„World War Z“ (16er Version) – Das Review für alle ab 13 ½
Wie jetzt? Schnittfassung ab 12 ohne Zombies, ab 16 ohne Blut und ab 18 mit ALLEM… äh… ohne? Oder ist 12/16/18 einfach die Menge an Drehbuchänderungen im Schneideraum nach jedem genossenen Schnaps? Warum wollte Brad Pitt noch mal dieses Werk produzieren und weshalb kostet jede Minute CGI hier geschätzte 40 Millionen Dollar? – „World War Z“ ist eben einer jener Filme, die den Zuschauer noch mit schwierigen Fragen zurücklassen, wenn die letzte Phrase längst verklungen ist. Oder ist hier alles etwa doch nur halb so tot… äh… schlimm?
Regie: Marc Forster
Jahr: 2013
Budget: ca. 190 Mio $
Inhalt:
Wird gleich zur Genüge erklärt. Tut mir ja selbst auch Leid.
Besprechung:
Durch das seltene Prozedere der „Kitsch-Verdichtung©“ ist schon nach 5 Minuten die heile Familienwelt ausreichend gezeigt und Brad mutiert vom Frühstücksei-Jongleur (auch birnenmäßig weich gekocht) zum Obermacker, der irgendwann mal irgendwas irgendwo auf der Welt getan hat. UN-Berater der NATO für die WHO im Auftrag der CIA, Fachbereich CGI – oder so… Früher sagte man „Universalgelehrter“ dazu, heute vermutlich „defragmiertes Erwerbsleben“.
Nach einer Chaoskarambolage in der Innenstadt durch zombifizierte Lastwagenfahrer (kennt jeder, der nachts auf der Autobahn unterwegs ist) wird schnell klar, dass die Regierung `nen Brad braucht, weil nur er Zusammenhänge sehen kann, für die alle anderen Figuren seit Wochen zu dämlich sind. Tja, unter den Blinden ist eben der IQ-95-Besitzer immer noch König.
„Nein, keine Soldaten! Ich sprach von ‚Soll-Daten‘! Zu Hilfe, ich bin doch nur ein hauptberuflicher Wissenschaftler-Babysitter!“ – Nimmt sich Ernst und Ernst nimmt ihn: Die Streitkräfte brauchen jetzt jeden Mann, unabhängig von seiner Filmographie der letzten 10 Jahre.
Eine nette spanische Familie ist nach obigen Geschehnissen für 2 Sekunden bereit, Brads Familie für 2 Minuten aufzunehmen, was 1 Minute später bedeutet, dass der Vater als Zombie ganz vorne in der Reihe laufen darf. Gut, dass der Hubschrauber das Hausdach rechtzeitig ansteuert, um die Familie zum Sommerschlussverkauf /Urlaubsressort /Militär zu bringen. (Klischeemäßig Unzulässiges bitte streichen)
Es kommt heraus, dass ausschließlich Brad Pitt den einzigen hoffnungsvollen Wissenschaftler retten kann. 20 Jahre alte Wissenschaftler ohne Team, Gehilfen und mobiles Labor sind ja gemeinhin SEHR effektiv. Brad Pitt beschreibt seine wichtige Mission übrigens so: „Wir begleiten die Marines, DIE passen schon auf uns auf!“ Ja, solche Experten braucht man. – Denn nur Brad Pitt ist in der Lage, durch seine reine Anwesenheit alle so lange in trügerische Sicherheit zu wiegen, bis alle wichtigen Storyereignisse ausgelöst sind. Ob gut oder schlecht. – Daher wird er auch gelegentlich „Gott“ genannt.
Seine Familie hat es in der Zwischenzeit schwer: Ohne kitschige Frühstücksflocken-Szenen wird jetzt deprimiert auf der Koje gelegen und darüber diskutiert, ob Zivilisten nun vom Flugzeugträger runter müssen (stören dort) oder halt auf ein anderes Schiff müssen (da stören sie überhaupt nicht). Mehr passiert nicht, von einem zombieweckenden Handyanruf bei Brad abgesehen.
Derweil in Asien, wo Brad Pitt verbrannte Leichen der ersten Zombies besichtigt…
Dubioser Typ in Zelle, redet in Rätseln (macht nämlich schlanken Fuß): „In Israel haben sie doch diese riiiiesige Mauer gebaut. Die wussten schon (vor Monaten/Jahren?), dass plötzlich Zombies kommen. Mehr sage ich aber nicht, habe nämlich ein ärztliches Attest, nicht alle Latten am Zaun zu haben (*Drehbuch hochhalt*)…“
Alle Soldaten stürzen los, teilweise auf Fahrrädern.
„Okay, alle raus, raus, raus! Wir brauchen schnell Hinweise über das Virus! Hier ist es nicht sicher!“ – „Der Tower sagt gerade, dass in Israel eine Actionszene vorbereitet wird.“ – „Okay, alles rein, rein, rein! Wir müssen dort hin! In Israel ist es nicht sicher!“ – Resident Ev… scheel: Szenen wie diese sind ungemein unterhaltend. Kein Wunder, dass die Zombies so rasend schnell laufen: Die haben sich vor Lachen eingepieselt!
„Oh, wir müssen noch das Flugzeug auftanken!“ (*Wirre Schnitte, Zombies klatschen auf den Boden*)
10 Sekunden später: „So, fertig! Habe mich übrigens geopfert.“
Brad Pitt kann jegliches Flugzeug fliegen, daher tut er es. Irgendwo auf dem Weg zwischen Asien und Israel explodiert eine Atombombe. Wo oder warum genau, interessiert keinen.
Brad Pitt sitzt wenige Sekunden später bei einem Typen im Büro, der wirres Zeug erzählt, WARUM die Israelis damals an die Zombiebedrohung geglaubt haben:
„Ha, der ZEHNTE Mann natürlich! Wenn neun Agenten etwas für unwahrscheinlich halten, MUSS der zehnte Mann die gegenteilige Meinung vertreten. Wie? Ja, und das muss dann auch gemacht werden, Logo. Schließlich hat er eine eigene Schirmmütze, auf der ‚10‘ steht, ey! Deshalb sind wir auch immer auf den Angriff des Yetis, der Illuminaten und sprechender Riesenbananen perfekt vorbereitet.“
Etwas später singen diverse Leute hinter der großen Mauer. Zombies stapeln sich schnell davor und überraschen alle, da die notwendige Überwachungstechnik vermutlich falschherum einbetoniert wurde. Brad Pitt merkt’s als erster, da die Singenden 0,2% lauter als die üblichen Bau- und Verkehrsgeräusche sind.
Auf der Flucht sieht er, wie die Zombies um einen kahlköpfigen Jungen herum strömen. Trotzdem wird es noch lange dauern, bis endlich herauskommt, dass tödliche Krankheiten einen Schutz darstellen. Die nicht-zombifizierten Krankenhäuser und Krebsstationen sind wohl keinem sonst aufgefallen. Kann ja auch passieren, wenn halt nur Brad Pitt DENKEN kann.
…
Und hier stoppen wir mal die Nacherzählung, schließlich ist die Art der Seltsamkeiten hier ja der eigentliche Spoiler.
„Wir müssen über die Mauer, Jungs! Ich habe gehört, dass heute eine vollkommen SICHERE Love Parade abgehalten wird!“ – Endlich: Unendlich belastbarer Karbon-Zombie entwickelt. Da hat sich die Materialforschung der NASA ja endlich mal ausgezahlt! – Dass der Film im Web mit fast nur dieser Szene beworben wird, liegt daran, dass die anderen hiergegen abstinken…
Leider spürt man also überdeutlich, wie viele Köche hier den Brei verdorben haben müssen, vielleicht sogar mit untergerührten Kochbüchern selbst. Die Schnitte sind lieblos und verwirrend, der Flow beschränkt sich auf Zombies in Wellenform (mit Babys als Gischt an der Spitze?). Ständig werden zudem neue Orte und Elemente eingeführt, dabei aber nur so erklärt, als hätte man entweder die allererste Drehbuchfassung genommen („An Günther: Hier noch 2 Seiten einfügen!“) oder so viel umgeschnitten, dass manche Erklärungen (= Mauer in Israel) irgendwie wirken, als hätte man einen Flash-Gordon-Comic mit Marvel-Logik vermählt.
Zumindest in der 16er-Fassung (die 12er und 18er konnte ich nicht sehen) ist der Splatter- und Horrorfaktor, der zu diesem Genre einfach dazugehört, eigentlich ein Witz. Wer für eine Millisekunde die Andeutung eines frisch geschnitzten Armstumpens sehen kann, kann sich schon masoch… äh… glücklich schätzen. Da wirkt der wirkungslose Splitter im Brad-Bauch fast schon alibihaft, wenn er nach dem Flugzeugabsturz auf seinem Sitz mitten im Freien hockt. Unnötig zu erwähnen, dass das gesuchte W.H.O.-Zentrum gefühlte 30 Minuten Fußweg vom Absturzort entfernt liegt…
Bei so manchen Flashbacks (schreiendes Kind im Einkaufswagen? Warum gerade DAS Bild?), Erklärversuchen (WO kommt das Virus denn jetzt genau her?!) und Schauspielleistungen („Ich bin doch im Bild, reicht doch?“) wirkt der Film wie ein holpriger Fanstreifen, wobei er zudem nicht nach fast 200 Millionen Dollar aussieht, sondern vielleicht nach… hm… 40. Wenn man bedenkt, dass „Destrict 9“ gerade mal 30 gekostet hat, vielleicht auch nach 3 oder 4. Da bin ich nach unten hin sehr flexibel.
„Komm näher, Zombie… Noch näher… Na los, du Biest. Hmm. Nee, Knoblauchgeruch nach Zazikigenuss ist wohl doch nicht deren Schwachstelle. Bringt jetzt den Zwiebelsaft und die Bärlauchsoße rein, wir sind trotzdem auf einer heißen Spur!“ – Nahverkehr(t): Im großen Finale werden die Untoten mit einem genialen Trick ausgeschaltet. Und zwar mit einem Dekret, das Zombies popkulturell wieder für uncool erklärt.
Zugutehalten muss man dem Film jedoch, dass er trotz aller zusammengestoppelten Elemente, Extrem-Schnitte und Schnarch-Dialoge irgendwie doch unterhaltsam ist. Gelangweilt habe ich mich kaum, was vor allem daran lag, dass einfach alle 3 Minuten was Neues passierte. – Ein bisschen wie diese Radeberger(?) Bierwerbung, wo einem in 30 Sekunden gezeigt wird, was man im Leben alles Tolles anstellen kann. („Wer sagt denn, dass Du mit 87 noch zu alt zum Skaten bist?“) Und 2-3 Momente sind sogar ganz schööön inszeniert.
Die Vielzahl an Schnittfehlern macht den Streifen zu einer äußerst unterhaltsamen Studie zum Filmhandwerk, zu einer Art „Staplerfahrer Klaus“ für Cineasten, wo man gleichzeitig auch sehr viel lernt. Fein! Und schön auch, dass ich Peter Capaldi hier noch schnell als W.H.O.-Doctor kennenlernen durfte, bevor ich ihn als den neuesten Doctor Who bestaunen konnte. Wobei Folge 8.01 sogar düsterer als DAS hier ist.
Na ja, aber sogar Eure Mudda ist düsterer als das hier…
Fazit: Handwerklich mag der Film daneben sein, einen gewissen Reiz des Unperfekten hat er aber trotzdem. Wo sieht man heute z.B. noch einen Hauptdarsteller OHNE doof-ironische Oneliner durch die Welt rasen wie damals James Bond mit Auszählreim am Flugzeugschalter? Und wo wird eine nervig eingeführte Familie nach 20 Minuten quasi nicht mehr gezeigt, höchstens, um die nächste Flugreise des Hauptdarstellers zu überbrücken? Von den ganz schwachen Filmen ist das hier also ein wahrer Gigant! Und die Musik beim Abspann ist auch so hübsch laut.
Da haben sich die 6(!!) Drehbuchautoren wohl nach der Arbeit mal richtig zudröhnen lassen?
Man muß außerdem die Leistung honoriert ein wirklich gutes Buch zu nehmen, die Rechte daran zu kaufen, und dann außer dem Titel des Buches NICHTS, REIN GAR NICHTS zu verwenden. Ja doch, die Mauer kam dort schon auch vor, Sorry.
tach auch !
District 9, mein Klapow.
Ansonsten stimme ich allem gesagten zu.
Gruss BergH
Ich habe den Film nun schon vor ein paar Monaten gesehen und hatte ihn nun auch nicht als so verkehrt in Erinnerung. Das Fazit kann ich nur unterstützen: Unter den massenhaften schlechten Filmen ist dieser noch ganz gut zu ertragen.
War der andere WHO-Doc nicht sogar Moritz Bleibtreu?
Und die ein oder andere überraschende Szene war auch drin:
SPOILER
Der Superduperwissenschaftler, der allein die Welt retten kann, der Hoffnungsträger für die Menschheit, und beim Aussteigen aus dem Flugzeug fällt er hin und schießt sich selbst in den Kopf.
SPOILER ENDE
Diese kleinen Momente machten den Film sehr unterhaltsam. Und für ein großes Hollywoodfilmchen war er auch schön blutig, zumindest die Langfassung.
Und das Showdown war kein Megakampf mit viel Ballerei und Mordsexplosionen, sondern schön eingepfercht in kleinen Gängen und Laboratorien. Sehr spannend.
apro pos,
wann rezensiert denn einer mal die neue Dr.Who Folge mit Peter Capaldi?
Ich fand sie eher schnarch und selbst als reine wir führen einen neuen Doctor ein, recht langwierig. Lichtblick waren wie immer die Damen,;
Eine hübscher , als die Andere; vor allem die Eine.
Gruß BergH
Welche 18er Fassung ? Sowohl Kino- als auch Extended Cut sind ab 16. Wurde eine 18er angekündigt oder ist das wieder einer dieser ominösen singapurischen Cuts ?
Nein, wie du schon sagtest, beide sind ab 16. Die Langfassung ist lediglich ne… tja, Langfassung.
S P O I L E R
.
Die Auflösung war mal total hanebüchen. Durch eine gerade kurz vorher „verabreichte tödliche Krankheit“ wird man also den Zombies geschmacklich madig gemacht. Das ist ja mal ein Plan. Um so viel besser und pazifistischer, als genau diesem Zombie mit der Pumpgun den Fleischjieper ganz endgültig auszutreiben.
– Was ist, wenn 1 von 100 Zombies einen schlechten Tag hat, und „die Krankheit“ nicht sofort wittert?
– Wie merkt der Zombie das überhaupt? Geruchssinn? Röntgenblick? E-Krankenakte? Einfühlungsvermögen? Hive-Bewusstsein?
– Ach, ist doch eh` wurscht.
SPOILER Ende.
Ich warte einfach weiter auf die Verfilmung hiervon:
https://www.youtube.com/watch?v=44REZHNiYc0
aka John Wick Teil 5 (FSK 65)