Film- und Serienkritiken

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„The Prisoner“ (2009), Teil 1+2 – Der Mann von Lady Gaga is back!

„The Prisoner“ (2009), Teil 1+2 – Der Mann von Lady Gaga is back!

Im Moment kann man sich über neue Serien mit SF-Bezug wirklich nicht beklagen. Es sei denn, man fängt damit an, sich über die Qualität derselben auszulassen… „The Prisoner“ ist eine Kurzserie, welche als Remake einer etwas… längeren Kurzserie von 1967 daherkommt und sich anschickt, unser Hirn auf eine „Tour de ‚Häää‘?“ zu schicken. Denn hier ist die Realität so schwammig, dass ein gewisser Mister Spongebob bereits eine Unterlassungsklage eingereicht hat.

Die Story: Ein Typ erwacht in einer Wüste und hat keine Ahnung, wie er dort hin gelangt ist. Doch was wie das Ende einer durchzechten Nacht klingt, ist gerade mal der Anfang eines 6 Episoden langen Katers: Nach einigem Herumirren und dem Verbuddeln eines frisch verstorbenen alten Mannes gelangt der namenlose Herrenlose in ein seltsames Dorf („The Village“), aus dem keine Straße herausführt und deren Bewohner sich für die einzigen Bewohner der Erde halten. Seltsamerweise scheint man die Ankunft der Hauptfigur erwartet zu haben und alle nennen ihn fortan „Nummer 6“. Im Wunderland gibt es keine Namen, nur den ominösen Chef namens „Nummer 2“, der fortan versucht, den Willen von Nummer 6 zu brechen…

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„Entschuldigen sie bitte? Sie wohnen in MEINEM Haus!“ – „Sind sie sicher? Die sehen sich doch alle so ähnlich!“ – „Na klar: Das hinter ihnen ist MEIN Gehirnwäschetrockner, den ich letzte Woche erst gekauft habe!“ – Wenigstens sind die Symptome der Nervenzusammenbrüche bei allen Dorfbewohnern individuell: Seitdem die Erschaffer der Matrix mit Stellenkürzungen zu kämpfen haben, ist Copy&Paste für diverse Programmerweiterungen ein legitimes Mittel geworden…

Um zu kapieren, was dieses erneute Serien-Remake (berechnen Drehbuchautoren für neue Ideen etwa das doppelte?) eventuell falsch macht, muss ich noch mal kurz auf das Original verweisen, das wir vor einiger Zeit abgecheckt haben : Die damalige One-Man-Show lebte vom bärbeißigen Patrick McGoohan, der stets so aussah, als würde er gerade einen Westernhelden mit Verstopfung spielen. Einen Mann, der dem skurrilen Wahnsinn in der pervertierten und ganz und gar nicht gallischen Dorfgemeinschaft trotze und nie aufhörte, neue Fluchtpläne zu schmieden. Als Dank dafür wurde er regelmäßig unter Drogen gesetzt, mental in ein Kind zurückverwandelt oder mit anderen Psychospielchen (z.B. einer angeblich geglückte Flucht) verwirrt, bis außer dem Hauptautoren (Patrick McGoohan) kaum noch einer verstand, wo man seinen eigentlich hingelegt hatte. Nämlich den Verstand.

Kein Wunder, dass der Zuschauer der 60er Jahre irgendwann nur noch den Gummiball in seinem Schädel abprallen hörte. Sinn ergab das Ganze nämlich nur noch, wenn man die irren Storys als Metaphern ansah: Der Wert der Freiheit, die Grenzen der Realität, das Wesen einer Demokratie, der Gehaltsscheck eines geltungsbedüftigen Schauspielers (Patrick McGoohan), ect…

Die Entstehungsgeschichte des Ur-Prisoners ist so verwickelt und interessant, dass ein durchgestyltes Hollywood-Projekt von Anfang an Probleme haben musste, ähnlich kultig anzutraben. Und ein gewisser Kultfaktor ist dem Original wohl auch nur deshalb angetragen worden, weil viele Zuschauer sich noch heute daran erinnern, wie sie 1967 mit Mistgabeln vor dem Sendergebäude herumgewedelt haben, da sie die 17. und damit letzte Folge ebenfalls nicht kapiert hatten. – So etwas schweißt eben zusammen!

Wie beim Original ist zwar wieder der britische Sender ITV an der Serie beteiligt, doch das Sagen hat der amerikanische Kabelsender AMC. Gerade einmal 6 Episoden lang ist der erneute Hirn(an)schlag und das Ende der Miniserie wurde zu diesem Zeitpunkt sogar schon gezeigt.

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„Wie, DAS hier soll mein Haus sein?“ – „Aber klar, Nummer 6! Sehen sie: Die Wände tragen sogar ihre Stirnabdrücke!“ – Trautes Heim, Glück verleih’n: Unbestätigten Gerüchten zufolge soll die unbekannte ‚Nummer 1‘ auch der Leiter des Ikea-Imperiums sein. Aber das ist vielleicht doch etwas zu sehr an den Haaren herbeigezogen. – Das sagen zumindest die 36 Billys, die in der Nachbarschaft wohnen…

Wie der neue telemediale Gefangentransport ausgegangen ist, weiß ICH als unaktueller Lahmarschgucker natürlich noch nicht, aber vermutlich werden sich die Autoren diesmal ein etwas weniger offenes Finale erdacht haben.

Zugegeben: Besonders viel Lust, den Irrungen und Wirrungen im Leben des hier verkerkerten Obenschlaffis zu folgen, hatte ich zu Beginn noch nicht. Der Hauptdarsteller ist nämlich jünger und austauschbarer als das Original und bringt streckenweise den Esprit einer ausgesaugten Zitrone mit. – Somit ist er noch nicht mal mehr angenehm sauer und eignet sich somit höchstens für ein handfestes Déjà-Fu in ein paar Jahren, wenn wir vor einer anderen Produktion sitzen und uns haareraufend fragen, woher wir diesen langweilig gutaussehenden Menschen eigentlich kennen.

Der Look der Serie enttäuschte mich – im Gegensatz zu Kollege Sparkiller – doch ein wenig, auch wenn es nach dem ersten Teil (Nummer 6 wankte als erstes in eine Disco!) noch erheblich besser wurde: Statt den skurril-verspielten Look des Vorgängers mit seinen Kindergartenhäuschen und dem Playmobil-Rathausplatz beizubehalten, wirken die Locations in der Neuauflage teilweise wie eine handelsübliche Stadt. Eine komplette Draufsicht gibt es diesmal nicht und da hier MEHR Dorfbewohnern herumlaufen (deren Durchnummerierung liegt meist im drei- oder vierstelligen Bereich), ist es hier Essig mit Gemütlichkeit und Übersicht. Das Gefühl des Gefangenseins war durch die ständig gleichen Locations in der Vorgängerserie noch weitaus stärker, denn schließlich verbringe auch ICH ca. 99% meines Lebens in einer ähnlichen Stadtkulisse wie dieser hier und werde durch rätselhafte übergeordnete Kräfte (saugen immer mein Bankkonto leer, die Aasgeier!) davon abgehalten, einfach mal dort zu sein, wo es viiiel schöner ist!

Ein bisschen konnte es mich aber trösten, dass hier freundlicherweise auf Touchscreens und Transrapid-Bahnen verzichtet wurde und die Stadt immerhin als 80er/90er-Jahre-Arsch-der-Welt durchgehen könnte.

Der Schnitt, die Kameraarbeit und die Lichtverhältnisse überzeugten mich zu Beginn ebenfalls nicht ganz. Es fehlte das Unverwechselbare, das Epische oder auch nur das Verspielte. Im Original (von dem ich nicht mal ein riesengroßer Fan bin) wurde optisch stets betont, dass sich hier um einen schrillen Traum handelte. Eine Art riesiges Zirkuszelt mit winzigkleinen Häuschen drin. Doch im Zeitalter von Battlestar Galactica, Stargate Universe und anderen Wackelkameras muss eben alles voll den Reality-Style haben. – Be my Alltag, Baby!

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„Juchhuu! Goliath-Schneeballschlacht in der Wüste vor zwei gläsernen Wolkenkratzern! Und da sagte meine Mutter früher immer zu mir, ich würde es nie zu etwas Außergewöhnlichem bringen!“ – weisun… ähm, weißungsbefugt: Ein ferngesteuerter Gummiball sammelt vom rechte Wege abgekommene Passanten liebevoll wieder ein. Wer sich über das Design wundert, sollte wissen, dass früher überdimensionale Würfel verwendet wurden. Doch da die Wärter damit nur noch Mensch-Ärgere-Dich-Nicht (mit echten Menschen!) spielten, wurde später die Kugelform vorgezogen….

Aber spätestens, als Nummer 6 als Busfahrer durch die Stadt zu kurven hatte, während er zu intelligenzbeleidigender Dudelmusik jeweils die drei Sehens(un)würdigkeiten der Stadt ansteuerte, wurde ich mit der Optik etwas versöhnt! Und der seltsame weiße Ballon, von dem ich fest angenommen hatte, dass er es nicht in die Neuauflage schaffen würde, schwabbelte ebenfalls unter friedlichen Fauch- und Brüll(ge)räuschen durch die Wüste. So ge- und verstört sich das aber auch!

Die Erzählweise ist bestensfalls gemütlich. Zumindest die ersten 45 Minuten verstreichen so gemächlich, dass wir uns auch als Gefangenen ansehen könnten. Nämlich der Zeitlinie. Erst im zweiten Teil, wenn die gedankenverlorenen Nachtwanderungen, die bislang wenig interessanten Rückblicke und Vorstellungsreden vorüber sind, nimmt die Serie etwas Fahrt auf. Ein klein wenig schimmern dann die verwirrenden Kultaspekte vom veralteten Vorgänger auf: Nummer 6 muss sich mit zwei geklonten(?) Doppelpsychologen herumärgern, soll einen Fremden als seinen Bruder akzeptieren und einem Anker in der Wüste keine Beachtung schenken. Alles Scheiß Jobs, aber irgendwer muss sie ja machen…

Und ich muss zugeben: Nachdem ich mich durch die ersten 2/3 gequält hatte und ich geistig schon mit einem Notendurchschnitt herumgespielt habe, der preisgekrönte Wortspiele wie „Vier Freunde sollt ihr sein“ oder „Don’t Fear the Vier“ zugelassen hätte, hat mich die Show in den letzten 30 Minuten doch noch gepackt. Der LOST-Faktor (also der aus der ersten Staffel, als LOST noch cool war) hatte mich plötzlich wieder vollends an den eigenen Glaubwürdigkeits-Haaren herbeigezogen, da HIER ja immerhin schon nach 6 Folgen die Auflösung hereinschneien dürfte.

Und so frage ich hiermit offiziell fürs Mystery-Protokoll: Warum ist das Meer verschwunden, war dann kurz wieder da und sofort wieder fort? Was machen die Schienen in der Wüste und hat der Anker eine tiefere Bedeutung? Wieso schimmern da zwei Hochhäuser aus Glas? Was hat Nummer 6 eigentlich vor seinem Zwangsurlaub in Doofenstadt-City so getrieben und welche gefährlichen Erkenntnisse hat er bei seiner Arbeit als Statistiker gewonnen? Was haben die anderen Menschen in der Stadt verbrochen, damit ihnen das Gedächtnis gelöscht wurde und zwischendurch sogar immer wieder wird („Mein Papa ist tot? Was ist das, ein Papa?“)? Welche Rolle spielt der Sohn von Nummer 2, die übrigens sehr prominent mit Ian McKellen besetzt wurde? Warum liegt Mrs. Nummer-2 den ganzen Tag apathisch im Bett rum und bekommt Pillen in die Luftröhre(?) geschoben?

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„Dad? Wird Nummer 6 jemals wieder verrückt, so wie wir alle?“ – „Ich befürchte, er muss erst mal ein Weilchen in die Normalenanstalt, bevor sich sein vollkommen normaler Geisteszustand wieder verschlechtert, was wir ihm alle von Herzen wünschen wollen.“ – Werdrehte Velt: Hier ist bekloppt sein der Regelzustand. Aus irgendeinem Grund wurden hier früher übrigens Talkshows und Dokusoaps gedreht. Aber das wurde dann selbst den irren Village-Bewohnern ein bisschen zu gaga…

Und wie wird in der nächsten Folge am Hirn von Nummer 6 herumgeschraubt? Wird er sich für eine Gießkanne halten und den Stadtpark mittels Körperfunktionen bewässern? Wird er eine pervertierte Version des Glücksrades moderieren müssen? Oder verliebt er sich in den dicken Fleischermeister im Ort?


Fazit: Immerhin DIESES Gefühl haben die Macher der „Prisoner“ Neuauflage ganz toll eingefangen: Wie beim Original weiß ich auch hier nicht, ob das alles Kult oder Knödelsuppe ist. Sind das alles kafkaeske Alptäume (=gut) oder nur inhaltsleere Kreativitätsfürze überforderter Drehbuchautoren (=nicht so gut)?

Die Note muss daher vorerst eine etwas hilflose „glatte 3“ lauten. Aber das definitiv mit Tendenz nach oben (Evolutionärer Vorläufer des Pluszeichens)! Ich glaube, da geht noch was! Und sei es nur das Prinzip von Ursache und Wirkung in das Lager der Dauerabstinenz…

1 Ohren0 Ohren2 Ohren3
SPARKIS MICKRIGER MEINUNGSKASTEN
Psycho-Killerspiele
Als ich von Kollege Klap dazu gezwung… beraten wurde, mir doch einmal die Neuauflage von „The Prisoner“ anzusehen, hielt sich meine Begeisterung, ehrlich gesagt, ein wenig in Grenzen. Dabei ist das Original mit seinen brummelnden Hüpfebällen, schriller 60er Jahre Mode und Gaga-Verwirrspielen („Nee, mein Schlafzimmer ist auch nur halb so gross wie normal. Und?“) auch Heute noch durchaus sehenswert. Auch, wenn es bei mir bis jetzt nur für den Piloten gereicht hat. (Wohl aus dem selben Grund, warum man die alten Bond-Filme zwar irgendwie besser als die Neuen findet, sich diese aber trotzdem nur alle Jubeljahre als abgenudelte ZDF-Ausstrahlung ansieht.)

Daher war ich auch überrascht, wie sehr man beim Remake versucht hat, auf einen modernen Look zu verzichten. So fahren im Dorf vor allem alte Autos aus den 50ern und 60ern herum, in alten TV-Röhren läuft immer nur eine kitschige Daily-Soap mit 80er-Weichzeichner und Hilfsmittel wie Mobiltelefone und Computer werden wohl auch im späteren Verlauf nicht auftauchen. Schön!

Besonders gewundert/gefreut habe ich mich aber über die Rückkehr von Freund Hüpfeball, welcher immer noch in alter Frische vor sich her schwabbelt und dieses Mal sogar einen Ausflug an den Strand machen darf. Wenn sich dort denn überhaupt ein Strand befand, da eines der Hauptthemen vom „Prisoner“ ja daraus besteht, den armen Hauptdarsteller (ein ganz gelungener Christian Bale-Klon) geistig ordentlich durch den Wolf zu ziehen. Wobei, waren die Dorfbewohner der 60er-Version eher mitwissende Schauspieler, gibt es hier den netten Twist, daß der Großteil der Einwohner anscheinend eine ordentliche Gehirnwäsche hinter sich hat und die ganze Dorfkulisse sogar selber für echt hält. („Ozean? Was’n datt?“)

Fazit: Eine bessere Neuauflage als gedacht, gerade nach meiner Lektüre der diversen Meinungen im Netz. Der Wunsch zur Flucht und die damit verbundenen Merkwürdigkeiten (Alles nur eine Halluzination? Und was hat es mit den beiden kitschen Glastürmen am Horizont auf sich?) ist weiterhin präsent wie im Original und der Bösewicht (Oder auch nicht?) „Zwei“ wird von Ian „Ich bin nicht Gandalf!“ McKellen schön „vielleicht böse“ rübergebracht. Mal gespannt, ob sein Erdbeerkuchen eine tiefere Bedeutung hat! (Hab ich das jetzt wirklich geschrieben?) Note: 2-

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Artikel

von Klapowski am 30.11.09 in Serienkritik

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Kommentare (2)

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  1. 655321 sagt:

    Wo bleibt denn eigentlich ein Review zu Moon? IMHO der beste Sci-Fi Film in diesem jahr.

  2. Suppenbrot sagt:

    http://en.wikipedia.org/wiki/The_Computer_Wore_Menace_Shoes

    Unbedingt anschauen, the Prisoner wurde von den Simpsons genial parodiert^^

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