Gastartikel: „Project M: Das Ende der Menschheit“
Nach einer zweiwöchigen Sommerpause kehrt Zukunftia nun wieder. Während Kollege Sparkiller uns einen neuen Server-Anbieter spendiert hat (ich weiß wirklich nicht, wofür ich diese „Unreal Engine“ im Adminsystem nutzen soll?), habe ich erneut in Ostdeutschland an erzieherischen Maßnahmen teilgenommen („Nein, Putin kann nicht dein Patenonkel werden! Du bist 60 Jahre alt!“). Als kleines Wiedersehensgeschenk gibt es heute aber erst mal den Gastartikel von Tobias H.… Ganz frisch zwei Monate lang in der Redaktionsgruft abgehangen. Gute Unterhaltung.
In einer allzu nahen Zukunft wird die kommende Mission zum Eismond Europa an Bord einer (kanadischen, internationalen?) Raumstation simuliert. 1000 Tage soll man dort ausharren, um die Folgen eines Langzeitfluges abschätzen zu können. Im Orbit schweben ferner auch noch eine deutsche und eine russische Station munter umher, ohne große Reibereien. Ganz anders sieht es auf der nicht fernen Erde aus. Dort bricht ein Atomkrieg aus und schneidet die Astronauten vom Boden ab. Kann man zurückkehren? In eine verstrahlte Wüste? Andererseits bleiben kann man auch nicht ewig, denn es mangelt an Lebensmitteln und dann klopfen auch noch depressive Rückblenden und verrückte Russen an die Luken…
Mahn ahnt es bereits: das ist einer der vielen vergessenswerten Low Budget Sci-Fi-Filme der letzten Jahre. Der Trend ging damals mit „Moon“ los, welcher bis heute der wohl beste Vertreter dieser Richtung ist. Quasi das Raumfahrer-Gegenstück zum „Blair Witch Project“, dem wir das unselige Found Footage-Genre zu verdanken haben. Wer solche Perlen wie „Love“ oder „Europa-Report“ kennt, weiß in etwa, in welches Fahrwasser man hier kommt.
„Immer diese depressiven Filme. Am Ende kriegen meine Depressionen noch eine depressive Verstimmung. Das macht mich ganz depressiv.“ Dialoge solcher Art waren in Vor-Corona / Ukraine-Zeiten noch möglich, ohne dass es wirklich glaubhaft wirkte.
Wie so oft gilt auch hier, dass die Idee keineswegs übel ist. Man hätte durchaus was aus der Konstellation der Figuren und dem beengten Raum machen können. Wäre realistischerweise eher (noch) deprimierend(er) geworden, aber nicht automatisch schlecht.
Doch hier ist nicht so völlig klar, was man wollte. Wenn die Leute sich nicht gerade gegenseitig das Leben auf der Station schwermachen, bekommt man Rückblenden über diese recht öden Figuren präsentiert, welche leider allzu normal daherkommen. Oh, ein Streit um die nutzlos gewordene Befehlskette samt Meuterei ist natürlich im Preis inbegriffen. Mit den anderen Stationen tauscht man sich auch nur kurz aus und hält dann Funkstille, da man „nicht weiß, wer wen angegriffen hat.“ Dass eine strahlend-schöne Erde alle Mannschaften betrifft und man daher womöglich kooperieren sollte, ist ein Gedanke, der irgendwie gar nicht zur Sprache kommt.
Noch trister sieht es nur auf der russischen Station aus. Der einzige Überlebende kommt, übel verstrahlt, zu den Kanadiern rüber und möchte… Am Leben bleiben? Auf die Erde? Einen Eimer voller Schmerzmittel? Auch hier herrscht keine Klarheit, obwohl man über die Ex-Partner der Hauptfiguren, dank der Rückblenden, viel zu viel weiß.
Gegen Ende hin wird es dann aber doch etwas dynamischer. Nachdem ein Fluchtversuch mit dem Rettungsschiff schon vereitelt wurde (siehe Kommando-Rumgehacke) probiert dasselbe der Russe auch, wird aber dann wieder beruhigt. Die Actionsequenzen sind natürlich ähnlich dynamisch wie das Abfassen der Einkommenssteuererklärung. Es mag sein, dass ich hier einiges durcheinanderwerfe, aber alleine schon, dass ich nach 3 Tagen die Handlung nur noch grob zusammenbekomme, sagt einiges über den Streifen aus oder aber über mein Gedächtnis. Verdammte Doppeldeutigkeit!
„Nun, was meinen sie? Ist diese Mission zum Scheitern verurteilt? In unserem Fall ist dieses Wort großzügig zu definieren, Herr Reporter. Wenn sich in den ersten fünf Tagen keiner das Leben nimmt, ist das schon ein durchschlagender Erfolg.“ Gewusst wie: man weiß solche High-Budget-Filme wie den „Marsianer“ erst hiernach wirklich zu würdigen.
Zum lange erwarteten Ende kommt dann der Kriegsgrund geliefert. Die Sonden, welche den Mond Europa untersuchten, haben dort das Wrack eines Alien-Schiffes gefunden! Diese Information schlug so gewaltige Wellen, dass man sofort die Wirksamkeit der eigenen Atomraketen an der Erdbevölkerung testen musste. Im hochemotionalen Finale geht es dann mit dem Beweis-USB-Stick zurück zur Erde. Ja, jener Kugel, von der man nicht weiß, wie das Leben dort aussieht, ob es möglich ist dort zu leben und ferner, ob sich überhaupt jemand für eine Astronautin und ihren USB-Stick scheren wird.
Ein offenes und wohl tiefgründiges Ende. Die Station und die letzten Mannen an Bord dümpeln hingegen dem Hungertod entgegen…
Fazit: netter Einfall, grausam ausgeführt. „Project M“ werde ich in spätestens vier Wochen wohl völlig vergessen haben, bleibt nur zu hoffen, dass mein liebevoller Verriss von Zukunftia dauerarchiviert wird.
Nach depressiv machenden Reviews und Kommentaren zur besten SF_Serie der letzten 200 (oder warens 20?) Jahre auf Zukunftia nun ein depressives Review zu einem deprimierenden Film inmitten depressiver Zeiten (Ja, Bayern München wird schon wieder deutscher Meister).
Und als Höhepunkt auch noch dies: „Gewusst wie: man weiß solche High-Budget-Filme wie den „Marsianer“ erst hiernach wirklich zu würdigen.“
Nach Klapos seinerzeitiger Herabwürdigung dieses epochal unepochalen Filmes (nur Rang 25 in seiner Liste der besten SF-Filme aller Zeiten) nun die Schmähung, der Marsianer gewönne seine Qualität erst in Relation zu einem Machwerk wie … ähhhh …. wie hieß er noch mal?
Deprimierend!
tach auch !
Vielleicht hilft :
https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffgruppen/antidepressiva
Muss man sich den Film antun? Wohl eher nicht. Es gibt Trash-Granaten , die einem etwas geben,
der hier schafft es nach der Rezenson wohl nicht.
Gruß BergH
Ich lese diese Leserreviews ja wirklich gern.
Ich rede mir ja gern ein das ich praktisch alles im Bereich Scifi kenne aber ihr kramt immer irgendwas aus von dem ich noch nie gehört habe.