Star Trek Enterprise – 3.18 – „Azati Prime“ Review
Imperien zerfallen, Könige kommen und gehen, aber auf eines ist immer Verlass: Die Enterprise steuert Azati Prime an… Doch nach drei Folgen voll mit erfüllten Füllfolgen-Erlebnissen kommt das anvisierte System tatsächlich mal in Sichtweite. Nicht nur Archers Äuglein erweitern sich bei diesem Anblick zu Münzeinwurfschlitzen, sondern auch der Zuschauer weiß, dass hier nun das Ende seinen Anfang nimmt…
Es folgt nun eine Dauer-werbesendung
„Guten Tag, mein Name ist Rick Berman und dass ich überhaupt nicht lippensynchron klinge, liegt wie immer daran, dass die deutsche Übersetzung dieser Sendung von einem Extasy-abhängigen Gebraucht-wagenhändler gesprochen wird. Herzliche Grüße an Tante Käthe aus Salzkotten an dieser Stelle!
Nun, ich habe mich heute hier zusammengefunden, um mit völlig überzogener Betonung die un-glaub-lich-en Vorteile der neuen ENT-Episode aus dem Hause `RestForm` anzupreisen. Mit dabei ist heute auch meine liebreizende Kollegin Sandy! Hallo, Sandy!“
„Hi, Rick!“
„Schön, dass du da bist, Sandy!“
“Grüß dich, Rick!”
„Also: Herzlich willkommen, Sandy! Sandy, sag mir zu Beginn doch gleich: Was hat dich als Hausfrau überzeugt, um das `Azati Prime`-Dramaturgie-Set auch in deiner Küche aufzunehmen?“
„Nun, Rick: Das Dialogdrehbuch dieser Sendung und dieser formschöne, gusseiserne Teleprompter dort drüben! Aber abgesehen davon bietet `Azati Prime` wirklich alles, was sich die moderne, flexible und clevere Haufrau wünscht!“
„Gut, gut, Sandy… – Aber vergisst du da nicht die Zielgruppe dieser Sendung hier?“
„Auch für diese Frauen bietet `Azati Prime` selbstverständlich alle Vorteile, die man in einer Gerüchteküche benötigt! Denn `Azati Prime` ist ein echtes Multitalent und enthält Abwechslung pur! Nehmen wir nur ihren Captain daheim: Es lässt ihn in der Zeit reisen, es entführt, hängt auf, zerschlägt und macht aus seinen selbstlosen Opfergängen – zum Beispiel, wenn sie mal Gäste wie die Mutter ihres Chefs haben – ein unvergessliches Erlebnis! Abwechslung ist also garantiert! Es raspelt Schiffe! Es infiltriert! Es spielt hübsche Musik! Es bringt ihren Steuermann in Plauderstimmung! Es verheult ihre Vulkanierin!
Und das Beste von allem: Es greift unsere vorherigen Produkte wieder auf, wie zum Beispiel unseren `Carpenter Street`-Narkosehammer oder den cerebralen Pürierstab `Stratagem` und wertet diese im Nachhinein sogar leicht auf!“
“Abgassonderuntersuchung, der Herr! Bitte warten sie, bis der Abtastvorgang abgeschlossen ist!“ – Gut getarnt ist halb verknackt: Zwar wurden Archer in sekundenlanger Fleißarbeit erstklassig auf diese Mission vorbereitet (teilweise auch in seiner Anwesenheit), jedoch macht das von Mayweather entworfene Nummerschild dem Captain einen Strich durch die Rechnung. Es fiel ihm einfach kein Text dafür ein…
„Das klingt ja alles wirklich schrill, Sandy!“
„Das liegt an meiner Stimme, Rick! Doch `Azati Prime` ist noch viel mehr! `Azati Prime` ist unbestritten die bisher wichtigste Folge der dritten Staffel! Und selbst, wenn sie dem Xindi-Handlungsstrang bisher skeptisch gegenüber standen, so versichere ich ihnen, dass sie zumindest die Auflösung DIESER Folge sehen möchten! Und wenn nicht, so wird ihnen mindestens das Ende dieser Episode gefallen! Denn hier testen Dutzende Forscher unseres Testlabors jede erdenkliche Stelle der ENTERPRISE auf ihre Widerstandsfähigkeit!
Sie kennen das: Wie oft hat man daheim ein Schiff, das trotz des einen oder anderen eingeläuteten Armageddon einfach nicht effektvoll zerbröseln möchte? Da geht natürlich schnell die Quengelei ihrer Kinder los und sie kommen beispielsweise nicht zum Sterilisieren ihrer Blumenerde (siehe auch unsere anderen hilfreichen Produkte) oder zum Polieren ihres 785-teiligen Messersets! Doch damit ist jetzt Schluss! Hüllenbrüche in Hülle (wo sonst?) und Fülle kann ich ihnen schon jetzt versprechen! Die Kinder sind für mindestens 17 Sekunden beschäftigt und sie haben Zeit für einen erholsamen Sekundenschlaf bei 85 Dezibel Explosionslautstärke!“
„Danke, Sandy! Da sehen sie`s! `Azati Prime` ist ein effektreiches Schmuckstück für jeden Haushalt! Und als kunterbuntes Diagnosegerät für unentdeckte Epilepsie-Neigungen ist es ebenfalls geeignet! Schalten sie daher JETZT ein, buchen sie ihre persönliche 4. Staffel noch vor der Frühjahrspause und erhalten sie kostenlos Staffel 5, 6 und 7 dazu! `Azati Prime` – Damit ich auch morgen noch kraftvoll zuscheißen kann!“
„Hier, nehmen sie dies an sich! Es wird ihnen bei ihrer Mission helfen!“ – „Und wie, bitteschön?“ – „Wenn sie gefoltert werden: Ganz fest draufbeißen.“ – „Und das genügt?“ – „Ich könnte ihnen noch dieses Plastikpackpapier mit den kleinen Luftblasen mitgeben. Zum Ausdrücken. Aber man hackt ihnen wahrscheinlich die Hände ab.“ – Daniels` Anteilnahme hält exakt von 12 bis Mittag. Was für einen flexiblen Zeitreisenden eine Menge ist.
Jawohl! Sandy und Rick haben vollkommen Recht! Diese Episode haut rein wie „Photonentorpedo-Austragen“ in Kirks Lebenslauf! Mayweather nutzt die Gunst der Drehbuchstunde und rezitiert eifrig einen Zungenbrecher nach dem anderen! Bei Archer`s Entführung hat man das erste Mal nicht das Gefühl, dass er gleich wieder das Kraftfeld mit einem Haushaltsquirl aufbohrt und dann seine Wächter mit lautem Spaziergänger-Pfeifen vor sich her treibt! T`Pol zeigt mehr Gefühle als ein weibliches Krampfadergeschwader in „Titanic“ und obwohl die Erklärung hierfür noch aussteht, ist einem das fraglos lieber, als die „Ups, die Botox-Ampullen waren mit Industriebeton verunreinigt“-Visage der letzten 2 Jahre! Man macht sich wirklich Sorgen um sie, als sie da plötzlich so ganz überfordert und seelisch zerschlagen ihren Dienst als Janeway aufnimmt.
Und der Captain hält eine für seine sonstigen Baumschul-Verhältnisse ein geradezu ausgefeiltes Referat über Pflicht, Vertrauen und sinnerfülltes Dahinscheiden in der Mitte der Folge!
Überhaupt scheint Archer nach drei Jahren studentenähnlichem Tiefschlaf langsam an seine Abschlussklausur zu denken. Auch und gerade in Gefangenschaft! Statt den üblichen Donald-Duck-Wutanfällen („Son of a bitch! Earth! Ship! Weapon! Dead! Destroy! Angry! Schwawawabwab!“) erzählt er seinem reptilengesichtigen Peiniger von der Zeit, als die Menschen den Platz der Saurier einnahmen. Ein geschichtliches Detailwissen und eine rhetorische Frechheit, das man dem immer etwas langsam wirkenden Koma-Kommandeur nicht zugetraut hätte! Da sammelt das offizielle Bush-Double wohl schon fleißig Kompetenzpunkte für die Wahl, wie?
„Travis? Reed? Bevor ich zu dieser Mission ohne Rückkehr aufbreche, muss ich euch noch etwas Schmerzhaftes sagen…“ – „Ja, Captain?“ – „Ihr steht seit fünf Minuten auf meinen Füßen!“ – Diese vier dichtgedrängten Offiziere leiden unter Platzangst: So bald sie zu viel Platz haben, wird ihnen ganz mulmig. T`Pol hätte sich auch gerne noch dazu gestellt, aber auf Phlox war einfach kein Platz mehr…
Dass sich angesichts seiner vielen fragwürdigen Entscheidungen Archers Gewissen regt und er daher allein in den „sicheren Tod“ fliegt, mag zwar nur ein Kalkül der Drehbuchautoren sein, um nicht eine Pfeife wie Mayweather in den Folterknast gelangen zu lassen („Wieso habt ihr ihm die Zunge rausgeschnitten, ihr Idioten?“ – „Boss, das war schon so! Ehrlich!“), wird aber trotzdem wohlwollend zur Kenntnis genommen. Und der krachige Cliffhanger war rein von der Inszenierung her ein echtes Juwel! So spannend kann eben nur pure Unterlegenheit sein! Ich hab`s ja schon immer gesagt: Ein ST-Schiff, das es mit mehr als 2 Vehikeln aufnimmt, gehört als Wettkönig in den Tontaubenverein, aber nicht an den Drücker eines spannenden Raumkampfes!
Jaha! Hier gab es eine Untertassenlektion, die sich gewaschen hat! Da wird selbst der Mayweather zum Schweizer und das Schiff zu seinem Käse! Brennende Crewmitglieder erhellen diensteifrig den von Stromausfälle geplagten Maschinenraum, Mayweather fällt unter „Teutates!“-Rufen fast der Himmel auf den Kopf und eine Dreiergruppe verhöhnt schwebend die Gurtpflicht bei Hüllenbrüchen…
„Noch so`n Bruch, Kieferspruch!“ – Hier muss man schon ganz genau hinhauen: Hier geht`s nicht raus, sondern rein! Diese ehemaligen Mitarbeiter vom Zirkus Schwebeletti haben zum Einbrecher umgeschult und sich auf offene Stellen an Raumschiffen spezialisiert. Noch wenige Meter und die Käsetheke der Enterprise ist reif! Denn Archer hatte da was falsch verstanden: Käse schließt nur den Magen, nicht Hüllenbrüche…
Doch ich muss schon wieder einschränken: Eigentlich ist dies ja keine komplette Folge und somit eigentlich noch nicht bewertbar. Denn gerade an der Auflösung von ENT-Folgen kapert es ja bekanntlich gewaltig. Über 84% meiner Bewertung hängt stets von den letzten 3,7 Sekunden einer Folge ab, was anderen sicher auch so geht. Die Mannschaft in eine absolut ausweglose Situation zu bringen, ist ja nicht wirklich schwer und wer des Schreibens mächtig ist, kann wohl Dutzende solche Events fabrizieren, wie dieses, das uns hier den Atem verschlagen und windelweich geprügelt hat.
Man braucht nur den Held / die Mannschaft / ein Schiff von einer Übermacht umzingeln zu lassen und die Krankamera bedeutungsvoll von der Nahaufnahme in die Satellitenperspektive übergehen lassen. Dazu ein paar düstere Beethoven-Beats, abgemischt mit einem hungrigem Magengrummeln und schon rutscht dem Zuschauer das Herz in die durch nervösen Durchfall eigentlich schon überfüllten Hose.
Aber mal ehrlich: Welcher Cliffhanger hat schon je das gehalten, was er versprach? Der einzige, der in meinen Augen je ansprechend aufgelöst wurde, ohne Spannung zu verlieren, war in „Angriffsziel Erde“ (TNG). In 99% der Fälle löst sich so ein Knallerende innerhalb der ersten Sekunden der nächsten Folge in Wohlgefallen auf. Der Zuschauer schreitet zu Beginn der Auflösung noch seine Dolby-Surround-Anlage ab, um dem Warpkernbruch seines Lieblingsschiffes in feinstem „Digiblast Neun Punkt Elf“ beizuwohnen, da faselt der Xindi-Captain auf dem Hauptbildschirm irgendwas von „Ergeben sie sich“. Sekunden später ist das dann auch getan und die Luft ist heraus…
Ehrlich gesagt, erwarte ich schon für die nächste Folge eine große Enttäuschung. Wie z.B. zu Beginn der 2. Staffel. Für mich war nämlich schon am Ende von „Shockwave (Teil 1)“ klar, dass der Captain unmöglich wieder in seine Zeit gelangen kann. Dass er es dank unsäglichem Technobabbel, bei dem selbst Fähnrich Kim beim Vortragen die Schlitze aus den Augen gefallen wären, doch schaffte, ignoriere ich bis heute. Ich habe für mich eine viel wahrscheinlichere Variante festgelegt: Durch einen Schluckauf im Spiegeluniversum ist zum richtigen Zeitpunkt sein gewalttätiger Zwilling materialisiert…
Aber all das ist nur eine Lektion am Rande über die Mechanismen von Cliffhangern… Beweisen (oder gar bewerten) kann ich den „Luft-raus-Effekt“ natürlich noch nicht. Aber sagt später nicht, wenn die Xindi ihren Angriff wegen einer Schlechtwetterfront abblasen, ich hätte euch nicht gewarnt!
Dass auch der Captain hier REALISTISCH heil herauskommt, halte ich fast für unmöglich. Es sei denn, Degra stoppt sowohl den Angriff auf die Enterprise und befreit Archer. Aber wehe, ich sehe eine Flucht aus dem Xindi-Stützpunkt, weil die Alienwachen es mal wieder nicht für nötig hielten, 3 Meter breite Lüftungsschächte samt Rolltreppen und Fahrstühlen in ihren Grundriss aufzunehmen! Aber Archer kann sowieso noch ein bisschen im Verhörraum abhängen! Möglicherweise entwickelt sich sogar ein psychologisches Gefecht wie damals bei Picard, als er für ein „Neun Live“-Spiel die Lichter zählen sollte und dabei den Glanz im Augen seines Folterknechts nicht mitrechnete. Die Dino- und Schildkrötensuppen-Parabel war ja schon mal ein hübscher Anfang…
„Mein Phlox, mein Phlox, warum hast du mich verlassen?“ – Endlich sahen auch die deutschen Zuschauer, warum Mel Gibson`s „The Passion“ in den USA für so viel Aufsehen sorgte. Zweifellos waren die gewöhnungsbedürftigen Rüstungen dieser römischen Soldaten einfach… gewöhnungsbedürftig. Auch das gegerbte, ausgelaugte Gesicht des Erlösers ließ so manch Kinopublikum würgen. Obwohl es ja bereits fast 3 Staffeln Zeit hatte, sich daran zu gewöhnen.
Sehr clever und garantiert immer wirksam ist das Dahinwerfen eines Zeitreise-Schmankerls. Wenn man dann auch noch das Innenleben einer zukünftigen Enterprise J bestaunen darf, hocken wahre Trekkies natürlich in „Nimm mich von hinten“-Pose vor ihrem Fernseher. Das man das erste Mal das Gefühl hat, dass hinter all dem wirren Staffel-3-Gestoppel tatsächlich eine Art zusammenhängende Geschichte steht (wenn auch mit „Memento“- und Tarentino-Stilmitteln erzählt), lässt selbst mich als erklärten Xindi-Verächter aufhorchen.
Aber um dem typischen Klapowski in mir kurz die Ehre zu geben: Eigentlich ist das Ganze ja ein recht blöder Plot und noch dazu ein wenig abgekaut… Mit einem geklautem Minischiff unternimmt die ENT-Besatzung unbemerkt muntere Kaffeefahrten zur Xindiwaffe unter Wasser. Diese hat natürlich eine erdenfreundliche Schwachstelle serienmäßig und so bricht Archer auf, weil es ihm nichts ausmacht, als Ein-Mann-Drückerkolonne vor der Himmelpforte zu erscheinen. Dazu kommt die vor Staffelpausen übliche temporale Freiheitsberaubung vom legendären Daniels, dessen Worte man eh` nie bis in`s Detail versteht. Der Plan geht schief, die Enterprise steht unter Beschuss und Archer löffelt im Verhörraum heimlich Blutverdünner, um seinen Wächtern tropftechnisch entgegenzukommen.
Veredelt wird das Ganze eigentlich „nur“ durch den ungewohnten Wehmut T`Pols, eine für ENT-Verhältnisse geradezu greifbare Emotionalität aller Beteiligten, die kraftvolle (und sicherlich teure) Inszenierung und ein offenes Ende, das quotenstrategisch höchst clever ist.
„Trip? Diese Steuerkontrollen sind mir völlig unbekannt! Ich komme nicht vom Fleck.“ – „Wundert mich nicht, du Vollidiot! Wir sind hier im Fitnessstudio! Und jetzt lass mich auch mal auf das verdammte Heimfahrrad!“ – Auch in dieser Folge tut Travis, was er am besten kann: Besorgt schauen, bis es auch der letzte Zuschauer bemerkt hat. Immerhin spricht er diesmal auch. Jetzt bleibt nur noch die Frage: Warum eigentlich?
Fazit: Randvoll mit Handlung und trotzdem fehlt diesmal der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt! Und für die stimmungsvolle Musik ließ man sogar die Wiener Philharmonika hinter der Steuerkonsole Stellung beziehen! – Auch wenn die Fortsetzung die gegebenen Versprechen wohl nicht halten können wird, ist dies doch eine Episode, für die ich sogar meinen zynischen Schlusskommentar entfallen lasse.
Punkt.
Wirklich.
Na los! Klickt mich schon weg, bevor ich es mir anders überlege!
Sonst ist aber alles in Ordnung ? Konsultiere mal deinen Operator…
Ich warte nun sehnsüchtig auf eine gewisse Fortsetzung des Dilemmas. Ich weiß 21. April. Aber diese Erkenntnis hatte ich leider nicht, als ich mir eine 600MB große Videodatei herunterlud, die mit Enterprise Damage 03×19 betitelt wurde. Der Download erledigte sich in sehr kurzer Zeit und voller Spannung startete ich das ominöse Video. Jetzt werden alle rufen: "du Vollidiot!"
Genau dieser Gedanke kam mir auch, als der Bildschirm zwei nackte Frauen bei eindeutigen Posen offenbarte.
Männer mit Bedarf an solchen "Vorlagen" kann ich es empfehlen, allen anderen rate ich bis zum 21. zu warten ;D