„Metroid“ – 2 Fangames auf dem Weg zum 7. Himmel?
Nintendos „Metroid“-Spiele sind die perfekte Mischung aus Entdecken, 2D-Game, toller Musik, SF-Stimmung und einem verlockend herzlichen Klapo-Lächeln. Kein Wunder, dass unsere zahlreichen Artikel zu diesem Thema zu den Sternstunden von Zukunftia gehörten. Da gehört es sich, anlässlich eines beliebigen, von unserem Pressesprecher ausgedachten Jubiläums HEUTE gleich zwei Fanspiele zu „Super Metroid“ (1994) und „Metroid 2“ (1991) vorzustellen, die erstaunlich gut gelungen sind. – Weiterleitende Links gibt es dazu allerdings heute keine. Unser Anwalt (eher so der Solitär-Spieler) riet uns davon ab.
Hinweis:
Wir testen hier natürlich nur (relativ) grandiose Fangame-Ware, keine Designverbrechen, bei dem man alle paar Meter merkt, dass der Macher ein paar Trittleitern vergessen hat, damit man ohne Oberschenkelbruch durch die Höhlen kommt. Außerdem wollte ich keine „Ich rück mal die Möbel um“-Frauenlevels, in denen alles minimal rumgeruckelt wird, am Ende aber doch deutlich schlechter rumsteht („Hey, wieso ist der Fernseher/die Chozo-Statue plötzlich auf dem Waschbecken?“).
Bei den hunderten an ROMs und Fan-Gedöns durchaus erwähnenswert…
AM2R (= „Another Metroid 2 Remake“, 2016)
Dieses Spiel ist ein Geschenk. Ein Geschenk für Menschen, die immer mal wieder ein 2D-Metroid spielen wollten. Ein 2D-Metroid mit der grandiosen Mischung aus „Alien“, Pixeloptik und „Häää, wo muss ich eigentlich lang?!“ – Zumindest würden Neulinge den dritten Punkt so bezeichnen, denn der Experte weiß natürlich sofort: „Dieser Block da oben, der riecht komisch. DA muss ich also lang!“
Dass man sich hierbei äußerst lose am 2. Teil für den Game Boy orientierte, dessen Grafik heutzutage abwechslungstechnisch an eine Raufaserwand im Nirwana erinnert, ist nicht weiter schlimm. Denn in diesem Remake hat jeder Abschnitt andere, modernere Musik, andere Farben, andere Stimmungen – und die automatische Karte gibt es für drei Schüsse auf die blaue Tür von „Google Maps“ auch noch gratis dazu!
Alles so schön bunt hier: Der leichte Comiclook ist weeenig gruselig, dafür aber auch konsumierbar für alle Leute mit „Graugrün-Grüngrün-Sehschwäche“ – siehe das uralte Game Boy-Vorbild auf dem Bild unten.
In diesem erstaunlich umfangreichen Remake rennt ihr natürlich wie gewohnt durch düstere Korridore, mit größtenteils neuer oder neu arrangierter Mucke. Nur das Leveldesign erzählt die dünne Geschichte, nur euer Abenteuerdrang ist hier das Tutorial. Die Steuerung? – deutlich verbessert und mit dem praktischen „An Mauern hochzieh“-Feature gepimpt.
Am Anfang geht alles noch relativ handelsüblich vonstatten: Runterfallen hier, Bossgegner in den Schoß plumpsen da, sich am neuen Item den Zeh anstoßen dort.
Doch je weiter man kommt, umso eigenständiger wird das Spiel: Neue Elemente und Fähigkeiten geben immer wieder mal ihr „Stell-di…-ich-gern-ein“, nie zuvor gesehene Bossgegner (Stichwort: Laser verschießendes Rad) kreiseln an der Decke und so manche Levelidee ist nicht mal sooo sehr geklaut. Ja, „AM2R“ klebt nicht an Konventionen und auch nicht an der zähflüssig vorbeisickernden Schwarzgrün-Welt des Game-Boy-Originals, sondern ist eigenständig. Fast könnte es als reguläres Spiel von Nintendo durchgehen.
Eingängige Mucke, perfekte Steuerung, die an „Metroid Fusion“ (2002) erinnert und die eine oder andere Träne am oberen Fanboy-Ende losrüttelt. Das ist die Welt von (*nachschlag*) „AM2R“!
Na gut, es ist nur FAST perfekt.
Denn bei allen versteckten Items (und das sind einige!), geheimen Wegen und schönen Variationen bleibt ab und zu doch ein seltsam bräsiges Gefühl zurück. So mancher Raum ist z.B. ein wenig zu groß geraten, fühlt sich gar ein bisschen wie das jetzige „Star Trek“ an: so eine Art episch aufgeblasene Tropfsteinhöhle mit großem Knubbel zum Drübersteigen in der Mitte, der einen sinnvoll beschäftigen soll, aber doch nur nervt. Dann noch ein paar Gegner rein und ein paar Ausgänge zu den interessanteren Räumen daneben. „Super Metroid“ hatte da etwas mehr Mut zum Rotstift; weniger wäre hier mehr gewesen. Die 10% weniger an Spielzeit hätte ich tapfer ertragen, ich schwör!
Und dass man die ganze Zeit meist nur Metroids verhaut (es gibt wie beim Original gut 4 Varianten von den fiesen Absorber-Quallen), ist jetzt nicht sooo spannend. Aber hätte man auch das weggelassen, hätte man es auch nicht mehr „Remake“ nennen müssen.
Fazit: Tolles Fanwerk, das nah an die „Nintendo“-Qualität drankommt. Die Musik noch etwas epischer, die Räume etwas gemütlicher, ich hätte mich mit diesem Spiel noch deutlich länger im Keller eingesperrt. – Apropos im Keller: Dahin verbannte Nintendo dieses Game auch schon nach kurzer Zeit, denn natürlich war dieses Remake ohne offizielle Lizenz – und soll auch keine bekommen. Daher findet man es im Internet jetzt nur noch, wenn man Google bedienen kann und mit der Powerbomb die ersten drei Wandblöcke der ROM-Seiten sprengt.
ES WIRD KEIN EMULATOR BENÖTIGT. Das Spiel startet direkt in Windows.
„Hyper Metroid“ (Zusammenbastelbares ROM für einen SNES-Emulator, 2015)
Ja, dieses Fangame IST definitiv toll. Es ist groß, sieht gut aus und hatte spürbar mehr Ziele als Donald Trump bei der Rettung der Welt.
„War da mal Haar da?“ – Nur die düstersten und atmosphärischsten Grafiken sind für „Hyper Metroid“ gut und glitschig genug (= gutschig?). EIN grüner Raum mit den Tropfsteinen aus „Super Metroid“ wurde hier z.B. zu einer ganzen Etage ausgeweitet.
Leider hat man es jedoch etwas zu gut mit meinem Erweckungserlebnis gemeint – ja, aus der Erweckung erwuchs später sogar eine ungesunde Koffeeinschock-Wachheit… Stachelgruben können nur von einer Seite schadlos übersprungen wurden, Endgegner fallen in Mulden und kommen nicht mehr raus (dafür man selber zwangsweise zum Kuscheln & Besiegen rein) und der Enterhakenstrahl macht auch nur bei unbeweglichen Plattformen so richtig „Bisschen-Spaß“.
Ist das Kirk beim Erforschen je passiert? Glaube nicht.
Dabei ist das Werk stilistisch wegweisend: Mit viel Liebe zu meinen Nostalgietränen wurde jede einzelne Grafik mit Bedacht gesetzt, wurden kaputte Schlingpflanzen und kleine Übergänge angeschraubt, wo das Original maximal noch zwei Dübel besaß. Nebel, Farben, Nischen: Alles perfekt. WENN denn eben da nicht die ausladenden Passagen wären, die den Spielfluss verlangsamen. Da schwitzt selbst Reinhold Messner angesichts dieser Hochhaus-hohen Drecksräume. Da hilft es auch nicht, dass man recht früh Schuhe bekommt, mit denen man immerhin HALB so hoch wie ein Hochhaus springen kann.
„Diese Stimmung, diese Stimmung!!“ – „Ich weiß schon, du bist großer Fan, Klapo.“ – „Nein, das Schlagerfest der Volksmusik meinte ich! Dieses Spiel ist mir dann doch etwas zu schwer.“ – Echte „Super Metroid“-Fans dürften bei diesem Anblick Nasenbluten vor Freude bekommen. (Das dritte Nasenloch ist hinter einem geheimen Block versteckt)
Es ist doch so: In einem „Metroid“ muss man mal schnell zurückgehen können, ohne einen Knoten in den Fingern zu bekommen, weil man zum Weiterkommen die Strahler kreuzen musste (bei „Ghostbusters“ noch eine Todsünde). Ja, und zwei Meter vor dem Endgegner hat gefälligst ein Speicherhäuschen mit Blinkzeichen und bunten Glasperlen auf sich hinzuweisen! – HIER hingegen will man am Morgen an seinen PC gehen und unwillkürlich rufen: „Muss zur Arbeit, Schatz!“
So fand ich mal unterhalb eines Fahrstuhls mal einen krass-geheimen Block. Voller Freude auf das (kurze) Einsammeln eines versteckten Gegenstands fiel ich – zum Glück – nur sechs Bildschirme tief – ja, DA hört dich garantiert niemand mehr schreien. Nach einigem Hochgehüpfe („Grmpf. Man kann wohl froh sein, dass sie hier überhaupt Aufzüge haben, die nicht „Schwerkraft“ heißen…“) landete ich vor einer neuen Tür, an deren Ende einer von gut zwei Dutzend(!) versteckten Schaltern wartete, die später noch wichtig werden. Auch hier gab es wieder einen optionalen Weg nach unten, bei dem man allerdings blind(!) in Kugelform herumkullern musste. Unnötig zu erwähnen, dass ich 1.) nicht mehr aus dem Minilabyrinth herausfand und 2.) schon vergessen hatte, dass ich zu Beginn eigentlich nur mal kurz abbiegen wollte.
„Sind wir bald daaaaa? Der Kevin hat mir mit seinem Leveldesign schon wieeedaa ins Gesicht gepupst!“ – Genauso gelungen wie mau verschlungen: Irgendwas gefällt mir an den Räumen und deren Abfolge nicht. Hm, könnte es etwa das sein, was ausführlich im Fließtext hier drum beschrieben steht?
Fazit: Geniale Grafik, tolle Ideen und tonnenweise tonnenförmige Räume prallen brutal gegen die Frontscheibe der Überambition. Wenn gewissenhafte Erforschung mit langen Umwegen und toten Enden „belohnt“ wird, trägt man lieber einen Metroid als Hut auf dem Kopf, als dies hier durch zu zocken. – Schade, denn mit ein wenig mehr „Weniger“ wäre das hier ein grandioses Fangame gewesen. So ist’s aber nur was für frustresistente Akrobaten, die gerne irgendwo runterfallen.
Benötigt wird:
– Ein beliebiger SNES-Emulator,
– Das japanische ROM von „Super Metroid“ (bestimmt verboten!)
– Das Programm zum Umbauen dieses ROMs („Lunar IPS“).
– Die Umbaudatei („Hyper Metroid“) selbst, da man sich solche Fangames komischerweise IMMER(!) selber basteln muss, während man das ebenso „verbotene“ ROM des Originalspiels aber überall im Netz findet.
Eines dieser Dinge, für die Akte-x-Agenten erfunden wurden…
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