Film- und Serienkritiken

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The Orville – 2.07 – „Deflectors“ – Kritik

The Orville – 2.07 – „Deflectors“ – Kritik

Es mag zwar etwas unbefriedigend wirken, wenn nach den Discovery-Textwüsten stets nur eine Mikrobesprechung von „The Orville“ ansteht, aber hey: Solider könnte diese Serie nur noch werden, wenn MacFarlane einen Felsen vor die Kamera stellte. Hier gibt es eben meist dieselben Dinge zu loben: So wurden z.B. auch heute wieder anderthalb TNG-Folgen gut gefledd… aufgegriffen und in Seths Frankenstein-Maschine neu zusammengesetzt („Ich nenne ihn den Humorisator, muhahaaa!“).

Inhalt: Der an Bord kommende Moclaner ist nicht nur der Ex von Bortus, sondern mag auch noch FRAUEN. Was auf seiner Heimatwelt verboten ist. Wie „gut“ für ihn, dass er wenige Minuten nach dieser Enthüllung erschossen wird. Oder etwa doch nicht?

Besprechung:

Wie immer eine tolle Folge mit viel Appell an unsere Toleranz – und besonders an die Toleranz der damaligen TNG-Autoren, die das alles schon längst durchexerziert haben. Trotzdem: Alles in allem eine tolle Episode. Tschö, Leute! Und denkt immer daran: Leben und leben lassen!

Äh…

Allerdings habe ich da doch noch ein paar Kritikpunkte. So zerfasert diese Geschichte z.B. ein wenig mit ihren vielen Ansätzen zum ultimativen TNG-Aufsatz: So hat sich die beginnende Beziehung zu Talla Keyali (= die neue Alara) nach dem erste Holodeck-Tanz flott wieder ausgezappelt. Was umso mehr auffällt, weil wir auch kein wirkliches Gespräch zwischen Bortus und Mister Diverso erleben. Für ein paar Minuten gibt es dann eine Crime-Story mit maskierten Holodeck-Daten, die wiederum durch das rasche Rehabilitieren von Bortus‘ Ehemann (*mit Zeigefingern wild auf Tischplatte gestikulier*) erledigt wird. Hier stand übrigens dezent die Episode mit Riker unter Mordverdacht Pate, nämlich … „Riker unter Verdacht“.

– Puh, irgendwas vergessen? Ach ja, meine herzlichste Entschuldigung, dass ich hier den ständigen TNG-Klau anprangere. Die ist aber nicht ernst gemeint, von daher…

Im Ernst: Ich MAG diese Serie ja, aber dieses hemmungslose und ständige Mopsen von alten Drehbüchern (mit geringfügigen Änderungen) würden wir doch Discovery und Co. auch nicht durchgehen lassen, oder? Da kann es noch so gut umgesetzt sein: Es sollte auf einem Raumschiff im riesigen Weltraum doch deutlich neuere Geschichten zu erzählen geben als … ALLE ALTEN?

„Wie man tanzt? Nun, man stellt sich einfach vor, dass um uns herum aaaalles voll liegt mit klassischer Hard-SF, fremden Welten und neuen Rassen. Dann musst du versuchen, beim Laufen eleeeegant um diese Dinge herum zu tänzeln!“ – Charakterfolge zur Vorbereitung auf Nicht-Charakter-Folgen, Teil 293: Wer braucht schon ferne Planeten, wenn Liebe in der Tempo-30-Zone so spannend ist?

Über all dem schwebt dann noch die Geschlechtsumwandlung von Bortus‘ kleinem Jung… Mädch… KIND, was dann noch dezent mit Hinweisen auf die echt intoleranten Moclans abgeschmeckt wird („Ich glaub, die müssen demnächst rrrraus aus der Föderation.“)… Hier würde ich mir noch etwas mehr Polit-Fleisch auf dem Divers-Burger wünschen, damit das hier nicht zum Abstrusitäten-Kabinett für schwule Klingonen abdriftet. Außerdem wirkte am Ende der Folge JEDER der drei Hauptmoclaner ziemlich unsympathisch, so dass ich in dieses Ringelpiez mit (verbotenem) Anfassen jetzt nicht all meine Emotionen reingesteckt habe.

Ja, eigentlich schreibe ich das hier sogar EXAKT so, wie diese Kameraden gemeinhin sprechen: „This episode is quiet sufficient. It will make Serienfan happy.“ (*mit steifer Körperhaltung neues Bild in das Blog-System hochlad*)

Doch kommen wir zurück zum Thema „Verpasste Gelegenheiten“:

Der Moklan-Captain (= Avery Brooks nach der Umwandlung durch Wurmlochwesen) mosert auch nur kurz über diese verdammten Zweigeschlechtlichen, woraufhin der an Bord versteckte Moclaner nach einer Minute Suchen auch schon wieder gefunden wird. Äh… Woher wusste Neu-Alara eigentlich, dass der Mann getarnt im Shuttle steht? HIER hätte eine typische Orville-Erklärung ausnahmsweise mal Sinn gemacht („Sorry, Blumenkohl zum Frühstück, frrrzz…“).

Am Ende der Folge beginnt man sich wirklich zu fragen, ob man die intoleranten Holzköppe überhaupt noch sehen will. Also auch hier: Deutliche Parallelen zu allen Klingonen-Episoden bei TNG…

„Captain? Wir haben das Aussehen des unbekannten Angreifers jetzt rekonstruiert. Es ist schon wieder dieser Typ!“ – Pixelfrei und Spaß dabei: Diese Sequenz wird relativ schnell abgeschlossen. Aber das ist GUT so, denn ich wollte unbedingt noch zweifelsfrei von dieser Episode erfahren, ob man Andersdenkende jetzt unterdrücken soll – oder besser nicht?

Trotz allem Gemäkel war dies aber erneut ein Beispiel dafür, dass man in Sachen Star… äh… Seth Trek momentan kaum an „Orville“ vorbei kommt: Das Herz der Episoden ist stets am rechten Fleck. Man prangert Dinge in unserer Welt an, nervt aber deutlich weniger als die derzeitigen „Social Justice Warriors“, bei denen man schon böse ist, wenn man sich Selbstbräuner auf die Nase schmiert („Da! Blackfacing! Erschlagt ihn!“)…

So wirklich toll finde ich es allerdings nicht, dass klassische SF-Handlungen hier neuerdings den Status eines ungeliebten Stief-Geschlechtstriebs zu haben scheinen. Neben Roboter-Sex, Moclan-Sexsucht, allgemeinem Beziehungsgedöns (mit Sex) gab es bisher nur anderthalb(!) Folgen, die sich halbwegs interessiert mit einem fremden Planeten beschäftigt haben. – Ich bin mir nicht mehr sicher, ob hier alle Europäischen Quotenregelungen eingehalten werden?

Es ist ja schön, dass Seth so viel zu Moclanern, Sitcoms und Robotern einfällt, aber so ein klitzekleines SF-Geschichtileinchen zum Staunen, das wäre doch mal wieder was? In den 90ern war es ja noch okay, dass Worf mit seinen Stiefeltern stundenlang durch den Maschinenraum stiefelte, aber wir haben ja leider keine 24 Folgen im Jahr Zeit, wisst ihr?

Positiv erwähnen möchte ich aber ausdrücklich, dass die Darsteller ihren Job ernst nehmen: Wenn nichts gerade rituelle Gags angesagt ist, kann man durchaus mitstaunen, mitweinen und sich über die moclanischen Traditionen (= alles doof, bis auf Rituale) aufregen.

„Herr Richter, ich wusste nicht, dass mein Sexualpartner eine Frau war! Die Person trug hautenge Hosen, einen veganen Gemüse-Wrap und eine winzige Handtasche.“ – „Ah, die alte ‚Sieht-aus-wie-ein-männlicher-Hipster‘-Falle. Freigesprochen!“ – Geschlecht kommt von „schlecht“: MacFarlane verleidet mir jeglichen Spaß am Sex. Dafür entdecke ich aber gerade die Freuden der Subtilität wieder für mich (*sabber*).


Fazit: Grundsolide „Seid mal etwas toleranter“-Ermahnung im orvilletypischen Fachbereich der Beziehungs- und Sexualberatung. Erneut lernen wir, was wir eh schon wussten und eh alle Zuschauer der Serie toll finden. Hier kann man sich also in bunter Kulisse stets neu bestärkt fühlen, juchuuu! Auf Grautöne und Dinge zum Nachgrübeln (oder Umdenken?) muss man da halt leider verzichten…

Es würde mich nicht wundern, wenn „Pro Familia“ diese Serie demnächst auf den Bildschirmen im Warteraum laufen lassen würde.

Schade nur, dass neben dem früheren Dumpfbackenhumor auch die Weltraumausflüge derbe eingedampft wurden. Und ja, das Thema „Moclaner“ kann jetzt gerne mal ein paar Wochen Screentime-Pause machen!

DENEN fällt ja bestimmt was Schönes ein, was sie in dieser Wartezeit Hübsches machen könnten…? (*Gleitgel, holografische Handschellen und Fetischmasken hinleg*)

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM
SPARKIS MICKRIGER MEINUNGSKASTEN
Abenteuer auf dem Deluxe-Recyclinghof
Pikante Beziehungsdramen. Ein Mord auf dem Holodeck. Kriminalistische Untersuchungen.

Doch genug von der spannenden TNG-Folge „Riker unter Verdacht“.

Neue Schildtechnologie. Ein ermordeter Wissenschaftler. Vorgetäuschter Tod. Ein Shuttle als Versteck.

Doch genug von der mehr oder weniger brauchbaren TNG-Folge „Verdächtigungen“.

Werfen wir stattdessen einen Blick auf die neueste Orville-Folge, einer Episode voller pikanter Beziehungsdramen, Mord auf dem Holodeck, kriminalistischer Untersuchungen, neuer Schildtechnologie, ermordeten Wissenschaftlern, vorgetäuschten Toden und Verstecken auf einem Shuttle.

Gut, mangels Alzheimer MUSSTE ich mir als TNG-Kenner diese Episode eigentlich gar nicht ansehen. Aber manchmal sind es halt die kleinen Dinge, die für Unterhaltung sorgen. NEUE Ideen (Sorry, liebe Orville-Schreiberlinge, wollte euch nicht erschrecken!) sind schließlich keine Pflicht. Gut, wäre ab und zu nicht verkehrt, aber die Jungen kennen die Vorlage eh nicht. Und viele Trek-Veteranen sind ja schon froh, wenn man die Unterhose richtig rum anzieht.
Aber irgendwie schon interessant, dieser Unterschied zum Discovery-Cousin. Dort schwebt man als Opf… als Zuschauer mit dem Mauszeiger bereits über den Bestellbutton für eine Zwangsjacke (für die Autoren UND sich selbst) mit all dem „Wer kommt denn auf sowas?!“-Irrsinn, während man sich hier in einer kalorienarmen Furz-Wolke aus verbrennenden Nostalgie-Bonuspunkten wähnt.

Man kann nicht alles haben, würde man wohl sagen.
Ich aber nicht! Her mit dem perfekten Gleichgewicht, aber dalli!

Doch die erwähnten kleinen Schön-Details gab es trotzdem. Das nett gemachte Holodeck. Die liebevollen (CGI-)Aliens. Ein Rekord-Niedrigstand an grunzigen Bro-Humor + nette Gags wie die Zahn-Aufess-Vorhersage. DEN Stil jetzt mal mit FRISCHEN Geschichten (Aaah! Keine Panik im Redaktionsraum!) und selbst der Spark hat nix mehr zu meckern. Wobei unsere Orville-Reviews eh alle doof und unlustig sind. (Man denke da nur an den Gurkenglas-Skandal! Glaube, wir haben dadurch 93% unserer Leser verloren.)

Fazit: Alte Drehbücher in neuer Pelle, frisch aus dem Fleischwolf des aktuellen Fernsehstils. Keine Kreativbombe, aber dafür unterhaltsam und ohne Schwachsinn mit Blutdruck-Gefahr. Woanders gäbe es wohl noch Bonuspunkte für die muuuutig-kreative „Homosexuelle, die Heteros verfolgen?!“-Botschaft, aber irgendwann gibt es einfach zu viele Seth-Tempel zum Anbeten.

Wertung: 6 von 10 Punkten

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Artikel

von Klapowski am 18.02.19 in Serienkritik

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Kommentare (14)

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  1. JP1957 sagt:

    Unterschreibe alles in den beiden kurzen Reviews. Mir ging es erstmals so, dass mir zwischendurch langweilig wurde, weil es schon wieder eine Geschichte rund um die Moclaner und Sex gab.
    Immerhin: Es wurde ein bisschen „dunkel“ … Figuren begannen unsympathiesch zu werden und die Abschlussszene war Orville untypisch.

    Interessant.

    Zwischendurch wieder schöne Bilder der beiden Schiffe, aufgenommen von unten.

  2. Grinch1969 sagt:

    Ich freu mich dann auf die deutsche Fassung, danke fürs Review.

    • Klapowski sagt:

      Falls du die Folge noch nicht gesehen (und das hier trotzdem gelesen) hast, bist du der spoilerunempfindlichste Mensch, den ich derzeit kenne.

      Antworten
    • Grinch1969 sagt:

      Das, äh, bin ich dann wohl.

      Antworten
    • Gumril sagt:

      Vielleicht geht es Grinch1969 da so wie mir, bis die Folgen in deutscher Syncro erscheinen hat man die Spoiler sowieso schon vergessen ;)

      Antworten
    • Klapowski sagt:

      Das stimmt vermutlich.

      Lustigerweise merke ich mir auch so viele Sachen aus Spoilern, Reviews und Trailern falsch, dass es DADURCH schon fast wieder überraschend wird.

      „Ach, das war gar kein Wasser unter der Discovery, sondern die Pilzdimension?“
      „Ach, dieser eine Spoiler gehörte gar nicht zu diesem Film hier, sondern zu einem ganz anderen?“
      „Ach, Captain Marvel ist gar kein verhärmter blonder Zwerg, sondern eine Frau?!“

      Antworten
  3. Raketenwurm sagt:

    Ach, irgendwie macht es ja auch ein bisschen Spaß, die Star Trek Folgen zu erraten, aus denen gemopst wurde. Die mysteriöse Figur im Holodeck hat mich z.B. an die Folge erinnert, in der Geordi zum Alien mutiert, vorher aber noch auf dem Holodeck vom Computer den Ursprung eines Schattens rekonstruieren lässt. Und die sprechende Blume…ja gut, die war neu. Aber auch ein bisschen sinnentfreit; wenn sie wenigstens ein Liebeslied gesungen hätte, anstatt einfach nur ein weiteres orvillsches „Yo, Dude !“-Alien zu sein.

    The Orville nimmt sich inzwischen leider selbst erster, als es eigentlich gut für die Serie ist. Und dann blickt man eben auch als Zuschauer etwas ernster darauf, und erkennt solide Unterhaltung, mit leichtem Tiefgang, leichtem Hochgang, und zu viel Raumschiffgang. Nicht wirklich schlecht, aber doch ein bisschen zu oberflächlich und einfallslos geschrieben, um komplett ohne weitere Krachbumm- bzw. Kicherkotz-Effekte 40 Minuten tragen zu können. Wenn also nicht bald irgendjemand in der Serie bei einer unpassenden Gelegenheit zu Pupsen anfängt, verliere ich so langsam das Interesse an The Orville !

  4. Dario Cueto sagt:

    @Klapo: Wird es von Dir eine Review zur letzten Tatort Folge „Murot und das Murmeltier“ geben? Immerhin ist es genre- wie länderübergreifend die wohl beste Geschichte mit einer Zeitschleife, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Und allein, dass der Film nen Shitstorm der typischen konversvativen Krimi-Fans heraufbeschwor, sollte ja eigentlich Interesse wecken. :D

    • Klapowski sagt:

      Da habe ich wohl was Tolles(?) verpasst.

      Aber bevor ich mir das anschaue, würde ich gerne noch ein paar weitere Stimmen unserer Zukunftiaten (oder wie sollen wir unsere Leser eigentlich nennen?) zu der Frage hören, ob das wirklich GUT ist.

      Nichts gegen Dinge, die man am Ende vermutlich verreißen muss – was zugebenermaßen schon ein sehr komischer Satz ist -, aber durch Discovery bin ich langsam doch etwas empfindlich geworden…

      WAAAH!!

      Ein PILZ an dem Baumstumpf!!! MACHT DEN WEEEEG!!!!

      Antworten
    • Dario Cueto sagt:

      Klapo, vertrau mir. Der Film ist wirklich toll – besonders für eine deutsche Mainstreamproduktion. Ich mag nicht so viel schreiben, weil man den Film (sind ja nur 90 min.) am besten ungespoilert und ohne Erwartungen schaut.

      Daher ne Wette: Sollte Dich „Murot und das Murmeltier“ so richtig enttäuschen (weniger als 2,5 Sterne), binge (!) ich glatt nochmal die erste Disco-Staffel und schreib darüber nen Gastbeitrag wie sich das anfühlt, diesen Mist (weit mehr als 90 min.!) NOCHMAL gucken zu müssen! Deal?

      Antworten
    • Grinch1969 sagt:

      Du willst wohl früh sterben? ;)

      Antworten
    • BigBadBorg sagt:

      @ Dario Cueto

      Genau 2,5 Sterne :) Du hast Glück gehabt!!

      Danke für den Tip, war jetzt nicht der Knaller, aber für einen deutschen Tatort doch ein außergewöhnliches Erlebnis.

      Antworten
  5. Serienfan sagt:

    Spätestens bei der von Bruce Willis gesprochenen Zimmerpflanze dachte auch ich: Verdammt, dieses Orville wird jetzt echt humorlos.

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