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Zukunftia-Special: „Gestern toll, heute Dreck“ (I) – Heute: „Spirou“-Comics

Zukunftia-Special: „Gestern toll, heute Dreck“ (I) – Heute: „Spirou“-Comics

Gerade Comics müssten sich eigentlich leichter neu erfinden können als Filme oder Serien: Die Darsteller sind nur gezeichnet, die Kosten für Kulissen und Spezialeffekte überschaubar und das Publikum oftmals etwas jünger – oder zumindest jung geblieben. Doch was schon bei „Asterix“ so manchem Leser den Lorbeerkranz vor Erregung vom Haupte schlug, gilt auch für andere Serien. Exemplarisch wollen wir heute mal anhand der Serien „Spirou & Fantasio“ und später auch den „Schlümpfen“ klarmachen, dass alles Neue stets schlecht ist und die „frischen Zeichner“ nur die Beziehung zu ihrem Bankberater modernisieren, sonst nix.

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Was mich besonders schmerzt statt „bescherzt“, sind die „neuen“ Zeichner von „Spirou & Fantasio“, DEM franko-belgischen Abenteuercomic, der seine Anfänge in den 1930ern hatte und nach frühen Abenteuern mit Robotern und Klischee-Schwarzen in Afrika stets qualitativ zulegte. Ab 1950 übernahm Zeichner Andrè Franquin die Serie und war das, was Carl Barks (und später Don Rosa) bei den Ducks gewesen war: Heilsbringer, Erlöser, der Retter am Radiergummi. Die Zeichner und Autoren ab 1968 (Franquin litt unter Depressionen und musste die Serie aufgeben) waren dann meist noch guuut oder zumindest Okaaay, die heutigen Kritzler aber nur noch ein Ärgernis für alle Menschen mit Seele. – Ach was, sogar für MICH!

Oder sehe ich da was falsch, Herr Vehlmann…? Herr Morvan? Herr Yoann? Herr Munuera?:

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(Sch)Wach- und Schießgesellschaft: Früher wurde harmlos gerauft, heute markieren einschlagende Pistolenkugeln am Körper, wo man gerade nicht hinschlagen DARF. Ich habe natürlich nichts gegen erwachsene Comicunterhaltung, aber… ich habe was gegen erwachsene Comicunterhaltung. – Meist ist sie düster, aber dabei nur so anspruchsvoll und unterhaltend wie die Mathestunden-Bleistiftzeichnung eines aggressiven Pubertät-Paules.

Wie sehen in den Bildchen weiter unten: Plakative Zeichnungen jenseits von Gut, eben… nur noch böse. – Okay, ich übertreibe etwas, denn klar haben die neuen Kritzeleinheiten irgendwie einen anderen Reiz(husten, wenn der Altfan sie betrachtet). Ungefähr der, den ein „Pacific Rim“ gegenüber einem Monsterfilm aus den 80er Jahren hat: Alles ist größer, schwungvoller, plakativer, alleine schon deshalb, um den Quadratmeter links oben beim Werbeplakat am Bahnhof auszufüllen. Nehmen wir z.B. eine Prügelszene, in der ein Typ einem anderen auf die Nase haut: Was für Testosterontestfahrer wie uns keine große Sache sein muss, wird plötzlich auf einem drei Mal so großen Bild ausgewalzt. Die Hilfslinien, die das Ausholen des Armes zeigen sollen, scheinen fast aus dem Bild herauszuragen und sich bogenförmig um meinen Hals zu legen: „Würg, sieht das gekünstelt aus“ würde ich da ausrufen, wenn ich es nicht schon vor Sekunden getan hätte.

„Spirou“, das war trotz der unterschiedlichen Zeichner über die Jahrzehnte immer ein bestimmter europäischer Stil (hier zusammengesetztes Comickenner-Fachkauderwelsch einfügen), der sich weder bei den Amerikanern, noch bei den amtlichen Kulleraugenaufblasern einschmeicheln musste. Die Storys waren stets ein bunter Mix aus Reisegeschichten (gerne mal fiktive Diktaturen wie Abwandlungen der DDR, USA, Kolumbien, etc…), James-Bond-artigen Bösewichten (Zyklotrop, der zwischendurch durch die eigenen Gehirrrnstrahler zu einem großen Baby wurde) und zuletzt viel Humor und SF-Gedöns. Zeitreisen, Dinosaurier und das Marsupilami inbegriffen.

In den neuen Alben, so ab ca. Nummero 44, bestimmt die Form der hyperaktiven Zeichnungen leider auch die Form der Story. – Was immerhin wohlwollend von mir impliziert, dass es eine solche gibt. Wenn Spirou aber seitenlang als Werwolf(?) auf dem Mond rumhopst, weil er eine bestimmte Strahlung abbekommen hat (Ich taufe sie hiermit „Dialoge-Vermeidungs-Partikel“), dann wirkt das fast so schlimm wie Uderzos lieblose Seitenbefüllung in seinen späteren Geburtstags-, Jubiläums- und „Huch, bin wohl beim Zeichnen eingenickt“-Geschichten. Eben ein actionreich zusammengeklatschtes Ideen-Portfolio, dessen Gags so seltsam sind, dass man beim Kopfkratzen Gefahr läuft, danach die Frisur von Fantasio zu haben.

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Wenn Zeiten verrinnen, kann man auch Seiten verrennen: Früher hat das Fabelwesen Marsupilami noch mit seinem Schwanz (haha) gespielt, wenn mal ein paar Kästchen gefüllt werden sollten. Aber selbst diesen Schwanz interessiert heute nicht mehr, ob Spirou nun einem Mondmörser ausweicht oder auf dem Neptun einen Methanverleih eröffnet. Aber wer weiß, vielleicht werden in 30 Jahren mal Kinder sagen: „Uiii, wie Retro! Echte Zeichnungen, KEINE Hologramme!“

Wenn die Autoren das alles wenigstens bierernst gemeint hätten, hätte man ihnen wenigstens handelsübliches Schwachmatentum unterstellen können. Doch eine gewollt(?) miese Story teilweise hochernst erzählen und DANN wieder selbstironische Momente reinbringen, das haut selbst dem abgebrütetsten Genreverquicker vor Meta-Verwirrung das Witzebuch aus den Pranken.

In „Der Mann, der nicht sterben wollte“ geht die Tragik (UND der Humor) des Lebenswasser-abhängigen Opis, der ohne das Zaubergetränk zur Mumie vertrocknet, komplett in den endlosen Verfolgssequenzen unter. Gut, die gab es früher auch schon, aber diese ziellosen, selbstverliebten Bildfolgen, wo ein Comic-… äh… „Grafic Novell“-Autor versucht, Bild(aus)schnitte und –übergänge möglichst cineastisch rüberzubringen, die ließen mich doch an meinem Lebensalter zweifeln: Bin ich doch schon 100 Jahre ÄLTER und habe es nicht gemerkt? Für mich sind Comics eben keine Filme, weswegen ich viele der geschätztesten „Gra-Fick Nobel-Hobels“ für überfrachtete Pseudokunst halte: Uuuuh, Batman ist sooo düster und tiefgründig, weswegen ein 30-jähriger Doktorant sogar eine Doktorarbeit drüber geschrieben hat. Düster… – AM ARSCH! Wenn was inhaltlich nur Teletubbie-Niveau bietet, darf es auch nach Teletubbie ausssehen.

Nichts gegen detaillierte Zeichnungen und mehr Schraffuren auf der Autounterseite, als der TÜV beanstanden kann, aber ich wollte doch gar keinen Bildband…?

Wobei mir immer wieder auffällt, dass z.B. Autos, Schiffe, Gebäude extremst realistisch aussehen, die Figuren aber eine derartig kranke Mischung aus „Old-Style“ und „Neo-Realism“ bilden, dass ich mich nicht mehr zurechtfinde. Genau so wie die Storys selbst, die berühren, „action-isieren“ und erheitern wollen, es aber bei aller Ambition nicht hinbekommen, ihre Helden NICHT wie Schlaganfallpatienten oder schiefe Frankensteinmonster aussehen zu lassen. Rennende Figuren scheinen zudem eingefroren in der Luft zu stehen, durchaus der Grundidee des Comics nicht unähnlich.

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Feinsch(l)iff statt große Werft… äh… Wurst… großer Wurf: Ja, das sieht ja alles ganz doll aus, aber wenn es nur danach ginge, würde ich auch mein Spiegelbild heiraten. Es sind die inneren Werte, die hier NICHT zählen, und auf die kommt es ja bekanntlich NICHT an. Äh, oder so. EIN Schiffsbild und dann eine Seite Dialog würden mir jedenfalls reichen. Und nein, die Herren Morvan und Munuera: „Blubs, Rausch, Spritz“ sind KEINE echten Dialoge!

In den neuen Geschichten selbst wird viel geschossen, gedroht, unpassend modernisiert auf 60 Jahre alte Serienelemente eingegangen (statt NEUES zu erfinden), die Helden ihres jugendlichen Charmes beraubt und das Ganze mit pseudotiefgründigen Problemchen zugeschüttet. Irgendwo zwischen „Tatort“ und „Micky Maus“…

Ist das schön? Muss man das heute so machen, um Emotionen (Hass?) zu wecken? Oder ist hier vielmehr der besoffene Verlagsmanager der Vater des gar nicht erst aufgekommenen Gedankens?

Vielleicht werden wir das in der nächsten Ausgabe von „Gestern toll, heute Dreck“ klären können, wenn es um die Schlümpfe geht…

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Artikel

von Klapowski am 29.11.13 in Das Test-Labor

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Kommentare (5)

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  1. icebär sagt:

    Also diesen Artikel hast du leider total versemmelt, obwohl die Kritik berechtigt ist und du nichts logisch Falsches von dir gegeben hast.

    Und das liegt einzig und alleine daran, dass die hiesige Leserschaft überhaupt keinen Plan haben kann, wovon zum Teufel du hier überhaupt sprichst.

    Hier fehlen nämlich gefühlte zwei bis drei vorhergehende Artikel zum Thema „Spirou & Fantasio“, welche einem die Materie näher bringen. Alleine die Tatsache, dass das Marsupilami (ist dem einen oder anderem als Schatten seinerselbst vielleicht schon in einer annehmbar bis unterirdischen Zeichentrickserie auf Super-RTL begegnet) sowie der geniale Graf von Rummelsdorf (erfand ein Automobil, welches mit Zuckerwürfeln lief!) mit keiner einzigen Silbe erwähnt werden, ist vor die Sau geworfenes Perlentum.

    Maßgebliche Fragen lässt dieser Einstiegsartikel(!) hier auf Zukunftia nämlich völlig unbeantwortet:

    Wer sind Spirou und sein Gefährte Fantasio und warum tun sie das, was sie tun?
    Wodurch heben sich die Comics vom Rest der Comic-Welt ab?
    Und was zum Geier hat das Ganze überhaupt mit Science-Fiction zu tun?

    Lieber Klapo, hier besteht dringender Nachholbedarf an erklärenden Artikeln in gewohnt „StuS“iger Art und Weise.
    Das storymäßige Potential dieser Comicwelt kann so schlicht und ergreifend keinem Neueinsteiger schmackhaft gemacht werden, denn dies hier ist ein reiner Nischenartikel für totale Ultranerds (Yupp: oute mich hier! ;) ) geworden, der nur ganz wenige Leute erreichen kann!

    Bitte nachbessern, denn „Spirou & Fantasio“ haben Besseres verdient!

    BTW: Ich wünsche einen frohen ersten Advent!

    PS: So viele Ausrufezeichen habe ich schon lange nicht mehr benutzt!

    !!!

    !!

    !

  2. Powow sagt:

    toller Artikel – ich frage mich schon länger, was da los ist. die Qualität der neuen Bände ist extrem schwankend. Sind aber auch tolle dabei: der Sonderband von flix war super Oder auch „oder die Hoffnung“. scheint aber dass für einen solchen guten mindestens zwei echt bescheidene spirou Bände erscheinen.. :/

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