„The Flash“ – Die Kritik mit Anspruch
Geschafft! Seit Monaten sitze ich vor diesem Film, um mich in 15 Minuten-Segmenten durch die Handlung zu beißen. Aber immerhin kann ich jetzt mit den Beinen in der Luft strampeln wie Flash beim Halbmarathon! – Aber auch die anderen Zuschauer waren skeptisch gegenüber diesem DC-Versuch, mit ironischen Helden neue Dimensionstaschen im Franchise-Geldbeutel aufzutun: Der Film floppte und bewies neben anderen Hektik-Optikern („The Marvels“, „Ant-Man 3“), dass man sich selbst bei Superheldenfilmen MÜHE geben muss. Tja, verrückte Welt, in der wir leben… Toll ist aber, dass „Wakanda Forever“ und „Black Adam“ ab jetzt für ihre Effekte gelobt werden dürfen.
Inhalt:
Barry Allen, der Comicliebhabern auch als „The Flash“ bekannt ist, entdeckt eines Tages, dass er beim Laufen die Zeit zurückspulen kann. Was für ein glücklicher(?) Zufall, dass vor Jahren seine Mutter gestorben ist.
Die will er jetzt wiederholen – aber SONST nix an der Zeitlinie ändern.
(Blöd später? Bei ihrer Rentenversicherung?)
Komischerweise geht das schief und The Flash trifft in einem Multiversums-Vergangenheits-Spin-Off-Universum auf den 80er-Jahre-Batman, General Zod, auf eine gehirnabstinent lebende Version seiner selbst, ganz knapp NICHT auf Superman, dafür aber auf die fliegende Frau Dingsbums – und diverse andere Lümmel.
Was aber alles egal ist, da er die meiste Zeit des Films seine Fähigkeiten ordnen – oder weitergeben – muss.
Man könnte hier echt einen epischen Verriss vom Analogie- und Fäkalien-Stapel lassen. Allein die unterirdischen Spezialeffekte bei den Babys(!), die vom Hochhaus purzeln, hätten früher das Projekt „Zukunftia“ in Sachen Sarkasmus zwei Wochen lang getragen.
Und ja, ich erwähnte „Purzelbabys vom Hochhaus“. Danke der Nachfrage. Noch eine Erinnerung mehr, dass man in Sachen „alberner Humor“ nicht mehr zwischen Kinofilm und Zukunftia-Review unterscheiden muss… Schnief.
Ganz zu schweigen von den Zeitreise-Szenen, in denen der Flash inmitten alter (3D-)Familienfotos rumstrampelt… Man möchte laut rufen: „Das Jahr 1990 hat angerufen und möchte seine Texturen wiederhaben!“
Und abgesehen von den Gruselgesichtern aus der Polygon-Geisterbahn war dieser „Auswahlbildschirm“ in der „Warpblase“ künstlerisch zum Fremdmelken und Mäuseschämen. Äh… Oder so…
Dieser Film macht irgendwie Aua im Kopf?
Doch all das verblasst gegen das Gefühl, dass die Autoren, Schauspieler und sonstigen Greenscreen-Matratzen SELBER daran arbeiten, das Superhelden-Genre zu demontieren, zu defragmieren und zu atomisieren (“Oppenheimer – The Vorgeschichte“?)… Und das finde ich fast schon wieder interessant, da mir keiner ernsthaft verklickern kann, dass hier jemand glaubte, einen zeitlosen Kultklassiker zu schaffen. Oder wenigstens einen Sommer-Blockbuster für gediegene 25 Grad im Schatten.
Somit ist dieser … nennen wir es der Einfachheit halber „Film“ auf der Superhelden-Metaebene echt schon wieder interessant. Warum, das klären wir jetzt.
(*in Spandex verpacktes Monokel aufsetz*)
„Gott, das war ja gar nicht die städtische Babyklappe?! Ich schwör, die Explosion drum herum sah wie eine bemalte Hauswand aus.“ – Hast’e Trash in den Taschen, hast’e immer watt zu Naschen: Natürlich SOLL diese Szene hier überdreht rüberkommen. Wenn allerdings 78,5% des Films mit dieser „Ausrede“ daherkommen und sie DANN nicht zum Totlachen sind, summe ich doch lieber wieder das Titellied von „Banana Joe“.
Stilbruch like a Beinbruch
Das „Bill & Ted“-Gefühl ist so übermächtig, dass es schon an Unheimlichkeit gemahnt.
Der Flash wirkt in seiner Doppelrolle wie ein Keanu Reeves mit psychischer Grunderkrankung… Fast will man selber ein paar „Klaro, Hoshi!“-Soundfiles reinschnippeln. Und ein paar der überdrehten Gesichtsausdrücke wieder RAUS.
Auch die Dramaturgie bedient sich der bekannten NICHT-Dramaturgie eines „Bill & Ted“- Films: Sammelte man damals noch Mozart, den Tod oder Sigmund Freud mit einem Halbsatz ein („Mitkommen? Darfst auch in der Telefonzelle stehen!“), so sind es nun ein alternativer Batman und eine bärbeißige Kryptonierin – statt dem gesuchten Superman.
Und das ist nur konsequent, wenn man die letzten Jahre betrachtet (mein Hausarzt hat allerdings abgeraten)! Nach Zeit & Ort lösten sich ja bereits ganze Uni- und Multiversen auf. Und jetzt sind halt noch Dramaturgie und Kausalität dran, die bisher noch im Kadavergehorsam – oder wegen des Stockholmsyndroms? – hintendran trotteten.
Bekamen wir bisher meist noch nette Erklärungen über abgespaltete Zeitstränge und die Auswirkungen neuer Universen, so knallt uns jetzt Michael Keaton einfach eine Ladung Spaghetti vor den Latz: „Sooo sieht das Multiversum jetzt aus.“
Wobei das noch geschmeichelt ist. Bei Marvel & DC sind es eher vergilbte Girlanden.
Hier versucht Barry Allen sein jüngeres Alter Ego an den ikonischen Anzug zu gewöhnen. Der Witz mit dem „Kneifen in den Eiern“ hat mich übrigens kaputtlachen lassen – der Pizzabote, Alexa und die Nachbarin unter mir bömmeln sich übrigens immer noch darüber!
Im Ernst: Ein enger Anzug… mit Hose… das erste Mal tragen… bei einer unterbelichteten Hauptfigur… – Welches Genie kommt da auf einen Penisgag? Jedes zehnte?
Wiederholt ist wiederholt. Noch mal wiederholen ist gestohlen
Inzwischen sind sich die Macher wohl selber uneinig, ob eine Szene nun eine Parodie, Fanservice, ein Füllmittel, eine epische Sequenz oder alles zusammen(-gefallen) ist.
– Leichtfertige Zeitreisen enden nach 2 Minuten im vorhersehbaren Total-Desaster, was aber nicht sonderlich dramatisch wirkt. Hiergegen wirken die „Zurück in die Zukunft“-Filme fast wie ein Melodram.
– Als Vergangenheits-Flash ebenfalls seine Superkräfte erhalten soll, wird er im Lauf des Films gleich DREIMAL vom Blitz geröstet. Auch hier wechselt der Film zwischen Folterszene, Komödien-Humor und dadaistischer Filmkunst hin und her. Entstehen so die DC-Filme selbst etwa auch? Alle Autoren auf den elektrischen Stuhl, bis die nächste Szene steht?
– Wonderwoman, der junge Batman, der böse General Zod… Die eigentlich interessanten Charaktere werden wie Knallchargen in einer 1990er-Sitcom verballert. Hier sind die Auftritte so kurz und sinnfrei, dass man das Gefühl hat, der Geiselnehmer müsste seine Geiseln noch mal vorzeigen, damit das Kinopublikum das Lösegeld… äh… den Kinoeintritt abdrückt.
– Schleichszenen enden im Actiongewitter, emotionale Szenen enden in betretenem Schweigen, manche (nicht alle!) witzige Segmente sowieso.
Für uns, die wir Deutsche Comedy gewöhnt sind, kommt da eine gewisse Vertrautheit rüber… ?
„Na toll, 10 Minuten abgezappelt, aber die Disco war geschlossen. So wird das nichts mit der festen Freundi… äh… einer Sexualpartner-Person.“ – Augenbrauen spenden für den Weltfrieden: In dieser Szene grinst Batman freudig(!) vom Contralpanel für den elektrischen Stuhl herunter. Wusste gar nicht, dass Michael Keaton sich für den Präsidentschaftswahlkampf 2024 positionieren wollte?
DAX und Charakterwerte heute ins Minus gerutscht
Was man sich bei dem Hauptdarsteller gedacht hat, den ich hier zum ersten Mal in seiner Rolle sehe, ist auch „interessant“.
Ist das so eine Art Rohrschach-Test für Kontrastsüchtige?
Irgendwie ist der Held ein Nerd, ein Loser und ein Sprücheklopfer. Aber auch gleichzeitig ein strahlender Retter, ein opferbereiter Typ, ein Nostalgiker, ein leicht Asozialer (wirklich höflich ist er vielen Figuren gegenüber nicht), ein Draufgänger (= die Zeitreise an sich!) und ein Wertkonservativer (= Wir retten jede Zeitlinie, Hauptsache mit Mutti drin).
Eben eine eierlegende Wollmilchwurst. Nicht spannend, aber auch nicht langweilig.
Wobei auch diese Meta-Mischung und das total unpassende Verhalten schon wieder spannend sind! Das geht echt erst nach 20 Jahren Superhelden-Kult, dass man eine Art Ted Raimi als halben Antihelden castet? Was kommt als nächstes? Helge Schneider als Superman? Lord Voldemort als Spiderman?
So ist dieser Darsteller gleichzeitig ein Ärgernis wie auch ein Lichtblick. Wenn unser geblitzdingstes Knautschgesicht wieder mal überfordert durch die Handlung stolpert, 10 Minuten später aber wieder den Tag rettet, denke ich oft: „Klar. Montagmorgen. Kenne ich!“
„Sag mal, wieso sagst du immer ‚Volle Pfanne, Hoshi‘? Kleiner Versprecher?“ – „Nö. Ich meine doch die Bettpfanne. Die Autoren dieses Films sind nicht die einzigen, die anderen Leuten gerne unter’s Bett kacken!“ – Kurz aufgeflogen: Hier werden CO2-Emissionen kompensiert, indem man Holzköpfe pflanzt. Die Szenen im Bat-Jet gehen nur kurz. Dafür wird im Hintergrund subtil die eigentliche Heldin der Geschichte angedeutet.
Fazit:
Keine Frage: Eigentlich einer der stinkigsten Heldenfilme überhaupt. Faul, wirr, unnötig. Zudem mit Effekten für N64-Freunde oder Leute, die es noch werden wollen.
Interessant ist hier aber, dass man sich einer dekonstruktiven Machart bedient, die vor zwei Jahrzehnten noch einen parodistischen Charakter hergestellt hätte (Motto: „Ist eben kein typischer SF-Film“).
Komische Ort/Zeit-Sprünge, seltsam verknüpfte Szenen „nur für den Gag“ und fragwürdige Motive („Ich mache jetzt mit, weil alles so cooool ist!“) passen halt eher zu einer 80er-Komödie.
Oder einem Spoof-Film.
Allein dieses wilde Vermischen und Negieren von allen möglichen Elementen macht es schon wieder knuffig!
Gefühlt sind wir in der Endphase des Heldenkinos: Manche Sachen im Film sind schon so Meta, dass man den Status Quo (z.B. vor einem relativierenden Szenen-Scherz) schon gar nicht mehr etabliert. Und manche Pflichtszenen (z.B. das Einführen eines Bösewichts) scheinen die Macher so zu langweilen, dass sie das fast auf die zweite Filmhälfte verschieben.
Selten habe ich beim Gähnen so gelacht! Und das ist mir immerhin in einem Alternativuniversum meiner normalen Ansprüche 2 Sterne wert.
Ohne diese Meta-Betrachtung kann man aber gerne 0,5 bis 1 Sterne abziehen.
Das „Hauptdarsteller“ wirkt reichlich merkwürdig und die Effekte sind nur aufgrund ihrer künstlerischen Wirkung so wie sie geworden sind.
Das bringt mich zu einer Anekdote aus meiner Kindheit. Mit der Schulklasse ab in ein Bremer Museum zu einer Ausstellung für Moderne Kunst, dort nach den Haupteingang direkt gegen eine Betonwand gelaufen die sich als 4 herausstellten die einen Raum bildeten, sich einen Weg um diese herum gesucht und eine Treppe nach oben gefunden die zu einer Plattform führte aus der man einen Blick in den mit Betonwänden abgesperrten Bereich werfen konnte, in einer Ecke des Raumes einen Kackhaufen erspäht den der Künstler in die Ecke gesetzt hat, die Plattform und das Museum verlassen nicht ohne dem Kunstlehrer wortgewaltig zu vermitteln was ich von Moderner Kunst halte, der Inhalt des Raumes war maßgeblicher Teil meiner Ansicht, bei Macces den Rest des Ausflugs verbracht.
Im Nachhinein betrachtet war Bremen dieser filmischen Kunst deutlich überlegen! Meine Ansicht zu Moderner Kunst hat sich seitdem kein Stück verändert.
Da sieht man die Heuchelei!
Und bei Mäcces die Zutaten für ein eigenes Kunstwerk daheim zu Dir genommen.
Der Fehler ist nur, da hast Du das nicht so effektvoll ausgestellt :D
Hätte dort deutlich besser ausgesehen und mein Kackhaufen hätte gelächelt.
Als kleiner Pimpf war ich 1989 im Kino um Batman zu gucken. Und es war ein prägender Film den ich mir auch heute dank der zeitlosen Special Effects und dem großartigen Joker immer noch anschauen kann.
Wie konnte ich also den hier ignorieren, dank des Gastauftrittes.
Und die Momente mit Batman machen wirklich Spaß, es ist schön Michael Keaton noch einmal in der Rolle bewundern zu können. Aber der Rest des Films… Oh je… Da reißt auch der (wenn auch gelungene) Schlußgag mit Batman nichts mehr raus.
Mir wurde ja schon vorgeworfen dass ich nicht genug denke in Filmen und sie leider (Gott bewahre) oft auch genieße obwohl alle hier sie hassen. Aber wenn ich schon sage dass der Film grütze ist…
tach auch !
Dieser Film hat mich völlig geflasht.
“ Minuten anch dem Ende wusste ich schon nicht mehr, was 5 Minuten vorher passiert ist.
Batman Gags ? Mhahahahaha
Der Rest ist Schweigen.
Die Tricks waren wirklich verschen wie meine 70er Jeans und sonst auch schlecht.
Zeitverschwendung und so hart verdaullich , wie die Kieferknochen des hauptdarstellers.
Gruß BergH
Das Durchleiden dieses Films machte mir klar, daß ich Einiges in Hollywood nicht verstehe.
Angesichts der Flut neuer Filme und Serien erwarte ich immer, daß denen die guten Schauspieler ausgehen.
Doch das ist nicht der Fall. Schlechte Schauspieler sieht man in US-Produktionen eigentlich nie.
Dafür scheint es nicht genug befähigte Autoren zu geben. Die Story des Films war so verworren, als ob die Schreiber nie zurück blickten. Immer nur voran. Keine Rücksicht darauf, was da bereits im Script stand. Woran liegt das?
Kein qualifiziertes Personal mehr? Oder war das bereits so eine Art Bummelstreik/ Dienst nach Vorschrift?
Am wenigsten kann ich mir erklären, warum die Spezialeffekte – bei so einer teuren Produktion – so miserabel sind. Als Laie stelle ich mir vor, daß die aufgrund des technischen Fortschritts immer besser und auch billiger würden. Dank der KI kann vielleicht jeder bald auf seinem PC seine eigene Serie produzieren, hatte ich gehofft.
Das kann ich mir wohl abschminken.
Wirklich gute Geschichtenerzähler sind rar gesät und werden teilweise auch noch politisch aussortiert. Schreiberlinge die das angebotene in gute Serien oder Filme umsetzen gab es gefühlt schon immer nur sehr wenige und die Effekte leiden unter Zeitdruck, wenig Bereitschaft gutes Geld für gute Effekte zu zahlen eben weil ja jeder annimmt dass es die inzwischen für quasi umsonst geben muss und natürlich auch in dem Bereich unter Fachkräftemangel. Gute Effekte brauchen eben auch gute Leute die was davon verstehen was sie tun.