„Nightflyers“ – Kritik zur Folge 1 und 2
Was ist das? Ist es ein Drache, ist es ein Zwerg, der ewige Winter oder gar eine Mauer aus Eis?! – Nein, es ist die Mischung aus all diesen Elementen: „Nightflyers“! Die Geschichte für Menschen, die eisenharte SF-Fans sind und das auch beweisen wollen. Und ja, die Geschichte wurde tatsächlich von R.R.Martin geschrieben und bereits im Jahre 1987 verfilmt. Doch bei all diesen Daten und Fakten stellt sich weiterhin die Frage: WARUM eigentlich? Dies soll die die 10-teilige Serie auf Netflix jetzt endlich klären. Na dann: Guten Nachtflug.
Inhalt: Um einem „Irgendwas mit Aliens“-Auftrag nachzukommen, fliegt eine mittelgroße Crew in den Weltraum hinaus, um sich von den eigenen Besatzungsmitgliedern (= einem Telepathen) und ihrem Vorgesetzten verarschen lassen. Unfälle, Morde und Visionen tun ihr übriges, um die Stimmung auf Null zu prügeln. Und die registrierte Nummer der Besatzung beim Einwohnermeldeamt.
Hey, Leute? Ich glaube, ihr habt da noch zwei Klischee-Momente vergess… – Ne, mein Fehler. Der Trailer hat ja noch eine ZWEITE Minute. Sorry.
Besprechung:
Trotz aller Mysterien, Mysterien-Andeutungen und Mysterien-Ersatzstoffe (laut Netflix ohne Konservierungs- und Farbstoffe) kann diese Kritik kurz ausfallen.
Denn egal, welche Unfälle, Seltsamkeiten, Angriffe oder Geistererscheinungen hier anstehen: Alle Beteiligten geben sich bemerkenswert dröselig und scheinen akut Aufklärungs-uninteressiert. Und dabei schließe ich das Zeitalter der Aufklärung (1650-1800) eindeutig mit ein. Ja, Überlebenstriebe und sympathisches Auftreten sind definitiv nicht die Stärke dieser Serie. Und ich würde nach 2 Episoden soweit gehen, zu sagen: Eigentlich ist das alles hier wie LOST – nur mit weniger Bäumen…
Wir erleben eine dünne Klischee-Weltraumgrusel-Story, die ein paar R.R.Martin-Begeisterte ins Vakuum seiner Frühwerke zerren soll. Und die wirkt durch den langsamen Aufbau und die eher guten Kulissen zwar hochwertig, ist am Ende aber nur eine B-Movie-Geschichte, der man den Kadaver eines 10 Jahre älteren Kinofilms übergestülpt hat. „Cargo“ fiel mir da ein, oder auch alle anderen Streifen, in denen langweilige Besatzungsmitglieder im Dunkeln abhängen, bis das Schiff am interessanten Ort (= einmal in den ersten 5 Minuten erwähnt) angekommen ist. Was lustigerweise meist ewig dauert (hier beträgt die Reisezeit z.B. 5 Monate) oder niemals passiert, halt wegen Alle-tot© und Alle-verrückt©.
In den ersten beiden Episoden wird niemand eine ordentliche Besprechung mit Lösungsvorschlägen abgehalten, nie einer auf den Tisch hauen oder mit wissenschaftlichen Premiumvorschlägen für neue Erkenntnisse sorgen. Unmöglich sind daher lösungsorientierte Sätze wie: „Dank moderner Forschung können wir Computerprobleme jetzt auch ANALYSIEREN“ oder „Wie können wir verhindern, dass ein Telepath an Bord uns alle tötet?“…
Stattdessen wird jede Geistererscheinung so stoisch hingenommen, dass man die sogar als Zuschauer vergessen hat(!), wenn man die halluzinierende(?) Figur später erneut sieht.
„Gah! Das ist meine Tochter! Das ist n-nicht richtig! Laut Familienrichter darf ich sie nur an einem FREITAG sehen!“ – Willkommen auf dem Holoschreck: Obwohl die Bilder per Laser in die offenen Augen projiziert werden, ist das in einem bestimmten Horrormoment gar nicht mehr notwendig, um die Bildchen zu sehen. An Bord nennen sie diesen Effekt übrigens „Deus Ex Gruselia“.
In die Schiffssysteme wurde entweder eingebrochen oder aber die Administratorin telepathisch manipuliert? – Da müssen wir dann wohl schulterzuckend den Flur runterschleichen. Der Telepath verletzt ständig Leute und stellt eine gigantische Gefahr dar? – Der wird von seiner Ärztin auch dann noch in Schutz genommen („Er hat doch nur Angst, dass er sich wehtut, während er Ihnen wehtut!“), als die manipulierten Brandopfer, Im-Strahl-Kotzer und Augenbluter bereits große Löcher in den Dienstplan reißen. Überhaupt sind alle ständig aufgebracht und hühnerhaufenverdächtig überfordert? – Pech gehabt, denn der holographische Captain erscheint nur, wenn man nett darum bittet. Und selbst dann sieht er einen hilflos an, als hätte man Zeugen Jehovas um ihre Meinung in Bezug auf Charles Darwin gefragt.
Absolut unverständlich auch, dass der Chef einfach mal JEDEM Mannschaftsmitglied nachspionieren kann. Da wäre ich wirklich mal gespannt, wie man das wertfrei erklärt, wenn mal der „Tag der offenen Tür“ ansteht: „Bitte achten Sie auf die Kamera an der Decke. Wenn diese strahlend gelb leuchtet, beobachtet Sie der Captain auf dem Klo. Kommen wir nun zur Sauerstoffversorgung…“
Überhaupt halte ich es längst nicht mehr für „clever“, Spannung dadurch aufzubauen, indem man dem Zuschauer Dinge verheimlicht, die die meisten Besatzungsmitglieder längst WISSEN. Oder indem man die interessanten Fragen nie an den sinnvollen Stellen stellt, damit die Experten bloß keine klärende Antwort (für den Zuschauer) geben müssen.
Was genau man sich von den gefundenen Aliens(?) erwartet, das interessiert alle Beteiligten weniger, als lesbisch an den Implantaten des Gegenübers rumzurubbeln. Und ja, die Liste ließe sich endlos fortführen: Die Bienentante im Waldgebiet erscheint mal gerade aus dem Nichts („Ah? Sie bedrohen uns mit dem Leben? Da nicke ich mal ganz geheimnisvoll.“), das sinnfreie und gefährliche Rumhängen in großen Wassertanks wird nicht thematisiert (= Budget musste weg und Duschen waren zu günstig?) und warum der Captain nur als Hologramm erscheint, interessiert auch keinen. Vermutlich ist er nur eine KI oder steuert das Schiff von Buxtehude aus?
Schockieren würde mich nichts davon, da es auch die anderen Figuren nicht interessiert.
„Ups, ist das schon die Haltestelle zu Mordor?“ – Schöne Augen gemacht: Wenn der Telepath einen anglotzt, fällt man erst mal in ein tiefes Loch namens „Selbstachtung“. Aber okay, auf diese Weise erspart man sich den Bau einer kompletten Achterbahn auf den Decks 1 bis 15.
Was all die Hauptfiguren konkret zu tun haben oder warum wir die Statisten nur in der Kantine sehen (wenn der Zuschauer irgendwelche Lautsprecherdurchsagen vernehmen soll), das bleibt schleierhaft – an der Grenze zur Vollverschleierung.
Zugegeben, ich kenne nur ZWEI Folgen von ZEHN. Und womöglich ist am Ende alles eine große Täuschung der Marke „Die Erde gibt es gar nicht mehr“, „Der Holo-Captain ist die einzig reale Person an Bord“ oder „Die Aliens kommen aus Simbabwe“. ABER: Selbst die krasseste Auflösung könnte mir diese Serie wohl nicht schönreden. Ein bisschen Nachvollziehbarkeit muss dann schon sein. Und mit „Ziehbarkeit“ ist nicht der alte Trick gemeint, alles im Vagen zu lassen, damit man selbst über das allerkleinste Rätsel 9 Episoden lang grübeln kann.
Heute genügt es nicht mehr, dass sich die Crew nur deswegen doof verhält, damit WIR irgendwas Cooles präsentiert bekommen. So glotzt der Sicherheitschef z.B. einfach mal durch die Scheibe des Telepathen, wodurch er einen dreifachen Hirn-Stromschlag bekommt. Eine Art „unabsichtliche Rückkopplung“, die wir übrigens später nicht mehr sehen. Oder nur noch in ABSICHTLICH.
Die Effekte sind teilweise arg schlecht (in jedem siebten Ei ist jetzt eine Animationsphase mit dabei?), haben aber schon wieder einen so sauberen Look, dass sie mir trotzdem lieber sind als z.B. das Texturen-Geschaukel bei einer aktuellen Star Trek-Serie, die ich hier aus aktuellen Magenproblemen meinerseits nicht nennen will.
„WAH! Ich wollte doch nie eine halbe Stelle!“ – Dann lieber Phaser auf Bestäubung: Nur Personen, die bereits genug Depri-Stimmung an Bord eingesammelt haben, schaffen es, sich den Laserstrahl mit eigenen Händen in die Stirn zu rammen. Was es mit der Roboterspinne auf sich hat, weiß ich übrigens nicht. Ich gehe aber – im Zweifel für den Begähnten – davon aus, dass es superkultig ist.
Wie die Dialoge sind? Ganz klar: Spätestens beim zweiten Reinhören kaum zu ertragen…
„Warum ist er nur eine Projektion?“
„Das ist eines der großen Mysterien des Lebens.“
Eine permanente Einblendung mit den Leuchtbuchstaben „Achtung! Bitte beachten! Dies ist düster und geheimnisvoll!“ wäre wohl weniger plump gewesen.
Fazit: Pupstrocken, bierernst, aber am Ende doch nur unterkühlte Dorftrottel-Romantik im verdaut… vertrauten Umfeld: Ein bisschen „Event Horizon“, ein wenig „Alien“, ein paar Telepathen à la „Babylon 5“, gemixt mit der Ästhetik von „The Expanse“ und der Langsamkeit von allen Serien, die nicht wissen, wie sie eigentlich 10 Episoden vollbekommen sollen.
Hier ist höchstens neu, auf wie viele Arten man seine eigene Dramaturgie manipuliert. Zum Beispiel dadurch, dass man das ENDE zweier (eigentlich aber ALLER) Hauptfiguren einfach mal in der allerersten(!) Szene zeigt – woraufhin wir den Rest der Serie nur noch warten müssen, dass genau das passiert.
Da hatte wohl jemand kein Vertrauen in den Inhalt der ersten Episoden?
Ich habe die Serie getestet, als ein DIS-Kritiker auf einer anderen Seite hingewiesen hat, dass die Serie schon in den ersten 5 Minuten spannender ist als die komplette erste Staffel Discovery. Und sooo innovativ. Also mal reingeschaut. Aha… eine Frau versteckt sich vor einem durchgeknallten Axtschwinger, kurze Zeit später Axt durch die Wand kanpp am Gesicht der Frau vorbei usw. Innovativ, oder schon mal gesehen? Innovativ, weil dieses mal spielt es Tadaaaa… im Weltraum! Nach einer halben Folge habe ich davon abgesehen weiterzusehen. Somit hat die Serie das nachsehen und bleibt ungesehen. :-)
Falls du die Serie noch nicht kennst, möchte ich dir „Origins“ ans Herz legen. Tolle Sci-Fi Serie mit innovativen Konzept. Ein paar Leute wachen auf einem Raumschiff aus ihren Schläferkapseln auf und stellen fest, dass das Schiff soweit verlassen ist. Ach ja, es ist ein Kolonistenschiff auf dem Weg zu einem weit entfernten Planeten usw… Soweit so innovativ. Anfangs nur mit halben Auge hingeschaut hatte mich die Serie am Ende der ersten Episode am Haken. Dead Space Feeling mit ein wenig Aliengeschmack und natürlich Lost. Ich war und bin kein Fan von Lost, ich gebs zu. Hier hat es mir aber gefallen. Im Mittelpart lässt es ein wenig nach, dreht aber zum Ende der Staffel wieder ordentlich auf. Ich hoffe und giere auf eine zweite Staffel, wobei die erste allerdings auch für sich allein stehen könnte, wenn sie müsste.
Also bei Gelegenheit mal schauen, wenn der Frust über Discovery zu groß ist und hier bitte eine Kritik abliefern, zumindest über die ersten zwei Episoden.
Ach übrigens, hat der Kollege, der bei eurer „befreundeten“ Seite ständig für euch Werbung macht schon seine 15% bekommen? :-)
„in den ersten 5 Minuten spannender ist als die komplette erste Staffel Discovery“ ist ja jetzt auch nicht gerade etwas, das mich hinter dem Ofen vorlocken könnte.
Das ist für mich vergleichbar mit „klüger als alle Trump-Reden“ oder „anspruchsvoller als alle Transformers-Filme“ oder „romantischer als alle Twilight-Filme“.
„Ach übrigens, hat der Kollege, der bei eurer „befreundeten“ Seite ständig für euch Werbung macht schon seine 15% bekommen? :-)“
Da vergebe ich doch gleich mal 8 von 10 Punkten auf der „Klapo durch Insidergags zum Kommentieren zwingen“-Skala.
Die 15% wurden aber noch nicht ausgezahlt. Unsere Rechtsabteilung prüft nämlich noch, ob diese nicht – wie auch Star Trek – zu „25% anders“ als vorher sein müssen.
Danke aber für den Serientipp. War mir vollkommen neu.
Leider quäle ich mich aktuell durch Ep. 7 und habe noch unsägliche 3 weiter vor mir. Vom recht starken Anfang abgesehen hat das Ding eine Vollbremsung zu komplett bescheuert und unspannend vollzogen. Lahm……
Und durch, was eine Grütze. Ich bin mir noch nicht sicher ob das Ding nicht ein genauso fettes Dislike bekommt wie STD. Allerdings hat Gretchen Mol, ganz im Gegensatz zur Burnham Trulla, Schauspieltalent und einen tollen Körper.
…und auch nicht viel mehr zu tun, als selbigen permanent möglichst nip…vorteilhaft in die Kamera zu halten.
Wirres Zeugs, plump gefilmt…
Hab mich auch durchquälen müssen!
Ich mochte die Serie und hab sie an zwei Tagen durchgesuchtet^^
Sucht ist niemals gut, weswegen ich die Serie auch mal schnell hab absetzen lassen:
https://deadline.com/2019/02/nightflyers-canceled-no-season-2-george-r-r-martin-horror-thriller-series-syfy-1202560626/
Alles DEINE Schuld, also!
Zeigt aber auch, dass ein lustloses Draufstampfen trendiger Autorennamen nicht ausreicht.
Wenigstens muss sich Klapo in der Beziehung keine Sorgen machen, har-har-har!