„The Interview“ – Unser Review ist bestes Review
Kollege Klap sagte es selbst: „Sparki, wenn es um die Erfahrung geht unter der Knute eines machthungrigen wie unfähigen Diktators zu leiden, dann fällt mir keine dafür besser geeignete Person ein als DU! So, jetzt mach aber mal weiter damit, mir meine Schuhsohlen sauber zu lecken…“. Und recht hat er, weswegen es pünktlich zur ungewöhnlichen (da legalen) Internet-Veröffentlichung der Nordkorea-Satire „The Interview“ nun auch eine Besprechung derselben gibt. Aber jetzt müssen wir erstmal nachgucken, was diese Schatten in Form von nuklearen Langstreckenraketen vor unserer Redaktion zu bedeuten haben und warum diese immer größer werden…
Regie: Evan Goldberg, Seth Rogen
Jahr: 2014
Budget: 44 Mio.
Inhalt:
Dave Skylark ist der schmierige Moderator einer identisch schmierigen Promi-Talkshow. Sein Produzent Aaron strebt aber nach mehr Anspruch, weswegen die Beiden ein Interview mit Kim-Jong Un an Land ziehen. Das CIA hält dies für eine gute Gelegenheit, den moppeligen Staatschef von Nordkorea dabei direkt mal aus dem Weg räumen.
Besprechung:
Hach, bei der Story-Idee von „The Interview“ fühlt man sich doch glatt wieder wie in den 80ern zu Zeiten des kalten Krieges: Zwei unfähige Zivilisten werden von einem Geheimdienst zu einer gefährlichen Mission rekrutiert, bei welcher natürlich so einiges schief läuft. Da fehlen eigentlich nur noch Chevy Chase und Dan Aykroyd, für welche aus Altergründen aber James Franco und Seth Rogen herhalten müssen, die Meister des improvisierten 10/90-Humors. Was bedeutet, 10% der Gags sind durchaus brauchbar, der Rest dagegen flach bis total kacke.
Und improvisiert, weil einem der Großteil auch dieses Rogen/Franco-Films halt genauso vorkommt. Nämlich als ob man James und Seth einfach nur grob die Richtung der aktuellen Szene beschrieben und daraufhin einfach die Kamera laufen gelassen hat. Was laut einiger Interviews anscheinend auch der Fall war und grundsätzlich auch kein Problem darstellt, wenn es denn besser ausfällt als die Vorlage im Drehbuch. Nur besteht DEREN Vorgehensweise meist irgendwie nur aus Angrabbeln, Fratzen machen und Fäkaliensprache, was dann u.a. auch in eine gefühlt zwanzig Minuten andauernde Szene über das in den Hintern stecken einer CIA-Sonde resultiert. Gerade bei einem Thema wie Nordkorea, welches unglaublich reich an (sur)realen Vorlagen ist, eine Verschwendung von wertvoller Zeit für bessere Gags.
„Mein Vater hat stets zu mir gesagt, ein guter Diktator ist immer der Härteste von allen. Weswegen dann auch meinen Schniedel gegen dieses Baby hab austauschen lassen.“ – Den Stuß nicht gehört. Nordkoreanische Überläufer behaupten oft, der Un wäre total Balla-Balla. Diesen Begriff hatten die Übersetzer dabei anscheinend etwas mißverstanden.
Denn das Highlight des Films waren für mich die leider sehr wenigen Stellen, welche sich direkt auf die Kultur von Nordkorea bezogen haben und wegen welchen dieser Film überhaupt als Satire bezeichnet werden kann. Von tatsächlich existierenden Fake-Supermärkten über pompöse Kim-Statuen als Penis-Ersatz bis hin zu gestellten Alltagsszenen, welche dem kapitalistisch-verweichlichtem Beobachter beweisen sollen daß es in Nordkorea einfach superknorke ist, zeigte man uns ein Land, wo der größte Witz eigentlich daraus besteht, daß man für diese Szenen das Stilmittel der Übertreibung gar nicht erst verwenden mußte. Wie es uns z.B. diese ECHTE Reise ins nordische Korea zeigt:
Es ist ein netter kleiner Pluspunkt, daß man auch ein wenig Raum für Selbstkritik übrig hatte, was in der bizarren Situation gipfelte, daß sich der amerikanische Zuschauer von einem Fake-Un über die tatsächlich sehr hohe Knastgängerquote der USA belehren lassen mußte. Ist ja auch wirklich so, daß man trotz der Zustände in Nordkorea auch ruhig weiterhin noch vor der eigenen Haustür kehren sollte. So wird unser Anteil am weltweiten Waffenhandel ja auch irgendwie in den Medien verdächtig runtergespielt. Oder wie oft habt ihr schon etwas von „Krauss-Maffei Wegmann“ oder „Diehl Defence“ gehört? Von irreführenden Namen wie „European Aeronautic Defence and Space Company“ ganz zu schweigen. Da kann ich meine Fabrik für Atombomben ja gleich „Willis Blumenladen“ nennen.
Anderes Thema, aber fast genauso schlimm: Francos Fratzenspiel. Mir ist bewußt, daß man in einer Komödie ruhig mal etwas mehr mit den eigenen Gesichtsmuskeln spielen darf, aber gegen sein Ganzkörper-Gezucke wirkt selbst Jim Carrey auf mich wie ein ruhiger Charakterdarsteller der alten Schule. Da hat man direkt Mitleid mit Francos Assistenten, welcher wohl immer ganz genau hinsehen muß, um bei seinem Chef den Unterschied zwischen Schauspiel und epileptischen Anfall erkennen zu können. Dadurch schlendert der Film jedenfalls noch mehr in Richtung Klamotte á la Dick und Doof und ich nehme mir jetzt einfach mal raus zu vermuten, daß sich die meisten Zuschauer sowas bei „The Interview“ nicht gewünscht haben.
„Verdammt, dieses Geschäft besteht nur aus einer beklebten Rückwand und falschen Waren aus Gips! Was für eine wundervolle Anspielung auf die realen Propaganda-Methoden von Nordkorea! Mehr davon, meeeehr!“ – „Uuuund Schnitt! Jetzt haben wir aber genug von diesem pseudo-intellektuellen Firlefanz! Jetzt wird es mal wieder Zeit für einen ordentlichen Furz-Gag. Und ACTION!“ – Geistige Blähungen. Szenen wie diese machen leider nur etwa fünf Minuten des Films aus. Man könnte diesen also in Sachen Satire mit einem Lebensmittelladen vergleichen, welcher nur aus einer beklebten Rückwand und falschen Waren aus… Heee, Moment Maaaal!?
Kommen wir jetzt aber auch langsam mal zum… Anfang. Mußte es denn auch wirklich sein, daß es knapp 35 Minuten dauert bis man überhaupt mal in Nordkorea eintrifft? Besonders, wenn dieser Teil nur aus gruseligen „Herr der Ringe“-Anspielungen, blöden Franco-Sprüchen (Jaaa, wir haben es verstanden! Du bist total craaazy drauf!) und einer krampfigen sowie unnötig langen „Warum müssen die eigentlich den Un umlegen?“-Überleitung besteht.
Und auch hier spreche ich einfach mal für alle: Will man nicht vor allem den Teil in Nordkorea sehen? Denn dahin wäre man bestimmt auch mit fünf Minuten Vorgeschichte gekommen und die Charaktere hätte man auch DANN noch ausleuchten können. Mensch, soviele verpasste Gag-Chancen um schlechte Lebensbedingungen, Gehirnwäsche, Propaganda, Götterstatus, vergammelte Bombastbauten und irre Rituale.
Etwas mehr Fahrt kommt immerhin auf, sobald man auch tatsächlich im Land der beschränkten Möglichkeiten eingetroffen ist. Leider (oder besser: Gottseidank) stielt der Film-Kim aber allen die Show und wenn nur dadurch, daß ein verrückter Herrscher mit all seinen Macken immer interessanter ist als zwei Arschkrampen, deren Markenzeichen aus Knautschgesichtern nebst „Doof-sein“ (Franco) und „verwirrt gucken“ (Rogen) besteht.
„Na, Jungs, welche Redewendung soll ich darstellen? Kommt schon, ist doch einfach! Natürlich ein Hinter(n)türchen aufhalten!“ – Scharade des Grauens. Der falsche Un spielt aller Filmkritik zum Trotz seine Rolle als geisteskranker Menschenschinder so gut, daß man glatt meint dessen Persönlichkeit ganz nackt und unzensiert vor sich zu sehen. Kurz: Dieser Darsteller ist (Hüft)Gold wert.
Apropos Anfang: Das Ende macht etwas den Eindruck, als ob die „Autoren“ (= ein laufendes Tonbandgerät beim Kokain schneuzen) spätestens nach dem namengebenden Interview keinen Plan mehr hatten, wie es weitergehen soll. Was wirklich etwas heißen soll, macht der Teil des Films DAVOR doch so ziemlich den selben Eindruck.
Fazit:
„The Interview“ ist eine Militärparade der verpassten Möglichkeiten. Manchmal blitzt zwar so etwas wie Potential auf, was aber bereits durch die reine Anzahl an Rohrkrepierern und Blindgängern leider ziemlich untergeht. Ich hoffe daher, daß durch den aktuellen Hype sich nochmal jemand geeigneteres mit diesem Thema befasst. Persönlich könnte ich mir da gut einen Realfilm von den South Park-Leuten vorstellen.
Oder vielleicht auch uuuuuns, liebe Produzenten?!
*hand aufhalt*
Mehr von uns zum Thema Nordkorea gibt es übrigens hier.
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