Doctor Who – 5.02 – „The Beast Below“
Schon jetzt lässt sich eines mit satirefeindlicher Lobhudel-Bestimmtheit sagen: Das war für mich eine der besten Folgen seit… seit… – wann fand ich die überkandidelten Gaga-Geschichten von Russell T. Davies doch noch mal supi?! Diese Story hat es geschafft, worauf andere lange warten müssen: Verfilmt zu werden UND meine Gnade zu finden. Okay, das eine oder andere Stäubchen ist schon drauf, aber nichts, was länger als in 60% meiner Rezension aufgeführt werden müsste, versprochen!
In der fernen Zukunft ist Großbritannien auf einem Raumschiff festgenagelt und fliegt durch das All. Tja, Strafe für die Bush-Unterstützung muss nun mal sein. – Doch irgendetwas Merkwürdiges außer der Grundprämisse geht auf dem Sternenschiff um: Kinder verschwinden und seltsame Computer wollen einem irgendwas erzählen, was man dann gleich wieder vergisst. Schräg? Nö, würde ich beim Doctor nicht unbedingt behaupten.
Wichtig ist nur, was am Ende dabei herauskommt, und das ist beileibe kein Kotbatzen: Vor allem am Schluss nimmt die Geschichte noch mal derbe Fahrt auf. Freakigkeit und Tiefsinn verschmelzen zu einem butterweichen Sahnebonbon in einer knackigen Hülle aus Charaktermoment. Wir erfahren unter anderem, dass die Bewohner (SPOILER!) alle 4 Jahre eine – falsche – Entscheidung fällen durften, welche sie dann auch gleich wieder vergessen mussten. „That’s democracy!“ sagt der Doctor dazu und trifft damit den Nagel an der Wahlurne auf den Kopf!
Noch dazu fällt er selbst eine falsche Entscheidung und ist kurz davor, einen Fehler gigantischen Ausmaßes zu begehen. So groß wie ein… Sternenwal. Seine Begleiterin ist es diesmal, die sich das Hirn noch nicht in Koffeindrinks aufgelöst hat und mit ruhiger Beobachtung den einzig richtigen Schluss zieht, während Hektik-Paule schon wieder an allen möglichen Schaltern herumzwirbelt. So kann dann doch noch eine moralisch auszeichnungswürdige Entscheidung gefällt werden, die allen weiterhilft und die Serie endlich mal wieder aus den Untiefen der „Ist doch egal, welche Aliens diese Woche abziehen müssen“-Unterhaltung.
„Guten Tag, hier ist das Erste Deutsche Fernsehen. Und daneben Nummero Zwei bis Vier. Sehen sie nun den unterhaltsamen TV-Klassiker ‚Der Pfaffe und der Detektiv… am Wörtersee‘! Wir wünschen ihnen gute Unterhaltung!“ – Schrei(tet) zur Tat: Was dieser dröge Ansager von seinem Publikum möchte, erfährt man erst am Ende der Episode. Amy hat sich vorsichtshalber schon mal einen Spaten besorgt, um sich ein NOCH tieferes Loch in den Fernsehsessel zu graben…
DAS ist es, was ich letzte Woche meinte, als ich den austauschbaren Bedrohungen eine kurzfristige Absage erteilte („Ich mach Schluss. Per SMS-Review, so!“) und stattdessen von menschlicheren Storys schwärmte. Zwar ist der Doc auch diesmal wieder etwas zappelig, aber so langsam scheint der Tablettenvorrat seines Vorgängers doch zur Neige zu gehen. Und auch Amy Pond bewies, dass man durchaus ein gedankliches GV-Pinup sein kann und gleichzeitig ein Charakter, der mächtig was bewegen kann. Äh, mental und geschichtsbuchtechnisch jetzt.
Okay, böse Stimmen (und in all denen spreche ich bekanntlich am liebsten) könnten behaupten, dass es eine ähnliche Story schon bei TNG („Mission Farpoint“) gab und der Rest der Geschichte eher das Standardbühnenprogramm vom Doktorchen darstellt. So sind wieder einmal unheimliche Puppen bzw. Maskenträger zu sehen, was bei der Serie ja schon zum guten bis mittelmäßigen Ton gehört. Und als sich der Doktor ihnen unbewaffnet gegenüberstellt („Haarrr! Ich bin der Du-weißt-schon-wer, ich hoffe, du hast 5 Minuten Zeit für einen kleinen Monolog?“) wäre das Abenteuer auch schon vorbei gewesen, wenn das Drehbuch nicht noch schnell eine bewaffnete Figur aus der Hinterhand gezaubert hätte.
Vielleicht sollte der Doc doch mal die Mitnahme einer Steinschleuder erwägen, denn diese Konfrontationen von übermächtigen Gegnern mittels Vorlesen der eigenen Visitenkarte ist manchmal doch etwas albern(er als sonst). Und woher wusste der Doktor, dass er sich nicht die Beine brechen würde, als der Boden unter ihm plötzlich entschwand? Wer hat ihm eigentlich gesteckt, dass er die neue und vertraglich zugesicherte Hauptfigur in einer SF-Serie ist? Wer von Euch Armleuchtern war das?!
Das sind aber nur kleine Flecken auf der blütenreine Weste dieser Episode, die mich mit ihrer finalen „Wir haben uns alle lieb“-Auflösung sogar fast mit den Katholiken versöhnt hätte, von diesen kleeeinen Story-Ausrutschern mal zu schweigen. Da will ich dann auch nuuur am Rande erwähnen, dass mich neben des Doctors Machtart auch irgendwas an der Machart störte. Das britische Raumschiff erinnerte etwas zu sehr an ein großes Einkaufszentrum (kennt ihr das in Oberhausen?) und das freiliegende Gehirn des fremden Wesens war so trocken und künstlich wie eine Rentnerinnenvagina. Da hätte ein bisschen Gleitgel nicht geschadet; die Kulisse hätte man danach ja schließlich gleich wegwerfen können. In „Planet of the Ood“ (4.03) war das rumliegende Gehirn noch etwas besser gelungen (wieder einer dieser Sätze, die meine Eltern nicht hören dürfen…).
„Sehen sie, Mister Klapowski?! DAS passiert, wenn sie nicht einmal in der Woche ihren Lokus putzen!“ – „Buhuuu! Aber ich konnte doch nicht wissen, dass das geschieht, NACHDEM ich es 17 Jahre lang verdrängt habe.“ – Day Of The Tentacle: Im Weltraum gibt es schon verdammt komische Sachen. Zum Glück aber KEINE Pro7/Sat.1-Comedians, denn die sind ja auch nicht… – komisch.
Viel mehr gibt es diesmal auch gar nicht zu sagen. Nitpicking macht zwar Spaß (erwähnte ich schon, dass die klopfenden Klauen-Tentakeln in „Half Life 1“ ungefähr genau so aussahen?), aber wenn eine Story das Herz am rechten Fleck hat, sollte man es vielleicht auch nicht übertreiben. Auch dann nicht, wenn die „Bösen“ am Ende etwas zu passiv werden und nur vom Drehbuch zum „Fresse halten und Finale nicht stören“-Schweigegelübte verdonnert werden. Auch das ist genau so wenig erwähnenswert wie die Tatsache, dass der Doctor mal gerade das Gitter aus dem Gulli reißen kann, unter dem die Tentakeln gefangen(?) gehalten werden. Das bei einer solchen wunderschönen Geschichte zu erwähnen, grenzt schon an Blasphemie, grenzt es!
…
Und somit würde die Erwähnung der wirklich komisch aussehenden… – Okay, ich hör‘ schon auf.
Fazit: Eine schöne Geschichte mit zwei oder drei schönen Überraschungen für alle wunderschönen Moral-Masturbanten. Der Doc ist wieder auf dem richtigen Weg und scheint zum ersten Mal seit langem auch im Kopf mal wieder gefordert worden zu sein. Hoffen wir, dass auch meine restlichen Tai-Ginseng-Pakete rechtzeitig im Studio ankommen werden!
Und hoffentlich hält der leichte Tiefsinn noch ein wenig länger an. DAS und das aktuelle Lebensalter von Amy Pond. Es gibt Menschen, die DÜRFEN einfach niemals 30 werden, Schluchz…
Erfreulich abgedreht fand ich daher die Idee des britischen Raumschiffes, mit nach Städten benannten Hochhäusern drauf, welches nicht nur „Glaskasten-Orakel“ als Sicherheitsdienst einsetzt, sondern sich auch eine Alien-Lebensform auf eine ganz pfiffige Art und Weise zu Eigen macht. Um jetzt mal nicht zuviel zu verraten.
Wobei diese Abgedrehtheit bei „Doctor Who“ ja mittlerweile irgendwie schon berechenbar ist. Fast könnte ich mir einen Generator auf den PCs von Moffat und Co. vorstellen, welcher am Ende so etwas wie „Mann im Mond beschützt die Erde heimlich vor bösen Gartenzwergen“ ausspuckt. Aber nicht falsch verstehen, genau DAS mag ich ja bei dieser Serie!
Schön wieder , wie eigentlich jedes Mal, die komplett neuen (?) Sets und Effekte. Von den komischen Grinseköpfen unter Glas bis hin zu den CGI-Effekten, mir fiel da nur wenig zum Nörgeln auf. Gut, ausser vielleicht, dass man auf dem Schiff der Warmbier-Trinker die Kinder mit schlechten Noten anscheinend direkt an das „Monster“ im untersten Stockwerk verfüttert. Aber wer weiss, was für Vorschläge in UNSEREN Jugendämtern schon so die Runde gemacht haben?
Fazit: Angenehm abgedrehte Folge mit der netten Moral am Ende, dass man auch nach Jahrhunderten der Folter nicht immer so nachtragend sein muss. Und es gibt einen Bonus dafür, dass der Doctor dieses Mal sogar Unrecht (!) hatte.
Note: 2
Ok, tolle Folge. Wirklich.
NUR WARUM ZUM TEUFEL SIND DIE GANZEN SCHULVERSAGER HINTERHER WIE ZOMBIES DA DURCH DIE KATAKOMBEN GERANNT???
Ansonsten: Tolle wirklich erste Doktorfolge. Meine Lieblinsstelle ist diesmal die wo er das Glas Wasser auf den Boden stellt und den Leuten erklärt, da würde ein entkommener Fisch gesucht.
Und wenn Amy fragt warum er das gemacht hat: I don’t know. I think a lot. Its hard to keep track
herrlich.
@Klapspark: Die Steinschleuder hat man doch schon in der Staffelvorschau am Ende von 5×01 gesehen, genauso wie der Doc eine echte 9mm in der Hand hat…
Ich fand die Analogie auf westliche Wahlen auch sehr ausgezeichnet (Vote & Forget).
Der neue Doctor gefällt mir nicht so ganz. Irgendwie sieht der zu milchgesichtig aus. Tennant wirkte irgendwie erwachsener und freakiger. Egal, so ist das mit den Timelords halt. :>
Ich fand die Idee gut, dass Schottland sich ein eigenes Raumschiff gebaut hat, aber das gezeigte Schiff trotzdem das Spaceship UK war. Ich dachte sofort an die Reichsflugscheibe D. Die Ossis schicken wir in einem Trabbi vor, Bayern macht sich in einem BMW davon und wir im Rheinland bauen uns eine U-Bahn. Dann müssen wir wenigstens nicht mit dem Ruhrgebiet und Westfalen in ein Hochhaus.
…jaja, und die Friesen steben alle bei dem Versuch, sich mit einem Papenburger Kreuzfahrtdampfer ins All zu schießen!
Aber mal im Ernst, mir hat die Folge auch erstaunlich gut gefallen.
Übrigens: Dr allererste Doctor (William Hartnell) hat durchaus noch draufgesemmelt und geballert, wenn es die Situation erforderte… Aber der war auch schon alt genug für einen Waffenschein! ;-)
Freut mich ungemein, wie ihr alle über den Doctor jubelt. Ich würde ja auch gern mal was ab Staffel 3 sehen. Hat denn irgendjemand ein paar als DVD gebrannt, die er rumschicken könnte?
Und wenn ich mir die Pressephotos auf imdb angucke, dann möchte ich mal wissen, wieso ihr alle auf die Amy abfahrt. Ist zwar niedlich, aber irgendwie etwas aufgeblasen im Gesicht. Und der Doktor… ich weiß auch nicht, aber ich bin mir sicher, daß ich den oder einen ähnlichen Typen mal in der Schule vermöbelt habe. Der fuchtelte andauernd mit seinem Kugelschreiber herum, das hat genervt.
tach auch !
Alles gesagt: Die Folge war der Hammer.
Und Amy Pond kommt bei mir unter die Top 3 der Companions (weiblich).
Gruss BergH