„Logan’s Run“ – Ein Gastreview
Kürzlich unterhielt ich mich per Mail mit einer FRAU. Ja, einer ECHTEN, so mit „weiblich“ und Kopf, Armen und Beinen (wenn sie amputiert ist, bekomme ich wohl Ärger…)! Ich erwähne das nur, da die Tatsache, dass diese Frau ein wahnsinniger SF-Fan ist (und dabei noch einen recht guten Geschmack besitzt) Grund zu der Annahme geben könnte, dass ihr folgender Gastartikel in Wirklichkeit eine perfide männliche Fälschung sein könnte. Meine Tatter… äh… tatkräftigen Freunde vom Deutschen SF-Club schrecken der Gewinnung neuer Mitglieder schließlich vor nichts zurück… Bis dies aber bewiesen ist, danke ich „JanewaysGameboy“ für den nachfolgenden Text.
Logans Run ist ein gelungener Film, der eine mögliche Zukunftsrealität schildert. Der deutsche Titel „Flucht ins 23. Jahrhundert“ ist irreführend, die Handlung dreht sich nicht um eine Zeitreise.
Ich sah ihn zum ersten Mal als Elfjährige und war völlig überwältigt von der Geschichte und dem alten Katzenmann am Schluss. LR ist ein Film, der mich noch heute begeistert. Er ist temporeich erzählt und büßt nichts von seinem Charme ein.
Der Hauptdarsteller Logan, gespielt von Michael York, ist sehr hübsch anzusehen, während männliche Leser unter euch wohl eher Gefallen an Jennifer Agutter finden.
LR entstand 1976 und besitzt auch den Charme dieser Ära. Hauptsächlich geprägt durch farbenfrohe und enganliegende Kleidung der Schauspieler und die knapp gehaltenen Kleider bei weiblichen Darstellerinnen.
Mir gefallen die Bauten, mit denen die unterirdische Stadt modelliert wurde. Was mittlerweile in die Jahre gekommen ist, ist der Roboter Box, in schlichtem Alu-Abluftschlauch Design, wie auch der alles kontrollierende Supercomputer, was auf mich nicht mehr so ehrfürchtig wirkt wie einst. Ein Trash-Schock, der mich beim erneuten Ansehen von Star Trek TOS befiel, bleibt bei LR aber völlig aus.
Die deutsche DVD bekommt man schon für 3€ am Wühltisch, ist aber nur mit Mono ausgestattet und deutschen Untertiteln, auch bei Originalsprache. Es gibt einige schöne Synthiklänge, die das futuristische Ambiente gut unterstreichen, der Besuch im „Loveshop“ sei als Beispiel genannt.
Ich setze voraus, dass ihr den Film kennt, wenn ihr meinen Artikel lest. Wenn nicht: es liegen Spoiler vor euch, also Achtung.
In LR sind zum ersten Mal echte Lasereffekte und Laserhologramme zu sehen. Die Szene beim Schönheitschirurgen hat sich mir in den Kopf gebrannt, wie einst der Laser den OP Tisch zerschnitt und fast auch Logans vollmundigen Kussmund…
Doch kann ich euer Interesse wecken, ihn wiederanzusehen?
Wer kennt das: Torschlusspanik vor dem 30. Geburtstag? Die Bewohner einer unterirdischen Kuppelstadt dürfen eine gewisse Altersgrenze nicht überschreiten. Hat man seinen 30. Geburtstag erreicht, schaltet die implantierte Lebensuhr in der Handfläche auf „blinkend“. Die Betroffenen müssen nun in das Karussell steigen um sich zu ‚erneuern‘. Das ist ein gesellschaftliches Event, das feierlich bejubelt wird. Nur wenige ahnen, dass sie dabei schlicht und einfach getötet werden.
Brot und Spiele oder Leben und Erneuern.
Wer sich der Prozedur widersetzt, wird von den sogenannten Sandmännern gejagt. Die Flüchtlinge werden als Läufer bezeichnet. Die Hauptdarsteller Logan und Francis sind beide Sandmänner. Ihr Job ist es, Läufer zu eliminieren. Logan beginnt das System allerdings zu hinterfragen. Spätestens ab der ersten Erneuerungshow fühle ich mich unbehaglich im sicheren Sessel vor dem Bildschirm.
Sehr schön ist ein kurzer Abschnitt, der zeigt, wie hedonistisch die Einwohner ihre Freizeit verbringen: man kann am Abend im eigenen Appartment einen „Kanal“ anwählen, der einen willigen Sex-Partner liefert. So trifft Logan das erste Mal auf Jessica, die ihn noch weiter begleiten wird.
„Was ist los, hattest du noch nie einen Sandmann? Nein? Entspann dich…“
Im Laufe einer Berichterstattung mit dem hiesigen Computer erfährt Logan, dass es einen Zufluchtsort der Läufer gibt. Das System befiehlt ihm, selber zum Läufer zu werden, um den Zufluchtsort hochgehen zu lassen. Seine Lebensuhr wird auf Rot-blinkend gesetzt. Nach solchen Szenen weiß ich: vertraue nie einem Boss, der eine Maschine ist. Logan handelt nun in verdeckter Mission, loyal ist er aber nur bis einem gewissen Punkt.
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie die organisierte Untergrundbewegung.
Jessica und Logan sind irgendwann auf der Flucht, die rasante Verfolgung durch Stadt und Unterwasserregion ist sehr kurzweilig und es macht mir Freude, den Darstellern zu folgen. Nicht nur, weil Logans Kleidung merklich zerschlissen wird, wie einst die Shirts von James T.Kirk zerschlissen… Als die Beiden es endlich geschafft haben und auf Box treffen, wiegt sich der gebannte Zuschauer schon in trügerischer Sicherheit. Diese Szene mochte ich besonders, aber gruseln kann man sich nur einmal.
„Muss Nahrungsvorräte sammeln… Fisch, Plankton… Läufer-in-Eis“
Man erfährt zu keinem Zeitpunkt, welche Katastrophe der Menschheit widerfahren ist. Ich finde, das ist auch nicht weiter schlimm. Die Natur ist intakt. Die Beiden treffen auf ein verfallenes Washington. Für mich unvergesslich ist der schöne Pflanzenwuchs, der die Stadt überwuchert.
Hier lebt auch der alte Mann, sehr passend dargestellt durch Peter Ustinov. Er ist völlig allein bis die auf unzählige Katzen.
„Darf ich mal anfassen…? Tun diese Furchen im Gesicht weh?“
Francis ist den beiden Läufern tatsächlich bis hierher gefolgt. Ihn mochte ich eigentlich nie, okay das haben Widersacher so an sich. Aber ohne ihn wäre das letzte Drittel des Filmes viel harmonischer ausgeklungen. Nämlich bei den miauenden Katzen, statt einer Rückkehr in die Stadt… Ich wäre auf jeden Fall beim alten Mann geblieben und den Katzen, das muss ich mal loswerden!
Es folgt eine vorhersehbare Befreiungsszene.
„Wiederholen Sie Ihre Eingabe…“
Hier hätte ich mir eine andere Auflösung gewünscht. Aber nach fast 120 Minuten Laufzeit mussten die Produzenten auch mal zum Ende kommen. Damit ist alles gut und wie Logan treffend formuliert:
„No one has to die when he turns 30!“
Jetzt sollte allen klar sein, warum der Original Filmtitel mehr Sinn ergibt als der deutsche Titel.
Fazit: Ein Film, den ich mir alle paar Jahre ansehen kann, ohne dass mich sein Alter und die Effekte abschrecken. Die Geschichte ist gut und rasant erzählt, es gibt kaum Leerlaufstellen. Für die damalige Zeit ist er sogar ziemlich freizügig. Man sieht nicht nur Jessica im Evakostüm, Logan fragt sie auch, ob sie lieber Frauen als Beischlafpartner bevorzuge.
Logans Run zählt für mich zu einem zeitlosen Klassiker unter den Dystopie-Filmen.
Erneuerung!
Ja, Logan’s Run ist ein Film, den ich mir auch alle paar Jahre wieder angucken kann.
Sehr schön finde ich auch die Modelle von der Stadt, die sie gebaut haben, um die Vakuumtunnelbahn zeigen zu können.
Oh, eine weibliche Gastreviewerin. Hat die schon einen Freund ? Wobei, sollte sie den Film mit 11 im Kino gesehen haben, dann wäre sie ja jetzt schon…hmm…drei im Sinn…oh,Auweia !
Ähm, Logans Run. Ja, ist ganz gut, der Film. Auch optisch – da bleiben viele Dinge im Kopf hängen, wie das Todeskarussell, oder die eingefrorenen Leute, oder…hmm…die kaputte Freiheitsstatue am Strand.
Es sollte aber auf jeden Fall noch erwähnt werden, dass es auch eine Serie namens Logan’s Run gibt, die ein Jahr nach dem Film herauskam und in 13 Episoden weitere ulkige Anekdoten aus dem Leben in der Zukunft erzählt.
tach auch !
@Raketenwürmchen
Sie hat den Film das erste Mal mit 11 gesehen, also kann sie theoretisch kaum älter sien , als 12.
Und selbst wenn nicht, ist sie immer noch jünger , als ich.
sehr schönes review zu einem Film, den ich vor ein paar wochen wieder mal im TV gesehen habe.
Was einem auffällt ist die selbt in ActionSequenzen für heutige Verhältnisse sehr getragene Erzählweise. Man läßt sich zeit für Gesüräche, Grimassen und Gesten.
In heutige Hollywood Pornos undenkbar,
da hätte man 3 Mal soviel handlung hineingepackt, oder das was man dafür hält.
Gruss BergH
Hey, Ihr seid ja ganz brav, danke! Ich hatte zugegeben etwas Bedenken, dass „mein“ Film auseinander genommen wird, ähnlich wie einige Trekkies auf Zukunftia reagieren. Aber wirklich schön, dass Ihr kennt LR kennt und mögt!
Laut Klapo entspricht mein Alter genau der Zielgruppe hier. (also über 30 aber weit unter Rentenempfangszeitpunkt) Dass ich LR erst so spät sah, lag daran, das vor dem Mauerfall solche Filme im Osten der Republik ‚verboten‘ waren. War es wirklich verboten hm keine Ahnung; auf jeden Fall konnte ich in den 90ern alles an SF aufsaugen was irgendwie ging. Tja jetzt habe ich mich geoutet: Alter, neue BL und ja einen Freund habe ich auch :o
Waaaas? Zielgruppe so steinalt? Wenn ich bedenke, dass ich hier seit knapp 10 Jahren mitlese dann… Oh mein Gott! Ahhhh!
Wann kommen eigentlich neue Abenteuer mit Mondamin Fleischkopf-Müller?
Also hm…. könnte der Frauenbonus sein das alle so Brav sind ;-)
Jedenfalls Vermisse ich in diesem Review doch den Hinweis auf die Bücher und so Gerne ich mir ab und zu den Film Anschaue er reicht was die Motivation und
dem Hintergrund vor Allem Warum Logan Überhaupt Versucht zu Entkommen nicht an die Bücher heran.
Aber Egal einen Film in dem Peter Ustinov mitspielt muss ich mir so oder so Ansehen.
tach auch !
Selbst Ich als Kenner der 60/70 er Jahre SF in Buchform (ja ich habe Perry Rhodan gelsen), kannte ide Vorlage nicht.
Also schaut mal hier : http://en.wikipedia.org/wiki/Logan's_Run
hört sich interessant an.
Gruss BergH
Vielleicht sollte man noch erwähnen das LR die Vorlage für den Film „Die Insel“ war.
Enttäuschend Klappo. Wie kannst du nur vergessen dass „There are no girls in the internet“ immer gilt? Immer. Immer!
„Man sieht nicht nur Jessica im Evakostüm, Logan fragt sie auch, ob sie lieber Frauen als Beischlafpartner bevorzuge.“
Jawoll! Sowas gehört in ein Fazit! Sicher kein Mann…?
Auweia!!! Der Film bringt doch nur die Regierungen auf dumme Gedanken, wie man der Überbevölkerung Herr werden und eventuell die Rentenkassen entlasten kann. Ein ähnliches Thema gab´s in TNG: da mußten die Einwohner eines Planeten sich nach Vollendung des 65. Lebensjahres umbringen, um nicht der jüngeren Generation zur Last zu fallen. Ganz neu ist das aber alles nicht. Schon im Römischen Imperium wurden Leute ab ca. 60 Jahren „gebeten“, sich zu töten.
Aber eines ist klar: ab 30 ist das Leben irgendwie vorbei. Das merke ich gerade.
@ JanewaysGameboy: Hübsche Rezension. Gerne mehr davon! Und wenn der Film mit Basil Exposition aus „Austin Powers“ ist, ist er bestimmt auch lustig. Werde ich mir mal ansehen.