Doctor Who – 12.03 – Orphan 55 – Kritik
Alles ist wie immer im Hause „Who“: Aus dem einst herrischen – oder zumindest mysteriösen – Weltenreisenden ist eine nuschelnde Bastlerin geworden, die keinem weh tun möchte. Und genau diese spricht mit brutalsten Monstern regelmäßig in Babysprache („Duuu muuuuusst jetzt maaachen, was ich saaageee!“), damit die Fieslinge ihre Killerinstinkte mal kurz in die Werbepause schicken. Zumindest so lange, bis Frau Doktor aus einem Mülleimer (der komischerweise oft die Aufschrift „Deus Ex Machina“ trägt) hilfreichen Krempel zusammengebaut hat…
So läuft es dann auch diesmal wieder, wenn auch diesmal in einer Art Erholungs-Ressort. Das spielt aber eigentlich keine große Rolle. Denn die Kritikpunkte sind stets die gleichen:
Monster zerfleischen die Menschen – gefühlt – schon auf mehrere Meter Abstand (ist das etwa diese … MACHT aus Star Wars?), bevor sie DANN wieder nur dösig-dämmernd in der Ecke stehen – weil der Doctor seine Selbstgespräche als eine Art „Plot-Schutzschild“ vor sich her trägt.
Lustig: Genau so stelle ich mir auch den Autoren dieser Episode vor. Mit seiner TAZ sitzt er im Café, schlürft überteuerten Kaffee und rennt zwischendurch zum Küchenchef, um einzelne Zuckerkrümel zu seiner Tasse zu tragen. Damit kein Plastiktütchen entsorgt werden muss! Danach fährt er im SUV nach Hause und schreibt vor dem Einschlafen noch dreieinhalb Drehbücher…
Die Logik der Angriffe ist dabei völlig Random: Eigentlich hassen die Monster Sauerstoff, bewegen sich aber die meiste Zeit ohne Murren durch unsere Atmosphäre. Das Loch, die Hintertür oder das kaputte Fliegengitter im Holodeck, durch die die Biester anscheinend eingedrungen sind, scheint übrigens keinen zu interessieren. Mit solch komplizierten Dingen wie „Tür auf / Tür zu / Tür vielleicht auf“ sollen sich lieber Quantenphysiker beschäftigen. – Schrödingers Katze vielleicht?
Mal sind die Biester blutschlürfende Bestien, die (für‘s Klischee) auch mal EXTRA mit den Gummikrallen über Metall schleifen, damit der Tontechniker später einen unpassenden Quietsch-Sound drüber legen kann.
Dann wiederum verstehen sie sofort, was der Doctor von ihnen will: Nämlich bei einem komplizierten Spiel namens „Rein in die luftdichte Kammer / Raus aus der luftdichten Kammer“ mitspielen. Doch das geht nur, wenn sich das Biest freiwillig(!!) einsperren lässt, weil ihm sonst in drölfundsechzig Tagen die Atemluft ausgeht. Ja, ich bin mir ganz sicher, dass die Kurzzeitmotivation von mutierten Sabberköppen mal eine äuuußerst interessante Forschungsdisziplin darstellen wird!
„Broooohrrr! Knurrrr!“ – „Gnaaaaarrrrh! Knrrraaak!“ (Übersetzung: „Ich habe heute einen Termin beim Steuerberater!“ – „Echt jetzt? Wolltest du nicht zum Herrenfriseur?“) – Was die Viecher wollen, können und brauchen, wechselt gerne mal bei jedem Screwdriver-Wink. Das genervte Abwinken der Zuschauer bewirkt aber leider seit Jahren KEINE Besserung.
Logische Fragen sollte man sich eh keine stellen. Sonst stellt man sich eh nur ein (mentales) Bein und fliegt auf die Nase! Dazu gehört auch diese hier: „Warum können die Ressort-Besucher mit Bauklötzen mitten aus der TARDIS gebeamt werden (= Ort im Universum ist völlig egal?), während man danach wieder stundenlang zu Fuß rumflüchten muss?“ – Klar, auch das wird irgendwann erklärend runtergenuschelt, aber die Grautöne zwischen „ALLES können“ und „GAR NIX mehr können“ sind mir hier einfach zu krass in ihrer Abwesenheit, sorry.
Bis kurz vor dem Ende ist das alles also eine normale Who-Episode: Doofe Leute, die doofe Sachen an doofen Orten machen. Oder, wie die Macher es wohl nennen würden: „Intelligente Unterhaltung für Alt und Jung.“
Geradezu ärgerlich plump ist jedoch das ENDE dieses Schnarchfest-Dauerlaufs. So kommt nämlich heraus, dass Massenmigration, Klimawandel und Egoismus der Menschheit das alles eingebrockt hat. Puh, Glück gehabt! Und ich hatte schon die Befürchtung, dass Mikroplastik und Luftverschmutzung uns in zehnbeinige Trump-Doppelgänger verwandeln wird. Oder dass wir uns in grüne Aliens verwandeln, wenn wir alte Batterien in der Biotonne entsorgen. Von der Gefahr des Rückenmarkschwunds will ich gar nicht erst anfangen…
Leider wird aber NICHT erklärt, wie mental minderbehämmert ein Zuschauer (egal wie alt!) eigentlich sein muss, wenn er aus einem mutiertem Kasperletheater-Drehbuch irgendwelche Handlungsoptionen(!) für sein Umweltgewissen mitnehmen soll.
„Die Erde wird von fliegenden Monstergehirnen erschüttert, weil die Menschen zu viel Glyphosat verwenden. Weitersagen!“ – Vorbildfunktion: Wenn es wirklich so ist, dass diese Serie junge Mädchen für die „Wissenschaft“ begeistern soll, können wir uns in 10 Jahren wohl auf viele neue Wünschelrutengänger, Kristallbesprecher und „Astro TV“-Tanten freuen.
Menschen, die sich von solchen Kindereien tatsächlich beeindrucken lassen („WAS? Wir werden alle zu Monstern, wenn wir die Frühstücksbanane nicht aus unserer Region kaufen!?“), sind gemeinhin weder Wähler noch aktive Konsumenten, sondern verbringen ihre Zeit eher damit, sich in gepolsterten Räumen fortzubewegen. Und beim Rumbrüllen extrem viel CO2 auszustoßen?
Wieso diese Zukunft der Erde jetzt plötzlich nur eine „mögliche“ ist (war das nicht der Gag der Serie, dass man sich Paralleluniversen meist für besondere Gelegenheiten aufspart?) und man das ja noch alles verhindern könne, unterstreicht dann nur, wie „preachy“ diese Episode für bekokste Grundschulpädagogen ist.
Dabei hätte man das alles auf einer anderen Welt stattfinden lassen können, um danach darauf hinweisen, dass die Urspezies (am besten keine Menschen!) halt sehr empfindlich auf CO2 reagierte. Aber okay: Dann hätten viele Leute mit Low-Level-IQ ja NICHT verstanden, dass man seine Plastiktüten nicht gewaltsam über Meeresschildkröten stülpen darf.
Wer allerdings schlaue SF sucht, wird nach dem Konsum diese Schwachfugs eher so dasitzen…
Fazit Eigentlich ist das hier ein tolle, ganz normal schlechte Who-Folge.
Die Schauspieler geben (wie immer) ihr Schlechtestes, Motive und Bedrohungssituationen entstammen der mentalen Krabbelschule, während der Doctor einfach am Drehbuch mitschreibt, um alle zu retten („Hey, ich bleibe einfach mal vor den Biestern STEHEN, was soll schon passieren?“)… Für Menschen mit geistigen Einschränkungen oder Trash-Freunde ist’s sicherlich sogar unterhaltsam.
Das Schlimmste ist aber das dusselige Gefasel am Ende, bei dem man sich ernsthaft fragt, ob der Doctor demnächst auch Plastikbecher von der Straße sammeln wird – während er Dieselfahrer ganz freundlich und sachte … äh… beschimpft?
Note für die ersten 35 Minuten:
Note inklusive Ende:
Ich warte immer brav bis ich dem ausgezehrten Amazon (da ist bestimmt auch irgendwo ein traurig guckender Hund) am nächsten Tag die 2,99€ für die Folge in die Hand drücken kann und lasse mich bis dahin immer gerne vollspoilern. Die englische Presse hat es nicht so mit Verreißen, klang aber jetzt auch nicht nach fröhlichem Tanz nach Ansehen der Folge. Bei reddit ging es schon böser her und daher von da inspiriert der Link zu imdb.com:
https://www.imdb.com/search/title/?series=tt0436992&view=simple&count=250&sort=user_rating,desc
Schlechteste Folge aller NewWho-Folgen. Muss man ja auch erst einmal schaffen. Ich werte das mal als Zeichen. Und da jetzt auch noch hier bei den Jubelklingonen rein gar nichts von Sternstunde-der-Fernsehgeschichte oder so zu lesen war, nicht mal zwischen den Zeilen, habe ich das Geld dann lieber in einen Wunschbrunnen geworfen.
Damit ist bewiesen: Der Klimawandel verursacht idiotische „Doctor Who“-Episoden.
Es ist natürlich schön, wenn sich Kunst untrivial und geistreich engagiert. Denn wie wir ja alle wissen: Den Atomwaffensperrvertrag hätte es doch ohne die Godzilla-Filme nie gegeben!
Am Ende bleibt nur eine Frage: Wie viel CO2 wurde wohl ausgestoßen, als die gesamte Filmcrew extra nach Teneriffa flog, um dort diese subtile Predigt für den Klimaschutz drehen zu können?