Star Trek Voyager – 7.24 – „Der Renaissance Mensch“ („Renaissance Man“) Review
Das war sie also: Die letzte Folge vor der vorletzten. – Diesmal hagelt es Rollenspiele, da raucht der Emitter…
Oft vermisse ich einfach die seligen TNG-Zeiten… Wer erinnert sich nicht gerne daran, wie Riker und Picard damals unbarmherzig die Selbstzerstörung starteten? – Ob nun übermächtige Aliens Picard’s geheime Teemischung zu erpressen versuchten, allmächtige Energiewesen perverse Experimente mit Mignon- batterien durchführten oder Wesley lautstark weinend mitteilte, dass seine Milch zu heiß war, mit der ein Crewmitglied mutwillig seinen Kopf verbrüht hatte:
Niemand hatte ausreichend Bammel gehortet, um vor einer Selbstsprengung zurückzuschrecken. Ja, da war noch militärische Ordnung im Franzosenrevier! Befehle wurden noch ausgeführt und Menschen opferten freiwillig ihr Leben für die gerechte Sache, die moralische und kulturelle Unterwerfung des Alphaquadranten…
Doch bei Voyager ist vieles einfach anders herum. Außer Kim und Neelix nämlich auch die Kommandostruktur, die sich dadurch auszeichnet, dass sie nur eine freundliche Empfehlung darstellt, Motto: „Ungehorsam strengstens verboten! – Wer erwischt wird, erhält strengstes Meutereiverbot! Wer auch dagegen verstößt, für den tritt der letzte Satz in Kraft!“
Wenn Janeway also den Befehl gibt: „Doktor, übergeben sie den Fremden nicht unseren Warpkern, ohne wären wir hilflos!“ so muss dieser sich nicht unbedingt daran halten. Im Gegenteil: Unterschwellig wird sogar erwartet, dass er noch Tütensuppen und 1 bis 2 Warpgondeln drauflegt. Oder sich auf die Warpgondeln drauflegt. – Ist eh‘ Wurscht, geht ja sowieso alles gut aus…
Die Begründung für des Doktors Verhalten erscheint dabei so sinnig wie Iglus auf dem Merkur: „Die Voyager kann ohne einen Warpkern auskommen, aber nicht ohne einen Captain!“
Hier Schnitt. – Wir stellen uns nun die Voyager vor, wie sie mit 20 km/h durch den Feldweg des Quadranten rasselt. Mit einer Janeway, die nervös am Klofenster steht, weil wieder einmal dringend benötigte Siliziumsalze, Deuteriumdämpfe und geschnetzelte Schuheinlagen gesucht werden, die das Schiff dringend für seinen Antrieb/den Computer/seinen Seelenfrieden benötigt…
Und nun stellen wir uns eine Voyager vor, die mit 180 km/h über die A3 kesselt. Mit einem Chakotay, der zärtlich seine vier Kragenpins streichelt und dabei auf einem Haufen Siliziumsalzen, Deuteriumdämpfen und Schuheinlagen sitzt… – Welche der angesprochenen Möglichkeiten ist wohl absolut nicht zu gebrauchen, hmm? Genau! – Die tiefgründige Klofenster-Parabel!
Um es abzukürzen: Dass der Doktor abermals nicht für seinen Ungehorsam bestraft wird, ist lächerlich und öffnet das einst durchdachte ST-Universum für Grundschüler mit Pokemontorpedos…
Doch kommen wir zum Hauptthema der Folge: Eine Bäumchen-Wechsel-Dich-Komödie. Motto: Fester Geist im falschen Körper. – Ein Thema, dass in den 80ern mindestens 20 sogenannte „Bodyswitch“-Komödien hervorgebracht hat. Tja, als ich letzte Woche sehr unaufmerksam diese Episode verfolgte, fand ich das Ganze sogar noch amüsant und urkomisch. Heute, bei nochmaliger Betrachtung der Folge (ja, das tue ich nur für EUCH, liebe Leser!) ist mir aufgefallen, dass ich damals wohl damals über die Waschmittelreklame Tränen gelacht habe…
Warum?
Zum wiederholten Male muss ich bei Voyager-Reviews ein weitere Erfolgsserie zum Vergleich heranziehen. Nämlich erneut das Ohnsorg-Theater… Das Versteck- und Verkleidungsspiel ist nicht mehr als die uralte Variante von „Mann geht aus überfülltem Zimmer heraus, kommt verkleidet zur Hintertür wieder rein.“. Oder: „Mann versteckt sich in Frauenkleidern unter dem Tisch und imitiert stimmlich seine verstorbene Großmutter“. Da gibt es viele Varianten. Alle haben sie eines gemeinsam: Sie sind völlig unglaubwürdig und Banane.
Dass der Doktor teilweise 4 Personen gleichzeitig darstellt/einschläfert (Zuschauer nicht eingeschlossen), ist doch schon hart an der Grenze des Hanebüchenen. So hat die falsche Janeway plötzlich „Kopfweh“ und will ungestört in ihrem Quartier zuende menstruieren, was von der Crew einfach hingenommen wird. Hätte Picard das jemals gebracht, wäre das ganze spätestens nach 5 Minuten aufgefallen, weil Troi sich mit ihrer sprühenden Gesprächsbereitschaft und funkender „Reden wir doch darüber“-Mentalität durch die Tür zum Captain’s Room geschweißt hätte…
Witzig und unterhaltsam sollten wohl vor allem 3 Stellen sein: Erst einmal der pubertäre Gag mit dem erzwungenen Kuss, der immerhin ein müdes Schmunzeln aus meinem Gesicht meißeln konnte… Dann die komische Sequenz, in der Kraterstirn über Tuvok hinweg an der Decke herumstrampelt. Wohl wieder die ganze Nacht parallel auf zwei Fernsehern Matrix-Moves und Spiderman-Trailer geschaut, wie? Seit wann kann der Doktor denn das?? – Ich will das genau Datum nebst Uhrzeit, an dem ein überzähliges Bier eine Autorenkehle hinunterrann und ihm unbarmherzig den Samen für diese Idee einpflanzte!
Dann wären da noch Dutzende von Doktoren, die auf dem Holodeck den Unsicherheitschef (wir berichteten bereits darüber) bezwangen. – Nett, nett, nett…
Das Ende der Story ist kinderkompatibel bis zum 14. Lebensjahr: Der böse Aliencaptain (fies und gemein. Eben der, zu dem man in Fantasy-Zeichentrickfilmen stets „Ja, Meister!“ zu sagen hat) bringt seinen bis dato treuen Untergebenen gegen sich auf (Fistelstimmig und sensibel, ein verlorenes Schaf), der plötzlich ganze Leben umkrempelt und halbe Hinterköpfe perforiert. – Süß. Platt. Voy.
Insgesamt eine typische Voyager-Folge, die wieder mal mit scheinbar bahnbrechenden Luxusideen um sich wirft und sich dabei wie der König der Welt an der Reling der Kreativität fühlt. Trotz aller Unwahrscheinlichkeiten hasse ich diese Folge aber nicht. Nach all dem ENTERPRISE-Konsum der letzten Wochen ist es fast eine Wohltat, eine ST-Folge zu sehen, die es auf über 2 Wendungen/45 Minuten bringt, mögen sie auch noch so hohl sein…
Note: 3 –
(Total lustige Bild-Untertitel vom Sparkiller.)
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