Star Trek Enterprise – 1.16 – „Allein“ („Shuttlepod One“) Review
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von Daniel Klapowski
Wunderhübsch! Interessant: Die Erfindung des Vakuums war in ST ja schon längst überfällig!
Ja: Nachdem wir durch jahrelange Hirnwäsche inzwischen davon ausgegangen waren, dass Kraftfelder universell einsetzbar sind und in Neelix` Kantine dafür sorgten, dass sich niemand die Hose bekleckerte, sahen wir diesmal, dass dies nicht sein muß!
Wurde aber auch Zeit: Ich ertappte mich schon dabei, wie ich bei TV-Nachrichten aus Erdbebengebieten auf ein blaues Glühen wartete. Immer genau in der Sekunde, in der 50 % der halben Lehmhütte einfach wegbröckelten… Und ST war Schuld an dieser Sichtweise: Sofern noch ein paar Quadratzentimeter Hülle vorhanden war, konnten die 10 mal 10 Meter großen Brandlöcher schließlich immer noch irgendwie mit Flimmerware zugemauert werden.
Doch nicht so bei Malcolm und Tucker! Joachim Bublath wäre stolz auf diese Präsentation gewesen: Angeknackstes Schiff entlässt genüsslich pfeifend die Atmosphäre. Keiner weiß wo, keiner weiß wie viel, nur eines ist klar: Ein Loch ist im Eimer, Karl-Otto!
So dünn wie in „Enterprise“ war die Grenze zwischen Weltraum und muffiger Fahrgastzelle noch nie gewesen. Auch wenn ich bezweifele, ob man Soßenbinder so einfach zum Dosenbinder umfunktionieren kann…
Positiv aufgefallen ist mir auch die Gefriertruhen-Atmosphäre an Bord. Tucker und Malcolm werden mir da sicherlich entschieden widersprechen: Aber ist es nicht fein zu sehen, wie die beiden, Kettenschmauchern gleich, bei jedem Atemzug einem Dunstwölkchen die Freiheit schenkten? – Ich erinnere mich noch sehr leblos an diverse ST-Folgen, in denen die Charaktere ebenfalls zu erfrieren drohten. Aber dort hielt der Zuschauer meist rein instinktiv nach Eisläden und Erfrischungsgetränken im Hintergrund Ausschau. Die Atmosphäre in der diesmaligen Ent-Folge war hier doch schon ungewohnt frostig…
Schon wegen der ausgiebigen Nörgeleien an Bord. Eine Männer-WG auf Achse! – Was klingt wie eine neue Sat.1-Comedy-Serie für Wohnwagenbegeisterte, ist in Wirklichkeit eine der schönsten „Charaktere in auswegloser Situation“-Sequenzen seitdem Braga und Berman gemeinsam am „Endgame“-Drehbuch gesessen haben!
Der eine will genüsslich schlafen, der andere aber nicht mit ihm… Und während Reed angstnasig den Schiffscomputer mit mutlosem Gegreine füttert, grabscht sein Kamerad schon sehnsüchtig nach einer Pulle Jägermeister. Das sind wahre Männer! Männlichkeit… Das ist, wenn zwei Kerle dem Tod in sein skelettiertes Angesicht schauen und sich gemeinsam die Stange halten. Gerne auch in Form einer Alk-Flasche. Und proportional zu den verstreichenden Stunden nimmt der Wunsch nach großen, warmen Brüsten erschreckend zu. Wo ist Doktor Phlox, wenn man ihn mal braucht?
Auch süß: Das Shuttle steht da so dumm im Weltraum rum du keiner weiß den Weg. Da ich zu den Leuten gehören, die sich 500 Meter vom eigenen Haus in einer Hauseinfahrt verfahren, habe ich mir schon immer gewünscht, dass Trek-Charaktere mal rechts ranfliegen müssen. Für uns war das Vorhandensein von tollen Sensoren schon zur Selbstverständlichkeit geworden: Wer Voyager kennt, weiß bescheid: Gerade in diesem Moment passieren Klapowski-Lebenszeichen den Jupiter und können von jedem x-beliebigen Raumschiff zurückverfolgt werden…
Und hier? Die Verflogenen popeln mit dem Finger an der Windschutzscheibe herum und suchen nach auffälligen Lichtpunkten. – Wer sich DA nicht hineinversetzen kann, ist selber schuld.
Tatsächlich funktioniert die Folge auch als Reed-Charakterepisode. Normalerweise sind Geschichten, die von vorneherein als „Charakterstudie“ ausgelegt sind, erzwungenes Stückwerk. Wir erinnern uns noch an die trantütigen Mayweather-Weisheiten zur Lage der Nation und an die Glasur von Reeds Geburtstagskuchen… Doch diesmal haben wir gelernt, dass Malcolm nicht nur ein Pessimist ist, sondern auch T`Pol mal von hinten unter die Arme greifen würde. Alkohol macht`s Möglich!
Fazit: Die Story an sich ist dünn wie Krepp-Papier. Rettung und Streit waren mehr als vorhersehbar. Trotzdem bedeutet dieses Trek-light-Highlight wieder einmal beste Unterhaltung für alle, die seit Voyager die Abwesenheit einer Rahmengeschichte durchaus zu schätzen wissen…
Note: 2
(dk)
In den Reigen der überfälligen Errungenschaft reiht sich denn auch die akustische Untermalung der Weltraumexplosionen. Sollte man trotz der tollsten und hellsten CGI-Ergüsse noch nicht wieder bei Bewusstsein sein: Ein kräftiges "Krawumm" und die Mute-Taste verliert ihre Berechtigung, das gerade gefundene Vakuum seinen Sinn.
dbg