„Communion“ („Die Besucher“) von 1989 – Review
Ich gestehe, dass ich den modernen Mythos der UFO-Entführung faszinierend finde. Wann hat es zuletzt eine kulturübergreifende Real(?)-Fantasy gegeben, die mehrere Kontinente beeinflusst hat? („Bro, du hast WAS aus Wasser gemacht? Wein? DAS geht viral!“) Aus irgendeinem Grund gibt es zu diesem naheliegenden SF-Thema aber kaum gute Filme. Spielberg überzeugte mich damals kaum – und mein Review zu „Fire In The Sky“ war derartig kurz, dass ich mich nachträglich selber unter dem Einfluss von seltsamen Kräften wähnte, die mir das Gemächt abzuschneiden drohten. Doch machte „Communion“ es 1989 besser?
Inhalt:
Der Autor Whitley Strieber träumt in einer Waldhütte von absurden Überfällen in einer Art galaktischem Abblendlicht. Auch seine Bekannten, sein Sohn und seine Frau bekommen einiges mit, müssen aber aus Dramaturgie- und Zeitgründen abhauen – oder das Erlebte verneinen. Doch Stück für Stück erarbeitet sich Whitley die Ereignisse des damaligen Samenraubs zurück.
Hintergründe:
Lustigerweise gab der Drehbuchautor (ebenfalls mit dem Namen Whitley Strieber) an, seine eigenen traumatischen Erfahrungen verarbeitet zu haben. Fest davon überzeugt, entführt worden zu sein, hat er bei seiner Aufarbeitung ähnliches durchgemacht. Von der Hypnose bis zum Ehekrach. All die Schmach, die Unsicherheit, die ewigen Erklärungen, die Zweifel an der Hauselektrik („Moment mal?! Vor meinem Waldhütte steht doch gar keine 20.000-Watt-Stadionbeleuchtung?“) führten am Ende dann zu diesem Film…
Über die Entführung selbst will ich nicht richten – zumal ich selber schon beobachtet habe, wie sich Kollege Sparkiller monatelang in ein halb- bis volltransparentes Phantom verwandelte. Dem Drehbuch selbst tut diese „Aufarbeitung“ aber anscheinend nicht gut. Und legt nahe, dass diese noch gar nicht abschlossen war. Ich will nicht so viel vorweg nehmen, aber so wirklich konsequent aus- oder an-therapiert wirkt die Hauptfigur zu keinem Zeitpunkt.
Da wird bezüglich der „Eindringlinge“ gewitzelt, geschwiegen, rumgetänzelt, rumhypnotisiert und ewig lange NICHT das Wort „Alien“ in den Mund genommen – was 1989 bereits affig wirkte. Und in den 25-30 Jahren davor ebenfalls.
Können diese Augen lügen? Und wenn ja: Wer würde – rein psychologisch – eine erzählte Story von diesem Herrn mit den Worten „Unglaubwürdig“ und „Da verkohlst du mich doch, Alter!“ wegwischen?
Besprechung:
Der Film atmet fraglos die 80er-Jahre aus. Besonders auffällig kommen die E-Gitarren-Einschläge daher (immerhin geschmackvoll arrangiert; ist ja teilweise Weihnachten im Film) und die deutsche Synchronstimme von Herrn Walken, bei dem ich komischerweise an einen Yuppie aus einem Börsenfilm denken muss.
Fast erwartete ich ein kühl geraunztes „Omelett halten, kaufen, verkaufen!“ am Frühstückstisch. Allein hier wirkt der Film schon kalt und unnahbar wie ein Alien-Finger bei der Rektal-Rundfahrt.
Psychologisch fährt „Communion“ dabei nur auf Einviertel UFO-Warp: Die Hauptfigur bleibt seltsam ungreifbar, so als hätten die Aliens seine Seele schon vor dem Vorspann weggeprokelt. Irgendwo zwischen Lustmolch, cooler Vater, sensibler Künstler, Chaos-Kindskopp und Verschlossenheits-Experte rangiert hier das Schauspiel. Das mag verstörend wirken, sorgt aber auch für eine gewisse Ent-Störung. – Also in der Hinsicht, dass das Mysterium kleiner wirkt, als es soll.
Dadurch wirkt die Figur (ungewollt?) noch weniger in unserer Welt verankert. Andererseits muss man zugestehen: Vergleicht EUCH mal an der Supermarktkasse mit eurer jeweiligen Persönlichkeit auf Arbeit, beim Verwandtenbesuch und beim samstäglichen Zeugen-Jehova-Wegjagen. Da kommt vermutlich auch ein charakterliches Stückwerk heraus, bei dem jeder Außerirdischer desillusioniert nach Hause telefonieren möchte.
Hier ein Bild aus besseren Zeiten: Völlig unprätentiös bereitet sich Whitley Strieber auf ein Kostümfest beim Kavier-in-Sekt-Empfang vor. Dass die Aliens ihn danach noch entführen wollten, hängt wohl nur mit ihrer Unkenntnis unserer Gesellschaft und unserer Cringe-Normen zusammen?
Komplett schönreden kann man sich den Trümmerpsychen-Trumm aber leider nicht…
Allein die Ehefrau: Immer gleich sauer wegen der kleinen Psychokrise ihres Mann – und zudem undankbar, als der nach einem Ausraster mit dem Gewehr („Ich dachte, sie kommen mich wieder holen, Schatz.“) immerhin zum Psychologen gehen will. Klar, man kann schon mal überreagieren, wenn der Ehemann hinter der Blumenvase ein kleines Monster mit Kutte vermutet. Aber Filme wie diese vertun sich leider allzu oft, wenn sie meinen, dass diese Elemente uns stundenlang abholen, nachdem wir Aliens(!) hinter der Schrankwand haben rumlungern sehen.
Ab und an kann man die Drama-Dialoge fast schon mitsprechen: „Nimmst du Drogen? Oder ist es eine andere Frau? Oder eine Frau, die auf dich wie Drogen wirkt?! Waaah! Knurr… Buhuhuuu.“
Tiefgründig und nachvollziehbar ist das leider wenig. Da ist der kleine Sohn fast schon am ehrlichsten: Der setzt halt unbeholfen die Regieanweisungen um (Vermutlich: „Guck in die Kamera“ und „Hab Angst und grinse dabei!“), was dem Ganzen eine erfrischende 80er-Jahre-Verkrampftheit verpasst.
„Oh Mann, dieser Dunst hier… HEY! Sie sind ja gar nicht Helmut Schmidt!“ – Den ganzen Hoden weggelutscht: Welche Art von Kunst(stoff)form das hier darstellen soll, weiß ich nicht. Man beachte liebevolle Details wie die gelenklosen Arme, das rauschende Rohr links unten (bei uns in der Familie auch liebevoll „Omas Russendusche“ genannt) und die traumartige Stimmung.
Die Entführungen an sich sind leider ebenfalls wenig gelungen: Statt die nächtlichen Lichter, den Sound und die Halluzinationen filmisch nach allen Regeln der Kunst aufzuarbeiten – da gäbe es mehr Möglichkeiten am Sterne am Himmel! -, huscht der Film durch seine Puppeneffekte, als gäbe es kein Morgen… Oder am nächsten Morgen halt zu viele Arzttermine. Wegen der komischen Narbe am Kopf und so.
Und soweit ich mich an die „echten“ Schilderungen von UFO-Entführungen erinnere, wurden die Zwangs-Patienten NICHT von vier Ewoks mit Jabba-The-Hut-Gesichtern weggetragen. Da wird klassischerweise eher (Danke, Youtube) gebeamt, geschwebt und von 3 Meter großen Schattenfiguren vorab ausgespäht. – Klar, es wirkt blöd, ausgerechnet HIER auf „Realismus“ zu pochen.
Aber wer einen erwachsenen Schauspieler sieht, der von kleinwüchtigen Darstellern in Knitterkutte weggetragen wird, als wäre er ein zu groß geratener Baumkuchen, muss mir unweigerlich recht geben?
„Schatz, sie sind schon wieder hier!“ – „Hör endlich auf mit diesem Alien-Quatsch und trink das energetisierte Zuckerwasser, das der Arzt dir verschrieben hat!“ – Trio mit vier Traumata: Ob die Besucher auch etwas von der Ehegattin oder dem Jungen wollten (= wird angedeutet), das bleibt im Dunklen ihres faustgroßen Augapfels. Schade.
Das Ende kann man nur als … mutig bezeichnen. Ob das nun ein Fiebertraum, die Realität oder eine telepathische Botschaft war, weiß nur die Kristallkugel:
Nach einer spontanen Spazierfahrt der Marke „Jetzt zeige ich es denen!“ blitzt rechtsseitig ein supergrelles Licht an der Straßenseite. Die damaligen Entführer! Also rein in die gute Stube für Augenlicht-Antagonisten. („Gott sei Dank, doch kein verirrter Kugelblitz.“)
In einem vollverkachelten fliegenden Schlachthaus(?) tänzeln die Aliens dort fröhlich rum – mitsamt Kleinkindern, die viktorianisch gekleidet in der Spielecke herumkindern. Nach einem eher fruchtlosen Austausch („Nun sacht doch mal, was los ist!“) taucht ein Doppelgänger(!) der Hauptfigur auf, mimt einen Bühnenzauberer(!) und gebiert sich in Sachen „Aufklärung“ wie Donald Trump im Laberflash.
„Was? Kann man nicht mal in Ruhe seinen Kostümverleih insolvent melden?“ – Ich glaube, hier ist ein tiefgründiger Metakommentar versteckt: Die Aliens nehmen am Schluss ihre mittelprächtigen Masken ab, worunter man dann teilweise BESSERE Masken sieht. Ein Spiegelbild unserer Gesellschaft? Man beachte die Zeitung links außen! Ist unter Donald Trumps Gesicht etwa ein echter Mensch? („Wer grabbt denn Pussies? Widerlich!“)
Nach der Rückkehr zur Familie (also die OHNE Kapuzen und Silkon am Kopf jetzt) kann man irgendwie mit dem Erlebten leben. Oder einfach abwarten, dass sie wieder kommen? So ganz ist mir das beim sechsäugigen Starren vom Hochhausdach nicht klar geworden.
Eine höhere Erkenntnis gab es jedenfalls nicht. Nichts Philosophisches, Politisches oder Biologisches – einfach abwarten und Angst haben, dass die Wesen wieder an die eigene Prostata wollen? Dabei hätten bei den Themen „Drohende Vernichtung der Menschheit“ bis hin zu „Die neuen Impfungen machen alle unfruchtbar“ viele Möglichkeiten bestanden, das genitale Eingreifen höherer Wesen zu erklären?
Und ja: Auch zur Funktionsweise des ollen Gartenschlauches bei der alienseitigen „Untersuchung Untenrum“ hätte ich gerne mehr erfahren.
Fazit:
Das Thema ist filmisch kaum brauchbar umzusetzen – und gerade deswegen gäbe es soviel zu holen: Aus der 100%ig vorhersehbaren Handlung (= Entführung, Verpeilung, offenes Ende) könnte man als GUTER Filmemacher einiges herauskratzen. Ohne dabei so vieldeutig zu werden wie z.B. der immerhin gute Streifen „Nope“ (2019) – oder wie die zahlreichen Pseudodokumentationen mit Personen, die uns durch den Fernseher hindurch anschreien. („Jesus! FUCK!“)
„Communion“ scheitert hier an vielen Stellen und rennt mit schwarzen Glubschaugen ins dramaturgische Verderben. Das Timing wirkt oft derartig lieblos, dass man nicht weiß, ob die Hauptfigur gerade träumt, sich streitet oder sich der Drehbuchautor einfach nur in seine eigene Handlung hineinwünscht. – Was dazu passen würde, dass Christopher Walker hier zweimal mit Schlapphut und ohne Hose(?!) vorm Schreibcomputer gezeigt wird.
Effekte beschränken sich auf Nötigste oder ersaufen in „Grelles Licht durchs Fenster“-Klischees. Ehefrauen nerven, Kinder sowieso und nur Hypnotiseure haben genug Ruhe und Mentorenfähigkeiten für die zweite Filmhälfte parat.
Trotzdem bleibt am Ende ein Gefühl, das ich auch oft nach einem mittelmäßigen Horrorfilm habe: Das Bedürfnis, sich trotz aller Kritik ein kleinwenig Alufolie in die Bettdecke einzunähen und selbige am Hinterkopf festzutackern. Eben der Eindruck, dass jeder Film zum Thema genauso wirr, unvollkommen und klischeehaft wie die „realen“ Zeugenaussagen sein muss. Und dass es vielleicht nicht anders geht?
Bis zum Beweis des verfilmten Gegenteils.
Wird die 5. Lower Decks Staffel absichtlich ignoriert?
Hoffentlich.
Wenns dich stört, einfach nicht lesen. Das Leben kann so einfach sein.
Hat ja nix mit Star Trek zu tun das Gedöns.
Lindsay Crouse kenne ich im Übrigen nur aus der im selben Jahr gedrehten Columbo-Episode „Black Lady“, aus der sie mir mit ihren nicht vorhandenen Darstellungskünsten ebenfalls in schlechter Erinnerung ist.
Der Film wurde damals in Deutschland wohl direkt auf VHS veröffentlicht und von einem kleinen, sehr kurzlebigen Synchronstudio eingedeutscht, bei dem nur Mist synchronisiert wurde und das seinerzeit noch recht junge, unbekannte Sprecher einsetzte, die das ganze wahrscheinlich für ’nen Appel und ’n Ei runtergeleiert haben. Christopher Walkens damaliger Sprecher Ingo Albrecht ist seit Jahren Stammsprecher von Dwayne Johnson, Lindsay Crouse wurde von Daniela Hoffmann (Stammsprecherin von Julia Roberts) und Vince McKewin von Thomas Nero Wolff (Stammsprecher von Hugh Jackman u.a.) synchronisiert.