„Der Tag an dem die Erde still stand“ – Das Review
Die meisten Leute mögen es, wenn die Erde im Film mal so richtig kaputt gemacht wird! Ebenso wie bei einem grüngesichtigen Heroinwrack am Hauptbahnhof kann man sich von diesem Anblick nämlich nur schwer losreißen. Ganz zu schweigen von diesem komischen Gefühle der Freier… der Freiheit, die uns überkommt, wenn uns alle so RICHTIG was überkommt. Diese wohlige Gefühl namens „Endlich ist es vorbei und ausgestanden, tschüss Gaza-Streifen!“, das wohl jeder nachvollziehen kann… Oder ist dieser Film selbst vielleicht nur etwas, was man geduldig auszustehen hat?
Manchmal ist es gar nicht so blöd, sich vorher sagen zu lassen, wie Scheiße ein Film doch sei. Ab und zu wird man dann nämlich doch mit solider Mittelmäßigkeit überrascht, die einem dann so sehr beglückt wie Omas verlorenes Gebiss, das überraschend in der städtischen Kanalisation wiedergefunden wurde: Richtig freuen tut man sich darüber zwar nicht („Igitt!“), aber als Kuriosität des Lebens ist die Sache durchaus einen Dreizeiler in der BILDzeitung wert.
So fühlte ich mich auch beim Anschauen von TES („Tag, Erde, Stillstand“). Was musste ich vorher alles an Negativem über den Film vernehmen! Ich hatte beinahe schon Angst, dass es sich hierbei doch um einen verkappten Til-Schweiger-Film handeln könnte, in dem Michael Bully Herbig in eine Doppel-Doppelrolle gleich 4 Schwule spielt. – Daher arbeite ich diese Filmkritik erstmals anhand der Aussagen von Freunden, Bekannten und den sabbelnden Bytes aus Internetforen ab. Was stimmt, was ist überzogen? – Klapowski räumt auf mit dem Meinungswirrwarr und präsentiert danach die ultimative und unangreifbare Wahrheit. – Ein gemeinsamer Service der „Satire GmbH“ und der Katholischen Kirche!
Vorurteil 1: „Das Kind nervt gewaltig!“
Okay, Drecksblagen, die in ernsten Momenten (= Geht die Erde wirklich in die Binsen?) mal gerade einen spontanen Waldspaziergang wagen, sind nicht jedermanns Sache. Und wenn Klein Wuschel zufällig „Aktenzeichen XY“ sieht und danach gleich beim Militär anruft, um Onkel Alien abholen zu lassen, kann der Vordermann im Kino schon mal ein bisschen nörgeln. – Weil man unbedingt den Kopf gegen seine Sitzrückseite schlagen muss…
„Bitte, lieber Außerirdischer! Ich will meinen Sohn doch später mal aufwachsen sehen!“ – „Kein Problem, Ma’m! Aus euren Kindern machen wir nämlich allesamt Dünger für die lieben Bäume eurer Welt!“ – Öko? Logisch! Klaatu fährt gleich mit der hübscheren Halbschwester von Claudia Roth um den Block und diskutiert dabei, warum die Menschen eigentlich so grausam sind…
Andererseits war das Kind wohl notwendig, um eine etwas infantilere Sichtweise des Geschehens zu bekommen. Schließlich ist Stiefmutti einen abgebrühte Doktorantin und das wäre im Zwiegespräch mit Klaatu eventuell doch etwas langweilig geworden: „Was habt ihr vor? Sach’ ma’ ganz objektiv und so.“ – „Das Unvermeidliche.“ – „Und was genau?“ – „Sag’ ich nicht!“
Da ist man fast schon dankbar(!), wenn der Wurzelzwerg zwischendurch pinkeln oder unbedingt den Friedhofsgärtner nass heulen muss…
Vorurteil 2: „Die Action ist lahm/ Effekte sehen künstlich aus!“
Mittelmäßige Effekte kann ich nicht bestätigen. Als ich zuletzt eine wabernde, undefinierbare Kugel im Bielefelder Stadtpark gesehen habe, sah sie GENAU so aus. Und die silbern-futuristischen Wolken, die bereits im Filmtrailer ein Stadion verhackstückten, habe ich auf meinen weiten Reisen (Mallorca, usw.) auch nicht anders kennen gelernt. Ergo: Bei computeranimierten Tieren, Menschen und Raumschiffen lasse ich diese Kritik gelten, da diese mir besonders lieb & teuer & wohlbekannt sind. Hier hingegen ist schon alles in Butter. – Vertraut mir, ich weiß, was ich sehe!
Und dass man – verglichen mit anderen Blockbustern – nicht 90 Minuten lang mit Spezialeffekten und Kämpfen zugeschissen wird, war mir durchaus mal Recht. So kann man später wenigstens in Ruhe die Charakterentwicklung kritisieren, ohne von Flashbacks an TNT-Fässer und Atombombenexplosionen unterbrochen zu werden.
„Meinst Du wirklich, dass die Aliens so überheblich sind, wie alle sagen?“ – „Na klar. Wir stehen hier vor einem ihrer Furzkissen. Und das haben sie sogar für den lieben Gott aufgestellt!“ – Die Außerirdischen sorgen im Park für mächtig Wirbel. Ursprünglich wollten sie dem US-Präsidenten sogar den Mond vor die Füße werfen, was sie dann aus Mitleidsgründen doch unterlassen haben. Auf dem Erdtrabanten hatten die galaktischen Umweltschützer nämlich überraschend zwei schützenswerte Mikrobenarten entdeckt…
Vorurteil 3: „Keanu Reeves spielt so schlecht.“
Zugegeben, einen Oscar wird Keanu für diese Leistung nicht bekommen. Und auch keinen anderen Preis mit Herrenvornamen. Dafür kann man aber anerkennend sagen: Niemand spielt so passend einen Niemand! Und Nobody ist in diesem Fall tatsächlich perfect. – So wie Leonard Nimoy der perfekte Vulkanier war, so ist der blässliche Tupperdosenvertreter die perfekte Projektsfläche für Leute, die sonst nichts zu melden haben. Als kühl agierendes Alien im frischen Menschenkörper könnte ich mir niemand anderen vorstellen, der mich so unterhaltsam langweilen dürfte.
Trotzdem ist Keanus Figur etwas grenzwertig, rein dramaturgisch betrachtet: Gefühlte 2 Tage gurken die 3 Figuren mit ihrem japanischen Luxusflitzer (sehr auffälliges Product Placement, by the way) durch die Pampa. Klaatu brummelt die ganze Zeit desinteressiert, dass die Menschheit der letzte Dreck, dumme Vandalen und eine perverse Pottsau sei (er drückt es nur etwas freundlicher aus), schaut etwas ratlos aus dem Seitenfenster und vollbringt an den Rastplätzen ein paar biblische Wunder. Da hätte er am Ende des Filmes noch einiges nachlegen müssen, um den harten Kern in seinem weichen Keks zur Geltung zu bringen. Aber zu dem Schluss kommen wir dann jetzt noch…
Vorurteil 4: „Das Ende ist doof!“
Und tatsächlich muss ich hier meinen uneingeschränkten Segen ausschütten! Der Schluss ist nicht nur doof, er hat auch einen kleinen Schniedel. Um es vorher aber noch mal klar zu sagen: Der Film davor war gehobener Durchschnitt, der noch dazu von dem Gefühl „Da kommt noch so einiges“ aufgewertet wurde. Zwar kein Meisterwerk, aber doch unterhaltsamer als beispielsweise „Krieg der Welten“, das verfilmte Versteckspiel mit dem vorab bekannten Endgag.
Bei „TES“ hingegen fragte man sich schon (Ab hier durchgängig: SPOILER!), warum Klaatu die Erde am Ende ungemordet davonkommen ließ. Was genau hat ihn von der Güte und Milde der menschlichen Rasse überzeugt? War er beeindruckt von der unangenehmen Hartnäckigkeit seiner Verfolger? Ist es auf seinem Heimatplaneten ein Beweis großer Liebe, mit einer Handfeuerwaffe begrüßt zu werden? Werden Kampfhubschrauber dort als Friedensangebot angesehen? Wird der Versuch, unter Drogen gesetzt zu werden, als willkommener Absacker zum Feierabend gewertet? Sind Fesselspiele dort eine Alternative zur unterhaltsamen Vorabendserie?
„Dieser Obama war ja eine echte Enttäuschung. Gut, dass ich den jetzt mal niedergeschlagen habe… Oh, Erdgasleitungen? Dann geht es hier sicherlich zu Putin.“ – Kriegen und bekriegen lassen: Klaatu, so bieder und milchgesichtig er auch aussieht, hat ein Ziel, von dem er sich durch nichts und niemanden abbringen lässt. Okay, höchstens von einem „Achtung, frisch gebonert“-Schild…
Oder hat es ihn beeindruckt, dass eine Mutter doch tatsächlich zu weinen beginnt, weil ihr Kind zu sterben droht? – So nach dem Motto: „Wie, ihr Menschen habt ja doch Gefühle für euren Nachwuchs?! Wir dachten eigentlich, diese so genannten ‚Kindergärten‘ wären so etwas wie Wurstfabriken? Okay, dann machen wir das mal rückgängig jetzt. Sorry, mein Fehler.“
Und genau DA beißt sich die Katze in den Schwanz sowie der Klapowski in die Wade des Filmvorführers: Die Aliens wollen die Menschheit also ausrotten, weil diese ihre Umwelt vernichten und der Planet für weniger zerstörerische Lebewesen reserviert werden soll. Praktisch „Unser All braucht Raum“ in der galaktischen Herrenmenschen-Variante. Aber um zu diesen – durchaus goldrichtigen – Schlussfolgerungen zu gelangen, werden doch etwas seltsame Daten ausgewertet. Anstatt wie damals, in der klassischen Star-Trek-Serie, vernünftigerweise einfach Abraham Lincoln gegen einen Klingonen antreten zu lassen, verlässt man sich auf extrem subjektive Beobachter. Zum Beispiel auf einen alten Chinesen (Japaner? In Wirklichkeit zumindest auch ein Alien), der Jahrzehnte lang die Menschheit beobachtet hat.
Mit diesem trifft sich Klaatu zwischendurch mal gerade bei McDonalds(!), um dann zu hören: „Tolle Leute, gutes Essen, viel Potenzial. Ich liebe die Menschen! Aber deren Schicksal ist ja eh schon besiegelt. Macht die mal ruhig alle tot, ich bleibe dann auch hier und sterbe mit ihnen…“
Das ist die Krux am Film: Man weiß einfach nicht, wer, wann, wieso und aufgrund welcher Daten die Ausrottung der Menschen beschlossen hat. Da Klaatu diese Entscheidung aber mit einem kräftigen Streicheln seiner Kugeln (ich meine dieses Raumschiff im Park, ihr Schweine!) wieder rückgängig machen kann, wurde die Entscheidung wohl vom galaktischen Außenminister auf dem Klo ausgewürfelt. Und da dieser vermutlich Alzheimer hat, konnte Klaatu auch in Eigenregie die Entscheidung umwerfen, ohne eine spätere Wiederaufnahme der Vernichtungsmaschinerie befürchten zu müssen…
„Die Mauer muss weg! Wir sind das Volk… äh… die längste Zeit gewesen!“ – Eyecatcher versus Staubfänger: Als der Typ vom Wetterkanal „Tiefdruckgebiet mit anhaltender Bewölkung“ sagte, hätte er sich ruhig noch etwas drastischer ausrücken können! Der komplette linke obere Ausbuchtung in der Vernichtungswolke gehörten übrigens mal komplett zu Rainer Calmund…
Oder sollte die Erde jetzt nur vernichtet werden, weil Klaatu zu Beginn angeschossen wurde? War der Versuch eines Händeschüttelns, als er erstmals aus seinem Raumschiff steigt, vielleicht sogar GANZ anders gemeint? War die offene Hand eine unverblümte Aufforderung zur Schutzgeldzahlung? Motto: „Mein Chef muss davon ja nichts erfahren.“ Und warum ist ein so fortschrittliches Alien, das sich später hervorragend zu wehren weiß, so doof, ungeschützt vor ein paar Scharfschützen zu treten? Wenn ICH erstmals auf einem fremden Planeten landen werde (hoffentlich bald…) und dabei vielleicht die Heilige Ruhestätte der Gnarl entweihe, würde ich erst mal ein großes „Sorry“-Pappschild aus dem Fenster halten!
Oder den Gastgeber wenigstens vorher anrufen. Ist ja bestimmt nicht so, dass Klaatu keinen Kuchen mag, oder? – Wobei das US-Militär im Film natürlich ebenso doof daherkommt. Preisfrage: Wenn ein außerirdisches Wesen einem Menschen erstmals die Hand drücken will, was sagt man dann?
Antwort a) „Feuer! Feuer!“
Antwort b) „Keine Gefahr. Lasst uns dieses epochale Schauspiel passiv genießen.“
Aber all das habe ich noch nicht mal so schlimm empfunden wie das „Schwups-wir-lassen-euch-Leben“-Ende. Denn auf der Habenseite ist da immerhin dieses diffuse „Independence Day“-Gefühl, und diesen Klassiker verehre ich trotz Trashfaktors noch heute. Niemals hat man ehrfürchtiger (und angekokelter) zum Himmel geschaut als dort! – Dagegen kommt „TES“ natürlich nicht an, aber das Gefühl des wohligen Schauderns hält immerhin so lange, dass ich mich eigentlich nie so richtig gelangweilt habe…
Nach Logikfehlern sollte man vermutlich nicht suchen. Ansonsten würde man vermutlich schon bei der Frage verzweifeln, warum die gerade erst rekrutierte und zivile Wissenschaftlerin denn das Wahrheitsserum verabreichen soll, wo doch genügend Militärärzte herumlatschen dürften… Hat da das Pentagon etwa in den streng geheimen Unterlagen zu dem Thema „Die Erschaffung einer weltrettenden Hauptperson in nur 60 Minuten“ geblättert?
„Scully, in diesem Sumpf ist etwas Merkwürdiges geschehen. Und außerdem will ich sie jetzt unsittlich berühren!“ – Halt’s Maul, Mulder: Alternativ könnte auch Peter Versteinerts Theaterstadel zurückgekommen sein. Aber das wäre schon ein SEHR gewagtes Wortspiel angesichts eines so nichtssagenden Promobildes…
Fazit: Mit „ausem“ Hirn und jeder Menge Vorabkritik darin kann man durchaus positiv überrascht werden. Und wer bei dem Thema „Aliens machen Erde putt“ ein tiefgründiges Charakterdrama erwartet, sollte sowieso schon bei der Langnesewerbung aus dem Kino treten („Ein kommerzialisiertes, neokapitalistisches Statement, das ich nicht gutheißen kann“).
Eine passende Endnote zu finden, ist da sicherlich schwieriger, als einen tonnenschweren Kampfroboter in eine unterirdische Basis zu schaffen. Dennoch nähere ich mich mal auf Eier- und Bananenschalen und verkünde hiermit feige:
Anfang: 2-
Ende: 4-
Klar, man hätte noch mehr drauf eindreschen können, aber dazu ist er dann doch in seiner Gesamtheit zu durch-, oder halt einfach zu -schnittlich.
Und das macht nach Adam Robo Riese zusammen:
*grummel*
Ich bin nicht zufrieden mit dieser Review, aber auch zu müde um hier Grütze in Armleuchter-Qualität hinzurotzen. Gute Nacht!
Wenn man diesem Review glauben darf, fängt das so vielversprechende neue Kinojahr enttäuschend an. Da muß ich wohl doch in „Vicky Christina Barcelona“ gehen. Warum werden solche Filme, die gerne in Kinos mit dem Namen „Kleine Kammer“ oder „Lichtspielsaal“ (je 24 Sitze) gezeigt werden, hier nicht besprochen? Gerne würde ich einmal Klapos Meinung über „Die Reise des chinesischen Trommlers“ oder „Novemberkind“ lesen. Auch „Die Buddenbrocks“ sollte man sich nicht erst Ostern auf ARTE ansehen, sondern das großartige Spiel von Iris Berben auf der Leinwand genießen.
P.S.: Seit wann ist diese Seite eigentlich nicht mehr werbefrei?
Also ich hatte während des Filmes drei „Aha… *lol*“-Momente, die mir doch sehr zusagten
1) Die Formel zu Beschwörung des Weltuntergangs beginnt mit „Klaatu verata…“
2) Die unterirdische Basis erinnerte ja so gaaaaaaaar nicht an Neon Genesis Evangelion.
3) John Cleese in seiner neuen Paraderolle als Wissenschaflter-Genius
Der Rest des Filmes habe ich mit dem Fragen verbracht, warum dieses Rotzgör nicht mal ordentlich eine gescheuert bekommt, warum Riesenroboter immer eine humanoide Form haben und wie viel Klischee’s pro Minute man eigentlich noch erfüllen kann.
kommt von dem Streifen nicht bald eine Special Edition raus, in dem das nervige Kind durch JarJar Binks ersetzt wird ? Nein ?