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„Drecksau“ – Ein nicht ganz sauberes Paarhufer-Review

„Drecksau“ – Ein nicht ganz sauberes Paarhufer-Review

Wen interessiert heute noch SF? Okay, den Anlageberater von J.J.Abrams vielleicht, aber der Rest der Menschheit tut gut daran, sich ab und zu Filme anzusehen, in denen der einzige Superheld in einem verschwommenen Comicheft im Hintergrund zu sehen ist. Da ich mich jedoch spontan für keinen Non-SF-Film entscheiden konnte, nahm ich einfach die häufigste Floskel, die Kollege Sparkiller auf meine freundlichen Anspornmails („Wie, Zukunftia-Fanfilm zum Thema Gina Wild noch nicht fertig?“) zu antworten pflegt und suchte nach einem Film namens „Drecksau“. – Und wurde fündig!

INFORMATIONEN:

Regie: Jon S. Baird
Jahr: 2013
Budget: 5 Mio $

Poster
Komm’se (he)runter, könn’se raufgucken!
Inhalt: Ein drogen- und sexsüchtiger Polizist namens Bruce Robertson hat nur ein Ziel: Befördert zu werden, um sich und seiner Frau zu gefallen. Dafür geht er über alle moralischen Grenzen, lügt, lässt Kollegen vor die Wand laufen, füllt diese mit Drogen ab oder spielt Psychospielchen mit deren Frauen. Als ein Asiate ermordet wird und er den Fall aufklären soll, wittert der Mann seine Chance und legt sich moralkellertechnisch noch mal ein weiteres Untergeschoss zu…

Besprechung:

Das wichtigste Zitat des Films ist auf jeden Fall: „Hast du die Alte in den Arsch gefickt?“ – „Natürlich, Vaginas sind nur was für Schwule!“

Wir sehen schon, liebe intellektuelle Gemeinde: „Drecksau“ ist ein Film, der für zarte Gemüter und humorfreie Schwulis eventuell nicht ganz leicht zu verkraften sein wird. Er ist – GANZ grob verglichen – so was wie „Fight Club“ ohne Fight, ohne Club und ohne Edward Norton. Ein modern aussehender Kinofressenschlag der 2010er Jahre, eine (nicht zu) schnell geschnittene Tour de Fart durch den Anus der filmischen Antagonisten-Geschichte. Eine freche, schonungslose Abrechnung mit… – ja, mit was eigentlich? Mit der Kinokasse jedenfalls nicht, denn das Einspielergebnis war der Qualität des Films natürlich nicht angemessen. „Fick die Wand an!“, wie ich als gepflegter Cineast dazu sagen möchte.

Okay, so richtig weiß ich ehrlich gesagt auch nicht, was der bekannte Roman von Irvine Welsh oder aber diese Adaption uns an Lebensweisheiten mitgeben wollte. Vielleicht, wie ein Mann vom rechten Weg abkommt, wenn er zu tief ins mit Koks gefüllte Rotweinglas snieft? – Nein, dafür sind die Drogenexzesse und Ränkespielchen der Hauptfigur einfach zu unterhaltsam inszeniert, zu flott und meist relativ arm an Schwermut und anderen Ballaststoffen. Quasi die absolute „Tatort“-Antimaterie, auch wenn dort ebenfalls schon mal „Antihelden“-Polizisten gezeigt werden sollen, die sich haben scheiden lassen (Ach?) oder gar mal den falschen Weichspüler verwendet haben (Huuui!).

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„Du mieses Schwein, wie kannst du es wagen, mich in so einer Situation zu stören…?! Ich hau dir auf den Deckel!“ – Verko(r)kst: Ein Mann im täglichen Zwiegespräch mit seinem Wecker. Und hier hat er sogar schon seine beruhigenden Medikamente genommen (= Nivea für die chemisch gereizte Nasenspitze) und 3 sexuelle Stalking-Anrufe getätigt. – Bei seiner MUTTER.

Im Gegensatz zu dem inhaltsbehornhauteten Hansel aus „The Wolf Of Wall Street“ vermochte mich der Junkie-Kopp… äh… Cop Bruce mit dem Sextick aber deutlich länger als 60 Minuten zu faszinieren. Dank sei der Verkommenheit in der Luxusedition. Hier gibt es bessere Offscreen-Texte, nervfreiere Rückblenden, seltsamere Traumsequenzen und die gezeigte REALITÄT sieht auch irgendwie danach aus, als hätte die Satire die Ironie mit der Groteske betrogen und dabei eine uneheliche Parodie mit dem Beinamen „Gaga“ gezeugt. Dank dem Darsteller James Mcavoy.

Obwohl alles komplett übersteigert ist und das auffällige Verhalten des „Helden“ nur deswegen in seinem Büro nicht auffällt, weil der Rest der Charaktere ebenfalls als Kind vom Wickeltisch gefallen ist (nach dem Pudern mit dem Klammerbeutel?), ist alles gerade noch greifbar genug. Das Ausstechen von Kollegen mit Eheproblemen, mit unerfüllbaren Autorenphantasien und kleineren Penissen kennt wohl jeder von uns in ähnlichen Geschmacksrichtungen (es sei denn, ihr habt einen kurzen Schlong). Und wie unser Held mal eben einen schwulen Kollegen bloßstellt und sich dabei selbst als dessen größter Verteidiger präsentiert, ist grandios, traurig und einfallsreich zugleich. Davon kann man selbst nur lernen, z.B.: „Ich setze mich ausdrücklich für Herrn Meier ein! Seine Minderleistung hat nichts mit seiner Vagina-Rekonstruktion zu tun, ehrlich!“

Der Hauptdarsteller spielt seine Figur zu 70% beängstigend und zu 20% mitleidserregend. Und zu 10% vielleicht sogar NUR erregend, tut er doch ohne Rücksicht auf Verluste stets das, was ihm vorteilhaft erscheint, gerade sexuell. Dass schon in der ersten wichtigen Szene eine (beinahe?) Minderjährige zum Oralsex „gezwungen“ werden soll („Ich sag’s sonst dem Papa!“), war dann auch prompt für manche Amazon-Rezensenten zu viel des Nicht-Mainstreamigen. Was sie von einem verkommenen moralischen Wrack erwartet haben, das sich entsprechend des Filmtitels verhält (im Englischen: „Filth“), soll aber das Geheimnis des kissenkuschelnden Zart… äh… Zuschauers sein. Typisches Motto: Lieber dutzende Leute erschießen, statt den süßen Welpen einschläfern! Kunst darf alles, aber doch nicht ALLES, bitteschön.

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„Schau mal, Junge! Dieses geheime Zeichen machen alle Kinder, die von ihrer Mama ein Eis haben wollen!“ – „Deine Finger riechen nach Fisch, Onkel!“ – „Halte meine Sexbekanntschaft da raus, Junge.“ – Dann doch besser Bonbons vom Triebtäter: Dieser Cop ist nach außen stets hilfsbereit, innen aber immer nur behelfsmäßig breit…

Aber jetzt mal etwas weniger drastisch ausgedrückt: „Drecksau“ ist einfach ein (unsexuell gemeint) geiler Film. Keine Sekunde langweilig, nicht zu lang (rund 90 Minuten, plus Abspann), auf den Punkt, aus einem Guss und ohne moralische Keule. Pamm, Kriminalfall, Pamm, Entgleisungen, Pamm, Tiefpunkt, Pamm, Klapo froh. Wer hier erwartet, dass die Hauptfigur durch die Macht der Liebe, der Bibel oder seiner angepeilten Beförderung wieder „gut“ wird (sprich: schlecht, aber halt angepasst, wie wir alle), der hat sich erneut im Erwartungsdschungel verlaufen.

Zwar wird uns gesagt und gezeigt, warum Mr. Dreck, Vorname Sau, eigentlich zum egoistischen Psychopathen wurde, aber gleich danach ist es auch schon wieder gut damit. Das Wissen um den Grund ändert ja weder etwas für den Zuschauer (war ja klar, dass mal „irgendwas“ passiert war) noch für die Hauptfigur. Warum auch um verschüttete Milch weinen (/filmen), wenn man sich ganz anderes weißes Zeugs reinziehen kann? Es reicht vollkommen an Entwicklung, was konkret am Ende enthüllt wird und dass unser Held ebenfalls mal heulend anerkennt, dass etwas mit ihm „gar nicht stimmt“. Was aufgrund seiner ständigen Visionen von Menschen mit Tiermasken eine durchaus naheliegende Selbsteinschätzung ist.

Und obwohl das Ende abgefuckt und inhaltlich nicht positiv ist, hinterlässt der Film keine Depristimmung, da er einen mit einem lächelnden Gesicht, einer bestätigten Männerfreundschaft und sogar einer kurzen Zeichentricksequenz (um ein kleines Schweinchen!) zurück lässt. Okay: Wenig hat sich zum Besseren gewendet, der Mord an dem Asiaten war sowieso nur als Triebfeder zur Figurenbetrachtung gedacht und Moralnazis werden eine tiefergehende Aussage schmerzlich vermissen, aber mir persönlich fehlte kaum etwas. – Höchstens generell mehr Filme mit diesem Rhythmus, dieser Schnitttechnik, ungefähr dieser Musikqualität und Schauspielleistung.

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„Im Ernst, warum hast du mich in diese Absteige geschleppt?“ – „Weil die Matratzen auf dem Schrottplatz noch vom Regen nass sind und die Nutten sich meist weigern, dort zu liegen.“ – Lieber ein geringer Anspruch als ein erheblicher Auswurf: Die „Freundschaft“ zu diesem Brillenigel (hier mal „oben ohne“) ist ebenfalls nur Mittel zum Zweck. Schließlich muss man erfahren, ob die obszönen Anrufe bei der Frau Gemahlin diese schon ausreichend „angeregt“ haben.

Unglaublich, dass James Mcavoy vor nicht allzu langer Zeit noch den kleinen süßen Dieb aus „Trance“ gespielt hat; hier sieht er mal locker um 10-15 Kilo schwerer und 10 Jahre älter aus, hat ein verlottertes Gesicht, das mich automatisch „Nein, ich habe kein Kleingeld“ sagen lässt und ab und an einen irren Gesichtsausdruck wie ein Werwolf mit Durchfall.

Natürlich war es jetzt einfach, für dieses Review Obszönitäten zu wiederholen oder zu übersteigern, aber im Grunde ist dieses Filmchen eben kein dumpfer Ballermann-Spaß, kein Ekel-Porno und keine reine Effekt- oder besser Affekthascherei. Er ist tiefgründiger, als er aussieht, aber unterhaltsamer, als er tiefgründig ist. Eben Widersprüche ohne Ende, aber ein Ende ohne Widersprüche. Eben weißes Schwarz, gesegnete Unheiligkeit, riesengroßes Kleinstkunstkino. Alles verstanden? – Nee, ich auch nicht…


Fazit: Ein faszinierender Film, von dem ich sogar noch nach Tagen ein Dutzend Szenen deutlich im Kopf hatte. Aus Mainstreamwerken nehme ich inzwischen ja oft nur noch Anregungen für neue Speiseeiseinkäufe aus dem Kinosessel mit. Beim mehrmaligen Schauen fehlt vermutlich etwas die inhaltliche Relevanz, aber spontan würde ich mir hiernach wirklich gerne eine männlich machende Drogenakne an die Stirn kleben und einem dick bebrillten Kollegen schwachsinnige Beziehungstipps geben. Und MEHR kann man von einem Film wirklich nicht verlangen, als sich mit so einer Schmutzsau überhaupt zu identifizieren.

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Artikel

von Klapowski am 16.06.14 in Filmkritik

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Kommentare (3)

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  1. danny sagt:

    Ich fand den film langweilig und doof.

  2. Onkel Hotte sagt:

    Herrlich, ich freu mich schon auf den Film. Muss aber auch standesgemäss in fucking UK inglisch geguckt werden.

  3. radio_gott sagt:

    Ich hab mal das Buch gelesen. War da nicht noch irgendwas mit nem Bandwurm?

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