingen ist die Geschichte ungeeignet, da man das Gezeigte nach- bzw. einwirken lassen sollte.

Ich möchte auch nichts spoilern. Doch zur groben Einordnung: In den ersten drei Folgen denkt man, es ginge „nur“ um Glauben – oder um die katholische Kirche im Einklang mit Langeweiler-Bürgern. Doch dann geschieht am Ende der dritten Episode eine wichtige Wendung.

„Hey, psss… Ist das der neue Priester?“ – „Ja. Aber keine Sorge. Er liest aus dem Alten Testament, um den Wandel erträglich zu halten.“ – Religions-Ralley: Auch Moslems stehen in dieser Gemeinde bereit, um die satanischen/ esoterischen/ religiösen/ wissenschaftlichen Geschehnisse zu kommentieren. Noch mehr Meinungen zu einem Thema hat höchstens die Politik…

Worum geht es (grob)?

Der verlorene Sohn (Zach Gilford) kommt zurück nach Hause. Er hat auf dem Festland jemanden im Suff tot gefahren und saß seine Zeit im Gefängnis ab.

Nun kehrt Zach als gebrochener Mann zurück in sein „Inselkaff“, um dort bei seinen Eltern und seinen jüngeren Bruder zu wohnen. Dabei werden noch andere Charaktere der Insel-Bewohner eingeführt, so dass anfangs der Gedanke aufkommt, dass es sich hier um typische Stephen-King-Stereotype handelt.

Besonders wenn man Bev (Samantha Sloyan), die verbissene Christin, sieht. Aber Flanagan löst auch diesen Ansatz anders als Stephen King, versprochen!

„Liebes Tagebuch. Da ich nun seit mehreren Minuten nicht mehr an den TOD dachte, sehe ich mich als seelisch geheilt an. Ab sofort werde ich mit dir nur noch Essensbilder und Katzenfotos teilen, versprochen!“

Wie ist es gemacht?

Die Handlung entfaltet sich langsam. Somit sieht man viel von der schönen-tristen Insel, während man sakralen Kirchenliedern zuhört, die von Männerstimmen gesungen werden. Nebenbei wird man Zeuge von ausführlichen Gesprächen zwischen den Inselbewohnern.

[Wer hier schon gähnt, sollte nicht reingucken.]

Mein Highlight ist, wenn sich Riley und Erin (Kate Siegel) über in Folge 4 über das Sterben austauschen: „Was denkst du, passiert nach dem Tod?“

Wer über seine eigene Vergänglichkeit sinnieren „möchte“, sollte sich dies anschauen. Denn: Es gibt keinen moralischen Zeigefinger, alles steht für sich. Sogar so sehr, dass man sich die Abspänne der Folgen ansehen will, da der Nachhall so intensiv ist. (Boots-Szene!)

Bei ernsthaftem Guck-Interesse sollte man vorab übrigens nichts recherchieren.

„Mein Junge! Wie ist es dir im Gefängnis ergangen, nachdem du die Frau totgefahren hast?“ – „Wir haben viel gelesen. Ich las die Bibel. Und die Mitgefangen mir die Leviten.“ – Es geht zurück ins Elternhaus… Oder, wie andere es nennen: Das Gefängnis für alle neuen Gedanken ab 1990.

Meine darstellerischen Highlights waren der muslimische Sheriff (Rahul Kohli), der „gebrochene Sohn“, der Priester (Hamish Linklater) und die Ärztin (Annabeth Gish).

Bemängeln möchte ich eigentlich nur, dass die letzte Folge pathetische Szenen enthält, die man hätte entschlanken können. Und dass es einige Storylöcher gibt – doch diese bleiben stets verzeihbar.

Außerdem stirbt … ein … Hund. Und zig Katzen. Nur ist die Hundeszene derart explizit, dass man darauf hätte verzichten können. Denn man weiß ja: Der Deutsche verzeiht vieles. Aber nicht, wenn im fiktionalen Werk ein tierischer Begleiter sein Leben beendet.


Fazit:

Mal eine ganz andere Betrachtung von […Spoiler…], präsentiert im Gewand des katholischen Glaubens.

Dabei bin ich nicht mal Fan von […Spoiler…], finde diesen Ansatz aber sehr erfrischend. So wurde er nämlich noch niemals zuvor präsentiert.

Insgesamt kann man diese Serie als melancholischen Horror einstufen. Sie ist für Fans von Filmen in der Art von „Schloss des Schreckens“ (1962), „So finster die Nacht“ (2008, oder eher das Buch) oder vom Videospiel „Silent Hill 2“ geeignet.

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM
KLAPOS KLAPPRIGER MEINUNGSKASTEN
Netflix' Serienpapst der Religion?

Zugegeben, ich habe bisher nur 70 Minuten der Serie gesehen – womit ich ein inhaltliches Urteil nur mit einem groben Handkantenschlag in diesem Kasten fällen kann.

Auffällig ist jedoch die angenehm unaufgeregte Machart, bei der man quasi nur die besten Anteile einer „Stephen King“-Geschichte verarbeitete. So gibt es z.B. einen epischen Sturm – aber bereits am ANFANG der Geschichte. An anderer Stelle folgt dann das Anschwemmen von zahlreichen toten Tieren am Strand – was aber in einer minutenlangen(!) Sequenz ohne Schnitt gefilmt wurde. Wodurch alles gleich viel dynamischer und wertiger erscheint…

Was auch an den Gaststars liegt. Nämlich den 200 hungrigen Möwen auf Dolby Surround.

Und auch wenn es vor Büßern, mysteriösen Neuankömmlingen und religiösen Lehrerinnen nur so „wimmelt“, stapfen die Dialoge immer wieder selbstbewusst aus der Klischee-Falle heraus. Die haben natürlich keinen Literatur-Nobelpreis verdient, sind aber so stimmig, feinfühlig und trotzdem „kühl“, dass man sie in der aktuellen „So lange moralisieren, bis der Transmann heult“-Medienstimmung positiv hervorheben möchte.

Dass es um übernatürliche Dinge geht, ist schon früh klar. Aber dennoch wirkt der Beginn bereits nachdenklicher und gesetzter als ähnliche Horror-Schinken. Man hat das Gefühl, dass es hier was zu lernen gibt. Auch wenn ich noch nicht die leiseste Idee habe, was das sein könnte…

(Der Tod ist nicht so schlimm? Tod macht Kirche erst schön? Tod ist ein doofer Blödi? Wir alle müssen mit dem Ende klarkommen, am besten so am Anfang herum?)

Ich werde wohl weiterschauen. Schon alleine, um endlich zu verstehen, warum Schildhilde seit Tagen(!) über die letzte Folge nachdenkt – was teilweise sogar alle Gedanken an Dune, Erdbeerschokolade und großformatige Schildkrötenkalender verdrängt hat.

Ein Wunder!

Wertung der Pilotfolge:

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Weitersagen!

Artikel

von Klapowski am 26.10.21 in Serienkritik

Stichworte

Ähnliche Artikel


Kommentare (5)

nach unten springen
  1. BigBadBorg sagt:

    Darf ich spoilern?

    SPOILER!!!!!!

    Ich mochte den Anfang der Serie. Ich wusste nicht um was es geht, aber ich machte mir bereits so meine Gedanken. Eventuell das jüngste Gericht, der Priester kommt, komische Sachen geschehen, irgendwas in der Richtung? Dann kam der Twist. Als ich wusste um was es ging war ich extremst enttäuscht. Eine Monsterserie.

    Was mich extrem nervte war, dass niemand auch nur auf die Idee kam mal das Wort Vampir in den Mund zu nehmen. Nicht einmal der Hauptdarsteller (der Knastbruder), der ja so wissenschaftlich aufgeklärt und ein Mann von Welt war kam auf die Idee mal zu sagen „Hey, Lust auf Blut trinken und verbrennen in der Sonne und so, ist ja wie in dem Dracula-Film mit Leslie Nielsen, DAS KÖNNTEN DOCH VAMPIRE SEIN“… Nicht mal die Ärztin sagt einmal „Vampir“. Klar, muss man nicht, aber jeder normale Mensch würde in so einer Situation doch wenigstens einmal dieses Wort erwähnen.

    Die Serie wurde mir sehr empfohlen, und sie hat auch tolle Momente. Besonders die Predigten des Priesters in der Kirche sind definitiv extremst gut gelungen! Aber die Logiklöcher gerade zum Ende hin tun einfach nur weh. Auf der ganzen Insel ist nicht ein Unterschlupf mehr übrig?? Alles abgebrannt? Kann man nicht zwei Holzbretter holen und provisorisch schnell was basteln, sie über einen Graben legen? Sich unter ein Auto legen? Immerhin kann man in einem Zimmer sitzen mit offenem Fenster, solange die Sonne einen nicht direkt anstrahlt ist alles gut, also würde das doch funktionieren?

    Gute Momente, aber nicht der subtile religiöse Horror den ich erwartet hatte. Den Darsteller des Priesters hoffe ich aber in Zukunft öfter in größeren Produktionen zu sehen, er scheint extremst talentiert zu sein!!

    • Jake sagt:

      Sehe das genau wie Du. Die ersten drei Folgen waren fantastisch, danach fällt die Serie leider ab. Zum Ende hin nochmal starke Momente, aber die letzte Folge war echt zum Kopfpatschen.

      Antworten
  2. schoenerAndi sagt:

    Eine fantastische Serie und vielen Dank für das Review!!!

    Ich weiß nicht wann ich zuletzt Charaktere in einer Serie gesehen habe, die so gut und nachvollziehbar geschrieben waren! Und es ist mit Abstand die beste Auseinandersetzung mit der Kirche die ich außerhalb von meinem Kopf kenne! Sehr kritisch, aber nicht alles nur negativ! Vieles kann interpretiert werden und vieles ist einfach nur faszinierend (was passiert wenn man stirbt?)!

    Schön, dass es so etwas auch noch gibt! Jetzt bin ich auch für den kommenden Star Trek-Schrott wieder gerüstet!

    • Klapowski sagt:

      Ich sehe es ähnlich.

      Habe inzwischen die ganze Serie gesehen (= 7 Folgen, die ideale Länge für Berufstätige und solche, die es werden wollen) und muss sagen: Nicht schlecht! Vor allem mochte ich die Dialoge, was bei actionarmen Serien schon fast das Wichtigste für mich ist. Wir hatten/haben ja sonst nichts!

      Dass Vampire nicht erwähnt oder erkannt werden, ist nun wirklich kein Problem. Wir wissen schlichtweg nicht, ob es im Serienuniversum überhaupt Vampire gibt. Zumal man die Story um eine Kirche, die dämonische(?) Kräfte als Gottesbeweis ansieht, gar nicht hätte erklären können, wenn jemand ständig das V-Wort geschrien hätte.

      Man wäre dann unweigerlich mit Knoblauch, Holzkreuzen, Weihwasser und anderem Gedöns um die Häuser getingelt – und sei es nur, weil man es bei dem Oberthema natürlich ausprobieren MUSS.

      Dann lieber dieser „frische“ Ansatz, wo man den Blutdurst eher an dem „Jesus-hat-auch-geblutet-und-es-war-toll!“-Ansatz festmacht, als zu versuchen, erneut alte Klischees aufzumachen.

      Immerhin wird einem hier bewusst, wie ähnlich sich Teufelsanbeter-Gedöns („Du musst Blut trinken, dann lebst du ewig!“) und das katholische Abendmahl eigentlich sind („Du musst Jesu Blut trinken, dann lebst du ewig!“).

      Antworten
  3. Mike sagt:

    *Spoiler*
    Eine unglaublich gute Serie. Die Figuren (alle) haben nach einer Folge bereits mehr Tiefe als irgendein Charakter des Discovery Ensembles nach 3 Staffeln.
    Der Ansatz, Vampire, im Kontext des Christentums zu werten ist erfrischend, da meines Wissen derart noch nirgends geschehen. Obwohl es tatsächlich sehr naheliegend ist (Auferstehung, Blut trinken, wundersame Heilung etc.). Ebenfalls verblüffend, wie praktisch jedweder Umstand mit entsprechenden Bibel-Auszügen gerechtfertigt werden konnte. Teilweise auch fantastische Bildgestaltung! Und H.Linklater als Priester ist einfach der Hammer! Man glaubt ihm jedes Wort. Daher ist hierbei unbedingt das Original zu bevorzugen. Auf Deutsch geht unglaublich viel Atmosphäre verloren und die ist in dieser Serie essentiell. Zum Schluss kann es dem einen oder andren sicherlich zu pathetisch werden. Aber im Grunde passt es. Und hier auch wieder eine wunderschöne Verknüpfung von Bild/Ton und der zu erzeugenden Stimmung. Die letzten Momente am Strand sind unvergesslich. Und mit der Schlußpointe im Boot gibts kurz vorm Abspann auch nochmal auf die Mütze.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Brandneues
Gemischtes
Büchers
Jenseits Zyklus
Arschiv
Zum Archiv unserer gesammelten (Mach-)Werke.