Doctor Who – 5.03 – „Victory of the Daleks“
„Es tut uns leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Sie Ihr 24-monatiges Dalek-Abonnement leider 3 Tage zu spät gekündigt haben. Somit wurde Ihr Vertrag automatisch um weitere 24 Monate verlängert. Wir hoffen jedoch trotz Ihrer Kündigungsabsicht, sie in den folgenden zwei Jahren wieder von den Vorzügen unseres Produktes überzeugen zu können. Mit freundlichen Grüßen, Dalek-Geschäftsstelle München (Ihr Kundenberater Z. Eitreise)“
So langsam gingen mir ja die Zettel an der Klopapierrolle aus, die ich an meinem Monitor angedübelt hatte, um mir das jeweilige Auf- und Abtauchen der schnarrenden Riesensalzstreuer in den letzten Staffeln zu notieren. Die „endgültige“ Ausrottung der Daleks stellte ich mir dann doch etwas anders vor, als in der Form unkaputtbarer Wegelagerer, die sich immer wieder in Gottes Unterwäsche versteckt haben wollen. – Aber was das restlose Ausrotten einer ganzen Spezies angeht, sollte ich in einer Episode, die nebenbei den Krieg gegen die Nazis thematisiert, vielleicht doch nicht den Mund so voll nehmen.
Ist es eigentlich Zufall, dass Adolf Hitler stets eine ganz ähnliche Sprechweise wie die Daleks besaß?
„Möchten sie auch einen Tee?“ – „Hey, das Wesen im Hintergrund transportiert gelbe Flüssigkeit in einem nach oben geklappten Toilettenpömpel! Seht ihr denn nicht, dass sie uns reinlegen wollen?!“ – Verraten und verschnauft: Winston Churchill will zu Beginn nicht wahrhaben, dass seine neuen Alliierten keine Freunde sind. Mehr noch, sein Verdrängungsmechanismus geht so weit, dass er die Wesen für Franzosen hält. – Und das, obwohl sie gar nicht ständig kapitulieren.
Vermutlich war dies aber auch der erste (und letzte?) Reparaturversuch von Steven Moffat, der sich von Vorgänger Russell T. Davies nicht den Gebrauch der Kultroboter verbieten lassen wollte. Dafür spricht auch, dass sich Amy Pond nicht an die dramatischen Ereignisse in 4.12 + 4.13 erinnert, wo die Daleks immerhin die ganze Erde ver- und zerlegen. – Was mich erneut zu der Frage bringt, wie Zeitreisen im Whoniversum eigentlich funktionieren, was sie vermutlich gar nicht tun. Ich sehe da bis heute keine Logik, außer „Manche Dinge kann der Doctor ändern, manche nicht. Im Zweifel fühlt er das einfach ganz tief in sich drinnen!“
Okay, diesen Satz aus der Tamponreklame kann ich in einer Serie um eine fliegende Telefonzelle akzeptieren, aber man wird ja wohl einmal in der Staffel kritisch nachfragen dürfen, ob man mit seinem Logikverständnis noch auf der geistig gesunden Seite der Bevölkerung einzuordnen ist.
Und unter diesem Gesichtspunkt fand ich vieles etwas seltsam. So kann Winston Churchill also jederzeit sofort(?) per Zeitreisetelefon beim Doktor anrufen, sobald(?) er vor 65 (oder so) Jahren ein Problem mit seinem Krieg gehabt hat/haben wird? Was interessiert den pazifistischen Doctor ein nachweislich gewonnenes Scharmützel und wieso lässt er sich von den Military-Freaks vereinnahmen? Wieso hat er als angebliches Alien eigentlich nur Freunde in Großbritannien? Oder klingelt demnächst noch so manch anderer Feldherr beim Doctor durch? Wie wäre es mit Julius Cäsar, der immer noch keine Strategie gegen die verdammten Gallier aushecken konnte, dafür aber zufällig eine Horde Cybermen über den Rubikon schickt?
Und weshalb stellt sich der Doctor überhaupt so selten dämlich an, als er die Daleks erkennt, sie IHN aber noch nicht? Da richten sie mehrmals ihren Strahlenprengel auf ihn, der Doc spuckt geifernd in die blaustichige Webcam, flüstert mit der Diskretion eines Presslufthammers („Alle böse!“), kloppt mit einem Schraubenschlüssel auf einem herum UND nennt zuletzt sogar den eigenen Namen, scheint aber nicht die geringste Angst zu haben, dass alle Umstehenden (und er selbst) mal eben weggenietet werden könnten.
„So, Doctor! Was gedenken sie jetzt zu tun, hä?“ – „Ganz klar: blauer Läufer schlägt roten Turm gegenüber! Na los, beschwebt euch mal ein bisschen!“ – Die Erfindung des Farbfernsehens ist an den Machern dieser uralten SF-Serie anscheinend nicht spurlos vorüber gegangen. Dank des neuen Outfits können sich die Daleks endlich ungesehen auf allen Streifen des Regenbogens verstecken! Oh, Sorry… Ich sollte ja einen SPOILER-Warnung geben, bevor ich den Staffelcliffhanger verrate.
Aber die Daleks machten ja auch wirklich nicht die beste Figur, so rein oberstübchentechnisch. So lassen sie sich einen Keks als Sprengladung verkaufen, drehen sich mal gerade kollektiv um, damit der Doctor an ihrer Konsole klavierspielen kann und… spielen Krieg. Verstehe ich das richtig? – Das haben sie nur gemacht, weil sie hofften, dass der Doctor vorbeischneien würde, sobald sie irgendwas mit Außenwirkung veranstalten? Und wenn Churchill nicht durchgerufen hätte, wären die Daleks heute womöglich normale Rekruten in den britischen Kasernen in ganz Deutschland? Wer will sich denn in einer paderborner Kneipe mit DIESEN Gesellen prügeln, nachdem wir Jahrzehnte von besoffenen Inselaffen auf’s Maul bekommen haben?
Davon abgesehen wirkte die Vorstellung der bunten „neuen“ Daleks ein wenig wie die Präsentation einer Kleinwagenkollektion auf der Automobilmesse. Wie bunte Ostereier nach dem Löffeltest („Oh. Kaputt!“) reihten sie sich da vor der Kamera auf und heischten nach der üblichen Reaktion, die da wohl wieder lauten sollte: „Ooooh, die Kultschalentiere sind zurück!“
Was das angeht, muss ich die Macher diesmal aber etwas enttäuschen: Mit einem bloßen „Ich war dann mal weg“ (Hape Dalekking, 320 S., Malik Verlag) lasse ich mich inzwischen nicht mehr abspeisen! Dann schon eher mit Zweite-Weltkriegs-Flugzeugen, die innerhalb der Dauer eines „Heureka“-Rufs weltalltauglich gemacht wurden, wie hier geschehen. Hmmm… nein… Mein Fehler. – DAS reichte auch nicht aus, da pathetisch, albern und unrealistisch.
Bei einer STUNDE Vorbereitungszeit hätte ich ja nichts gesagt, aber da waren ja noch nicht mal 5 Minuten Zeit für die große Weltraumballersequenz, Flugzeit nicht inbegriffen. Denn auch ein dahergelaufener Who (weeer?) muss irgendwo eine Grenze ziehen, ab der die Beliebigkeit losgeht. – Und die würde ich diesem speziellen Fall bei 38,5 Minuten von mir zugestandener Vorbereitungszeit sehen.
„Feindliche… Feinde in Sicht. Wann haben wir Smarterlaubnis?“ – Smarterlaubnis erteilt, Jungs! Mann, was sind wir alle smart!“ – Flugzeug-Zeugs: Ich wusste doch, dass der Nachfolger des Space Shuttles mehr drauf haben würde als sein betagte Vorgänger! Und wenn einen wieder mal die Vulkanasche in der Atmosphäre stört, muss man sich halt einfach GANZ neue Lösungen einfallen lassen…
Nett war aber, dass der mechanische Fake-Professor nicht vergessen wurde, nachdem er aufgrund seiner künstlichen Erinnerungen in eine Leben(?)skrise kam. Isaac Asimov wäre stolz darauf gewesen, hätte sich eine Träne abgewischt und den Drehbuchautoren zugleich wegen Totenschändung einer Idee verklagt. Verarscht fühlte aber auch ICH mich, als der Doctor den Blechaugust besprach („Denk nur an all die schön-gefälschten Erinnerungen im Ordner „’Persönliche Dokumente‘, Alter!“), damit der trojanische Mensch bloß nicht explodieren möge.
Da wäre es doch besser gewesen, ihn per Tardis schnell woanders hin zuschicken, statt die bunte Kinderuhr („Es ist nur noch zwei Blinklichter vor Armageddon!“) auf seiner Brust zuzuquatschen, ohne die genaue Programmierung zu kennen. Aber sei’s drum: Amy Pond hat mit ihrem Highschoolmädchen-Augenaufschlag wieder mal den Tag gerettet, als der Doctor mit seinem (erneut!) drohenden Abstinken schon beinahe die Luft verpestet hätte.
Fazit: Die übliche „Wir sind wieder da, stehen blöd rum und kriegen den Weltuntergang nicht geregelt“-Dalekfolge, bei der man sich nicht eine Sekunde Sorgen um die Haut des Docs macht, Matt Smiths Babypuder und der Doctorfreundlichkeit des Drehbuchs sei Dank. Immerhin möchte man Winston Churchill mal gehörig ins niedliche Speckgesicht kneifen. – Sehr gut gespielt, diese Buttercremetorten unter der Haut, fürwahr!
Und einen kleinen Roboterbonus bekommt die Folge natürlich ebenfalls, verfilmte Weltliteratur sieht aber trotzdem etwas anders aus. – Nämlich so wie in „The Beast Below“ in der letzten Woche, hüstel!
(*Monokel wieder einsetz*)
Weltraum-Spitfires, Winston Churchill, ja, selbst durch die Daleks wirkte die Vorschau für diese Episode für mich wirklich sehr interessant und machte Lust auf das ganze Ding. Dieses wirkte auf mich dann aber doch leider etwas arg hektisch und lies mir nur wenig Zeit, all die gezeigten Story-Zutaten von meiner Birne vernünftig verarbeiten zu lassen. (Scheinbar total unwichtige Sachen wie die Heulsusen-Telefonistin im Hintergrund halfen da auch nicht weiter.)
Und dass ein erneutes Auftreten der Daleks die große Enthüllung für diese Episode sein sollte, verursachte bei mir auch nur ein Ergreifen meines Sprachsynthesizers, um diesen ein müdes „Daaaleeeks?! Schon wieeeeder?? Exterminate!! Exterminate!!“ zu entlocken. Schön trotz allem aber deren Zusammenspiel mit dem Doc und dass dieser sich grundlegend weigerte zu glauben, dass die anfänglichen Teetrinker-Daleks tatsächlich harmlos sein könnten. („Daleks! Alle fies! Böse! Raaaah! *mit schraubenschlüssel draufholz*)
Aber warum vernichtet man die Daleks so regelmässig „für immer“, wenn man diese Bösbots mit der nervig-schrillen Mechanostimme nur wenige Folgen später schon wieder aus der, trotz der vielen Who-Jahre sehr leeren, Antagonisten-Schublade kramt? Besonders dann, wenn sich die Autoren deswegen jedesmal eine krampfig-uninspirierte Lösung dafür ausdenken müssen? („Eines unserer Raumschiffe konnte… mal wieder… gerade noch so fliehen!“)
Und irgendwo schadet dies ja auch dem Image, der ultimative Tötungsking und Widersacher des Doctors zu sein, wenn man jedes Mal trotzdem einen auf die Nase kriegt. Davon können schliesslich die Borg ebenfalls bereits ganz kollektiv ein Liedchen von singen, Star Trek Voyager sei Dank. Immerhin haben sich die neu-erschaffenen Bunt-Daleks („Durch die zurückgekehrten Daleks konnten wir zurückkehren!“) dieses Mal einfach nur davongemacht. Ob sie wohl jemals zurückgekehren werden?
Etwas ZU abgedreht war übrigens auch das Entschärfen der Professoren-Bombe (!) unter Zuhilfenahme von positiven Erinnerungen (!!). Wobei, wer in unter zehn Minuten ein paar Flugzeuge weltraumtauglich machen UND diese auch dorthin befördern kann, dem sollte man wohl auch sowas zutrauen!
Fazit: Etwas ZU flotte Folge, welche weder Doc Who noch den Zuschauer mal zur Ruhe kommen lässt. Immerhin muss der Doktor dieses Mal eine kleine Schlappe hinnehmen, konnte dabei aber immerhin die Erde retten. So (k)eine Überraschung!
Note: 3-
Wobei der Doktor ebenfalls verwirrt war, dass Amy nichts von den Daleks wusste – und diesmal war es keine „Ich war grad Tauchen in Spanien“-Donna-Aktion. Ich nehme mal an, dass das was mit den Rissen zu tun hat und wir spätestens im Finale (aber auch nicht vorher) rausfinden werden, was mit dem Universum falsch läuft.
Kann so jeden Satz von Klapowski unterschreiben. Die Folge war insgesamt ziemlich schlecht, insb. als nach 5 Minuten Flugzeuge den Weltraum erreichten, hatte ich die gleiche Reaktion: Ist für Doctor Who-Verhältnisse in Ordnung, überspannt aber zeittechnisch die serieninterne Glaubwürdigkeit. Der einzige, der SO schnell arbeiten darf, ist der Doktor selbst…
Die Folge hat ihre Berechtigung eben nur in der Wiedereinführung der Daleks, mal sehen was Steven Moffat daraus machen wird.
Wobei ich nicht umhin komme, mich wehmütig an die behutsame Einführung des Daleks in der Episode „Dalek“ der ersten Staffel von Davis zu erinnern. Das war großes Gefühlskino. Der Vergleich von Chr. Ecclestones und Matt Smiths Konfrontation drängt sich ja geradezu auf – Wer erinnerst sich nicht an den Ausruf „Let me out!!“ in Todesangst, als der Doctor den Dalek erkennt, ganz im Gegensatz zum morbiden Verhalten des neuen Docs… da weiß man nicht so recht, was man von dieser Episode halten soll.
Für allgemeine SciFi-Verhältnisse 3-, für Doctor Who-Verhältnisse eher „ausreichend“!
PS. Vermutlich sollte man die vorigen 5 Staffeln von dieser neuen gedanklich trennen — die Daleks sind also WIRKLICH im alten Who-Universum endgültig besiegt worden, und jedem neuen Doktor sollte man das Recht zugestehen, ein neues Universum (zu einem gewissen Grad) zu eröffnen.
Daleks sorgen bei mir inzwischen auch nur noch für ausuferndes Augenverdrehen.
Was mich bei Dr Who in letzter Zeit (also so ab Staffel 3,5) besonders stört ist dieser ekelhafte Pathos, den die Serie verströmt. Wir Briten sind die tollsten und haben den dicksten P…remierminister. Gut, das hat in der Serie schon tradition, aber das haben wir auch schon wesentlich subtiler gesehen. Wenn Rose in einer anderen WWII-Folge im Union-Jack Tshirt rumläuft ist das einfach erfrischender, als wenn plakativ alle fünf minuten eine Flagge gehisst, eingeholt oder einach nur wehen gelassen wird.
Aber immerhin: dieses ewige Salutieren scheint endlich mal ein Ende zu haben. Das nahm ja zu Tennants Zeiten ja geradezu skurrile Züge an, wenn Hinz und Kunz (und der besonders!) ständig den Grüßaugust machen mussten, sobald der Doktor die Szenerie betritt oder verläßt.