„Déjà Vu“ – Das Review zu den „Voyager“-Folgen 8.01/8.02
Und weiter geht es mit großen Schritten (eines genmanipulierten Aliens) daran, alle interessant aussehenden Filme mit SF-Inhalt nachzuholen, die in den letzten Jahren rausgekommen sind. Leider ist das aber wohl zum (Sch)eitern verurteilt, da jeder schnell geschnittene Gähn-Thriller heute meint, uns „irgendwas mit neuer Technologie“ präsentieren zu müssen. Wobei ich mit „heute“ das zeitversetzte Parallel-Heute von 2006 meine, das ich nur mit dieser magischen Nerd-Brille betrachten kann. – Rosa ist sie aber leider nicht… Auf zum Review!
Regie: Tony Scott
Jahr: 2006
Budget: 75 Mio $
Besprechung:
Zeitreisen! Kameras, mit denen man die Vergangenheit aufnehmen kann! Zeitversetztes Angucken, aber nur mit vier Stunden fixer(!) Verspätung! Kurzum: Alles geniale Ideen!
Leider aber alles komplett vor den temporalen Baum gefahren. Entlaubt wurde dieser sogar schon nach den ersten 20 Minuten, die noch extrem vielversprechend waren: Wer hat den Terroranschlag auf dem Gewissen?! (Auflösung: Ein Bekloppter, der als Motivation eine gewisse Beklopptheit vorbringt. Aus Gründen der Bescheuertheit, damit noch mehr „Tiefe“ reinkommt) Wer ist die tote Frau aus dem Fluss? (Auflösung: Standard-Love-Interest in der Black&Beautyful-Edition, mit der Superfähigkeit des „Sich-Schnell-Verliebens“) Wie genau funktionieren die Zeitreisen genau? (zum Hundertsten Mal: Blatt Papier knicken, Stift durchstecken. „Einstein-Rosen-Brücke“ – Wie oft denn noch?)
„Lord Helmchen? Wer hat das von mir behauptet?! Den finde ich! Durchkämmt die Wüste!“ – Kopf(be)lastig: Das High-Tech-Zeitverschiebungsgedöns funktioniert nur innerhalb eines engen Radius um die mit Technik vollgestopfte Station herum. Eees seeei denn, man setzt sich den EINEN(!) klapprigen Webcam-Helm auf, schon geht’s auch 3 Straßen weiter. Wenn ICH da STASI wäre, würde ich mal schnell alle Überwachungskameras nachrüsten.
Gerade die Zeitreisen und Zeit-Informationsverschickungen gingen mir dann auch (un)ziemlich auf den Sack, was in einem Zeitreisefilm ungefähr so brauchbar ist wie eine Tasse Salz in destilliertem Wasser. Man stelle sich vor: Die US-Regierung baut einen riesigen Apparat, mit dem man in die Vergangenheit gucken kann, hat aber nicht ernsthaft ausprobiert, DINGE dorthin zu schicken – oder zu schauen, ob man die Vergangenheit ändern kann. Ein halber Popel hätte dafür ja vollkommen gereicht, ja, selbst ein Atom. „Ja, wir haben es mit einem Hamster versucht, aber der war dann tot. Herzstillstand. Also haben wir es aufgegeben.“ – Aus dem Hamster wurde dann im Laufe des Films – auf Drängen des Hauptdarstellers, der den Wissenschaftlern nach 5 Minuten mal gerade alle möglichen Anwendungsgebiete erklären muss – erst ein durchgebeamter Zettel, dann natürlich ein … ganzer … Denzel Washington(!). Die natürliche Evolution der Hollywoodlogik eben.
Das mit dem Zettel hat übrigens nicht (gleich) geklappt, weil der etwas falsch da lag. Statt ihn auf Danzels Autositz zu beamen, packte man ihn nämlich auf den Schreibtisch, den er in 3… 2… 1… für immer verlassen würde. Und ein zweites Papierchen hätte den Verwaltungsetat des Zeitreiseministeriums wohl zu sehr belastet. – Überhaupt wird hier ziemlich viel Hektik verbreitet, um Dramatik zu suggerieren: „Waaah! Schwenk da rüber!!! Wir haben nur vier Stunden!! Nein, zurück! Schnell, diese Tasche im gesamten Stadtgebiet suchen, mittels Biometrie-Programme, die dafür gar nicht ausgelegt sind!! Schneller, schneller! Ah, da ist sie. Beeilung, wir müssen rasend schnell … irgendwie inkompetent wirken! Zoom auf die Brüste von der Bald-Toten unter der Dusche!“
Darf ich das Panne finden, dass Danzel sich früh in die gut geschminkte Wasserleiche verknallt, weil die so toll aussieht? Plus die oben erwähnte Duschszene, die für peinliches, zeitversetztes Hinstarren im Hauptquartier sorgt? Habe mich in allen „American Pie“-Filmen weniger fremdgeschämt als hier. Die gegessene Praline aus Hundekot eingerechnet. – Richtig schön scheiße war auch die Tatsache, dass sich die Entführte sofort in den Helden verliebte. Motto: Vom Trauma zum Traummann in 2 Minuten. Vielleicht lag es daran, dass sie schon so schön feucht war? Also durch das übergegossene Benzin, meine ich jetzt. Nach dieser Behandlung trug Danzel sie dann direkt aus einer brennenden und explodierenden Scheune. – Findet einer den Logikfehler in dieser Nacherzählung?
„Lieber nackt als… ne: lieber nackt UND Pelze tragen!“ – Schöner wird’s nicht: Aus irgendeinem Grund muss der Attentäter 2,5 Minuten vor der Tat ein Auto kaufen und die Verkäuferin umbringen. Damit die nicht gleich auf die Zulassungsstelle rennt oder so was. – Ist natürlich alles nicht VÖLLIG unlogisch, wirkt aber in diesem Film selbst im logischen Zustand zusammengestöpselt. Muss man auch erst mal schaffen. Liegt vielleicht daran, dass Denzel gerne IHR Stöpsel wäre…?
Auch genial: Wenn man den Menschen (oder das Tier?) nach der Zeitreise schnell im Krankenhaus wiederbelebt, lebt dieser dann noch. Alles Dinge, die die Regierung vorher nicht interessiert haben, damit der Held dies alles ZUM ERSTEN MAL probieren muss, ganz im Sinne der BILD-Zeitung („Erster Deutscher an Marzipankartoffel erstickt!“, „Erste Kuh in Rindermagen gefunden!“). Er(n)ste Forschung, in der tausende Stunden Manpower stecken, funktioniert aber nicht so; da war sogar der Plutoniumstab samt Erklärung (= „Die Libyer kommen!!“) aus „Zurück in die Zukunft“ glaubwürdiger.
Überhaupt tut der Film durch ständiges Erklären, Rumschneiden und Dramaturgie-Missachten (zugunsten von noch mehr Erklärungen) so, als wäre er seeehr anspruchsvoll UND actiongeladen. Spätestens bei der Szene, in der Dancel wie ein Besengter über die Straße rast, um ein um vier Stunden zeitversetztes Auto einzuholen, merkt man aber, dass das irgendwie Panne ist. „Oh, zwei Auffahrunfälle, 8 Verkehrstote und 15x fehlende Spannung später stehen wir uns mit unseren Autos GENAU gegenüber.“
Zudem wird man später immer mehr manipuliert, überhaupt mal Gefühle zu empfinden: Wenn Denzels Kumpel verbrannt wird, kreischen die Temporal-Zuschauer alle wie kleine Mädchen, obwohl sie den Typen NOCH kürzer als der TV-Zuschauer gesehen haben (20 Sekunden sind nicht mal sehr untertrieben). Durch den schnellen Schnarch-Schnitt nach dem Motto „Nichts Genaues zeigt man nicht“ bleibt sowieso jede Wendung, jede Figur und jeder Effekt im Niemandsland der Neuronenkitzelung. Ein typischer Film des Filmzeitalters „Ein Quantum Trost“, dessen geisteskrankes Schnitt-Timing eine Zeit lang (bis 2050?) sehr in Mode war.
„Stopp! Oder meine Mami schießt!“ – Endlich mal ein Zeichen setz… verletzen: Der Bösewicht hat die Ausstrahlung von fünf Pack Vanillepulver. Aber das nachgemachte Zeug aus Holzspänen, nicht aus echter Vanille. – Und mit diesem irren Vergleich habe ich mich jetzt offiziell mehr getraut als der ganze Film während seiner Laufzeit.
Jeder schiefe Pups wird zudem mit behämmerter Hammer-Musik unterlegt („Sehen sie? Spannung! MfG, ihr Komponisten-Sklave!“), die dann gerne in zwei Sekunden in schnulzige „Aber die Romantik wollen wir ja auch nicht vergessen“-Mucke umschwenkt. Nur zwei, drei Mal schafft es der Streifen, eine gewisse Ruhe auszustrahlen. Eben Selbstsicherheit. Atmosphäääre. Staaaunen. Aufkeimende Bedrooohung. Eben dieses „Wir wissen, was wir tuuun. Komm an meine Hand, Zuseher, ich zeig dir für zwei Stunden mal was Nettes. Ja, hier lang, mein Guter. Vertrau mir, immer weiter. Nein, nicht an dem Hundehaufen schlecken, hier geht‘s lang!“
Statt dessen wirft der Film dem Zuschauer einfach 5 Tonnen (kühle) Romantik und (uninteressante) Action hin, alles aber so schlecht erklärt (oder ZU VIEL) oder emotional aufgebaut, dass man das Gefühl hat, man sollte wie ein Hund mit einem trockenen Knochen ruhig gestellt werden. Vielleicht, damit ein Einbrecher hinterrücks unsere Brieftasche stehlen kann? – Nebst Seele?
7 von 10 Punkten hat dieser Film auf IMDB und vergleichbaren … Vergleichsportalen bekommen. Es mag ja sein, dass ich etwas streng bin, aber sollte so ein (relativ) grandioser Film außer einer guten Idee nicht auch guten Schnitt, gute Musik, gute Charaktere, guten Flow und guten… – alles andere haben? Hier reichte es schließlich nur wieder für „Gute … Nacht“.
Dann doch lieber wieder 50x die alten Bud-Spencer-Filme gucken…
Fazit: Die gewollt distanzierte, obercoole Darstellung soll vermitteln, wie düster und ernst das alles doch ist: „Zeitreisen! Tote! Verlust! Reduzierte Farben! Wieso weint denn noch keiner, buuhuu?“ – Wäre das alles jedoch eeetwas bunter, trashiger und/oder gesetzter gewesen, man hätte viel mehr Spaß gehabt UND sogar die Logikausrutscher verziehen. So aber bleibt nur der Beweis, dass man mit endcooler „Yo Man, full anspruchsvoll, Alda!“-SF dafür sorgt, dass der Zuschauer sich nur so weit reinfühlen kann, als würde er das Ganze vom Mars aus betrachten.
Da gehe ich mit. Der Streifen war einfach nur mies, die ausgegebene Verleihgebühr hat mich länger beschäftigt als der ganze Plot.
In die gleiche schlechte Kerbe haut auch Denzel’s „Pelham“.
tach auch !
Na ja bei Zeitreisen sind Logiklöcher vorprogrammiert,
allerdings war dieser Film wirklich nicht gut. Dabei hatte er alle Zutaten zu einem richtig guten Film.
Schade , voll vergeigt.
Gruß BergH