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„Swiss Army Man“ – Die „Die“-Kritik

„Swiss Army Man“ – Die „Die“-Kritik

Eine Film über einen Verzweifelten, der immerhin eine Leiche als Freund hat? – Für Zukunftia.de geht das natürlich als Science Fiction durch (oder als wünschenswerte Entwicklung im Privatleben?), weswegen ich bereits eine Rechtfertigung habe, dieses Filmchen kurz zu reviewen. Mut zu Neuem (und Dingen, die gaaar nicht neu riechen) sollte man allerdings mitbringen, denn z.B. Oma Platuschke würde zu der Prämisse nur den Kopf schütteln – und stundenlang von IHRER Zeit als Tote berichten…

INFORMATIONEN:

Regie: Daniel Scheinert
Jahr: 2016
Budget: 3 Mio Dollar

Poster
Star(r)thilfe auf Müffel-Island

Wer hiervon noch nichts gehört hat, wird sich womöglich nach meiner Erklärung wünschen, dass es so geblieben wäre: Ein verzweifelter Schiffbrüchiger findet auf einer Insel eine Leiche. Immer mehr stellt sich heraus, dass die alles Mögliche drauf hat: Die Gase im Körper taugen z.B. als Motorboot, der Schädel als Hammer und das Wasser, das aus dem Mund sickert, dient Ekelbefreiten als Trinkwasser. Und sprechen kann sie auch – weiß leider aber nichts über das Leben, kennt weder Sexualität, Handys, noch Müllhaufen.
 

Eins muss man diesem (Arschfeuer-)Werk lassen: Es ist ein Unikat, das man verwechslungsgefahrfrei in einem Satz zusammenfassen kann. Probiert das mal mit einem Deutschen TV-Film! („Ach, du meinst den Bäcker im SCHWARZWALD, der sich verliebt, nicht den im Harz?“)

Natürlich versteht der verständige Kinogänger (das Heimkino zähle ich inzwischen eindeutig dazu) schnell, was das alles soll: Der (scheinbar) Tote zwingt den Lebenden, sich über menschliche Bräuche und Gefühle Gedanken zu machen. – „HAHA! Seeehr clever!“, ruft da der normalerweise cineastisch gelangweilte Popkornallergiker. „Wir lernen das Leben und die tiefgründige Bedeutung von Pupsen, Penissen und Plapperphilosophie durch einen, der alles schon hinter sich hat. Ich vergebe daher eine … Eins Plus. Hat irgendwer noch ein Aufklebe-Fleißsternchen übrig, werte Kritikerkollegen?“
 

„Sag mal, wie ist es eigentlich, tot zu sein?“ – „Eigentlich okay. Man wird vor den Auswüchsen der Fitness-Bewegung verschont und darf in der Oper die Augen zu machen.“ – Totschlagargumente: Die Dialoge verwesen… äh… bewegen sich konsequent zwischen angenehmen Dadaismus und „Ist ja nur Indie, winken wir also durch“…

 
Man bemerkt es vielleicht schon: Ich kann den Hype und die Begeisterung über diesen kleinen Film nicht so gaaanz nachvollziehen. Die Idee des „Sitting Dead“ mag nett und neu sein, aber die comichafte Mehrfachnutzung der Leiche nervt spätestens dann, wenn man sich über eine holzhackende Erektion auch nicht mehr wundern würde. Die Gespräche über Liebe und Schönheit sind zwar gelungen, aber wenn ein Toter vor allem als (Penis-)Kompassnadel und endloser Wasserspucker hervorsticht, fragen sich auch eingefleischte „Clever & Smart“-Leser, ob weniger nicht deutlich mehr gewesen wäre.
 
Vielleicht hätte man auch einfach zwei Filme draus machen sollen: Einen mit einer Leiche, die einem erklärt, das auch in Abfall noch etwas Schönes steckt („Re… Recycling? Ah, das höre ich als Amerikaner das erste Mal!“) und dann eine Variante für 12-Jährige, in der Verrottungsprozesse auch noch lustige Mondflüge und Unterseeabenteuer ermöglichen könnten. So aber erscheint mir die seltsame Vermengung von „Botschaft“ und „Wieso taucht nirgends der Road Runner auf?“ ein wenig missglückt.

„Sag mal, warum ist dein Körper eigentlich so robust, wenn ich zum Beispiel … so was mache?“ – „Bin Veteran. – Battlefield. Call of Duty. Dann drei Jahre unter dem Namen Chantalle in der Porno-Branche gearbeitet.“ – VERWESUNG ist schließlich auch nur ein weiterer Schwedenkrimi-Titel: Daniel Radcliff zeigt, dass er noch lange kein Auslaufmodell ist. Wobei … – erschlafft die Darmmuskulatur nicht im Tod?

Schauspielerisch herrscht hier eine Mischung aus fröhlichem Overacting (= Augen aufreißen, komödienhaft verzweifeln, wenn mal was nicht glatt läuft, aufgerissene Augen nicht vergessen) und auf Seiten des Halbtoten storybedingter Gesichtsstarre. Vor allem darf man aber bewundern, wie konsequent sich der ehemalige Harry-Potter-Darsteller von seinem alten Image loszulösen versucht – manch anderem Premium-Actor wäre es wohl zu doof gewesen, eine stammelnde Leiche zu spielen.

Bei Til Schweiger ist diese Rolle ja auch eher inoffiziell…


Fazit: Trotz meiner Anerkennung für die wenig leichenstarrige Grundidee und die sympathischen Darsteller ist’s mir persönlich die eine oder andere verpasste Obduktion drüber.

DRÜBER über den schwer greifbaren persönlichen Humorgeschmack und DRUNTER unter dem, was ich als lehrreich betrachten würde („Stimmt, warum betrachten wir Tote eigentlich als Abfall? Wir könnten sie doch noch in der Finanzverwaltung einsetzen!“)…

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

 

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Artikel

von Klapowski am 01.07.17 in Filmkritik

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Kommentare (2)

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  1. Uncle Hutt sagt:

    Das war wieder so ein Film, wo meine anhand des Trailers erwartete Filmhandlung in den ersten fünf Minuten abgefrühstückt wurde. Im Gegensatz zu „Up“ aber war der Rest nicht enttäuschend sondern recht strange, aber im guten Sinne. Ich kann dir jetzt weder die Moral von der G’schicht, noch die Quintessenz oder Intention des Regisseurs verraten aber mir hat’s dennoch gefallen. War mal was jenseits der Standardkost. Und Harry Potter hat ein Pluspunkt mehr bei mir ergattert. Nach „Woman in Black“ und „Horns“ ein weiterer recht guter Film mit ihm und den man von ihm so nicht erwartet hätte.
    Ich darf dann abschliessend noch auf den Soundtrack verweisen, der ja nur aus A Cappella besteht aber dennoch super zu hören ist, auch noch nach dem Film. Ob man ohne den FIlm Zugang zum Soundtrack bekommen könnte ist jedoch schwierig zu beantworten. A Cappella Fans wohl schon.

  2. Bolleraner sagt:

    Das erinnert mich doch stark an die achtziger Jahre Klamotte „Immer Ärger mit Bernie“. Ich fand den damals sehr lustig.

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