„Games of Thrones“ – Fazit nach Staffel Eins
Nachdem wir „nur“ die ersten beiden Folgen rezensiert haben, ist es noch einmal Zeit für ein persönliches Erste-Staffel-Fazit, das die offenen Fragen klärt: Ist GoT langweiliger Scheiß in Schlammoptik oder kultige Kunst mit 1001 Hauptfiguren? Lohnt es sich, die eigenen Großtanten und Schwippschwager aus dem Gedächtnis zu streichen, um neuronalen Platz für den Mundschenk von König Robert zu erhalten? Ich habe nun endlich das Ende der ersten Staffel gesehen und kann somit mit allem Nachdruck verkünden: Lest den folgenden Artikel. JETZT!
Ja, der eiserne Thron lehrt wirklich Ehrfurcht! Nicht jeden LCD-gestählten Deppen lässt er zu sich vor, denn bevor er eine Audienz gewährt, müssen erst 3 besondere Prüfungen absolviert werden:
– Lerne mindestens 15 Figurennamen und 4 Fraktionen auswendig! Kollege Syssiphos wird Euch dabei helfen!
– Lerne Dich zu gedulden! In den ersten 4 Episoden wirst Du Dich häufig fragen, in welche Richtung sich das alles entwickelt, oder ob einfach nur die Politikseiten im SPIEGEL als neue Ländereien übernommen werden sollen.
– Erwarte keinen Fantasy-Kitsch! Wenn irgendwo ein versteinertes Drachenei herumliegt oder das Abendgebet vor einem Baum mit Gesicht dargebracht wird, muss das an phantastischen Elementen erst mal reichen.
„Games of Thrones“ ist quasi das „Sopranos“ in den siffigen Außenbezirken von Mittelerde: Zig Familien wetteifern um die Vorherrschaft, was aber nicht bedeutet, dass man die allgegenwärtigen Huren zu kurz fick… äh… kommen lassen würde. Und deren „Haste gut gemacht“-Haue darf im Anschluss natürlich auch nicht vergessen werden. – Ja, GoT ist rau, grau und manchmal sogar flau, aber gerade DAS hebt es ab von all den Fantasyschmonzetten, in denen selbst das Licht wie der Held in schimmernder Rüstung herbeigaloppiert kommt!
Krieg, Verschwörung und Verrat haben hier nur selten etwas episches, glorreiches, übergeordnetes. Die „Bösen“ wachten nicht eines Tages auf und sagten sich: „Hmm, Kinder und Brunnen. Eine unschlagbare Wurfkombination!“, sondern wurden verheiratet, verraten, versetzt, verkauft, verloren, vergewaltigt, vertrieben, verlassen und vereidigt. Ebenso wie die „Guten“, die aber oftmals in einer anderen Reihenfolge oder mit leicht anderen Prioritäten.
„Okay, ich werfe den Schlammbrocken hoch und du versuchst ihn zu treffen.“ – Früher gab’s keine Außenarchitekten: „Schön“ ist die Serie nur deswegen, weil sie so glaubwürdig nach Mittelalter aussieht. Und da wurde halt noch in ein Loch im Boden gekackt statt in einen Elfenbeinlokus mit automatischer Drachenblutspülung.
Und da dass alles nicht ganz unkompliziert ist, wenn man es ERNSTHAFT rüberbringen will, steht man lange Zeit erst mal wie der Ochs vor’m Ber… Zwerg und sagt sich: „Hat der kleinwüchsige Darsteller auch noch eine andere Funktion, als von aller Welt rumgeschubst und weggeschickt zu werden?“ – Bis man dann begreift, dass der Weg das Ziel ist und alles, was geschieht, unauslöschliche Spuren in der Persönlichkeit aller Charaktere hinterlassen wird. Wobei das mit dem „Unauslöschlich“ gar nicht stimmt, STERBEN doch immer wieder mal liebgewonnene Hauptfiguren, Kinder und wehrlose Tiere.
Dass beispielsweise der Dingsbums draufgehen würde, also dass ist, dass… puh! Sparkiller, sag doch auch mal was dazu. Das geht mir hier gerade alles zu nahe!
Wie gesagt: GoT kann anstrengend sein, den Geduldsfaden strapazieren („Ziiiieht aaaan, Männer!“) und so unromantisch sein, dass einem der Blumenstrauß in der männlichen Pranke wegwelkt, dem man eben noch dem eigenen Fernseher übergeben wollte. Doch auf der anderen Seite gibt es immer wieder wunderschöne Momente, wie zum Beispiel die Tatsache, dass Zwerg Tyron sich durch zynische Sprüche und Klugheit immer irgendwie rauswinden kann. Oder dass das kleine Mädchen zum kernigen Schwertkämpfer wird. Oder der anfangs nervige Kinderdarsteller zu einem abscheulichen Sadisten heranwächst, bei dem die angehenden Sadisten unter den Zuschauern begeistert mitschreiben. („Aha, man nehme zwei Esslöffel verlorene Ehre…“) Oder die Emanzipation der rumgeschubsten und zwangsverheirateten Schwester. Oder der Aufbau des dicklichen Naivlings, der passenderweise „Sam“(!) heißt.
Hier auch noch mal – für die, welche ihn verpasst haben – einen kleinen Trailer:
GoT hat durchaus seine Längen, immerhin beschreibt die erste Staffel gerade mal den ersten Roman der Reihe. Jedoch sind alle Szenen so toll gespielt, die Kulissen so aufwendig und die Inszenierung so brutal offen (Schon mal einen gestörten Zehnjährigen an der Brust seiner Mutter nuckeln sehen?), dass ich unmöglich etwas anderes als eine hohe Wertung geben kann. Ich entschuldige mich daher bei allen, die hier lieber wortakrobatische Verrisse lesen und raune ihnen zu: Fühlt Euch selbst verrissen, ihr… ihr… Super-Doofis, ihr!
Fazit: Die einzelnen Episoden würde man niedriger bewerten, doch als Gesamtkunstwerk ist dies hier eine tolle Bestätigung dafür, dass großes Kino immer häufiger im Fernsehen gemacht wird! Und die wahre Geschichte um die rätselhaften „White Walker“ und den unangenehmen neuen König („Bringt mir den Kopf… von seinem Kopf, hihiharr!“) fängt ja gerade erst an.
Langsam kommen wir auch zu dem Punkt, an dem uns nicht nur ERZÄHLT wird, was früher in dieser Welt geschah, sondern selber der weiteren Geschichtsschreibung zusehen können, selber bewerten können, uns selber zurückerinnern können. Das ist (v)erwachsenes Fernsehen, wie es mehr Brüste… äh… Reife kaum bieten könnte. Und welches pfählt und gefällt.
Die Serie kommt im November in Deutschland auf TNT
Im Ernst… Ananas auf einer Pizza!?
*schachtel wegschmeiss*
Zum Ausgleich muss ich mir wohl direkt noch einmal die ganze erste Staffel von „Game of Thrones“ angucken. Die ist nämlich richtig klasse.
Vor allem, weil bei mir als Leser der bisherigen Bücher ein eigentlich üblicher Effekt ausblieb: Ich hatte Nichts zu meckern, was fehlende Stellen oder Änderungen angeht. Klar, man muß eine Handlung ordentlich straffen, damit man diese in nur zehn Folgen packen kann. Aber in diesem Fall hat man wirklich (fast?) alle wichtigen Schlüsselszenen erkannt und in das Drehbuch gepackt.
Überhaupt habe ich bei dieser Serie eigentlich keinen Grund mich zu beschweren. Die Effekte sind sehr schön, halten sich Dank eines dezenten Einsatzes aber auch angenehm im Hintergrund. So wurden hier echte Kulissen mittels CGI einfach nur gekonnt erweitert und nicht komplett seelenlos aus dem Nichts gerendert, wie es bei einer gewissen Sci-Fi-Trilogie jüngeren Datums meistens der Fall war.
Auch das Casting wirkt gelungen. Zwar hat Sean Bean ungefähr die selbe Mimik wie Captain „Steinstirn“ Archer, aber dies scheint die Rolle des unterkühlten Nordmannes ja auch irgendwo zu verlangen. Einen Volltreffer hat man aber mit Peter Dinklage als kleinwüchsigen Edelmann/Suffkopp Tyrion gelandet, dessen volle Ausnutzung der einem zur Verfügung stehenden Gesichtsmuskeln ich nur bewundern kann. Zumal dieser einen Großteil des Humoranteils der Serie in Form von trockenen Sprüchen liefert, weswegen ich seine allgemeine Popularität an dieser Stelle einfach mal den „Dr. House-Effekt“ nenne.
Fazit: Aufwändig und liebevoll gemacht. Und dann auch noch im zur Zeit recht seltenen Fantasy-Genre. Nach all den Seriengurken der letzten Zeit hatte ich mit so etwas schon gar nicht mehr gerechnet, weswegen die zweite Staffel auch schon weit oben auf meiner Freuliste für 2012 steht.
Wertung: 9 von 10 Punkten
Gleich 8 bzw. 9 von 10 Punkten? Ganz schön spendabel in Zeiten der Wirtschaftskrise.
Die Story ist durchaus spannend, wenn auch gelegentlich arg konventionell (immer dieses Ruhm & Ehre-Getue!), und hat auch interessante Momente.
was mich aber am meisten stört ist die schwache schauspielerische Leistung vieler. Tyron ist hier eigentlich die einzige Ausnahme und Sean Bean kriegt eben den HdR-Bonus.
Die Geschwister Targaryen (Emilia Clark und Harry Llloyd) bieten doch nur Schultheater. Michelle Fairly (als Catelyn Stark) erscheint mir so ein Bißchen als Fantasy-Janeway – mit ungefähr dem selben Mimik-Spektrum. Und Jamie Lannister erinnert doch stark an Prinz Charming, ob gewollt oder nicht. Vielleicht ist er ja auch computeranimiert. Die Stark-Söhne sind eine eher farblose Truppe; die kleine Tochter hingegen scheint mehr auf dem Kasten zu haben.
Mein persönliches Fazit: ich bleibe dran, hoffe aber auf mehr (Drachen-)Feuer im Hintern mancher Cast-Mitglieder, was deren Engagenment betrifft.
8 von 10?
Das gab es ja noch nie (glaub ich)
Die Machart der Serie ist für eine TV-Produktion sehr gut, der Inhalt interssiert mich aber irgendwie nicht wirklich, finde da keinen Bezug, also weder einen Charakter noch eine Storyentwicklung, die mich fesseln würde.
„…weil sie so glaubwürdig nach Mittelalter aussieht…“
Na ja. Was man auf dörflichen Festumzügen, in Living-History-Vereinen oder in Hollywood eben so unter Mittelalter versteht. Architektonisch, modisch, kulturell und technisch ist das meistens eine Mischung, die von der Antike bis in das 17. Jahrhundert reicht. Man nehme ein paar Burgtypen des 13. Jahrhunderts, Kleidung der Spätantike, Waffen des 15. Jahrhunderts und streue alle Innenhöfe schön mit Stroh ab. Ein paar herumstreunende Hühner und Schweine dürfen nicht fehlen, während die Helden knietief im Schlamm waten. Kein Irrtum möglich. Wir sind im „Mittelalter“.
Trotz allen Drecks wirkt das ganze immer so clean, daß sich auch der iPad-Junky des 21. Jahrhunderts spontan vorstellen könnte, mit einem Zweihänderschwert durch den Wald zu laufen und coole Lederklamotten mit Kettenhemd zu tragen. Hauptsache, hinter der nächsten Drachenhöhle liegt ein Burger King.
Na, das ECHTE Mittelalter muss das hier ja auch nicht sein. Wo Fake-Kontinente auf Fake-Königreiche und Fake-Tiere stoßen, während ganze Fake-Lebensanschauungen etabliert werden, möchte ich doch ungern darauf pochen, dass „das Zweihandschwert mit Perlmuttgriff im zweiten Doppelond nach Mugaba noch gar nicht erfunden war.“
Und selbst ein Geschichtswissenschaftler hätte wohl Probleme, nach einem Sprung in die Zeitmaschine „richtig“ mit den damaligen Leuten zu kommunizieren:
„Hebet an, mich fragen zu lassen, ob dero Gnaden es an Willen gefallen ließen, mir das Passieren dieses Passes zuteilig werden zu lassen?“
„Was redeste so geschwollen, seltsam gekleideter Mensch? Willste durch oder nicht?“
Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob die gefundenen Schriftstücke uns verraten, wie „die“ damals wirklich miteinander gesprochen haben. Oder sprecht IHR privat etwa wie Charlotte Roche?
Eben. Die Wissenschafter sind sich ja auch noch nicht mal sicher, ob „Cäsar“ nun „Zäsar“ oder „Käsar“ ausgesprochen wird. Solange es nicht aussieht wie eine Asterix-Realverfilmung, kann man da nix Schlechtes sagen.
Dann sieht es doch aber nicht so schön glaubwürdig nach Mittelalter, sondern so schön glaubwürdig nach Fantasy aus. Aber warum ist Fantasy immer gleichbedeutend mit „Mittelalter“ im groben irdischen Zeitrahmen von 450 bis 1550 n. Chr.? Und weshalb reagieren Fantasy-Fans immer so angepißt, wenn ich in ihre Rollenspiele mit Laserschwertern eindringe? Dann heißt es immer, das sei „unhistorisch“ und nicht „authentisch“. Aber wieso denn nicht? Ist eben mein Beitrag zur Fantasy. Und von der unhistorischen Armbrust bis zum unhistorischen Maschinengewehr ist es ja nun wirklich nur einen Raketenwurf weit.
@Raketenwurm: „Cäsar“ wurde wahrscheinlich „Kaiser“ ausgesprochen, entsprechend dem deutschen Imperator und dem gleichnamigen Baby-auf-die-Welt-hol-Schnitt.
zum thema cgi einsatz sollte man das hier gesehen haben:
http://www.youtube.com/watch?v=xkptadiDABo
Das ist mal ne Serie wo ich 10 Staffeln von sehen will OHNE das irgendwer auf die idee kommt was abzusetzen.
Ich liebe die Serie! Habe die Bücher schon gelesen und kann nur sagen es fängt grade erst an.
Wirklich eine tolle Umsetzung! Keine nervigen Elven und Zwerge die durchs Vild springen! (naja fast)
Viel Geschichte und ein toller Cast.
Ich bin sehr gespannt auf die zweite Staffel!
„Winter is coming…“
tach auch !
[quote]Oder sprecht IHR privat etwa wie Charlotte Roche? [/quote]
*Gröhl*
Nein das tue ich nich Euer Klapowskiheit.
Ansonsten danke für den Tipp,
ich werde mir GoT mal ausleihen und ein paar Blicke hineinwerfen.(Plumps)
Gruss BergH