Film- und Serienkritiken

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„Extant“ – Das Serienreview der besten(?) 4 Folgen…

„Extant“ – Das Serienreview der besten(?) 4 Folgen…

Manchmal tauchen neue Serien einfach auf – und sind da. Ihre Vorschaubilder auf Amazon oder Netflix tanzen dann hämisch über unsere Netzhaut, mit unseren Erwartungen spielend: „Ich weiß, du denkst, dass ich vermutlich nicht besonders gut bin, aber sieh mal her! Ich habe STERNE auf dem Cover und berühmte Namen in der Beschreibung. Na, Steven Spielberg? Schon mal gehööört?“ – Meistens dauert es dann durchschnittlich noch 3,7 Wochen, bevor man sich dann irgendwann hinsetzt und den Geheimtipp, der sich nur selbst zu einem ausgerufen hat, auf Herz und Abspann zu testen…

Inhalt: Auf einer Raumstation geschah Komisches – leider erinnert sich die Heldin kaum noch dran, bis auf die Tatsache, dass ein eigentlich toter Freund auf ihrem Bauch rumgegrabbelt hat, um sie zu schwängern. Egal, kümmern wir uns eben erst um ihren Ziehsohn auf der Erde, welcher ein Roboter mit Gefühlen ist…

Besprechung:

Halle Berry ist tatsächlich die perfekte Besetzung für diese Serie: Zuverlässig (und teilweise ohne ausreichenden Grund) bricht sie in Tränen aus, vergisst ihre wissenschaftliche Eliteausbildung nebst Raumfahrt-Sonderskills und wirkt auch in ihren selbstbewusstesten Szenen wie ein Lamm in einem Geschäft für Schlachtbankbedarf. Niemand sonst schafft es, die Rolle der überforderten Heldin, die ihren Berufsabschluss bei der großen Verlosung von „Tempo-Taschentuch“ gewonnen hat, besser darzustellen. – Die Frage ist nur, ob all das auch die Absicht von Steven Spielberg war. Mit einem Blick auf seine letzten Serienversuche kann diese jedoch schnell mit einem verschnupften „Ja“ beantwortet werden.

„Extant“ ist ziemlich genau eine Mischung aus 40% „Solaris“ (Eigentlich tote Kameraden gruseln auf der Raumstation rum), 30% „A.I.“ (genau genommen ist es die Verfilmung des kompletten ersten Filmdrittels), 20% Agenten- und Verschwörungsgedöns (inklusive undurchsichtigem Geschäftsmann) und 40% weinerlichem Getue. Dass wir mit letzterem Anteil sogar deutlich über 100% kommen, ist teilweise auch Halle Berrys männlichem Sidekick zu „verdanken“. Der ist so glatt, charmant und wohlfrisiert, dass sogar die sprichwörtliche Schwiegermutter, deren Liebling er wohl sein sollte, sich lieber den Finger in den Hals steckt.

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„Oh wie fürchterlich, oh wie erschreckend, oh wie furchtbar…“ – „Äh… Sie schauen aus dem falschen Bullauge. Hinter ihnen ist dieser furchteinflößende Lichtpunkt zu sehen, der ihnen solche Angst macht!“ – „Verstehe. (*umdreh*) Oh wie fürchterlich, oh wie erschreckend, oh wie furchtbar…“ – Wenn Panik ein Gesicht hätte… dann würde es sich mal für drei Jahre frei nehmen und garantiert nicht an diesem Kopf wohnen wollen.

„Extant“ ist sogar so langweilig und in die Länge gezogen, dass man sich problemlos die ersten drei Folgen ansehen kann, um dann direkt zu Episode 13 zu springen. Hab’s dann auch einfach mal gemacht. Man vermisst buchstäblich nichts – von einer stringenten Handlung einmal abgesehen. Irgendwelche blassen Futzis klettern halt nachts aus dem Gebüsch, um die Hauptfigur vor bösen Machenschaften zu warnen („Wenn du mal jemanden brauchst, der zufällig genau im richtigen Moment mit dem Auto vorfährt und dich rausholt…“) – wenn kümmert’s?

Davor löscht Halle Berry wahlweise die wichtigste Videoaufzeichnung ihrer Weltraumreise oder „verbietet“ der Firmenärztin, ihre ärztlichen Unterlagen an die Chefs weiterzugeben. Anscheinend klappt das bis Folge Drei auch sehr gut (oder die sensiblen Passagen wurden rausgestrichen?), was dann aber dadurch konterkariert wird, dass Heul… Halle Berry ihrem Chef selber auf dem Parkplatz sagt, dass sie im All schwanger geworden ist.

Statt gewieft selbst nachzuforschen und die Karten auf den Tisch zu legen, verschweigt sie ihre mysteriöse Schwangerschaft dafür vor ihrem Partner, der eh meist mit dem Roboterkind im Haushalt beschäftigt ist. Geduldig wie in einem Propagandavideo der Zeugen Jehovas erklärt er hier dem gruseligen Bengel, was der Wert der Familie und der Ehrlichkeit ist. Plumper ginge das nur, wenn Schutzengel Galadriel höchstselbst die Dialoge geschrieben hätte.

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„Haha, guck mal, was mal aus dir wird, wenn du dich weiterhin so entwickelst!“ – „Echt, etwa ein Raumfahrer in einem richtigen Rauuumschiff?!“ – „Quatsch, wir bauen uns aus dir einen zweiten Holoprojektor wie diesen hier. Für’s Scheißhaus nebenan!“ – Alles Scheitel Sonnenschein: Das Böse hat keine Chance, solange auch nur ein Brettspiel und ein Baseball im Hause der Familie ist, jawohl!

Der allgegenwärtige, plumpe Symbolismus sorgte ebenfalls für ein ungesundes Magengefühl beim Betrachten dieses Spielberg-Bilderbuchs zum Selber-Ausmalen und -Ausgähnen… Der Robo-Boy stellt sich z.B. im Museum an das Ende der „menschlichen Evolution“ und im Wohnhaus liegt recht offensiv das Buch „Genesis“ im Regal.

Die künstliche Herkunft des Jungen wirkt eh unglaubwürdig. Denn während die einzelnen Androiden-Teile im High-Tech-Labor aussehen, als hätte man einfach Schaufensterpuppen zersägt und billigste Latexmasken aus Prä-„Enterprise“-Zeiten ausgestellt, wirkt der Junge selbst völlig natürlich – abgesehen von dem Batterieschacht auf der Rückseite, der natürlich ohne Rille abschließt. Vielleicht muss man den Jungen ja mal mit nacktem Oberkörper zeigen?

Zu Beginn der vierten Folge konnte ich einfach nicht mehr. Zu sehr drückte mich die Serienlogik aus 20 verzwirbelten, völlig unnötigen Storysträngen in das Sofakissen, wo die Handlung doch kaum für einen 2-Stunden-Film ausreichte.

Statt endlich einmal zu zeigen, was die – hier ein Minispoiler für dramaturgisch minderbegabte Zuschauer – Außerirdischen vorhaben, kommen irgendwelche Agentenklamotten auf, Marke: „Steig 34 Mal ein, wir müssen hier weg!“ – Wer dann zur 13. Episode vorspult, verpasst höchstens, dass dem Jungen zwischenzeitlich eine BOMBE eingebaut wurde. Ist aber egal, da der gepflegte Destruktivismus hier eh schon längst Einzug hält: So hat Halle Berry vorher wohl nicht drüber nachgedacht, dass sie die ganze Erde kontaminieren könnte, wenn sie die Aliensporen (immerhin etwas, was sich hier seine Sporen verdient hat, ha-ha…) stundenlang inhaliert und dabei „Räuber und Halluzinations-Gendarm“ im All spielt. So geht dann natürlich das Gegreine in der Raumkapsel los, als der Computer sie nicht zurückkehren lassen will. – Berechtigt! Wer weiß, ob das Wasser aus den Augen nicht auch hochansteckend ist?

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„Neeein! Ich darf meine zwei unnatürlichen Kinder nicht verlieren! Und nicht meinen Job! Spliss wäre auch ganz übel! Und wieso sind schon wieder dreiundfünfzig neue Killer für drei Minuten auf mich angesetzt?“ – „Haltet sie doch fest! Neee, eure Mundwinkel meine ich. Das ist alles so unfreiwillig komisch, Leute!“ – Zappeln wegen Phillipp: In Halle an der Berry ist eben immer was los…

Wie gut, dass ihr Junge (NICHT der schnellwachsende, den sie zwischendurch „geworfen“ hat) da zufällig gerade alleine in der Raketenzentrale steht, irgendwas Altkluges von „Bestimmung“ faselt und zeigt, dass er die Grundzüge der natürlichen Selektion verstanden hat, als er sich – für den Zuschauer nicht gezeigt – quasi absichtlich sprengt. Die Logik dahinter ist wohl, dass Halle durch den zerdepperten NASA-PC dann doch zurückkehren kann – was sie dann auch tut. Eine Woche später sitzt sie auch schon wieder im Vorgarten. Merke: NICHT in der Quarantäne. Warum und wieso? Wir wissen es nicht. Ich tippe auf leichte Schusseligkeit und somit auf das Vergessen der eigenen Serienhandlung. Verdenken kann ich es ihr nicht…

Man könnte noch ewig weitermachen. Allein, dass die Macher sich nicht die Mühe gaben, die Frisur der Darstellerin zu einem Pferdeschwanz zu binden, damit man nicht gleich sieht, dass auf der Station nirgends Schwerelosigkeit herrscht, ist im Jahre 2016 schon etwas arm. Dass ihr die halbe Tolle beim Rumrangeln mit den klischeehaften „Aliens“ über die Augen fällt, muss man da schon fast nicht mehr erwähnen; dieses Serienuniversum wird eh von Halbidioten und Primaten beherrscht, die vorgeben, Roboter und andere Hochtechnologie zu erfinden, bei alltäglichen Dingen aber nicht von der Wand bis zur Tapete zu denken vermögen.

Der schleimig-anbiedernder Heile-Welt-Look (auch bei der unvermeidlichen „Wiederkehr“ des toten Jungen) tut sein Übriges. „E.T.“-Rührseligkeit und „Goonies“-Logik wirken eben in einer düsteren(?) Serie nicht, Herr Spielberg.

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„Du wirst es nicht glauben, aber du bist tatsächlich auf der verlassenen Raumstation schwanger geworden!“ – „Was?! Dabei hatte das Alien die Samenspritze doch noch in … äh, VOR meinen Augen desinfiziert. Das Biest hat mich also reingelegt?“ – Ultraschalle Berry: Irgendwann kommt auch in der Serie alles raus. Mehrmals hintereinander. In verschiedenen Formulierungen. Über drei Folgen verteilt. Mit diversen Wiederholungen zum besseren Einprägen.

Immerhin sieht der Look ganz nett aus. Wegweisend innovativ ist der aber auch nicht.


Fazit: Mit „Helden“ wie diesen kann man vielleicht Strumpfhosen (und Genre-Parodien) füllen, doch mittelfristig ist das hier eher was für 50-Jährige SF-Neulinge weiblichen Geschlechts, die ziemlich gerne weinen, während sie nicht zu viel nachdenken. Eine zahlenmäßig eher eingeschränkte Zielgruppe, wie ich finde. Somit hieß es nach der zweiten Staffel (die wohl noch mieser sein soll) auch „Ende Gelände“ für dieses Testgebiet versammelter 90er-Jahre-Versatzstücke. Wer dem Zuschauer nicht etwas mehr Tiefsinn – und bessere Dialoge – zugesteht, darf sich über das eigene Verschwinden nicht wundern.

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Artikel

von Klapowski am 02.06.16 in Serienkritik

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Kommentare (3)

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  1. Cronos sagt:

    Immerhin hielt das Trauerspiel 2 Staffeln lang an. Das ist schon zu viel. Schade für Halle Berry, denn die mag ich eigentlich. Aber warum muss man in solchen Produktionen mitspielen? Bekommt sie keine besseren Rollen mehr? Na ja, ich hoffe das neue Star Trek wird besser als das hier.

  2. G.G.Hoffmann sagt:

    Ach, Du kannst einem auch alles verderben. Jetzt schaue ich die Serie erst recht! Beide Staffeln! Auf Bluray! Mit HD-Beamer! Auf der großen Leinwand! Immer öfter stelle ich fest, daß Klapowskis Reviews zuverlässig das Gegenteil meines aktuellen Geschmacks treffen. Ja, ich bin eine 50-jährige weinende Hausfrau! Und wenn „Sissi“ endlich in 4K abgetastet wird, bin ich dabei!

    Halle Berry bürgt für Qualität. Und unterkomplexer als die Gewitterhexe in den X-Men-Filmen kann die Rolle unmöglich sein.

  3. Bergh60 sagt:

    tach auch !

    @GGH
    Wenn Du Dich da mal nicht irrst.
    Ich fand das Ganze nach 2-4 Folgen auch äußerst Gähn und habe (es) aufgegeben.

    Gruß BergH

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