Pourquoi, Rick? – Ein Jahresresümee…
Wieder geht ein Jahr zuende. Zeit für uns, ernst und still zu werden und anderen Leuten ihre guten Vorsätze für 2003 zu diktieren. – Oder eben alte Feindschaften ruhen zu lassen. Gerade mit Rick Berman gingen wir in der Vergangenheit oft hart in’s Gericht… Ob ST-E.de sich nun dafür entschuldigen wird, lest ihr hier…
Rick Berman muss gehen!
Zu einer anderen Serie, auf bezahlten Urlaub… – Eigentlich ganz egal, nur nicht mehr auf die Nerven…
Ich verlange nicht mal, dass sein Nachfolger irgendetwas besser machen soll! Ganz und gar nicht: Mir würde schon „auf andere Art langweilig“ vollkommen genügen. Und das meine ich vollkommen ernst… Denn kein Mensch kann sich ein ganzes Jahrzehnt für eine kreative Idee verausgaben, ohne dass der Output am Ende zu der Kopie einer Kopie einer Kopie mutiert… Irgendwann steht man nämlich unweigerlich in einer Sackgasse und überlegt ernsthaft, ob Shinzon einen Klon gehabt haben könnte oder ob B-4 nicht einen Androiden namens „Lore“ zusammenschrauben müsste…
Das menschliche Gehirn ist einfach nicht dazu gebaut, einem Thema nach so langer Zeit noch neue Facetten abzugewinnen. Schon für den Urmenschen war es irgendwann einerlei, auf welche Weise er eine Brombeere pflückte oder einem Säbelzahntiger die Haut von den Knochen nagte… Kreativität ist kein unerschöpfliches Füllhorn, sondern „nur“ ein Nebenprodukt aller Erfahrungen, die ein Mensch zuvor gesammelt hat. Nicht umsonst ziehen viele Autoren in der Krise einige Monate in Bergklöster auf dem Meeresboden, um dort als bisexueller Transvestit in Walverkleidung neue (Er)Lebenserfahrungen zu tanken…
Es ist völlig egal, wie sehr sich Berman abrackert oder wie heftig seine Stirn auf die PC- Tastatur schlägt: Auch überzeugte Marxisten (Gruß an dieser Stelle an unseren begeisterten Zuleser Brecht) müssen sich zu einem bestimmten Zeitpunkt eingestehen:
„Der Mann ist alt und verbraucht. Das macht nichts, er mag menschlich ja sonst OK sein. Aber mein Betrieb braucht nun mal keine alten, verbrauchten Arbeitnehmer. Noch dazu über 40…“
Wir alle wollen Herrn Berman nicht Unrecht tun. Jedenfalls nicht, bevor ich nicht das Signal dazu gebe… Es war sicherlich nicht alles schlecht, was er in den letzten Jahren für Star Trek getan hat. TNG entwickelte sich aus einem pubertären TOS-Abklatsch mit dem Roddenberry`schen Mißerfolgsgen (seien wir ehrlich: Gene war ein zweitklassiger Trashautor mit mehr als einem gelandeten Flop und hatte mit TOS nur sehr, sehr viel Glück.) zu einer SF-Serie, die Fernsehgeschichte geschrieben hat! Berman sei Dank!
Und auch wenn seine Drehbücher gegen Ende von hemmungslosen Übertreibungen gepeinigt wurden, waren sie lange Zeit ein Garant für sehr gute Unterhaltung…
”Kraaaabummm, höhöhö!” – Franchise oder doch nur Sylvesterrakete? Wer so hart arbeitet, sollte jedenfalls nicht bis Mitternacht aufbleiben dürfen!
Doch damit ist schon lange Schluss: Star Trek torkelt nicht erst seit dem Ende von Voyager auf einen kreativen Abgrund zu. Genauer: Selbst eingefleischte Nicht-Trekkies kannten Kirk, Spock und Pille. Und wenn man nicht gerade Gast im Musikantenstadl war, konnte man davon ausgehen, dass zumindest ein Großteil schon von Captain Picard gehört hatte.
Wer hingegen an der Bushaltestelle „Sisko“ erwähnte, erntete höchstens ein beiläufiges „Gesundheit!“. Selbst in trekfremden Filmen (z.B. kürzlich „K-Pax“) kann man noch Sätze hören, wie: „Sind sie so eine Art Data?“, von Tausenden Spock-Verweisen in der Bierwerbung, dem Busfahrplan oder der heiligen Schrift mal ganz abgesehen…
Doch darauf, dass in irgendeiner Produktion jemand anmerkt: „Mach’ mir hier nicht den Holodoc, verstanden?“ oder „Ich werd` gleich sauer und dann rappelt die Janeway im Karton!“, darauf können wir lange warten. Diese schönen Zeiten der allgemeinen Bekanntheit, die ich durchaus als Indikator für einen Serienerfolg sehe, sind vorbei… Die Abteilung „Sprichwortentwicklung“ musste Paramount schon vor langer Zeit an „Akte X“ und „Buffy“ abgeben. Mysteriöse, weit hergeholte Theorie? „Machst du uns jetzt etwa den Mulder, Klapowski?“ – Erwischt!
Nicht zu vergessen „Nemesis“, der bislang teuerste ST-Film, der den schlechtesten Start in der trek`schen Kinohistory hatte und vermutlich niemals seine rund 100 Mio Dollar (inkl. Marketing) jemals wieder wird einspielen können. Sicherlich war es eine selbst durch Foltermethoden gar nicht genug zu strafende Schnapsidee, „Nemesis“ gegen „Herr der Ringe 2“, „Harry Potter 2“ und „James Bond 20“ laufen zu lassen. Aber wer ausschließlich mit dem Finger auf andere zeigt, und sei es auch nur, weil jene so wunderschön seidiges Haar haben und so erfolgreich sind, begeht einen Fehler!
Denn machen wir uns nichts vor: Das Publikum hasste „Nemesis“ oder der Film war ihm zumindest vollkommen „Shinzon“. (Brockhaus: „Shinzon“ = Lärmender Zustand mit dem akuten Wunsch, fremdes Interesse zu wecken; jedoch zum Misserfolg verurteilt)
Gute Mund-zu-Gummiohr-Propaganda hat schon so manchen Lowest-Budget-Film zu einem Kracher werden lassen, dass die entsprechenden Produzenten sich die Dollarzeichen operativ aus den Augen entfernen lassen mussten. Qualität spricht sich herum! Und wenn diese nicht gegeben ist, dann stürzt man eben vom 1. auf das 2. Wochenende um über 70% bei den „Zuschauer“zahlen. – Wer auch immer von den Erstbesuchern wirklich zugeschaut hatte und NICHT einen Höflichkeitsbesuch in Morpheus Welt unternahm…
Ein derartiger Absturz an den Kinos ist selbst außerhalb der ST-Welt ungewöhnlich und sicher KEINE Verschwörung von teuflischen Mächten, den satanischen Filmkritikern unter den Illuminaten. Was musste ich nicht für Schwachsinn in so manchem Forum lesen: Kritiker würden sich einen Spaß daraus machen, ST zu verreißen und können das neue Werk wegen akuter Defizite im Trekwissen ja gar nicht verstehen. – Man habe den Film zwar selber noch nicht gesehen(!), sei sich aber sicher, dass auf jene „Journalisten“ (huiii, von bösen Trekkies in Anführungszeichen gesetzt!) mindestens 2 Fies-Klone gehetzt gehören!
– Sicher ist da was dran: Immerhin war die Story über einen Klon (dunkelheitsliebend, rentenbeitragszahlend, erdevernichtend) der gegen das Original Picard kämpft (mag’s hell, erhält demnächst Rentenerhöhung, kann die Erde eigentlich leiden), so hochkomplex und moralisch aufrüttelnd, dass dies studierten Journalisten schon mal zu hoch werden kann…
“Ki-no gehn! Ki-no gehn!“ – Löblich: ST-Fans vertrauen der Gründlichkeit ihrer persönlichen Nemesis… Auch ohne Kenntnisse der griechischen Mythologie oder vorherigem Kinobesuch!
Einen neuen ST-Film wird es jedenfalls sehr lange Zeit nicht geben. Wer nach dem TNG-Debakel bereits auf dem Fensterbrett steht, bittet niemanden darum, ihm das Fenster mit der Aufschrift „DS9 meets Voyager meets ENTERPRISE“ in den Rücken zu schlagen. Alle Petitionen und Diskussionen und Interviews und angebliche Meldungen zu diesem Thema sind ebenso saudumm wie ein Produzent, der ernsthaft zu einem derartigen Risiko bereit wäre…
Und das sage ich NICHT, weil ich nicht neugierig wäre, wie Sisko als heimgekehrter Prophet mit Jesuslatschen durch seine verlassene Station stiefeln und kein Gelegenheitszuschauer irgendwas von alldem verstehen würde. Ganz im Gegenteil! Das hätte durchaus das Zeug zur „Battlefield Earth“-Nachfolge und wäre mindestens so kultig wie andere SF-Spinnerstreifen wie „A.I.“ oder „Wing Commander“.
Auch ENTERPRISE hat es nicht leicht mit den Zuschauerzahlen… Doch wer es auf den Punkt bringt und die Serie in normalen ST-Diskussionsforen als „langweilig“ betitelt, hat sich schnell einen Großteil der Zuleser als Feind gemacht. Schon erstaunlich, wie viele begeisterte Fans dieser nichtssagende Dauerlutscher hier bereits für sich gewinnen konnte… Ich fühle da eher mit meinen amerikanischen Freunden, die immer häufiger einfach abschalten. Andere Serien mit weniger klangvollen Namen wären wohl bereits jetzt schon abgesetzt…
Woran die Serie krankt, habe ich ja bereits HIER ausführlichst beschrieben. Dem gibt es eigentlich auch nur hinzuzufügen, dass die Serie frisches Blut benötigt: Vielleicht Drehbuchautoren, die begeisterte ST-Fans sind/waren und mehr sind, als Auftragsschreiberlinge, die sich über „Baywatch“ bis hin zu „Relict Hunter“ für jede drittklassige Serie einen müden Plot aus den Rippen leiern…
ST muss man natürlich immer noch zugute halten, dass Unmengen von grenzdebilen Merchandising-Artikel ihren Teil zum Umsatz beitragen.
Wenn auch nur jeder 20. Zuschauer eine Archer-Puppe zum Anziehen und Windelwechseln (oder irgendetwas ganz anderes) kauft, ergibt das schon einen sehr schönen Nebenverdienst… Nicht zu vergessen die wachsende Menge an abgesetzten DVD`s, da Star Trek ja bekanntlich nicht oft genug wiederholt wird und man die entsprechende Folgen auf keinem Fall noch dieses Jahr (ja, 2002!) irgendwo sehen kann…
Für das nächste Jahr wünsche ich mir:
– Jeden beliebigen SF-Autoren mit ST-Vorkenntnis anstelle Berman. Eine Staffel im Test. Erfolg egal. Hauptsache anders. Bei Nichtgefallen: Obligatorische Fallklappe vor dem Schreibtisch des Produzenten. „Nächster!“
– Kreativität! Wer ständig mit umgeschriebenen TNG-Drehbüchern ankommt, darf ohne Umschweife wieder stempeln gehen! Wer sich am Ende einer Folge wieder mal mit lärmenden Phaserkämpfen herauswagt, bei denen aus 2 Meter Entfernung nicht mal der Ton getroffen wird, bekommt eine kostenlose Bewerbung beim „Tomb Raider 2“-Team gestellt.
– Tempo! – Nicht zu verwechseln mit Action! ENTERPRISE-Folgen schinden stets Zeit, als würden die Autoren nach nicht enthaltenden Wendungen bezahlt…
– Keinen vorlauten Mucks von Stewart und Konsorten (von wegen „bester ST-Film“)! Für die nächsten 5 Jahre. Dann ein Besuch auf der Premierenfeier von ST XI, wo Paramount sie notfalls per Marionettenspieler den Kinoeinstand einer neuen, günstigeren Kinocrew beklatschen lässt.
– Nie wieder Voyager im Fernsehen! Nicht, dass ich es sehen würde (glaubt es mir, wirklich nicht!), aber alleine die sinnlosen Borg- und Actiontrailer verursachen bei mir eine anhaltende Übelkeit…
In diesem Sinne: Guten Beam in’s neue Jahr!
Ja, auch dir, Rick…
Mit diesem Artikel sprichst du mir aus der Seele, Klapowski.
Berman hat Star Trek getötet!
Mfg
Ernst Stavro Blofeld
Quote:"Es ist völlig egal, wie sehr sich Berman abrackert oder wie heftig seine Stirn auf die PC- Tastatur schlägt: Auch überzeugte Marxisten (Gruß an dieser Stelle an unseren begeisterten Zuleser Brecht)"
Danke schön für die lieben Grüße. Ich wünsche Dir und der ganzen Redaktion (ja auch dir Sparki), einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Macht auch im nächsten Jahr weiter so…
star trek ist schlecht hier, ist schlecht da, das ist langweilig das ist schxxx, zu wenig action hier, zu viel da,…
merken wa was?
guten rutsch!
Wolltest du mit deinem Text etwa ausdrücken, dass ich ein ewig nörgelnder, erbsenzählender, unzufriedener und überkritischer Zeitgenosse bin??
Ja?
– Gut, ich nämlich auch…
Na dann wäre das wenigstens geklärt
Frohes Neues Leude!
Was soll man dazu sagen? Es trifft einfach genau ins Schwarze Klapowski! Ich wünsche euch und der Redaktion einen guten Rutsch und ein weiterhin so kritisches neues Jahr.
Nunja, ich bin derzeit beim Überlegen, ob ich nicht eine Petition machen werde, um Rick zu Zeigen das er nicht mehr bei den Trekkies willkommen ist.
schaut einfach in diesem, Tread, da hab ich ausführlich eine Begründung abgetippt.
http://www.studenten-city.de/stf/showthread.php?s=&threadid=17600
Ausgesprochen schöne Idee, das mit der Petition!
Oftmals hat man ja das Gefühl, Paramount wird mit sinnlosen Unterschriftsspielereien von dümmlichen Schulranzenträgern mit unbegrenzten Freizeitabonnement zugeworfen. – Sofern man ein paar Dutzend/Hundert/Tausend "Unterschriften" überhaupt mit "Zuwerfen" in Verbindung bringen kann…
Doch bei Dir habe ich ein saugutes Gefühl! Immer weiter so, dann werfen sie ihn auch bestimmt bald raus!