Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

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DS9-Review: „Strafzyklen“ 4.19

DS9-Review: „Strafzyklen“ 4.19

Ein DS9-Review zu einzelnen Episoden gibt es auf unserer Webseite nur, wenn ziemlich viele Sternzeichen im Aszendenten „Warp“ stehen. Denn schnell bewertet man den ewigen Trek-Geheimtipp zu wohlwollend, weil man spätere Episoden mildernd einfließen lässt („Wird doch später erklärt, warum Bashir einen an der Waffel hat?“)… Und oft ist man auch spontan enttäuscht, weil die mächtige Raumstation auf dem großen TV plötzlich wie eine Regentonne mit Gucklöchern wirkt – unzeitgemäße Game-Boy-Auflösung und den eher kleinen Räumen sei „Dank“. Trotzdem wagen wir einen Versuch…


Inhalt: Chief O`Brien sitzt in einer Gefängniszelle und malt Muster in den Sand. („Mustererkennung aktiviert. Piep. Ich bin ein Tech-ni-ker!“)

Seine ältliche Bärtigkeit wird unterbrochen, als eine Wärterin ihn aus dem Raum wirft („20 Jahre sind um, ab nach Hause.“)…

Überraschenderweise erwacht er in Anwesenheit von Kira – und erfährt, dass die ganzen letzten Jahre nur eine Knast-Simulation waren, die im realen Leben nur wenige Minuten gedauert hat.

Doch das Erlebte war so real, dass er Probleme hat, z.B. korrekt mit Quark umzugehen (so schlägt er ihn nur FAST), mit seiner Tochter umzugehen (so schlägt er sie nur FAST) und mit Bashir umzugehen. (der schlägt … ständig Psychologenbesuche vor)

„Danke, dass du mir Wasser gibst, Unbekannter!“ – „Äh… Ich hab‘ nur schwitzige Hände. Für den seitenlangen Schulaufsatz zu dieser Episode.“ – Trumpf für‘s Themen-Tamtam: Die Episode nimmt sich mehr Felder vor als Alex Kurtzman beim Actionfilm-Bingo… Hier geht es um enttäuschte Freundschaft, Dystopische Ideen und Indoor-Sandkästen, die sogar für die Föderation zu sauber wären.


Diese Episode hatte ich stets in besonders doller Erinnerung. Nicht unbedingt wegen dem starken, nachhaltigen Nachgeschmack, sondern wegen dem generell starken GESCHMACK. Fast wie Menthol-Kaugummis: Eine halbe Stunde brennt’s – und dann ist es wieder gut.

Durch den erzählerischen Kniff, dass der Chief ein (virtuelles) Langzeittraumata davonträgt, konnte man auch mal diese Erfahrungen in Star Trek bearbeiten. Quasi als böser Zwilling von „The Inner Light“ (= Picard lebt nach einer Sondenbestrahlung Jahrzehnte als Flöten-Hobbit) und einem Hauch Guantanamo.

Okay, allein diese Prämisse könnte man – wenn man fies wäre – als FEIGE bezeichnen, da die Macher sich hier um eine echte Folterknast-Erfahrung herumdrückten. Und der Chief in den nächsten Episoden doch wundersam genesen scheint, obwohl die Erinnerungen ja „fix“ bleiben. Hätte man sich das in Staffel 1 mit Major Kiras ECHTEN Traumata getraut („25 Jahre Besatzung? Egal, ich denke ab jetzt nur noch an Bajoranische Mönchsmode!“), wäre der Aufschrei groß gewesen.

Aber andererseits geht es auch genau darum – um fragwürdige High-Tech-Alternativen zum JVA-Alltag zwischen Industriegebiet und Ikea-Filiale. Eben um eine „saubere“ Bestrafung von Individuen, für die man nicht mal mehr Gebäude, Zeit oder Infrastruktur braucht. Eine Ganzkörper-VR-Brille reicht.

Und die Fragen, die dabei aufkommen, sind in der Theorie ebenso reichhaltig wie der Durchfluss in Selbstdichtenden Schaftbolzen:

– Was wäre, wenn bei UNS das Virtuelle so real und langanhaltend wird, dass die traumatischen Wirkungen identisch sind? Das wäre doch eine WIN-Situation für alle konservativen Bestrafungsfreunde? („Deutscher Knast tut nicht weh genug, nicht mal in Bayern! Ich fordere dort mehr Vogelfutter als Hauptmahlzeit!“)

– Und wäre es finanziell nicht günstiger, Menschen „nur“ in ihrem Kopf zu bestrafen, als den Job des „Schließers“ mit ultraspannenden Marketingkampagnen personell aufzufüllen?

– Kann die Strafe sogar viel krasser, aufwändiger und auf den einzelnen zugeschnitten sein, wenn es nur im KOPF geschieht? Wird die Abschreckung dadurch vielleicht größer? Oder die Missbrauchsszenarien einfach NOCH gewaltiger? („Ich zeige dir mal gerade 1000 Jahre, wie sich die Zeugen Jehovas das Fegefeuer vorstellen.“)

„Tut mir leid, Schatz. Ich kann nicht die ganze Alufolie auf einmal aufessen! Im Knast habe ich sie mir immer am nächsten Tag genehmigt. Mit einem Bündel Butterbrotpapier.“ – Hungerkünstler aus Leiden(sc)haft: Miles muss sich erst mal wieder an das Überangebot gewöhnen. Oder, wie die Ossis es 1990 nannten: „Burnoutgefahr“.

All dieses Leistungskurs-Larifari schwingt im Hintergrund mit, während Miles sein Essen in Alufolie schiebt, auf dem Fußboden pennt und NICHT zum Psychologen gehen will.

Wobei es die Folge enorm aufgewertet hätte, wenn man einen solchen Termin mal gezeigt hätte. Hier wollte man aber Zeit & Geld sparen und schob uns einfach einen meckernden Bashir ins Bild, der geduldig alle paar Minuten das Wort „Counsellor“ wiederholt, vielleicht noch aufgepeppt mit „Wär‘ schon besser“.

Fast erwartet man, dass er danach noch Fragen nach der fehlenden Krankenkassenkarte nachschiebt?

Keine Frage, die Episode ist in vielerlei Hinsicht nur … mittelmäßig. Die seelischen Leiden von Miles werden schauspielerisch zwar solide eingefangen, doch andererseits wirkt vieles überhastet und profan… Das Justizsystem der Aliens wirft zwar die oben genannten Fragen auf, aber am Ende sehen wir halt nur Miles, der Quark kurz am Unterarm rumkurbelt… Was dann als Trek-Äquivalent einer Kneipenschlägerei bzw. eines verpfuschten Lebens herhalten muss.

Mehr Verfehlungen und geistige Zusammenbrüche wollte man dem Chief wohl nicht zugestehen, da damalige Trekkies bereits irritiert gewesen wären, wenn Personen unter der Dusche heulend das Thermostat gewürgt hätten…
ABER: Wenn ich daran denke, was wir unter Kurtzman bekommen hätten – minutenlange Ausraster mit Duschwirkung unter den Tränendrüsen? – bin ich fast FROH, dass es hier so harmlos geschah.

Wie auch immer: Fast wünscht man sich hier eine Doppelfolge (exakter: 1,75 Episoden), damit Sisko seinem Untergebenen zumindest zweimal auf die Sprünge helfen kann („Psychologentermine einhalten, sonst hole ich meine Baseballschlägersammlung!“), oder damit man etwas mehr versteht, wie viel Miles während der Hirnhirse-Haft VERGESSEN haben muss.

Dass der Mann am Ende mit dem Phaser am Kopf dasaß, nachdem er die Lagerraumkulissen umgeworfen hat (natürlich so, dass der Tobsuchtsanfall noch ins 4:3-Bild passt) wirkte dann auch eeetwas überhastet. Was vielleicht auch daran lag, dass dem virtuellen Zellenkameraden nur einige wenige Rückblicke zuteilwurden.

So tragisch der finale „Mord“ um ein Stück Brot auch war, so hatte man durch die Inszenierung jetzt nicht komplett das Gefühl, dass hier eine jahrzehntelange Freundschaft den Bach runtergeht. Hier hätte man aber mit wenigen Mitteln (= mal anderes Licht, Besuch der Klofrau, Hofrundgang im Graupelschauer) etwas aus der inszenatorischen Künstlichkeit ausbrechen können.

Denn wenn es für Miles sooo hyperrealistisch wirkte, hätte man durchaus etwas aus dem Korsett einer wöchentlichen Low-Budget-Folge ausbrechen können. Um die Illusion auch für UNS effektiver zu machen.

Ja, ich meine mich sogar an eine Discovery(!!)-Folge zu erinnern (4. Staffel?), wo in 3-4 Minuten etwas besser eine Knastbruder-Liebe skizziert wurde…

„Miles, bringen Sie sich nicht um! Denken Sie doch an Ihre Frau!“ – „Was meinen Sie, warum ich hier sitze?!“ – Mord ist kein Hobby: Solche Dinge wie Selbsttötung sollte man nicht zu leichtfertig einbauen. Für die 90er war das hier natürlich OKAY, aber heutzutage würden sich zahlreiche Selbstermordete (und die dranhängende „Selbstermordeten-Community“) auf Twitter beschweren, dass man ihr Leiden medial nicht ernst genommen hätte.

Warum diese Episode aber trotzdem 3,5 Sterne bekommt, liegt an der tollen Ansprache von Bashir, der mit wenigen Sätzen alles Wichtige klärt – zumindest im Rahmen einer wöchentlichen TV-Show für geistige Traktorfahrer…

Denn es geht hier gar nicht um den vorgegaukelten Nackenbrech-Mord am Zellengenossen. Und es geht auch nicht um die 20-minütige Wiedereingliederung von männlichen Lockenköpfchen mit seelischen Schnellheilungskräften. Nein: Bashir erklärt uns knackig, dass DAS das Ziel der Haft war: Einen GUTEN Mann so weit zu treiben, dass er schuldig wird. Ihn zu einem Teil eines korrupten Systems zu machen, indem man ihn so lange reizt und manipuliert, bis er ein (echter) Krimineller ist.

Denn funktioniert es nicht genau so?

Sei es in Russland, in der Mafia oder bei den Unterstützern von Kurtzman-Trek: Man wird so lange getriezt, manipuliert und unmöglichen Situationen ausgesetzt, bis man über die Klippe der eigenen Moral fällt. Und wenn man erst mal drüber gepurzelt ist, hält man aus Selbst- und Fremdscham die Klappe.
Oder macht einfach mit, da’s ja eh zu spät ist.

Da kann jetzt natürlich jeder selber reininterpretieren, was damit HEUTE gemeint sein könnte („Ganz klar! Klapo meint die Corona-Impfkampagne!“), aber eines ist sicher: Hier gab es zumindest eine frische SF-Idee – mit der Lizenz zur Ausarbeitung.


Fazit: Selten hätte ich mir mehr gewünscht, dass eine Episode doppelt so lang ist. Denn alle Kritik an der Handlung hätte man mit mehr Budget und Zeit in den Griff bekommen – äh, was kostet eigentlich ein Psychologen-Darsteller, der sich zu drei Floskeln die Holo-Brille hochschiebt?

Dass Odo, Bashir, Sisko und Molly (vielleicht mal nur mit einem KLEINEN Bild nerven, hää?) etwas zu ratlos bei der Eingliederung zuschauen, ist geschenkt.

Denn die Grundidee und die finale Szene, in der der Wert eines „guten Mannes“ betont wird, der „nur“ durch böse Umstände schuldig wurde, ist gut gelungen.
Mitsamt der skizzierten Möglichkeit, jederzeit(!) wieder „gut“ zu werden.

Was genau genommen die Grundidee von DS9 ist! Siehe Garak, Damar, Marritza, Dukat und viele andere…

Weswegen die Idee der Pah-Geister ein eher doofes Ende der Serie war – aber das ist eine andere Geschichte, die eventuell deutlich weniger Wertungssterne verdient…

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Artikel

von Klapowski am 28.04.23 in Star Trek: Deep Space Nine

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Kommentare (29)

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  1. JP1957 sagt:

    Danke, dass Du mit einer Folge meines Lieblingsprotagonisten in DS9 beginnst.

    Mehr davon!

  2. Grinch1969 sagt:

    Und zufälligerweise vor kurzem geschaut, sehr stark.

  3. jcneal sagt:

    Dritter!
    Darauf erstmal eine deftige Portion Kartoffelauflauf nach dem Dartmatch.

    An die Folge kann ich mich nur noch dunkel erinnern… aber es gab doch keinen „Hard-Reset“ am Ende, Smiley konnte/musste sich an die Jahre weiter erinnern, obwohl sie nur implantiert waren, so weit ich mich erinnern kann. Was den Charakter doch erheblich geprägt hat (haben sollte).

    Jetzt erstmal den Artikel lesen. ☺

    – WAS mittelmäßig… diese Seite ist mittelmäßig! Klapo ist in der Mitte mäßig… Sparkiller ist mitten im mäßig… meine Edit-Zeit läuft ab – MITTELMÄÄÄÄÄ

  4. Agentbauer sagt:

    Ich finde die „alten“ Folgen im Vergleich zu NuTrek eine absolute Wohltat, ordentliche Charaktere, interessante Handlung und alles in allem immer recht rund erzählt, auch wenn auf das Trauma von Miles in späteren Folgen nicht mehr eingegangen wird. Die Folge ist mir auch deshalb noch so präsent, da sie ja vor kurzem auf Tele 5 lief.
    Gerne mehr von den Reviews, Klapo

    • HerbergsVater sagt:

      Ich sähe auch gerne wieder mehr Rezensionen zu den klassischen Serien/Folgen. Da kann ich zumindest mitreden.

      Bei allem was nach Discovery Folge 2 spielt, war ich nämlich leider(?) völlig raus.

      Antworten
  5. Yole sagt:

    Genial, danke für die Überraschung! Dies ist ja schon das ärgste, von allem was O`Brien so durchmacht.

    Finde die Betrachtungsweise interessant über die beschriebene Grundidee von DS9.

    Die Bewertungspunkte sind an der Review fast das unwichtigste. Vielleicht wäre es ganz interessant sich die Entwicklung einzelner Charaktere anzuschauen oder eben zu gucken, ob die Serie eine Message hat.

  6. G.G. Hoffmann sagt:

    Bei der Premiere der Folge konnte ich sie nicht so recht genießen. Zum einen erhielt O’Brien in jener Episode eine neue Synchronstimme, was mich irritierte und im Zusammenhang mit dem Kerker-Setting die Frage aufkommen ließ, ob es sich wirklich um O’Brien handelt.

    Zum anderen glaube ich nicht, dass 20 Jahre künstliche Erinnerungen, die dem Gehirn völlig real vorkommen, eine Reintegration in das bisherige soziale Leben überhaupt möglich machen. Für O’Briens Bewusstsein hatte er alle Menschen seines sozialen Umfelds 20 Jahre lang nicht gesehen und in einem üblen Knastloch gelebt. Allein die Zeitspanne, unabhängig von dem Erlebten, müsste zu einer weitgehenden Entfremdung geführt haben.

    Ich finde die Folge interessant, aber wenig überzeugend.

  7. Ferox21 sagt:

    Danke für den Rückblick auf diese spannende DS9 Episode. Ich habe die ewig nicht mehr gesehen, fand sie aber damals schon ziemlich stark. Die Idee dieses Knastsystems ist natürlich damals etwas weitgehend neues gewesen – und würde sicher noch mehr Diskussionen verdient haben.

    Der arme O’Brian hat aber auch echt viel mitgemacht. Erst das Kriegstrauma, als er damals im Fed/Cardassia Grenzkrieg in eine von den Cardassianern niedergemetzelte Kolonie geschickt wurde und dann das hier. Das einzige, was hier wirklich schade ist, ist der damals auch bei DS9 noch weitgehend vorhandenen Reset-Button, so dass Miles die Sache in der nächsten Folge schon wieder vergessen hat und er später mit Doc Bashir fröhlich seine ganzen Holo-Abenteuer verbringen kann.

    Wie andere schon anmerkten, hätte selbst eine nur virtuelle Erfahrung von 20 Jahren fiesem Alien Knast O’Brien weitgehend von allen Familienmitgliedern und Freunden entfremdet. Mal abgesehen davon, dass er auch den Großteil seiner Berufserfahrung vergessen haben müsste.

    Dennoch, danke für den Rückblick auf die gute alte Zeit als Star Trek noch ernsthafte TV Unterhaltung war…

    • JP1957 sagt:

      Die Kritik ist sicherlich berechtigt, man hätte – auch in späteren Folgen – ein bisschen tiefer schürfen können.
      On the other side: Es hat nach den Weltkriegen Millionen von Menschen gegeben, die „einfach“ weitergemacht, Familien gegründet und am Abend mit den Kumpels von der Arbeit fröhlich ein Bier getrunken haben.

      Antworten
  8. JP1957 sagt:

    @Ferox: Hatte nach Deinem Kommentar Lust, mir nach langer Zeit mal wieder eine DS9 Folge anzuschauen.
    Strafzyklen war mir aktuell zu düster, also hab ich mir grad die Tribbles Folge angesehen.

    Da kommt schon Melancholie auf … was sie uns alles genommen haben seit New-Trek.

    Allenfalls winzige Logikfehler (bei ja einem doch komplizierten Plot), ein so aufmerksamer und liebevoller Umgang mit der eigenen Seriengeschichte, ProtagonistInnen, die a l l e ihren kleinen oder größeren Moment bekommen, in dem sie brillieren können und ein sehr feiner Humor, der durch die ganze Folge trägt.

    Einfach wunderbar.

    Auch deshalb hoffe ich so sehr, dass Kurtzman, Matalas und Co. die Finger von DS9 lassen.

    • Neuer Fan sagt:

      Meine Lieblingsszenen: Jadzias einvergleichliches Lächeln, wenn sie sich in alter TOS-Uniform präsentiert: „… and women wore less …“ oder Worfs Reaktion, als erklärt werden musste, warum die anderen Klingonen so anders aussehen. Ach oder die Zeitpolizei … Es ist eine Kunst, die Handlung einer nicht so ernsten Folge trotzdem ernstzunehmen und den Humor sowie Gimmicks passend und liebevoll einzuarbeiten. Davon gibt es zich so Momente. Aber New Trek ist ja nicht für uns, oder überhaupt für irgendwen gedacht, es ist nur da, um es kaputtzumachen wo geht. Anders ist diese Schludrigkeit nicht zu erklären. Selbst Disney wahrt bei aller Kritik einen gewissen Standard. Ich wäre schon mit ST auf dem Niveau von Mandalorian zufrieden. Ja, selbst Kenobi war bei aller Peinlichkeit nicht SO bruchstückhaft und von offensichtlicher Scheissegalhaltung durchsetzt. Man kann davon ausgehen, dass KI das Universum glaubhafter repräsentieren könnte. Es ist, wie bei vielen Franchises zurzeit, Dekonstruktion und Verachtung der Lore mit Vorsatz. Kein Versehen der Welt kann sowas rechtfertigen, nicht mal JJ hätte es gewagt, so unbedacht zu agieren.
      Wir sind weit über Geschmacksfragen hinaus, wenn es immer und immer wieder passiert und man nur noch mit (schlechtem) Fanservice punkten will, aber auch das verkackt. Das kann man doch auch als Nicht-Trekkie kaum eine gute Produktion nennen. Aber gib der wütenden Meute eine alte Enterprise und sie frisst dir weiter aus der Hand – zumindest in der Social-Media-Realität.

      Antworten
    • G.G.Hoffmann sagt:

      Schwierig, schwierig, wenn aus Teilen des Fankreises in Bezug auf das aktuelle Star Trek zunehmend Begriffe wie Wut oder gar Hass geführt werden, zumal es sich „nur“ um Fernsehserien handelt. Man kann sicher sagen, man finde das eine oder andere nicht so sehenswert, doof, misslungen, uninteressant. Aber Wut und Hass auf TV- oder Filmproduktionen sind für mich nicht nachvollziehbar und fehl am Platz.

      Man sollte sich vielleicht auch fragen, ob und inwieweit man sich selbst verändert hat. Meine 90er Jahre mit Star Trek waren großartig. Ich war jung, ich war verliebt, ich habe mit Freundin und Freunden großartige Star Trek Zeiten vor dem TV und im Kino verbracht. Es gab noch kaum Internet, geschweige denn Social Media und die einzigen Quellen für Star Trek waren das Free-TV, Videotheken und Fanmagazine. Ausgetauscht hat man sich mit den Mitguckern. Keine Folge und kein Film wurde so detailliert und tiefgehend analysiert und demontiert wie das heute auf allen Kanälen üblich ist. Es gab nur die Kategorien „super“, „o.k.“ und „na ja“. Danach hat man ein Bier getrunken und sich wieder anderen Themen zugewandt. Ich kannte damals niemanden, der entweder komplett Star Trek gehyped war und jeden Fetzen in den Himmel lobte. Ebenso wenig liefen „Hater“ durch die Gegend, die jede Szene und jede Episode komplett auseinandernahmen.

      DS9 und VOY haben sich schon vor fast 30 Jahren stark von dem von TNG vermittelten „Idealbild“ einer Sternenflotte entfernt – obgleich selbst in TNG nicht alles immer ungetrübt war, Picard hielt die Fahne des abgeklärten, rationalen Diplomaten, Philosophen und Wissenschaftlers oft alleine hoch. Umso enttäuschter waren viele Fans von den TNG-Filmen und PIC, mit denen Stewart ein anderes Picard-Bild vermitteln wollte. Doof halt. Heule-, Action-, Love- und Wut-Picard interessieren mich nicht.

      Es war „die gute alte Zeit“, weil man selbst jung war. Selbst bei einer schlechten TNG-Folge wie „Augen in der Dunkelheit“, die ich vor einigen Tagen auf Tele 5 in mieser Qualität mit Werbung angeschaut habe (obwohl Blu-rays und Paramount+ bereit standen), kommt noch ansatzweise das Feeling von damals in mir auf. Der Versuch, gestern eine als sehr gut geltende DS9-Episode anzuschauen (S6:Ep6 – Sieg oder Niederlage), mündete jedoch in Langeweile und vorzeitigem Abbruch. Unwatchable heutzutage. Für Star Trek zu doof, für eine moderne SciFi-Serie zu schnarchig. Die Vorstellung, mir noch einmal auch nur die Hälfte von DS9, VOY oder ENT anzutun, käme mir vor wie gigantische Lebenszeitverschwendung. Gleiches gilt für DSC oder LD. SNW fand ich annehmbar, mehr als 10 Folgen pro Jahr brauche ich davon jedoch nicht. PIC hat man sich in Erwartung von etwas Besserem halt angeschaut, wird man vermutlich aber in absehbarer Zeit nicht noch einmal gucken.

      Und wann habt Ihr zuletzt ersthaft die TNG-Filme von vorne bis hinten geschaut? Oder eine VOY- oder ENT-Folge, ohne auf’s Handy zu blicken? Und wer schaut sich heute noch eine neue Star Trek Folge an, ohne sich anschließend zahlreiche Kritiken anzusehen oder zu lesen? Ein „unbefangenes“ Konsumieren von Star Trek Produktionen ist heute doch gar nicht mehr möglich. Demgegenüber mache ich das bei anderen Serien und Filmen, die mir nicht so am Herzen liegen, nicht. Schaut man an, liest vielleicht noch ’nen Wikipedia-Artikel dazu, findet es gut, lala oder schlecht, geht weiter. Ohne Euphorie oder Wut. Is halt nur Fernsehen.

      Antworten
    • Agentbauer sagt:

      Vieles sehe ich ähnlich, aber ich schaue neben TNG heute noch gerne DS9, VOY und ENT weil es einfach nette Unterhaltung ist.
      Im Vergleich zu NuTrek ist jede schlechte VOY oder ENT Episode ein absoluter Lichtblick.
      Und um einen TNG Film zu verteidigen, schaut mal die ersten Minuten von First Contact (Angriff der Borg auf die Erde die ganzen Funksprüche) und dann S3 EP 10 von PIC. Ich hab mich damals im Kino im Sitz verkrochen vor Angst vor den Borg, und die Szene wirkt heute noch unglaublich intensiv, bei PIC ist das einfach nur eine unglaubwürdige Lachnummer.

      Antworten
    • VerwirrterTurnschuh sagt:

      GGH:
      Generell ist es natürlich eine gesunde Einstellung, sich emotional loszulösen von … allem, um dem inneren Frieden die Freibadsaison zu eröffnen. („NUR eine Serie, NUR eine Frau/ein Mann, NUR ein Behördenbrief, NUR eine Inflation, NUR ein Menschenleben – von allem gibt’s noch mehr …“).

      Doch die Ironie deiner schnösligen, abgehobenen Ausführungen („is na nur ne Serie oder oller Film, was soll irgendeine Aufregung, echt jetzt, voll unreif …“) besteht ja darin, dass dieses Auffassung genau zu den unterdurchschnittlichen bis miesen Serien führt, vor deren miesen Qualität nicht mal du in deiner Abgeklärtheit („NUR! eine Serie…“) die Augen verschließen kannst.

      Weil dieses wahnsinnig weise Mindset dann auch jenes der Macher ist („Was sollen wir uns streiten und abmühen, ist ja NUR! eine Serie, gehen wir mit Kumpels was trinken und filmen halt davor und danach NUR! ein bisschen …“). Und, schwupps!, irgendwie ist alles irgendwie so beliebig, ohne Aussage, Kohärenz oder Konzept. Macht aber nix, weil eh NUR! eine Serie …

      Tatsächlich schrammst du hier nicht nur philosophisch über die Kante des Irrtums. Rein faktisch liegst du auch NUR zwei irrelevante Fußballfelder (wer sagt den Leuten endlich, dass es NUR! ein! Ball! ist!?) neben der Wahrheit. Sehr wohl wurde schon in der guten alten Zeit, als du noch jung und verliebt warst, auf der anderen Seite der Realität heiß über die Glaubwürdigkeit und Sinnigkeit der Episoden diskutiert.

      Kann mir wer helfen? Ich bin mir nicht mehr sicher, wer von den TNG-Autoren es war, der folgendes erzählte: Von den Besprechungen im frühen-frühen Internet (das interessanterweise neben Pornos dafür erfunden wurde, um über Star Trek zu diskutieren) interessierten ihn und seine Kollegen nur jene, die kritisch waren und den Plot der letzen Folge auseinandergenommen hatten. Die Loppreisungen wurden links liegen gelassen. Man wollte Star „NUR eine Serie“ Trek eben NUR! besser machen.

      Also, GGH, gratuliere: Deine Weisheit hat gesiegt, ST ist jetzt und längst NUR nocht eine Serie. Kein Grund für Verliebtheit oder Abneigung.

      Antworten
    • G.G.Hoffmann sagt:

      @Turnschuh

      Ja, da sind wir in der Sichtweise auf TV, Film, Popkultur wirklich weit auseinander. Ich finde halt, man macht sich das Leben unnötig schwer, wenn man einen solchen Blick auf die Welt hat und zu Verbitterung neigt, wenn es anders als erhofft oder erwartet läuft.

      Ich war seit dem Ende von TNG nie wieder richtig zufrieden mit Star Trek. DS9 war, insbesondere in den Staffeln 4-6, auf seine Weise damals gute SciFi und Unterhaltung, VOY hatte ein paar Highlights, aber wenig Kultpotential, ENT rangiert bis heute auf der Beliebheitsskala ganz hinten. Kennt außerhalb der Trek-Gemeinde keine Sau. Dann war 12 Jahre Pause im TV und die Neuaufgüsse erwiesen sich ebenfalls als lau. Kann man nach fast 30 Jahren Nicht-TNG noch immer enttäuscht und wütend darüber sein, dass nicht mehr TNG produziert wird und von 800 Star Trek Live Action Episoden nur vielleicht 100 wirklich gut sind, davon 90 älter als 20 Jahre?

      Und es geht ja gefühlsmäßig noch schlimmer. Serienfan trauerte „Unsere kleine Farm“ (1974-1983) und „Bonanza“ (1959-1973) nach und lobte deren Drehbücher und Charakterzeichnungen gegenüber Star Trek. Mein Papa findet 50er- und 60er-Jahre Filme super und meint, nie wieder seien so geile Filme gedreht worden wie in seiner Jugendzeit. Mein 12-jähriger Sohn ist hingegen der Ansicht, dass die besten Filme und Serien aller Zeiten seit ca. 4 Jahren gedreht werden. Er wird in 30 Jahren die Jahre zwischen 2020 und 2030 als das goldene Zeitalter des TV und Films preisen, das – Data prophezeite es bereits in der TNG-Folge „Die neutrale Zone“ – leider 2040 zu Ende gehen wird.

      Wenn man die Reaktionen auf anderen Webseiten und sozialen Netzwerken liest, steht neben viel Kritik eben auch große Begeisterung über Kurtzman-Trek. Wer bin ich denn, das anderen Leuten abzusprechen, nur weil ICH das Star Trek der letzten 20 Jahre eher langweilig und blöd finde? Weshalb sollte ich zwanghaft den Erfolg von Kurztman-Trek kleinrechnen und in Abrede stellen, wenn es seit nunmehr 6 Jahren mit großem Aufwand produziert wird und Abnehmer und Fans findet?

      Auch frage ich mich, ob unter den Alt-Fans Begeisterungsstürme losgebrochen wären, wenn man die TNG-Crew dafür gewonnen hätte, noch einmal 10 Episoden auf der Enterprise D mit 10 Drehbüchern vom Kaliber „Wem gehört Data?“, „Deja vu“, „Die alte Enterprise“, „Darmok“, etc., zu gewinnen. Das hätte man genauso inszenieren können wie damals, mit den alten Faltengesichtern auf der Teppich-Brücke, und trotzdem hätte die Fans Haare in der Suppe gefunden. Die „guten alten Zeiten“ sind noch nie zurück gekommen, auch nicht im Fernsehen.

      Antworten
    • Miles sagt:

      @GGH: „Schwierig, schwierig, wenn aus Teilen des Fankreises in Bezug auf das aktuelle Star Trek zunehmend Begriffe wie Wut oder gar Hass geführt werden, zumal es sich „nur“ um Fernsehserien handelt.“

      Es zeigt ja „lediglich“, dass Star Trek für viele Menschen eben mehr war/ ist als nur eine Serie.

      Die Frage, die in dem Zusammenhang zu klären wär, wär, ob Star Trek tatsächlich „mehr als eine Serie“ war/ist.
      Letztlich verneinst Du das und führst Deine (einstige) emotionale Verbundenheit auf Deine Jugend und die Zugehörigkeit einer Peer-Group mit ähnlichem Interesse zurück (die allerdings nie „tief“ auf ST blickte).

      Mein Weg zu ST war anders, ich war bereits über 30, als TNG startete und mich begeisterte und im Wesentlichen lief diese Begeisterung über den Kopf – die Ideen und Werte (der Aufklärung), die sich in der Serie fanden, sprachen mich an … ich fand sie in den 90ern in keiner anderen Unterhaltungsserie.
      Jetzt bin ich natürlich nicht relevant für die Frage, ob ST damals mehr als eine Serie war. Aber rund um TNG, DS9 etc. entstand damals Literatur en masse, die genau diese Fragen ernsthaft, zum Teil wissenschaftlich diskutierten und die Diskussionen, die ich damals mit Freunden, Kollegen und Schülern (!) über ST führte, waren Diskussionen über Ideen und Werte und erst in zweiter oder dritter Linie Gespräche darüber, welches Crew-Mitglied man jetzt am liebsten hätte, wie das Zusammenspiel des Ensembles einzuschätzen und wie „heiß“ Deanna wär.

      Insofern bin ich der Überzeugung, dass Star Trek damals mehr als eine Serie war. Star Trek war wichtig und relevant für das Denken und Fühlen eines (natürlich immer noch kleinen) Teils der Gesellschaft.

      Ich finde es absolut nachvollziehbar, dass – wenn dieses Franchise nicht nur diesen Caharakter verliert, sondern die Verantwortlichen all die Ideen und Werte der Vergangenheit mit ihren neuen Produktionen (bewusst und gezielt) konterkarieren – „Trennungsschmerz“ entsteht.

      Worin ich mit Dir vollkommen übereinstimme, ist, dass Hassgefühle völlig deplatziert sind – an dem Punkt sollte man sich wirklich bewusst machen, dass wir über eine Unterhaltungsserie sprechen und es sicher viel wichtigere Dinge im Leben gibt.
      Gerade jetzt.

      Was mich verblüfft und mit Blick auf diese Gruppe der sich selbst immer noch als „Trekkies“ verstehenden Menschen desillusioniert, ist, dass der nötige Abschied von Star Trek (als etwas, das mehr als eine Serie war) immer noch nicht vollzogen ist … ich hab in den Kommentarspalten den Kopf geschüttelt bei der Begeisterung über einzelne Memberberries oder einige wenige Dialoge, die als Hoffnungsschimmer interpretiert wurden. Wir haben jetzt (von den Abrams Filmen ganz abgesehen) wie viele Staffeln Discovery/Picard/SNW hinter uns?

      Was hätte (der alte) Picard im Besprechungsraum gesagt, wenn ein einstiger Verbündeter zum fünften Mal hintereinander versuchen würde, die Föderation zu hintergehen?

      Er hätte eine rationale Entscheidung getroffen und sich nicht wehmütig alter Tage erinnert, an denen man gemeinsam gekämpft hätte.

      Antworten
    • G.G.Hoffmann sagt:

      @Miles

      Dass insbesondere TNG weiterhin etwas Besonderes ist, stelle ich nicht in Abrede. Vielleicht ist diese Wahrnehmung auch gar nicht dem damaligen Lebensalter der jeweiligen Zuschauer geschuldet, sondern dem Zeitgeist. Die 80er unter Reagan waren allgemein ein sehr zukunftsorientiertes Zeitalter, mit massig guten SciFi-Filmen. Hinter der magischen Barriere des Jahres 2000 lag scheinbar eine goldene Technikzukunft mit bemannter Raumfahrt über den Erdorbit hinaus. Das Space Shuttle schien richtungsweisend und die Enterprise-D als logische Fortsetzung dieser Technologie in Design und Forschungsauftrag. Es schien, auch mit dem Zusammenbruch des Ostblocks, wahrscheinlich, dass die Zukunft besser und die Menschheit sich vereinen würde, um auch den Weltraum zu erorbern.

      Schon gegen Ende von TNG und mit DS9 wurde es jedoch eher dystopisch und dieser Trend ist bis heute ungebrochen, auch als Spiegel der tatsächlichen Entwicklungen auf der Erde, die nach 1990 leider nicht so positiv verlief, wie wir uns das erhofft hatten. Star Trek besteht, schon seit fast 30 Jahren, überwiegend nur noch aus Phaser-Gefechten und endlosen Enterungen von Sternenflottenschiffen durch fremde Crews. Der Weltraum wurde auf Landkreis-Größe geschrumpft und jeder Ort in und um die Föderation herum ist binnen weniger Minuten oder Stunden erreichbar. Letztlich Action-, Kriegs- und Soapserien, die zufällig im Weltraum spielen, der jedoch völlig entmystifiziert ist.

      TNG ist 30 Jahre her. Ich bezweifele, dass mit einer 8., 9., 10. oder 15. Staffel die Faszination geblieben wäre, man immer wieder hochklassige Drehbücher ohne Wiederholungen hätte schreiben, man an den doch relativ schablonenhaften Charakterzeichnungen hätte festhalten können, etc. Am Ende hätten die Fans gesagt: „Ja, aber früher war TNG viel besser.“ Das ist eine natürliche Entwicklung, die fast alle Serien durchleben, die zu lange laufen, z.B. auch Big Bang Theory oder Game of Thrones. Erstere zunächst eine sehr witzige Nerd-Wissenschafts-Sitcom, später mehr Soap, letztere zunächst mit brillianten Dialogen und spannenden politischen Ränkespielen, später eine sinnlose Action-Fantasy-Show.

      Antworten
    • VerwirrterTurnschuh sagt:

      GGH, du widersprichst dir selbst und kippst andererseits in deine „Nostalgie- und Zeitgeist“-Schiene.

      Du und keiner spricht TNG – und TOS! – seine Qualitäten ab. Im Gegenteil: Die Serien sind so gut, dass sie von neueren Dekonstruktionsversuchen unverschont blieben, so deine These.

      Das Streben nach Qualität bei der Entstehung diese Serien klammerst du aber völlig aus. Nur der Zeitgeist mache den Genuss, der Rest ist eigentlich egal. So ein Topfen! So ein verquarkter Denkfehler!

      Wäre TNG auf Staffel 1 Niveau geblieben, würde es ebenfalls so gefeiert werden wie wir es heute eben tun – das ist deine Auffassung. Weil damals, ach, die Leute haben das halt geschaut, diesen hübsch farbig ausgeleuchteten Weltraum-Zukunfts-Käse. Mehr braucht es ja nicht, als da und dabei gewesen zu sein.

      Jeder sagt dir was anderes. Und sogar du selbst. Das war Knochenarbeit, eine tolle Serie zustandezubringen. Das (wechselnde) Team hätte dennoch scheitern können. Es muss viel zusammenkommen, damit die Beteiligten die Motivation, Möglichkeit und Inspiration haben, das ist wahr.

      Um nicht mehr aneinander vorbeizurreden als nötig: Klar kann und soll man sich von seriellen Frustbeulen wie Nu Trek (und ja, ab DS9 wurde es schon fundamental schwierig, stimme dir zu!) distanzieren. Innerlich wie äußerlich. Aber: Die Verbitterung hat die Wurzel in der Erkenntnis und Erfahrung, dass es besser, viel besser, ja, wunderbar geht, ging und ginge.

      Das negierst du aber mit Verweis: Zeitgeist, Nostalgie, alles Illusion im Zeitstrom.

      Du willst die Erfolge von Kurtz-Trek nicht kleinrechnen. Das ist nett. Du rechnest aber die Erfolge von Classic- und Next-Gen-Trek klein – im gleichen Atemzug. Nicht nett, nicht korrekt.

      Und bei allem Respekt vor deinem Nachwuchs: Wart’s ab. Der weiß noch gar nichts von der (Serien- und Film-)Welt. Das Heimatgefühl in der Medienwelt, in der er aufwuchs, ja, das wird bleiben. Doch retrospektiv wurden schon viele Filme und Serien völlig anders bewertet, nostalgischen Gefühlen zum Trotz. Weil die Zeit nicht nur einen Schleier produziert, sondern auch nehmen kann. Verschmähtes beginnt plötzlich zu strahlen, Geliebtes offenbart seine Schäbigkeit.

      Werden DISC und PIC wirklich Klassiker der Streamingunterhaltung sein, in 20, 30 Jahren? Oder eine Fußnote des Schauderns? Aus welchen Gründen sollte ersteres eintreten?

      Zur Langlebigkeit, kurz: Das vielleicht Deprimierendste, aber auch Inspirierenste, ist, dass eine oberflächliche Kinoserie wie James Bond mittlerweile intellektuell interessanter ist als Star Trek. Die ist noch älter. Hat aber zumindest nach Jahrzehnten des Bestehens eine Perle hervorgebracht („Casino Royal“; andere zählen noch anderes dazu). Ein Konzept wie Star Trek ist eigentlich viel breiter und interessanter aufgestellt – aber keiner von uns erwartet auch nur ansatzweise ein ähnliches Kunststück.

      Obwohl im unendlichen Universum alles möglich wäre …

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    • Donald D. sagt:

      „Casino Royale“ ist Schrott!

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    • Kazairl sagt:

      Es stellt sich doch die Frage: Kann man DISCOVERY und PICARD bei einem Rewatch genießen? Für mich ist die klare Antwort nein, da nach einmaligem Ansehen jede Anziehungskraft fort ist. Das liegt vor allem an den Dingen, die negativ hervorstechen, schlechte Dialoge, massive Storylogiklücken, düstere Optik und massive memberberries. Die Serien sind schon jetzt sehr zeitgeistgebunden und das ist nichts Gutes. TOS, TNG, DS9, VOY und auch ENT funktionieren doch gerade deswegen so gut, weil sie zeitlose Scifi sind, DSC und PIC jedoch sind so sehr mit unserer Zeit verbunden, dass das den Serien und ihrem Wiedersehwert schadet.

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    • jcneal sagt:

      „„Casino Royale““

      Meinten Sie „The Royale“ bzw. „Hotel Royale“ (2.12) oder gar den 1. Craig-Bond?

      Zwei Worte: Data, Cowboyhut.

      Beweisführung abgeschlossen.
      Ihr Delinquent, Herr Klapowski!

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  9. Miles sagt:

    „und ja, ab DS9 wurde es schon fundamental schwierig, stimme dir zu!“

    Ich widerspreche.

    DS9 leistete für das Franchise exakt das, an dem Discovery und Picard scheiterten (wenn die beiden Serien es überhaupt versuchten): Die n o t w e n d i g e Weiterentwicklung/ Veränderung des Franchise!

    Nochmal 7 Staffeln auf einem Raumschiff mit einem abgeklärt-rationalen Captain hätte das Franchise nicht überlebt – DS9 wählte/ fand einen anderen Schauplatz, ein anderes (in der Charakterentwicklung) differenzierteres Ensemble und neue Themen. Das Thema Krieg, das DS9 ja oft vorgeworfen wird, war doch ein mutiges und spannendes Experiment!

    Auch Voyager schien diese notwendige Veränderung zu liefern – ein Schiff weitab des bekannten Raums mit einer Besatzung aus Sternenflottenoffizieren und Maquis Angehörigen. Was hätte man da alles Neues kreieren können, hat es sich leider aber nicht getraut.

    • VerwirrterTurnschuh sagt:

      @Miles:
      Weder hätte man wieder 7 Staffeln noch den gleichen Captain-Typ machen müssen.

      DS9 wird von vielen als tolle Serie gesehen, und das glaube ich sogar. Aber damals wie heute lautet eine – offensichtliche – Kritik: Es ist halt kein Star TREK. Stattdessen plagiierte man Babylon 5, ein aus meiner Sicht noch immer unverzeihlicher Sündenfall, auch wenn es „eine eigenständige Serie“ wurde. Das wurde offenbar zum strahlenden Vorbild für Kurtzman.

      Mit DS9 hat auch diese gierige Unart begonnen, zwei, mehr ST-Serien parallel laufen zu lassen. War damals nicht geil, ist es heute erst recht nicht. Es geht auf Kosten der Qualität. Auch hier: Kurtzman macht es begeistert nach.

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    • Kazairl sagt:

      Wenn man Lower Decks und Progidy mitzählt, ließ Kurtzman ja sogar zeitweise 5 Serien paralell laufen, DSC, PIC, SNW, Progidy und LD.

      Antworten
    • Miles sagt:

      „Weder hätte man wieder 7 Staffeln noch den gleichen Captain-Typ machen müssen.“

      Nein, natürlich nicht … aber man „musste“ etwas anders machen und hat das mit dem DS9 Szenario schließlich hinbekommen.
      Und DS9 war selbstverständlich Star Trek … ein Star Trek (also die aufgeklärte Utopie), das auf eine religiös geprägte Gesellschaft stieß, ein Star Trek, das in einen Krieg geriet und zu überprüfen hatte, was in einem Krieg mit den Werten der Föderation geschieht.

      Sowohl TNG als auch DS9 brauchten in den ersten Staffeln ihre Anlaufzeit. Ich glaube nicht, dass das bei DS9 daran lag, dass es noch während TNG startete.

      Antworten
    • VerwirrterTurnschuh sagt:

      „Man ‚musste‘ etwas anders machen.“ – „Müssen“ hast du zu Recht unter „Anführungszeichen“ gesetzt. Und mein Punkt war: Es „musste“ kein dreistes Plagiat sein. Das ist nämlich erst recht nichts „anderes“.

      „DS9 war selbstverständlich Star Trek“ – Ich betonte das „TREK“, und da DS9 bekanntlich eine Raumstation und keine Raumschiff ist, fiel das Trekking selbstverfreilich flach.

      „… Anlaufzeit … glaube nicht, dass es bei DS9 daran lag, dass es noch während TNG startete.“ – Aber dass TNG hinten raus schlechter wurde (außer Grand Finale), lag durchaus daran, dass die Macher mit DS9 zusätzlich gestresst waren. — Du selbst vergisst beim Blick auf „die neue Serie“, dass es da noch eine andere gab, die sich nicht von selbst schrieb…

      Antworten
    • G.G.Hoffmann sagt:

      @Miles

      „ein Star Trek, das in einen Krieg geriet und zu überprüfen hatte, was in einem Krieg mit den Werten der Föderation geschieht.“

      Ja, und das Problem besteht seitdem ununterbrochen. Statt weiterhin die Utopie einer Menschheit bzw. Föderation zu zeigen, der es – vielleicht durchaus naiv im Ansatz – gelingt, den Weltraum ganz friedlich wissenschaftlich zu erforschen und Konflikte diplomatisch zu lösen, eine Welt, in der Gewalt die Ausnahme bleibt und stets zum Scheitern verurteilt ist, meinte man, Star Trek einen immer „realistischeren“ Anstrich zu verpassen. Die Protagonisten hatten schwerwiegende persönliche Probleme, die überall thematisiert und ausgelebt werden mussten, überall herrschte nur noch Gewalt und Krieg. Es ging nur noch darum, wer die besseren Schutzschilde und geileren Phaserbänke hatte. Erst standen sich zwei Schiffe im Kampf gegenüber, dann 10, dann 100, dann 1000, dann 5000, usw. Und waren die großen Raumschlachten in DS9 wenigstens noch aufwendig inszeniert, haben wir heute, mit viel besseren CGI-Möglichkeiten, nur noch diese Copy&Paste-Flotten, die immer „plop plop plop“ aus dem Warp mit Vollbremsung auftauchen und genauso wieder verschwinden.

      Ich habe das Argument „Aber es war doch Krieg“ noch nie gelten lassen. Dann lasst den Krieg aus Star Trek raus oder zeigt, wie man ihn diplomatisch verhindert bzw. beendet. Mit den Kriegs- und Rächerszenarios kann man immer jeden Unsinn in Star Trek rechtfertigen. Das ist dann aber eben kein Star Trek im Sinne des Schöpfers mehr, sondern etwas anderes, das lediglich das Label „Star Trek“ trägt.

      DS9 hatte nicht den Segen Roddenberrys. Er soll – so zumindest die Berichte – dem Konzept, das ihm kurz vor seinem Tod noch vorgelegt worden sei, kritisch gegenüber gestanden haben. Wenn er noch länger gelebt und etwas zu sagen gehabt hätte, wäre er damit bestimmt nicht einverstanden gewesen.

      Antworten
    • Miles sagt:

      „Mit den Kriegs- und Rächerszenarios kann man immer jeden Unsinn in Star Trek rechtfertigen…“

      Den Satz kann ich nachvollziehen.
      Ich finde allerdings nicht, dass sie in DS9 in diesem Szenario Unsinn produziert haben.

      Antworten
  10. frank sagt:

    a propos zeugen jehovas: was macht eigentlich nupi?

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