Die 5 kleinen Film- und TV-Sünden
Wir alle kennen das: Die Geschichte eines Films ist solide, aber da sind die kleinen Stellschrauben, die unseren Kopp auf Durchzug stellen. Kleine Fehlerchen, über die man normalerweise hinweggeht, die aber dafür sorgen, dass man bereits wenig Bock auf das Filmwerk hat. Manchmal sind es doofe Sachen, die man niemals zugeben würde („Eine Brünette angucken? Auf der LEINWAND? Bin ich Dieter Bohlen oder was?“), doch unterbewusst ist man längst schon zum Spiel „Black Myth Wukon“ gewechselt. Wir stellen 5 dieser Momente vor.
Standardformat bitte
Irgendwann wurde durch Cthullhu und den Papst entschieden, dass 16:9 die beste Bildschirmeinteilung seit der Erfindung der Backsteinform ist. Eine weise Entscheidung mit naturwissenschaftlichem Unterbau, wie sich stets zeigt, wenn man seine Hände unter und über seinen Augen herumbewegt: Die Grabscher kommen ziemlich genau bei 16:9 aus dem Schärfefokus.
Nun hätte man dies einfach so hinnehmen können und 95% aller Filme in diesem Format produzieren können. 5% Abweichler hätte ich dann abgenickt unter dem Stichwort „Sind halt Künstler. Die müssen für ihr Drogendrama das Bild auf 90:3 verengen dürfen, um die todesbereit geschlossenen Augenlider zu simulieren“.
Doch sooo ist es ja nicht gekommen! Immer noch werden wir oft um 20-30% unserer Seherfahrung beraubt, da fette Balken die Visual-Vision vernageln. Statt noch 30 Zentimeter oben und unten (je nach Fernseher) an Himmel, Gras oder Alien-Mauken hinzuzufügen, testen dunkle Flächen den Schwarzwert unserer Glotze. Äh… Brennen die sich bei Plasmafernsehern nicht sogar ein? Oder das Gegenteil davon?
All das geschieht vermutlich nur, um sich von den TV-Serien abzugrenzen, die fast alle den Sprung von 4:3 auf 16:9 geschafft haben. Motto: Wir sind was Besseres als die.
Das Format 2,35 : 1 (Cinemascope) mag ja im Bahnhofskino seinen Reiz haben, aber wenn die Bahnhofs-Nachbarn nicht dem dafür notwendigen Wanddurchbruch zustimmen, sieht man auch dort fast zu wenig Fläche.
Vielleicht klingt das kleinkariert, aber ich persönlich bin sofort mehr im Thema (= Krimi, Thriller, SF, Nasenbohren; völlig egal), wenn es k(l)eine Balken gibt. Klar, irgendeinen begründenden Mumpitz könnte man sich immer einreden („Die Hauptfigur hat ihre halbe Welt verloren, als Papi gestorben ist.“), aber ich male mir auch keine Farbe auf die Brille, um meinen Alltag fokussiert zu betrachten?
Daher: IMMER 16:9, sonst Klapo traurig…
Sounddesign für Leute, die kein Sounddesign mögen
Ich mag ja durchaus mal einen guten Horrorfilm. Wenn die Geigen aufheulen und sich die Todesnonne alle 20 Minuten ins Bild schiebt, um sich für die jüngste Kirchenreform im Jahre 1678 zu rächen, kann ich durchaus mal 30 Sekunden wohlig schaudern.
Allerdings gibt es auch heute noch Filme – obwohl dies besser wird –, die das Sounddesign nicht hinbekommen. Ganze Regale an mittelmäßigen Werken wurden von mir mental in die Unterklasse abgewertet, weil diverse Ohrenschmeichler zu über- oder untergriffig wurden. Hier mal eine Aufzählung:
– Popmusik gehört verboten: Klar, wenn der Geist aus dem Android-Handy kommt und alle Jungschauspieler über Youtube-Shorts kommunizieren, darf es auch mal was „Pfiffiges“ sein. Michael Jackson oder vielleicht diese Neue mit dem roten Lippenstift (Trump mag die nicht). Aber eigentlich erwarte ich bei frischen Horror-Hoffnungen entweder verstörende Geigenklänge oder einfach nur dissonante Geräusche (gestreichelte Trommeln, verkloppte Bratschen) aus dem Rear-Lautsprecher. Denn Horror entsteht nicht durch Schupidubi-Hopsassa, sondern durch „Huch, was kratzt denn da akustisch?“
– Erschreck-Sounds nur in Ausnahmefällen: Es ist ja schon ein Klischee, sich über „Jump-Scares“ aufzuregen. Also wenn eine Hauptfigur den Schrank aufmacht und der Waschbär mit einem extrem lauten Tusch herausspringt. Dieses billige Stilmittel sollte eigentlich nur noch Mittel heißen. Wenn denn Horror nur dadurch entsteht, dass was Horror-Fremdes geschieht, kann auch die schönste Feuerwehr-Kapelle wenig reißen.
– Generell könnte noch mehr mit Umgebungsgeräuschen gearbeitet werden. Und damit meine ich unterschwellige Dinge wie Brausen, Dröhnen oder Fiepen. So wie man bei der Enterprise D ständig Warpkern im Ohr hat, kann eine akustische Signatur im Gruselstreifen nicht schaden. Stattdessen wird oft jedes Uhrticken und jede Windböe gefeiert, als hätten Blinde zum ersten Mal ein Hörgerät benutzt.
Hier sollte eigentlich ein Bild der perfekten Soundkulisse stehen. Stattdessen poste ich aber einfach ein Bild einer Wellenfunktion – die sich für mehr Genderrechte einsetzt.
Bilder stehen lassen.
Im Ernst: Bilder – stehen – lassen.
Punkt.
3 Sekunden ein verwackeltes Raumschiff zeigen, ist NICHT Stehenlassen. 4 Sekunden eine einstürzende Brücke (neben dem eingeblendeten Nasenloch des Hauptdarstellers) zeigen, ist NICHT Stehenlassen. Verwackelte Pudding-Arme-Kamerafahrten um ein crashendes Auto sind NICHT Stehenlassen.
Gerade bei epischen SF-Dramen nervt es tierisch, wenn das aufwändige Set NICHT mal für 10 Sekunden gezeigt wird. Gerne mit einem langsamen Schwenk oder ohne Leute drin. Klar, das Publikum soll sich nicht langweilen, aber wenn ein Filmemacher so wenig Zutrauen in seine Vision hat, dass Sets, Maschinen, Kameraeinstellungen quasi weggemogelt werden, verliere auch ICH das Zutrauen. Bei „The Creator“ wusste ich z.B. schon bei der Atombombenexplosion am Anfang, dass hier ein oberflächliches Hektik-Geschiebe auf mich wartet.
Wer stolz auf seine Bilder ist, der zeigt sie auch mal länger. Und lässt sich auch von (vermeintlichen?) Moden nicht beeinflussen. Wer wirklich was drauf hat, zeigt eine halbe Ewigkeit die Schuppen des schlafenden Drachen (wenn diese nicht nach CGI-Styropor aussehen), lässt bei Filmen wie „Moonfall“ den Mond zuerst gaaaanz langsam näher kommen (Siehe „Zelda – Majora’s Mask“) oder zeigte beim Krebsdrama, wie so ein Tropf von Innen aussieht.
Szenen müssen nicht ständig in Bewegung sein – vor allem dann nicht, wenn etwas ETABLIERT wird. Was gerade zu Beginn erstaunlich oft der Fall ist. („Lichtschwert? Dieses Ding da? Puh, das muss ich erst mal verdauen…“)
Als Ray in SW9 meditierte, hatte ich NICHT das Gefühl von Ruhe, Frieden und dem leisen Knacken des Waldes. Vielmehr hörte ich das Knacken der Handgelenke der 3D-Animatoren, denen jetzt noch ein Füllstoff mit schwebenden Felsen reingedrückt wurde. Hier hätte man ein paar Sekunden mit der LÄNGE und RUHE der Szenen arbeiten müssen.
Sinnfreie Nebenfiguren einführen
Bei Serien ist das leider schon lange Standard geworden: Man sieht in Episode 1+2 einen Ermittler, der sich um Alien-Autos im Bermudadreieck kümmert (spannend!), der dann aber plötzlich fachlich nicht weiterkommt. In Folge 3 steht dann seine Schwester vor der Tür, die dann die gemeinsame(?) Tochter abgibt. Beide sind daheim rausgeflogen und wollen fortan beim Ermittler die Mikrowelle leerfressen.
Ihr ahnt, worauf es hinausläuft: Statt das UFO-Drama bekommen wir zwischendurch sinnfreie Nebenstränge. Klar, am Ende führt man die Nebenfiguren dann doch irgendwie in die Hauptstory ein. Zum Beispiel, indem sie von einer ausländischen Regierung entführt wird – oooder selber ein UFO ist. („Ich dachte, du hättest es an meiner glatten Frisur bemerkt, Rüdiger.“)
Doch trotz aller Trickserei ist stets klar, dass man mit derlei Nebengähnschauplätzen nur die Staffelzeit herumkriegen muss. Bei „Breaking Bad“ war das sogar noch okay, da die klauende Schwägerin nicht zuuu oft zu sehen war, aber Serien wie „Stranger Things“ wurde es in eine Perfektion überführt, die ratlos machte.
Faustregel: Wenn die Nebenfiguren die meiste Zeit etwas in der Hand haben, was NICHT zur Bedrohung passt (Schrubber, Kaffeetassen, Laubbläser), sollte man abschalten. Bei Funkgeräten, Schusswaffen und Laborgeräten kann vorsichtig Entwarnung gegeben werden.
Laut meinen Informationen (das Einwohnermeldeamt von New York City) sehen wir in „Stranger Things“ unter anderem: Mike, Will, Jon, Elf, Dustin, Max, Nancy, den Sherrif und Co. Natürlich alles wichtige Leute. Im Gegensatz zum Monster oder dem Mysterium, wohlgemerkt… – Ist das eigentlich schon ein freud’scher Verschreiber, dass ich eben statt „Mysterium“ das Wort „Ministerium“ schreiben wollte?
Sympathische oder wichtige Figuren wegstreichen
Oft passiert es bereits in den ersten Minuten: Der Helfer des Kommissars wird erschossen. Was ein äußerst charismatischer Typ ist, den man gerne länger gesehen hätte. Gerne auch mal in Form mittelteurer Stars.
Zur eigenen Beerdigung gehen müssen auch gerne mal: Ehepartner (Für den langfristigen Trauer-Plot), Journalisten, die was Wichtiges finden, der einzige Wissenschaftler mit Hintergrundwissen, der einzige Kumpel mit nicht vom Geheimdienst überwachtem Unterschlupf, etc… Um die Aussichtslosigkeit oder das Mysteriöse einer Geschichte zu verdeutlichen, sterben pro Staffel/Film gerne mal ein halbes Dutzend Leute, die man wenig kannte, oft aber interessanter(!) als die eigentliche Hauptfigur gewesen wären.
Bitte aber nicht verwechseln mit dem vorherigen Punkt, wo der dümmliche Jugendfreund eh nicht an den Hauptplot glaubt („Wie sollen Nanobots denn ins Grundwasser kommen? Hier sind doch überall Steingärten!“) und nur wegen seiner chronischen Katzenhaar-Allergie reingeschrieben wurde.
Das war’s. Nämlich mein Füllartikel nach längerer Pause. Leider fällt es mir arbeitsbedingt derzeit schwer, in meiner gewohnten Qualität (= „Hey, Klapo trägt seine liebsten Wortspiele wieder auf. Es muss Sonntag sein?“) ein paar Reviews abzuliefern – zu Dingen, die man sich vorher leider anschauen müsste.
Wie auch immer: Je älter man wird, umso mehr versteht man, dass eine komplexe oder neue Story gar nicht sooo wichtig ist. Manchmal reicht ein simples Werk, wenn man bestimmte „Fehler“ nicht begeht. Bis auf die Sache mit dem Bildformat sind die anderen Punkte alle einer gewissen Grundhaltung geschuldet: Vermeintlich viel Content liefern müssen, bei wenig (gute) Autoren, bei gleichzeitigem Vorspielen von dauerhaft einprasselnder Inhaltsfülle – trotz künstlerischer und kopfvakuumistischer Leere.
Kann man machen, muss man aber nicht?
„Bis auf die Sache mit dem Bildformat sind die anderen Punkte alle einer gewissen Grundhaltung geschuldet“
Ich würde sogar die „Sache mit dem Bildformat“ dazurechnen.
Der gemeinsame Nenner ist – und es schmerzt mich sehr, auf ein englisches Modewort zurückgreifen zu müssen – aber es ist tatsächlich FAKE!
Lauter Sound mit aufploppender Fratze als Fake-Horror.
Popmusikuntermalung als Fake-Coolness.
Wie verrückt wackelnde Kamera und hektische Schnitte als Fake-Action.
Überflüssige Figuren mit ihren Mini-Handlungen als Fake-Komplexität.
What-the-Fuck-Momente beim Killen von brauchbaren Figuren als Fake-Drama.
Und ein 2:35:1-Bildformat bei Fernsehserien als Fake-Epik. Besonders albern bei TV-Serien wie „Star Trek: Picard“.
Streaming-Serien versuchen, wie klassische Kinofilme zu sein. (Oder so, wie die Macher samt ihrer Streaming-Gefolgschaft glauben, dass klassisches Kino einst war.)
Doch Serien und TV-Filme sind kein Kino. Und sie werden es auch nicht durch zusätzliche schwarze Balken der 16:9-Digitalaufnahme.
tach auch !
Bei dem FormatWirrWar stimme ich zu, das hätte irgendwann besser gelöst werden können.
Puke Hard in 2,35:1 siehe erste beiden Worte.
Sympathische oder wichtige Figuren wegstreichen
Kein Serenity für Klapowski
Bilder stehen lassen.
Der mit dem Wolf tanzt ist also O.K.? Die Schwenks sind praktisch stehende Bilder
Sounddesign für Leute, die kein Sounddesign mögen
Kein Deadpool und Wolverine für Klapowski
Gerade hier habe ich mich wegen der Musikwahl abgerollt.
Dito einige Filme von Tarantiono.
UNd Startrek Universe Folge 1 oder 2
Don#t forget to breathe.
Die Schreck- Töne, Bilder, Sequenzen gehen mir auch tierisch auf den Beutel.
Bei den Fake-Argumenten von Serienfan (hähäähäää) kann ich zustimmen,
Alles billige Sti(e(h))l-Mittel, die kein Mensch braucht.
Früher war nicht alles besser, aber die Filme teilweise schon.
Gruß BergH
Bei den Formaten muß ich mal in aller Form widersprechen.
Imho muss ein Filmformat zum Inhalt passen.
Je persöhnlicher der Film ist desto schmaler kann das Format sein, je epischer, desto breiter.
Ein Film wie Lawrence von Arabien oder Herr der Ringe in 16:9 das wär einfach unfug.
Und umgekehrt ein Film wie A ghost story, da passt 4:3 einfach perfekt.
Das einfach wegzustandartisieren hielt ich für überaus traurig.
Wenn man einen Film auf dem Projektor schaut (so wie Gott es wollte) ist das eh egal, man kann die Balken weg maskieren.
Was mich allerding kollosal stört ist, wenn während dem Film das Format geändert wird. (Nolan…) Dann kann man sich nur zwischen Pest und Cholera entscheiden (Denn nichts ist schilmmer als ein Bild das nicht richtig maskiert ist!!!!)
Ich rede allerdings nur von Filmen. Serien schau ich so gut wie nicht aber da könnte ich eher aktzeptieren das man das ans „Fernsehformat“ anpasst.
Albern ist es natürlich, wenn man ein 16:9 Format künstlich mit Balken versieht, um den Eindruck von 2,35:1 zu erzeugen. Das Bild muss von Anfang an für Breitwand konzipiert und mit entsprechenden Verfahren gefilmt worden sein, sonst ergibt es keinen Sinn. Bei Kinofilmen bin ich schon ein Fan von Breitwand, wenn der Regisseur sich etwas dabei gedacht hat. Ebenso kann eine Entscheidung für 16:9 (bzw. 1,85:1) auch bei Kinoproduktionen aus bildkompositorischen Gründen gerechtfertigt sein.
Aber auch „Titanic“ wurde im 16:9-Format gedreht (zu sehen auf der 3D-Blu-ray) und erst später oben und unten beschnitten – was man, wie ich finde, dem Film ansieht. Tarantino verwendete für „The Hateful 8“ hingegen ein nicht-anamorphes Verfahren mit 70 mm Film, was jedoch nur bei den relativ wenigen Landschaftsaufnahmen zum Tragen kommt und in der Hütte, wo der Großteil des Films spielt, wenig Sinn ergibt. Zumal 2015 kaum noch Kinos über 70mm-Projektoren verfügten. Ein Jahr später wurden „Rouge One“ in Panavision 70 und „La La Land“ in Cinemascope-Format gefilmt, ohne dass jemand behaupten würde, die Filme wirkten wie entsprechende 60er-Jahre-Produktionen.
Letztlich sind das künstlerische Entscheidungen. Da es keine „Breitwandlinsen“-gibt und Linsen in der Regel kreisrund sind, also eigentlich ein 1:1-Bild erzeugen, ist jedes abweichende Format von 4:3 bis 2,55:1 immer ein technischer Trick, mit dem gestaucht, entzerrt, kaschiert und beschnitten wird. Ich würde jetzt per se keinem Format den Vorzug geben oder es als „Fake“ bezeichnen. Kameras, Linsen, Filmmaterial, Bildkomposition, etc., müssen eben zueinander passen. Der eine kann’s, der andere nicht.
Wenn man einem mäßig begabten Regisseur und Kamera-Mann das beste nicht-anamorphe 70 mm Equipment in die Hand gibt, wird’s halt scheiße, während andere Meisterwerke in 4:3 oder gar 1:1 filmen konnten/können.
Seit es Smartphones gibt, „droht“ sich sogar der vertikale Look also 9:16 oder 1:2,35 zu etablieren, da kaum noch jemand das Smartphone horizontal hält, zu bewundern allabendlich in den Nachrichten, wenn Vertikal-Material von Smartphones auf horizontalen 16:9-TV-Geräten gezeigt wird und links und rechts extrem kaschiert werden muss.
Da geht ja mal wieder alles wirr durcheinander.
Was natürlich geschickt ist. Um dieses Chaos-Knäuel an falschen Fakten, auf denen dann die unzusammenhängenden Gedankenfetzen beruhen, zu entwirren, müsste man Romane schreiben.
Zunächst mal die Fakten: Niemals in der Geschichte der analogen Filmaufnahme wurde irgendwas „in 4:3“ gedreht. Daher ist die Behauptung, „jedes abweichende Format von 4:3 bis 2,55:1“ sei immer ein „technischer Trick“, schon mal mehr als kurios. (Mal abgesehen davon, dass die Bezeichnung „technischer Trick“ im Zusammenhang mit Film wahrlich eine Leerfloskel ist.)
Alles (!!!), was jemals auf 35mm aufgenommen wurde, hat das Format 1.37:1. Das ist etwas breiter als 4:3, aber nicht so breit wie 16:9.
Das Bild auf dem Filmstreifen im Kino ist immer schmaler als beim Filmnegativ, weil dort noch Platz für die Lichttonspur gebraucht wird. Deshalb sind alte Filme wie „Frankenstein“ von 1931 im 4:3-Format. Er wurde also schon damals ein Ausschnitt aus dem Originalnegativ für den fertigen Filmstreifen genommen. Würde man auf die Originalnegative zugreifen können, könnte man auch „Frankenstein“ in einem breiteren Format zeigen.
Später etablierte sich im Kino das Seitenverhältnis 1.85:1. Die Filmnegative und deren Format aber blieben. Um das neue Bildformat zu erhalten, wurde das Filmnegativ oben und unten durch Masken beschnitten (gemattet). Der Filmvorführer musste das Bild entsprechend aufzoomen und an die Leinwand anpassen.
Es gab auch Filmrollen, die diese Teile nicht abdunkelten (open matted), in dem Vertrauen darauf, dass der der Filmvorführer den Film dennoch korrekt vorführt. Diese Filme wurden im „4:3-Zeitalter“ oft auf Video oder im Fernsehen einschließlich der nicht abgedunkelten Bildteile gezeigt, was fast immer dazu führte, dass unentwegt irgendwelche Mikrophone im Bild zu sehen waren.
Es ist also ganz egal, in welchem Format ein Film oder eine Serie später im Fernsehen oder im Kino läuft, das analog belichtete Original-Negativ wurde IMMER beschnitten. Und das war schon zu den Zeiten von „Bonanza“ so.
Das ist auch der Grund, weshalb aktuell immer mehr Serien von früher im 16:9-Format erscheinen können und man tatsächlich links und rechts mehr als zuvor zu sehen bekommt. Das erreicht man dadurch, indem man die volle Breite des originalen Filmnegativs verwendet, dafür muss man aber oben und unten dennoch etwas vom Bild „abschneiden“, um auf 16:9 zu kommen. Dieses Bild verdeutlicht es. https://imgur.com/sbdIoxd
Dadurch werden freilich erneut oft Elemente sichtbar, die der Zuschauer eigentlich nicht sehen sollte. Ich erinnere mich an eine Folge von „Ein Engel auf Erden“ im 16:9-Format, als bei einer angeblich komplett ausverkauften Theatervorstellung plötzlich links und rechts leere Plätze zu sehen waren.
Zu „Friends“ gibt es hier ein schönes Beispiel:
https://www.creativebloq.com/news/aspect-ratio-streaming
Das Loch rechts in der Wand war in der 4:3-Ausstrahlung logischerweise nicht zu sehen.
Ein völlig anderes Thema ist aber die aktuell zu beobachtende Willkür bei den Bildformaten, und ich sehe beim besten Willen nicht, wie man da auf die „war schon immer so“-Floskel kommen kann.
Früher hat man die Negative beschnitten, um sie an Leinwände und Bildschirme anzupassen.
Heute wird das Bildformat entgegen der Leinwände und Bildschirme beschnitten.
Niemals wäre früher jemand auf die Idee gekommen, einen „Tatort“ mit schwarzen Balken zu zeigen, damit er mehr wie ein Bond-Film aussieht. Etwas, was ausnahmslos für den 4:3-Bildschirm produziert wurde, wäre niemals von diesem Bildformat abgewichen.
Das ist ein heute verbreitetes Phänomen in allerlei Variationen. Ich zähle auch den albernen, künstlich erzeugten „Sepia-Look“ hinzu, der sofort einsetzt, wenn ein Film während des 2. Weltkriegs spielt.
Oder die Lens Flares, die aufs Cinemascope zurückgehen. Beim Cinemascope-Format (2.35:1, heute 2.39:1) wird das Bild auf dem 35mm-Filmnegativ horizontal gestaucht (anamorphotisch). Die dafür benötigten Speziallinsen erfordern andere Lichtverhältnisse und erzeugen zusätzliche „Lens Flares“.
Das war vermutlich der Grund, weshalb JJ Abrams zusätzlich digital erzeugte Lens Flares in seine Filme einbaute, offenbar wollte er damit „filmisch“ wirken.
Bzgl. Bildformaten sind die absoluten Negativbeispiele bei Serien zu erwähnen:
„Babylon 5“ und „Buffy“ (die ersten Staffeln).
Beide in den 90ern produziert, als man sich um HD-Formate anscheinend gar keine Gedanken machte.
B5 hat es dabei heftig erwischt: zwar auf Film gedreht, aber auf Video gemastered und FX nur SD in 4:3 gemacht. Für die VÖ wurde dann in allen Szenen mit „Special Effects“ reingezoomt UND beschnitten… grässlich.
Bei Buffy gab es bei der HD-VÖ ähnliche Probleme, allerdings ohne Not. Man wollte wohl einfach für die komplette Serie das tolle moderne 16:9-Format. Dabei gingen wieder Bildinformationen verloren, teils ist die ganze Bildkomposition von Szenen im Ar…
Man muss sich einfach freuen, daß es z.B. TNG-Remastered überhaupt noch gegeben hat. Ich kann mich sogar SEHR darüber freuen, denn ich habe die BOX, und noch OVP! Da KANN ich mich noch gar nicht über irgendwelche Fehler ärgern! ;) [bitte keine Infos ☺]
Zum Ärgern gibt es ja allgemein mehr als genug:
– willkürlich beschnittenes Material, um ins Sendeformat zu passen
– unvollständige Synchros (auch verfälschend, sinnentstellend, nachlässig, uninformiert, dumm…)
– fehlender O-Ton (wg. Rechtsfragen oder Kosten einfach weggelassen)
– Tonhöhenänderungen: Valium- oder Micky-Maus-Stimmen, je nach Tonhöhenkorrektur und 24/25fps
– Verschandelung von Tonspuren, pseudo-coole „7.3-Mixe“ und den Original-Stereoton weglassen
– Dynamik-Kompression bei TV-Ausstrahlungen
– usw. usf. die innere Wut steigt schon wieder!
Um das noch mal kurz zu erklären:
ALLES, was auf 35mm-Film gedreht wird, ist „beschnitten“. Links und rechts für 4:3, oben und unten für 16:9.
Natürlich wird dies in der Regel bereits bei der Aufnahme berücksichtigt, der Kameramann sieht genau, welcher Bildausschnitt am Ende zu sehen ist. Weshalb es eben bei Serien wie „Buffy“ usw. problematisch ist, wenn nachträglich eine andere „Beschneidung“ des Originalnegativs vorgenommen wird, weil das so nicht geplant war.
Ich finde es erstaunlich, dass Anbieter und sogar einige Filmemacher heutzutage zu glauben scheinen, Bildformate seien beliebig austauschbar. Die Brückenkulisse von TNG war eigens auf das 4:3-Format entwickelt. Deswegen stand Worf hinter Picard. Für die Widescreen-Fassung in „Star Trek: Generations“ bekam Worf dann einen Stuhl, damit das breite Kinoformat besser genutzt werden konnte.
„Babylon 5“ gehört tatsächlich zu den wenigen Serien, bei denen bereits bei den Dreharbeiten darauf geachtet wurde, dass die „Beschneidung“ des fertigen Bildes sowohl als 16:9 sowie als 4:3 funktioniert. Es war nämlich damals schon geplant, die Serie zu einem späteren Zeitpunkt in 16:9 zu veröffentlichen.
Leider aber wurden bei „Babylon 5“ alle CGI-Szenen direkt auf Video in 4:3 übertragen. Die Serie wurde dann vorübergehend in 16:9 veröffentlicht, die 4:3-Effekte-Szenen, die man nicht neu erstellen wollte, wurden dann oben und unten beschnitten.
Inzwischen ist „Babylon 5“ in HD wieder im ursprünglichen 4:3-Format erhältlich, in den USA sogar auf Blu-ray.
Die Tonhöhe ist allerdings ein eigenes Thema.
Der Wechselstrom führte dazu, dass im deutschen Fernsehen Filme und Serien mit 25 Bildern statt der üblichen 24 Bilder pro Sekunde liefen.
Serien wurden dann gleich mit 25 Bildern pro Sekunde synchronisiert, damit es nicht wie bei Kinofilmen dazu kam, dass die Stimmen im Fernsehen leicht höher klingen.
Auf den aktuellen Blu-rays sind die Serien natürlich wieder mit 24 Bildern pro Sekunde enthalten. Hierfür müsste man die deutsche Tonspur anpassen, wie es zum Beispiel hervorragend bei den Blu-rays von „Knight Rider“ umgesetzt wurde.
Leider ist das die Ausnahme. In den meisten Fällen lässt man die deutsche Tonspur einfach nur „verlangsamt“ ablaufen, nicht mehr mit 25, sondern mit 24 Bildern pro Sekunde, wodurch die Stimmen plötzlich tiefer klingen. Für mich sind die Blu-rays der Classic-Serie oder auch von „Akte X“ dadurch auf deutsch geradezu „unhörbar“ geworden. (Die Classic-Serie habe ich mir extra deshalb noch mal bei iTunes gekauft. Da gibt es nur den deutschen Ton, und er ist auch in der korrekten Tonhöhe.)
Diese Belehrungen sind überflüssig, da sie meinen Ausführungen nicht widersprechen. Im Übrigen wurde und wird ja nicht alles auf 35 mm Film gedreht. Und natürlich ist die Beschneidung des Bildes ein technischer, von mir aus auch ein handwerklicher „Trick“, denn es entspricht weder dem, was das menschliche Auge sieht, noch dem, was die Linse „sieht“ oder dem Negativformat bzw. dem Chip entspricht. Bei 65 oder 70 mm Formaten bzw. Scope-Formaten spielen wieder andere technische und künstlerische Aspekte eine Rolle.
Letztlich sind die technischen Aspekte – gerade bei modernen hochwertigen Kameras, Linsen und Filmmaterialien (oder Chips bei Digitalkameras) – aber schon fast zu vernachlässigen. Es kommt auf die Bildkomposition an. Hier sehe ich nicht, dass beispielsweise die Kulissen und Darstelleraufstellungen in PIC, DSC oder SNW für 4:3 oder 16:9 konzipiert worden und künstlich auf Breitwand gemattet bzw. aufgezoomt worden wären. Wie kommst Du zu so einer Aussage (‚ Und ein 2:35:1-Bildformat bei Fernsehserien als Fake-Epik. Besonders albern bei TV-Serien wie „Star Trek: Picard“ ‚)? TV-Serien im 16:9 oder Breitwandformat sehen ggf. aus anderen Gründen „billiger“ aus als eine teurere Kinoproduktion. Und manche teuren Kinofilme sehen auch im Breitwandformat billig aus. Das hat m.E. wenig mit dem gewählten Format zu tun.
Man kann heute schon mit hochwertigen Smartphone-Kameras nach Belieben von 1:1 bis 1:2,4 in allen möglichen Formaten digital filmen. Ob das Ergebnis hochwertig, vielleicht sogar kinomäßig oder „episch“ aussieht, hat mit dem Bildformat wenig zu tun.
„mit hochwertigen Smartphone-Kameras nach Belieben von 1:1 bis 1:2,4 in allen möglichen Formaten digital filmen“
Bildseitenverhältnis bis 1:2,4… schöne neue Smartphone-TikTok-Welt der „Hochkant-Videos“.
Eine weltbekannte Expertin sagt hierzu zwar, das wäre die Zukunft:
https://www.sabine-schmelzer.com/blog/welches-video-format-ist-besser-hochformat-oder-querformat
Kinos mit Leinwand im Hochkant-Format? Das werden wir hoffentlich nicht mehr erleben müssen.
Obwohl man die Sitzreihen-Anordnung dann direkt vom Bus, Zug oder Flugzeug übernehmen könnte…
Aber da Kino eh` tot ist, kann man sich diese Überlegungen gleich sparen.
Wenn man den Artikel neben Film und TV noch auf Internet-Videos erweitern würde (Achtung! Neuland!!), wäre diese komplette „hochkant-gefilmte“ Scheiße eine weitere Sünde, und in meinen Augen gar nicht mal so klein.
Ich sehe hier klar die Zukunft.
Weg mit der Kinoleinwand. Braucht kein Mensch mehr.
Stattdessen wird das Kinobild während der Vorführung direkt auf die Handys gestreamt. Cameron filmt vermutlich jetzt schon seine Filme hochkant mit der 120fps-Technik, um sich möglichst weit vom Flair klassischer Filme zu entfernen.
Die neue Technik ist auch garantiert zukunftssicher! Man denke nur an die bereits jetzt wachsende Zahl all jener Handy-Zombies, die es schon lange nicht mehr schaffen, eine Kinovorstellung ohne offenbar lebenswichtigen Blick das Handy durchzuhalten.
Nach einmal drüber schlafen habe ich neue Ideen. ☻
Warum müssen Bildformate überhaupt immer nur VIERECKIG sein?
Nur weil das schon immer so war, althergebrachte spiessige Tradition von alten weissen Männern! (technische Gründe sind nur vorgeschoben, PAH!). = Endlich dieses eckige eklige Patriarchat überwinden mit ovalen Bildschirmen! Runde Formen sind ganz klar progressiv-feministisch. Es braucht dringend eine Feminisierung der Technik.
Star Trek hat es (mal wieder) vorgemacht: DS9, Empok Nor, das Hauptdisplay.
Oder schon vor 1000 Jahren: die Promellianer (TNG, Booby Trap)
https://images.prismic.io/star-trek-untold/ZnubMZbWFbowe2-R_DiplomacyofDiscovery-Image6-PromelliancaptaininTNG%27sBoobyTrap.jpg?auto=format,compress?auto=compress,format
Das ist die Zukunft.
Smartwatches sind ja auch rund. Augen sind rund! Und Ti….
Demnächst das Eye-Phone 21 wird direkt ans Auge angeflanscht.
Habe ich gehört (Hallo, Fry!).
Und übermorgen dann: Feminines Tischlern mit ovalen Schubladen.
Wie witzig.
Und dann wundert man sich, dass der Frauenanteil auf Zukunftia inzwischen bei 0 angekommen ist.
hm… was wohl Schildhilde grad so macht?
„Wie witzig.
Und dann wundert man sich, dass der Frauenanteil auf Zukunftia inzwischen bei 0 angekommen ist.“
Gefühlt 1.
Keine Actio ohne Reactio.
Die Grundfesten der Naturwissenschaften sind nicht verhandelbar!
Man kann vielleicht eine Zeitlang versuchen, sie auszublenden, und Folgen auf Andere abzuschieben…
Wenn man zum Seitentitel „Latinum-Standard“ noch „goldgepresst“ hinzufügen würde, und vielleicht noch etwas mit „Diamanten“, könnte der Frauenanteil wieder wachsen! Leider bestünde dieses Wachstum voraussichtlich aus solchen weiblich Gelesenen, denen Satire oder gar Selbstironie fremd sind…
Wackelkamera +Sinnlos-Zoom: Verantwortliche an die nächste Wand nageln. Dann haltense still!
Ergänzung: LENSFLARES!
Die hatte ich schon total verdrängt, quasi aus Selbstschutz (ja, schönen Dank auch! @Serienfan ;)
Wackelkamera-ADHS, Zoom-Orgien und lumpige Lackaffen-Lensflares: die unheilige Dreiarschigkeit auf dem Schirm!
tach auch !
Das mit der runden Leinwand hat Pink Floyd schon im letzten Jahrtausend gemacht.
Was Schildhilde wohl gerade macht ?
Bestimmt werkelt sie mit Klapo anden nächsten 10 Schlefaz Filmartikeln. :-)
Ansonsten bin ich da meist bei JMCNeal, das achso moderne GHedöns nervt gewaltig.
Gruss BergH