Lost a Space
Willkommen bei der Pressekonferenz des Föderationspräsidenten. Heute wird endlich enthüllt, warum der Franchise-Neustart von JJ Abrams wirklich durchgeführt wurde: Auf der alten Zeitlinie musste leider irgendwann der Kuckuck geklebt werden. Was genau damals schiefgelaufen ist, enthüllt dieser Mitschnitt, der eines Tages per Raumzeit-Flaschenpost in mein Erdbeerweinregal gespült wurde. Vielleicht könnt Ihr mir beim besseren Verständnis helfen?
Der Föderationspräsident räusperte sich, wischte sich eine der symbiotischen Fliegen von den Kiemen, die ihm das Atmen auf der Erde überhaupt ermöglichten, und sprach in das Mikrofon:
„Liebe Landsleute, liebe parasitären Spezies, liebe anamorphen Massen! Ich kann ihnen heute mitteilen, dass die Schuldenkrise der ‚Vereinten Föderation der Planeten Featured by Pepsi-Cola‘ heute beigelegt werden konnte!“
Er blickte in die gespannten Gesichter der zahlreichen Holofotografen, der Sicherheitsmänner und -frauen. Und natürlich in die seiner Parteimitglieder, die etwas abseits am Buffet versuchten, einen lebenden Mantarochen aus dem Wasserbecken zu zerren und roh zu verspeisen.
Er fuhr fort (der Präsident, nicht der Mantarochen): „Nach einer Nachjustierung der Persönlichkeitsmatrix der holografischen Abgeordneten der Opposition ist heute eine Entscheidung gefallen: Die grundgesetzlich beschränkte Neuverschuldung wird von 20 auf 300 Quadrilliarden Föderationsdukaten erhöht. Somit können wir uns ab jetzt neues Geld leihen, um zumindest die Betrieb der 2.930.324 Schiffe der Galaxy-Klasse aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig wird die Rumlunger- und Sauerstoff-Wegatmer-Steuer für Bettler, Obdachlose und Mittelstandspersonen um lediglich 12,9% erhöht, was ich für einen großen humanistischen (ja, auch für Nichtmenschen) Erfolg halte. – Haben sie Fragen dazu?“
„Ja, ich!“ Ein kleiner vulkanischer Journalist hatte sich am schnellsten erhoben. „Bitte sagen sie uns doch, wie uns die Föderation die Menge von 300 Quadrilliarden Dukaten erklären möchte? Schließlich haben mehrere Finanzwissenschaftler errechnet, dass selbst der Verkauf aller Planeten der Galaxie an einen hypothetischen Käufer – den es natürlich nicht gibt – nur die theoretische Summe von 250 Quadrilliarden einbringen könnte. Wie sollen wir je einen Schuldenberg zurückzahlen, der so groß ist, dass er den tatsächlichen Wert aller werthaltigen Substanzen, Waren, Ländereien und Dienstleistungen im uns bekannten Universum übersteigt?“
Der Präsident zwang sich sichtlich, die Frage ruhig zu beantworten. „Die Ferengis, die unsere Hauptgläubiger sind, sind verständlicherweise an derartigen Rechenspielen nicht interessiert. Außerdem handelt es sich bei der denkbaren Neuverschuldung nur um eine MÖGLICHKEIT, die wir nicht auszunutzen gedenken. Es bestand eben eine mathematische und rechtliche Notwendigkeit…“
Der letzte Förderationspräsident war eine ehrliche Haut, die jedoch von oben bis unten mit Pfändungsstempeln übersät war.
„Papperlapapp! Das ist Unsinn und sie wissen das! Genau so wie die letzte Reform, bei der es erlaubt wurde, die Einnahmen der nächsten 10 Generationen schon jetzt zu verbuchen.“
„Warum auch nicht? Das ‚Vorauseilende Positivbuchen‘ ist seit 92 Jahren ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft und somit ein Klassiker der staatlichen Finanzmarktlenkung.“
„Das behaupten sie sicherlich auch weiterhin von ihren Plänen, 3.000 neue Sternbasen mit dem Verkauf von Fußmassagen zu finanzieren?“
„Die Fußmassagebranche ist in den vergangenen 3 Jahren exponentiell gewachsen!“, grunzte der Präsident, nun schon etwas genervt. Doch es würde ihm wohl als Schwäche ausgelegt werden, würde er diese stumpfsinnigen Fragen nicht beantworten. „Setzt sich der Trend fort – wovon meine Experten ausgehen – so werden wir bereits in 180 Jahren alleine 300 Trilliarden Dukaten im Fußmassagesektor einfahren können! Wenn sich die Bevölkerungszahl ebenfalls exponentieren sollte, sogar noch extrem viel mehr! Sollten wir sogar eine neue Spezies mit 10 Füßen entdecken, dann…“
Der Vulkanier schüttelte seinen Kopf, bis seine spitzen Ohren ihm gegen die Stirn klatschten. Er gab nicht auf: „Und was war das vor 3 Jahren, als der eigentlich fallende Wert der Föderationsdukate per Gesetz an den der ‚Grauen Materie‘ gebunden wurde?“
„Ein vernünftiges Vorgehen. Schon vorher haben Staaten ihre Währungen an andere Währungen – oder z.B. an den Goldpreis – gekoppelt.“ Der Präsident verschränkte die 8 Tentakelarme und schien froh, den Fragesteller mit einem derartig stichhaltigen Argument beeindruckt zu haben.
„Aber Graue Materie ist bisher nicht mal nachgewiesen worden! Es handelt sich um ein theoretisches Konzept der modernen Physik! Das Ganze funktionierte nur deswegen, weil die Banken…“
Der Präsident griff das Stichwort dankbar auf: „Ja, die Banken. Wenn sie jetzt über die reden wollen, dann vergessen sie aber nicht zu erwähnen, dass diese uns in der letzten Krise mit 500 Trilliarden frischem Geld geholfen haben!“
„Zurückzuzahlen mit 18% Zinsen im Quartal, zahlbar in Menschenopfern, die in ein Wurmloch im Zentrum der Galaxie geworfen werden müssen?“
„Wir sollten keine etablierten Finanzmarktakteure kritisieren, deren Gewinnabsichten legitim sind!“ Der Präsident wollte noch etwas sagen, doch da fiel sein Blick auf den selbstbewusst hereintretenden Präsidenten der Ferengi-Handelskammer, der soeben den Raum betreten hatte und mit seinem Gewand aus 1000 klirrenden Platinschellen nach vorne schritt. Selbst die Luft schien nun zu gespannt zu sein, um sich noch von einem der Anwesenden atmen lassen zu wollen.
„Präsi, es ist Zeit. Unterbreche deine alberne Sitzung“, sagte der Ferengi, als er vor dem Podest des Präsidenten stand. Er wirkte ruhig und konzentriert, jedoch trotzdem ungemein fordernd.
„Was ist hier los und warum kostet diese Veranstaltung keinen Eintritt, der dann an mich gehen müsste?“ – Der Große Plagus ist der Hauptgläubiger der Föderation. Seine 23 Vorgänger gewährten dem Planetenverbund exorbitante Kredite, um den Bau von Milliarden von Replikatoren zu finanzieren (Stückpreis: 20 Milliarden Föd-Dukaten)…
„Oh. Ah. Ist es Zeit für Omox, eure exzellente Exzellenz? Gut sehen sie heute aus. Sehr erotisch!“, säuselte der höchste Führer der Föderation im lieblichsten Ranschmeißertonfall und begann damit, nervös an seiner Hose herumzunesteln. „Möchten sie ins Nebenzimmer gehen, eure verführerische Großohrigkeit?“
„Nein, ich nehme sie gleich hier von hinten, sie blöder Scheißer. Sie unartiger Junge, sie. Habe ich ihnen erlaubt, die Pressekonferenz ohne mich zu beginnen?“
„Oh nein, mein Herr, nein, mein Herr! Ich werde zur Strafe gleich ihren zarten, rosigen…“
(…)
An dieser Stelle bricht der Bericht gnädigerweise(?) ab. Es lag nur noch eine 20-seitige Broschüre für Investitionen auf den Greek-Planets im Tzatziki-Nebel bei.
Erster! Höhö!
Toller Artikel, Klapo. Ich bezweifle aber, daß es eine Föderation auf Pump jemals geben wird. Die Menschheit wird schon ein paar Jahrhunderte vorher pleite sein. Vielleicht ist aber auch die Tatsache, daß es in der Föderation eigentlich kein Geld gibt, ein positives Ende dieses exorbitanten Finanzspekulantentums.
Vielleicht ist das ja Absicht aber…
„Präsi, es ist Zeit. Unterbreche deine alberne Sitzung“
Grammatikalisch korrekt wäre „Unterbrich deine alberne Sitzung“
Imperativ.
Fresse oder Sterbe?
Außer damit sollten mangelnde Deutschkenntnisse des Ferengi zum Ausdruck gebracht werden…
Oh ansonsten schöner Artikel, hat mir gut gefallen.
Dieser fiktive Föderationspräsident gefällt mir ausgesprochen gut, deutet er doch eine Tatsache beiläufig an, die nicht jedem unserer Panikjournalisten geläufig zu sein scheint. Staaten können überhaupt nicht pleite gehen, weil niemand die Zwangsvollstreckung gegen sie betreiben kann. Die Geschichte der Staaten ist eine Geschichte der Verschuldung. Beispielsweise schon die Römer und später jedes einzelne deutsche Fürstentum haben jeweils das gesamte Geld kommender Generationen verfrühstückt und mehr Schulden gemacht als sie jemals zurückzahlen konnten. Die meisten Staatsschulden wurden auch nie zurückgezahlt. Vielmehr wurde immer irgendwann ein neuer Staat ausgerufen und verkündet, daß man fortan keine Schulden mehr habe. Und der Weltwirtschaft geht es trotzdem, von vereinzelten Rückschlägen abgesehen, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt besser.
Wenn man die Schulden eines Staates wieder auf „Null“ zurücksetzt, ist die erste Amtshandlung der neuen Regierung, einen Kredit für das laufende Haushaltsjahr aufzunehmen, weil man meint, mit den laufenden Einnahmen nicht auskommen zu können. Mir persönlich unbegreiflich, weshalb man nicht immer einfach etwas weniger ausgibt als man einnimmt und den Überschuß für schlechte Zeiten einfach zurücklegt, also spart. In der politischen Lehre bedeutet das Wort „sparen“ jedoch, weniger Schulden zu machen als ursprünglich eingeplant und diesen „Überschuß“ sofort wieder auszugeben. Das ist aber überhaupt nicht bedenklich, weil es immer wieder Leute gibt, die Staaten Geld leihen, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, es jemals zurückzuerlangen, gegen Null tendiert.
Die derzeitige „Schuldenkrise“ ist keine reale, sondern nur ein Medienhype wie Fukushima, EHEC, Schweinegrippe, Vogelgrippe, Dioxineier, Gammelfleisch, Sarrazin, Erdbeben, Guttenberg, Glutamat, usw. Meine Empfehlung: dem Euro einfach den Doktortitel aberkennen und verkünden, man habe Sprossen als Verursacher der Schuldenkrise ausgemacht. Nächste Meldung, bitte!
President der Föderation im IV. Star Trek Film: „Captain Kirk, sie und ihre Crew haben diesen Planeten vor seiner eigenen Kurzsichtigkeit gerettet und wir stehen für immer in ihrer Schuld“.
Wer hätte damals schon geahnt, dass der Teil mit der Schuld uns weitaus früher einholen würde als die Wal-Geschichte? (Als dieses Film-Zitat gesprochen wurde war Reagan übrigens US-Präsident und gerade dabei, mit Pershing-Raketen ein Loch in den Haushalt zu reißen, dass eine verheerendere Wirkung auf Amerika hatte als die Raketen selbst).
1990 ist die Sowjetunion (lies: die Klingonen) gescheitert , vor allem weil ihr System nicht mehr bezahlbar war.
@GGH: Staaten machen mehr Schulden, weil die Bürger beleibt sein wollen und Politiker beliebt. Hätte die Bundesrepublik diese Schulden nicht gemacht, dann würden wir jetzt auf Straßen schlechter Qualität fahren, unsere Autos wären ~ 8 Jahre älter im Schnitt, unsere Städte verdreckt und kriminalisiert. Vor allem aber gäbe es kein soziales Netz, keine allgemeine Krankenversicherung…Verzicht zu predigen fällt leicht, aber sobald die Einsparungen konkret werden, fängt der deutsche Wutbürger an aufs Nachbardorf zu zeigen.
Letztgenannte Behauptungen wurden mutig von vielen Staaten widerlegt, indem sie gezeigt haben, das man Kriminalität, Armut und schlechtes Wetter auch mit einer horrenden Verschuldung haben kann.
Dahingegen halte ich die Vereinfachung „Schulden proportional Blumenwiesen und Gewaltfreiheit“ für ebenso gewagt, irgendwo muss ja noch der Spielraum für die Politik sein, schlechte Verhältnisse zu schaffen, egal ob Schulden gemacht werden oder nicht.
Es gibt im übrigen schlichte mathematische Regeln, wieviele Schulden gemacht werden dürfen, ohne dass der Haushalt langfristig dem Untergang geweiht ist, aber solche Regeln gelten unter Staatsoberhäuptern als „uncool“ und „voll öde“. Und wer will schon als Streber abgestempelt werden?
@OPS:
Der Ferengi hat sich vermutlich eines alten Universalübersetzers bedient, der diesen Wikipediasatz etwas zu wörtlich genommen hat:
„Entsprechend den Konjunktivformen hatten die meisten Imperativformen früher die Endung -e“
Am Ende der Geschichte wird dieser Fehler dem Großohrigen auch zum Verhängnis. Aber das werden wir erst in der Fortsetzung erfahren, die ich gerade schreibe.
Also unterbricht mich nicht immer dabei!