Star Trek Enterprise – 1.08 – „Das Eis bricht“ („Breaking the Ice“) Review
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von Daniel Klapowski
Der Titel der diesmaligen Folge riecht sofort penetrant nach einer versteckten Doppeldeutigkeit, sofern man bei derartig starker Geruchsentwicklung noch von „riechen“ sprechen kann… Und tatsächlich: Nicht nur, dass im Verlauf der Episode einst eng verbundene Wassermoleküle plötzlich einer Risszeichnung ähneln, nein: Gleich zwei typische Vulkanier, an denen Luftballons und Papiertröten naturgemäß deplaziert wären, gilt es zur Redseligkeit zu verführen…
Doch der Reihe nach:
Es ist schon dunkel geworden, als der Enterprise auf ihrem Weg durch das unendliche Weltall (das wie immer mehr breit als hoch ist) von einen riesigen Kometen die Vorfahrt genommen wird. Dessen Hobbys lesen sich wie die unserer Kritiker: Durch luftleeren Raum segeln und eine nebulöse Dunstwolke von sich geben. – Man entdeckt sogleich ungewöhnliche Mineralien (Schneekristalle?) und beschließt, einen Winterspaziergang zu organisieren. Zu diesem Zwecke kauern sich Mayweather und Malcolm Reed in ihren fliegenden Kleiderschrank und sausen mal kurz herüber. Auftrag: Das Innere mittels Sprengung, Bohrung und anderen, sternenflottigen Elitetricks analysieren und ein paar Proben in die Einkaufstüte manövrieren…
Derweil findet Hoshi auf der Enterprise heraus, dass T`Pol heimlich das Firmentelefon für den Kontakt mit einem vulkanischen Schiff benutzt hat. Und weil im Drehbuch noch ein paar Zeilen frei waren, erscheint ein eben solches tatsächlich im Dunstkreis der „Enterprise“…
Um das Ergebnis schon einmal vorwegzunehmen: Diese Episode ist die bislang unaufregendste aller bisher ausgestrahlten. Das SF-Element des gar unheimlichen Eiskometen ist eigentlich nur der Aufhänger für ein actionorientiertes Finale Grande, das zu der eigentlich erzählten Story (T`Pol-Charakterfolge) keinen größeren Bezug besitzt. – Eine Ähnlichkeit zu dem Ende von „Terra Nova“ lässt sich ebenfalls nicht von den rauen Kritikerhänden weisen… Denn auch hier geht ein übergroßer Shuttlearsch wortwörtlich auf Grundeis und versinkt ohne Abschied in einem schnieken CGI-Luxusklasseloch…
Die vollste Figurbetonung liegt auch in dieser Folge wieder einmal auf der figurbetonten T`Pol, dem spitzbübischen Archer und seinem Ausbilder in Sachen Spitzbübigkeit, Maschinenflicker und stolzer Träger diverser Schwangerschaftsstreifen: Tucker…
Mayweather hingegen scheint langsam an Struktur und künstlerische Form zu gewinnen: Wenngleich man das eingeschmolzene Ding selbst in einem Museum für moderne Kunst noch für hässlich halten würde.
Inzwischen kann man immerhin guten Gewissens behaupten, dass er die Figur ist, die unseren allseits geliebten Frührentnern am nächsten kommt: Der schwarze Schwätzer ist nach wie vor DER Mann, wenn es darum geht, fasziniert aus Fenstern zu schauen und mit einem seligen Lächeln die Wunder des Universums zu bestaunen. – Hier muß der Charakter dringend noch etwas zurechtgefeilt werden, wobei sich dafür eine handelsübliche Kettensäge anbieten würde…
Denn zusammen mit seinem Kometen-Kommilitonen Reed hat er auch diesmal nichts Erwähnenswertes zu vermelden. Sympathisch und rührend kommt jedoch die Szene daher, in der Mayweather mittels Kometenschnee (Das ARD-Wetterstudio meldet: Schlimmster Schneesturm auf atmosphärenlosem Kometen seit Menschengedenken) einen Schneemann mit vulkanischen Löffelohren zurechtknetet. Eine nette, verspielte Idee, die man sich natürlich mal leisten kann, wenn man auf dem Brocken ansonsten nichts zu tun hat…
Freund Reed hingegen schleift weiter an seiner Ausstrahlung als vollzeitcooler Waffenfreund. Seinen bislang schönsten Satz dürfen wir nach der Sprengung eines kleinen Kraters genießen: „I was hoping for a little bit more symetrie“… Hier spüren wir: Dieser Mann ist das Äquivalent zu Mitmenschen, die im Keller Handfeuerwaffen in Vitrinen verwahren und „Pazifizmus“ als die letzte Geisel der Menschheit verfluchen… Kurz: Menschen wie er sind es, die auf Raumflughäfen den Metalldetektor die Schweißnähte auf die Stirn treiben lässt…
Das Highlight der Folge ist jedoch die Kontaktaufnahme der Enterprise mit einer irdischen Schulklasse. Fragen, die die Welt der ST-Fans bewegen (wir reden von einer recht kleinen und verbohrten Welt), werden hier wunderhübsch beantwortet: Wie kommt der Schiffstranslator zum Einsatz? Mit dem Bus? Und was passiert mit all den Fäkalien, die Crew tagein, tagaus austrägt und liebevoll gebärt? Und kennen wir kostengünstige Stiefel aus Scheiße nicht noch von unseren letzten Einkäufen bei „Deichmann“? – In dieser sehr humorvollen Sequenz berichtet unsere Crew von den Brettern, die die neue Serienwelt bedeuten…
Ein weiteres, kleines Highlight an trockenem Humor bietet das Abendessen mit dem vulkanischen Captain, dem selbst ausgebuffte Spitzohrfans einen enormen Hang zur Arroganz bescheinigen müssen.
Tee? Will er nicht, trinkt Pferdebier: zwei Teile Wasserstoff , verrührt auf ein Teil Sauerstoff. Allerfeinstes Wasser.
Und eine Führung durch das Schiff? Interessiert den grauhaarige Mäuserich nicht die Bohne! Lieber unfreundliche Kommentare in die Wohnzimmer der Trekfans rotzen, das gefällt ihm!
Konversation? Mit MENSCHEN? Pflanzen die sich nicht Bäume auf die Brücke, um sich im Notfall einen Fluchtweg nach oben freizuhalten?
Gut, dass Archer die geschniegelte Spaßbremse kurzerhand ohne Nachtisch des Speisesaals verwies! Wenn wir Klugscheißer wollen, schicken wir Klofrauen auf Abendschulen!
Ein wenig verwirrt hat mich jedoch das Ende der Geschichte: Während 2 Crewmitglieder den Mittelpunkt des Kometen stürmen und einzunehmen drohen, lehnt Archer zuerst die Hilfe der Vulkanier mit rüden Worten ab. – Möglicherweise hielt er „Traktorstrahl“ auch nur für eine Güllefontaine einer landwirtschaftlichen Maschine, wer weiß…
Mit derart falschem Stolz macht man sich unter Kollegen auf Dauer sicherlich keine Busenfreunde und andere T`Pol-Verehrer…
Kurz, aber herzlos waren die T`Pol-Sequenzen. Die waren in etwa so ergreifend wie Kopfgeldjäger auf der Suche nach Bin Laden… Gut, sie musste ihre Hochzeit absagen, aber sollen wir angesichts des unbewegten Gesichteleins in tiefster Trauer ausbrechen? – Nein, da sorgte auch Sozialarbeiter-Tucker nicht für viel mehr Tiefe, als er die Heiratskultur der Vulkanier (In der Zukunft wurde diese günstig von einem türkischen Gastarbeiter an die Grünblüter abgegeben) kritisiert…
Die Effekte und Kulissen waren (wie immer) zuckersüß und mächtig. Wenn der gesprengte Krater auch sehr an die Gußformerotik aus allseits bekannten Freizeitparks erinnerte…
Viel lieber hätte ich gesehen, wie unsere Freunde auf dem Kometen ein paar neckische Luftsprünge veranstaltet hätten, um bei der Enterprise durchs Lokusfenster zu schauen. – Sonderlich groß und stark kann die Gravitation schließlich nicht gewesen sein…
Fazit: Eine Folge, die vor allem durch spaßige Momente auf- und vor allem gefällt, inhaltlich jedoch allenfalls die Konsistenz von Kunstschnee in der Mikrowelle besitzt…
Note: 3+
(dk)
Erster
Zitat: "Möglicherweise hielt er "Traktorstrahl" auch nur für eine Güllefontaine einer landwirtschaftlichen Maschine, wer weiß… "
zuuuuuuu geil!!! ich schmeiß mich weg! alleine dafür sollte man dem autor den grimme-preis verleihen! ^^