„Links, Rechts, Zwo, Drei Vier…“ – Partei-Kompass mit kaputter Nadel
Links, Rechts, oben, unten, nah, fern, Mitte… Der Fall Oettinger zeigt, dass die Lernlieder aus der Sesamstraße in der Politik immer noch hochbrisant sind. Dabei ist mir manchmal nicht ganz klar, warum hier so viel Wert auf Rechts-Links-Denken gelegt wird.
Da macht man auf dem Wahlschein glatt 3 Kreuze, sobald diese nervige Situation vorbei ist: Will einem jemand erklären, wofür ein Politiker oder eine Partei steht, geht das nämlich meist so: „Links, aber nicht gaaaanz links. Dreiviertel-Nicht-Rechts, würde ich sagen.“ – Und was heißt das jetzt konkret? Und was ist ein „Linker“ überhaupt? Einer, der Kohle subventioniert oder eher Steine wirft (und bei Steinkohle schon nachgrübeln muss)? Und ist es dann einer jener Linken, die das Kapital so verachten, dass beim Supermarkteinkauf eine Hand mit Muscheln auf den Tresen knallen, oder einer derjenigen, die sich nur über Heuschrecken beschweren, um dann sein privates Kapital zu einer zu tragen? – Unter dem selbstbetrügerischen Deckmäntelchen der biedermeiernden Sparkassenatmosphäre natürlich. „Hedge-Fond? Klingt gut!“
Für mich persönlich ist der ganze Links-Rechts-Schmu mit Option auf „Mittels“männer unmodern und veraltet, da er Programm vortäuscht, das man vielleicht nicht mal kennt. Nehmen wir z.B. einen eher rechten Politiker: Es kann sein, dass er für einen Einwanderungsstopp ist und für „Schniedel-ab“ bei Sexualstraftätern. Rechter wird’s dann wohl nicht mehr unter den etablierten Parteien wie z.B. CDU/CSU. Es kann aber auch sein, dass er sich einem altertümlichen und oftmals übersehenen Konzept der „Differenzierung“ unterwirft und nur für eines von beiden eintritt. z.B. könnte er dafür sein, Ausländer nach 3 Jahren automatisch abzuschieben, die weniger als 20 Jahre in Deutschland verbracht haben, andererseits die Kinderschänderschar aber nur um einen einzigen Hoden erleichtern will. Aus Mitleid. – Gut, auch noch rechts, aber nicht mehr so rechti… richtig.
Und was ist, wenn es die Sachlage erfordert, Straftäter lebenslang wegzusperren (mit Erweiterungsoption für Wiedergeburten), aber dafür die Bundeswehr komplett dichtzumachen, um den Kohlendioxidausstoß bei den nervigen Verweigerungsverfahren einzusparen? Rechts und Links ergibt insgesamt gesehen wieder die Mitte? – Das erinnert mich an den alten Physikerwitz, bei dem jemand sein rechtes Bein in flüssiges Strickstoff und sein linkes in kochendes Wasser zu halten hat, und der auf Anfrage dann antwortet: „Im Durchschnitt Zimmertemperatur!“
Kann man nicht einfach das vertreten, was vernünftig und geboten ist, unabhängig davon, wie dies vorfahrtsrechtlich einzuordnen wäre? Muss man sich denn unbedingt mit infantilen Richtungsangaben profilieren, weil man glaubt, man erscheine vor den Wählern noch nicht rechts/nördlich/stelzbeinig/puffstaußig (= erfundene politische Einrichtung, die eine vertikale Skala hinzufügt) genug? In meinem Trekkie-Umkreis wird man ja auch nicht gefragt, ob man eher Materie oder Antimaterie vertritt!
Und wenn man von solchen Schwarz-Weiß-Gedankenkonstrukten erst einmal abgerückt ist, dann ist auch nicht mehr so wichtig, ob Herr Nazirichter Filbinger bei seinen Todesurteilen innerlich rebelliert hat und dies sogar sein Gastrologe unter Eid bestätigen könnte! Er hat’s damals vermutlich getan, damit man ihn den Penis nicht auf LINKS krempelt und den Kopf vom RECHTEN Fleck kloppt. Oder weil sein Widerstandsmut eher der damals üblichen MITTE der Gesellschaft entsprach.
Und jetzt entschuldigt mich, dass ich diesen Artikel vorzeitig abbrechen muss, aber im Moment lesen laut Counter zwei Grüne und ein Gelber zu. – BÄH! Scheiß Farben…
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